Europäische Flaggen im Wind; Quelle: istockphoto.com/AntiMartina

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Die Europäische Kommission strebt eine neue Generation von Freihandelsabkommen insbesondere mit Wachstumsregionen an, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft und damit Wachstum und Beschäftigung in Europa zu stärken.

Die multilateralen Handelsbeziehungen haben für Deutschland und die Europäische Union grundsätzliche Priorität. Angesichts zu befürchtender Wettbewerbsnachteile für europäische Unternehmen auf den Weltmärkten durch bilaterale Abkommensinitiativen wichtiger Handelspartner (unter anderem USA, Japan) hat sich die früher zurückhaltende Position der EU zu bilateralen Freihandelsabkommen (FHA) seit 2007 jedoch geändert.

Die neue Generation von Freihandelsabkommen ist breit und umfassend angelegt. Die Abkommen betreffen nicht nur tarifäre Fragen (zum Beispiel Fragen des Zolls, Exportsubventionen), sondern enthalten auch Regelungen zu Dienstleistungen, zum Abbau nicht-tarifärer Handelsbarrieren und anderen handelsrelevanten Aspekten wie Investitionen und Wettbewerbsfragen. Man spricht deshalb auch von sogenannten "WTO plus-Abkommen", da sie inhaltlich über die WTO-Agenda hinausgehen.

Eine Übersicht über die bestehenden Freihandelsabkommen der EU finden Sie hier.

EU und Kanada: Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA)

Am 15. Februar 2017 hat das Europäische Parlament dem umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommen CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) zugestimmt. Neben dem weitgehenden Abbau noch bestehender Zölle verbessert das Abkommen den gegenseitigen Marktzugang für Waren und Dienstleistungen. Durch gemeinsame Regeln und offene Märkte trägt CETA dazu bei, den Wohlstand der Handelspartner zu sichern und auszubauen.

CETA verbessert nicht nur die Absatzmöglichkeiten für europäische Industriegüter, Agrarprodukte und Dienstleistungen, sondern bekräftigt auch soziale und ökologische Standards und verankert einen modernen Investitionsschutz. CETA bietet als modernes Abkommen die große Chance, der fortschreitenden Globalisierung faire und gute Regeln zu geben und sie aktiv mitzugestalten: Die hohen Standards, auf die sich die EU und ihre Mitgliedstaaten mit Kanada geeinigt haben, setzen Maßstäbe für zukünftige Handelsabkommen.

Am 21. September 2017 ist CETA vorläufig in Kraft getreten. Die vorläufige Anwendung gilt nur für diejenigen Bereiche, die in der Zuständigkeit der EU liegen. Damit kommen EU-Unternehmen und EU-Bürgerinnen und -Bürger seit dem 21. September 2017 in den Genuss der unmittelbaren Vorteile von CETA. So schafft Kanada die Zölle auf 98 Prozent aller zwischen der EU und Kanada gehandelten Waren (nach Zolltariflinien) ab. EU-Unternehmen werden so jährlich etwa 590 Millionen Euro an Zöllen einsparen können. Zudem erhalten sie sofort den besten Zugang zu öffentlichen Aufträgen, den Kanada ausländischen Unternehmen je gewährt hat, und zwar auf Bundes- wie auf Provinz- und Kommunalebene. Vollständig wird CETA erst in Kraft treten, wenn alle Mitgliedstaaten das Abkommen gemäß ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorgaben ratifiziert haben. Zu den Regelungen, die erst nach Ratifizierung durch alle Mitgliedstaaten in Kraft treten werden, gehören unter anderem die Regelungen zur Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten durch ein öffentlich legitimiertes Investitionsgericht.

Weiterführende Informationen zu CETA und den nächsten Schritten finden Sie hier und auf den Internetseiten der EU-Kommission (englisch).

EU und USA

Die EU ist einer der bedeutendsten Handelspartner der USA. Für Deutschland sind die USA der wichtigste ausländische Absatzmarkt und zugleich der wichtigste Investitionsstandort deutscher Unternehmen. Die Verhandlungen über die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) zwischen der EU und den USA ruhen seit Anfang 2017 und werden nicht fortgeführt.

Die nach den letzten US-Wahlen von EU-Kommission und Europäischem Auswärtigen Dienst (EAD) am 2. Dezember 2020 vorgelegte Gemeinsame Mitteilung für eine neue transatlantische Agenda identifiziert auch Themenfelder der Handelspolitik, bei denen eine EU-US Kooperation besonders effektiv wäre. Darauf aufbauend haben die EU und die Vereinigten Staaten am 15. Juni 2021 den Handels- und Technologierat EU-USA (Trade and Technology Council, TTC) ins Leben gerufen. Der TTC ist ein wichtiges Forum für die transatlantische Koordination zu zahlreichen zukunftsgerichteten Themen, vor allem mit Bezug zu neuen Technologien. Im Rahmen des TTC werden die jeweiligen Vorgehensweisen in wichtigen globalen Handels-, Wirtschafts- und Technologiefragen diskutiert und die transatlantischen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen auf der Grundlage gemeinsamer demokratischer Werte vertieft. Die Arbeitsgruppen befassen sich mit folgenden Themen: Technologische Standards; Klima und umweltfreundliche Technologien; Sichere Lieferketten, Informations- und Kommunikationstechnologien und -dienste (IKT), Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit; Datenmanagement und Technologieplattformen; Missbrauch von Technologien; Bedrohung der Sicherheit und der Menschenrechte; Ausfuhrkontrollen; Überprüfung von Investitionen; Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU); Zugang zu digitalen Instrumenten und deren Nutzung; Herausforderungen im Welthandel. Weitere Informationen zum Stand der Gespräche sind auf der Internetseite der Europäischen Kommission abrufbar.

EU und ASEAN-Staaten

Die Verhandlungen zu Freihandelsabkommen der EU mit Staaten des ASEAN (= Association of Southeast Asian Nations) sind von großer wirtschaftlicher Bedeutung für Deutschland. Die ASEAN-Region verfügt über ein dynamisches Wachstum und bietet bedeutende Potenziale für die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Europa. Die EU verhandelt zunächst bilateral mit einzelnen ASEAN-Staaten, da ein regionaler Verhandlungsansatz in der Vergangenheit nicht zu konkreten Ergebnissen führte.

Singapur: Die EU und Singapur haben am 18./19. Oktober 2018 auf dem ASEM-Gipfel ein Freihandels- und ein Investitionsschutzabkommen unterzeichnet. Das EU-Parlament hat beiden Abkommen im Februar 2019 zugestimmt. Deutschland begrüßt die Abkommen nachdrücklich, denn das Land ist trotz der geringen Größe einer der wichtigsten Handelspartner für Deutschland im ASEAN-Raum. Die Ratifizierung des Freihandelsabkommens wurde am 8. November durch Ratsbeschluss abgeschlossen; am 21. November 2019 ist das Abkommen in Kraft getreten. Das Investitionsschutzabkommen muss noch von allen EU-Mitgliedstaaten unterzeichnet werden. Im Investitionsschutzabkommen wurden hohe und präzise Schutzstandards für Investitionen, die das Regulierungsrecht wahren, sowie ein reformiertes Streitbeilegungsverfahren nach dem Vorbild von CETA vereinbart. Mehr zu den beiden Abkommen finden Sie auf den Seiten der Europäischen Kommission.

Vietnam: Die EU und Vietnam haben am 30. Juni 2019 in Hanoi ein Freihandels- und ein Investitionsschutzabkommen unterzeichnet. Als Vietnams größter Handelspartner innerhalb der EU begrüßt Deutschland die Unterzeichnung. Durch das Freihandelsabkommen wird der Zugang für deutsche Produkte zu dem immer wichtiger werdenden vietnamesischen Markt verbessert. Im Investitionsschutzabkommen wurden, wie im Abkommen mit Singapur, hohe und präzise Schutzstandards für Investitionen und ein reformiertes Streitbeilegungsverfahren vereinbart. Das Europäische Parlament hat beiden Abkommen am 12. Februar 2020 zugestimmt. Das Freihandelsabkommen ist am 1. August 2020 in Kraft getreten. Das Investitionsschutzabkommen muss noch durch alle EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden, bevor es in Kraft treten kann.

Das bilaterale Handelsvolumen zwischen Deutschland und Vietnam betrug 2019 14 Milliarden Euro. Der Bestand deutscher Direktinvestitionen in Vietnam betrug 2017 rund 840 Millionen Euro. Derzeit sind mehr als 300 deutsche Unternehmen auf dem vietnamesischen Markt präsent.

Malaysia: Im Oktober 2010 wurden mit Malaysia Verhandlungen über ein gemeinsames Freihandelsabkommen begonnen. Seit der 7. Verhandlungsrunde im Jahr 2012 ruhen die Verhandlungen Die EU-Kommission bemüht sich um deren Wiederaufnahme.

Thailand: Die im Mai 2013 begonnenen Verhandlungen mit Thailand ruhen aufgrund der Machtübernahme durch das Militär seit der vierten Verhandlungsrunde im April 2014. Ein Verhandlungsabschluss wird nur mit einer demokratisch gewählten Regierung in Thailand möglich sein.

Die Philippinen und Indonesien haben die FTA-Verhandlungen mit der EU in 2016 aufgenommen. Textbasierte Verhandlungen haben im Jahr 2017 begonnen.

EU und Australien

Die EU bereitet derzeit den Beginn von Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit Australien vor. So haben die Handelsminister der EU-Mitgliedstaaten am 22. Mai 2018 die Aufnahme von Freihandelsverhandlungen beschlossen. Die Verhandlungen haben im Juni 2018 begonnen (PDF, 704 KB).

Das Handelsvolumen zwischen der EU und Australien belief sich im Jahr 2019 auf mehr als 53 Milliarden Euro mit einem Handelsbilanzüberschuss von knapp 18 Milliarden Euro auf Seiten der EU. Bei den EU-Exporten nach Australien handelt es sich vorwiegend um Fertigungsgüter, während Australien vor allem mineralische Rohstoffe und landwirtschaftliche Erzeugnisse nach Europa exportiert. EU-Unternehmen liefern gewerbliche Dienstleistungen im Wert von rund 20 Milliarden Euro nach Australien und auf sie entfallen Investitionen im Wert von mehr als 160 Milliarden Euro im Land. Die EU ist damit der drittgrößte Handelspartner Australiens.

EU und Neuseeland

Auch mit Neuseeland werden derzeit Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen vorbereitet. Am 22. Mai 2018 haben die Handelsminister der EU-Mitgliedstaaten die Aufnahme von Freihandelsverhandlungen beschlossen. Die Verhandlungen laufen seit dem 21. Juni 2018.

Mit einem jährlichen Handelsvolumen von mehr als 9 Milliarden Euro im Jahr 2019 ist die EU Neuseelands zweitgrößter Handelspartner. Bei den neuseeländischen Exporten in die EU bilden landwirtschaftliche Erzeugnisse den größten Anteil, während die EU vor allem Fertigungs- und Industriegüter nach Neuseeland ausführt. Für die EU ergab sich beim Handel mit Neuseeland 2019 ein Handelsbilanzüberschuss von 2,7 Milliarden Euro, auf EU-Unternehmen entfallen mehr als 10 Milliarden Euro an ausländischen Direktinvestitionen in Neuseeland.

EU und Indien

Ein Freihandelsabkommen der EU mit Indien könnte bestehende Hürden für den Handelsaustausch beseitigen und neuen Schwung in die bilaterale Kooperation bringen. Das Land mit der weltweit zweitgrößten Bevölkerung ist von erheblicher Bedeutung für die exportorientierte deutsche Wirtschaft. Bundesregierung und EU-Kommission streben jedoch ein umfassendes und ambitioniertes Abkommen an.

Die im Jahr 2007 begonnenen Verhandlungen mit Indien sind aufgrund der stark divergierenden Ansichten auf beiden Seiten seit 2012 de facto unterbrochen.

EU und Lateinamerika

Die ältesten Abkommen mit Ländern aus der Region bestehen als Globalabkommen mit Mexiko (in Kraft seit 2000, Informationen in englischer Sprache) und als Assoziierungsabkommen mit Chile (in Kraft seit 2005, Informationen in englischer Sprache). Das Assoziierungs- und das Globalabkommen schließen jeweils ein Freihandelsabkommen mit ein, gehen jedoch inhaltlich weit darüber hinaus und bilden breit gefächerte vertragliche Grundlagen für politischen Dialog, Wirtschaftsbeziehungen und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Die EU und Mexiko haben am 28. April 2020 ihre Verhandlungen über den Handelsteil eines modernisierten EU-Mexiko Globalabkommens erzielt (https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_20_756). Zu den Vereinbarungen zählt die künftige Zollfreiheit von 99 Prozent aller Waren, die zwischen der EU und Mexiko gehandelt werden. Bei einzelnen Agrarprodukten sind zunächst Übergangsfristen beziehungsweise Quoten vorgesehen. Insgesamt werden 340 Lebensmittelprodukte aus der EU in Zukunft durch geographische Herkunftsangaben geschützt sein. Investor-Staat-Streitigkeiten sollen durch ein öffentlich legitimiertes Investitionsgericht beigelegt werden. Neben Marktzugangsregelungen werden im neuen Abkommen beispielsweise auch Themen wie Nachhaltigkeit, regulatorische Zusammenarbeit und Korruptionsbekämpfung enthalten sein. Nach der rechtlichen Prüfung und Übersetzung der Vertragstexte in alle EU-Sprachen muss das modernisierte Abkommen noch unterzeichnet, vom Rat und dem Europäischen Parlament gebilligt sowie von den Mitgliedstaaten ratifiziert werden.

Seit Ende 2013 ist der Freihandelsteil des Assoziierungsabkommens der EU mit Zentralamerika (Informationen in englischer Sprache) vorläufig in Kraft. Es ist das erste Abkommen, das die EU mit einer Region geschlossen hat. Es umfasst die Länder Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Panama. Seit 2013 wird das Multiparteienabkommen der EU und der EU-Mitgliedstaaten mit Kolumbien und Peru (Informationen in englischer Sprache) vorläufig angewendet. Seit Januar 2017 ist auch Ecuador dem Abkommen beigetreten.

Die Europäische Kommission hat am 28. Juni 2019 nach fast 20 Jahren die Verhandlungen mit den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay über den Freihandelsteil des Assoziierungsabkommens erfolgreich politisch abgeschlossen. Die Verhandlungen liefen mit Unterbrechungen seit dem Jahr 1999.

EU und Ukraine

Den rechtlichen Rahmen für die Beziehungen der EU mit der Ukraine bildet das 1998 in Kraft getretene Partnerschafts- und Kooperationsabkommen. 2014 hat die EU mit der Ukraine das seit 2008 verhandelte Assoziierungsabkommen unterzeichnet, das das bestehende Partnerschafts- und Kooperationsabkommen ersetzen soll und das auch die Einrichtung einer tiefen und umfassenden Freihandelszone vorsieht. Der allgemeine politische Teil des Abkommens wird seit 1. November 2014 in seinen in EU-Kompetenz liegenden Teilen vorläufig angewendet. Der Freihandelsteil des Abkommens wird in seinen in EU-Kompetenz liegenden Teilen seit dem 1. Januar 2016 vorläufig angewendet.

Trade in Service Agreement (TiSA)

TiSA (= Trade in Service Agreement) ist ein geplantes, plurilaterales Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen. Vorrangige Ziele des Abkommens sind, den Marktzugang im Dienstleistungshandel zu verbessern und neue Impulse für das multilaterale System zu setzen. Aus Sicht der EU und der Bundesregierung sollen die Vereinbarungen zur Erleichterung beim Handel von Dienstleistungen langfristig auch in die WTO überführt werden. Die EU verhandelt TiSA mit 23 WTO-Staaten, die insgesamt etwa 70 Prozent des weltweiten Dienstleistungshandels abdecken.

Hier finden Sie weiterführende Informationen zu TiSA.

Environmental Goods Agreement (EGA)

Das Environmental Goods Agreement (EGA) ist ein geplantes Abkommen zur Liberalisierung von Umweltgütern. Das Abkommen wird zunächst plurilateral, also von einigen WTO-Mitgliedsstaaten ausgehandelt - mit dem Ziel, die Ergebnisse multilateral auf alle WTO-Mitgliedsstaaten auszuweiten. Die Initiative baut auf der sogenannten APEC-Liste auf, die im September 2012 in Wladiwostok verabschiedet wurde. Hiernach sollen die Zölle für insgesamt 54 Umweltgüter bis 2015 auf fünf Prozent des Warenwerts oder weniger gesenkt werden.

Neben der EU sitzen 13 weitere Länder am Verhandlungstisch. Die erste Verhandlungsrunde fand im. Juli 2014 in Genf statt. Nach inzwischen 17 Verhandlungsrunden wird der Abschluss noch für Ende 2016 angestrebt. Weitere Informationen zum geplanten Abkommen finden Sie auf der Internetseite der EU-Kommission.