EU Flagge und Vertragspapiere sinnbildlich für die EU-weite Vergaben; Quelle: istockphoto.com/ shironosov

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Größte Reform des Oberschwellenvergaberechts seit 2004 in Kraft

Im April 2016 ist das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts (VergRModG) in Kraft getreten. Die Reform dient der Umsetzung dreier EU-Vergaberichtlinien von 2014. Der europäische Gesetzgeber hat mit dem Paket zur Modernisierung des europäischen Vergaberechts ein vollständig überarbeitetes Regelwerk für die Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen vorgelegt. Das Modernisierungspaket umfasst die Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe (Richtlinie 2014/24/EU) (PDF: 2,3 MB), die Richtlinie über die Vergabe von Aufträgen in den Bereichen Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (Richtlinie 2014/25/EU) (PDF: 1,8 MB) und die Richtlinie über die Vergabe von Konzessionen (Richtlinie 2014/23/EU) (PDF: 1,2 MB). Diese Richtlinien waren bis zum 18. April 2016 in deutsches Recht umzusetzen.

Mit dem VergRModVO wurde insbesondere Teil 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) überarbeitet. Das novellierte GWB umfasst nun erstmals die wesentlichen Vorgaben zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen und von Konzessionen oberhalb der maßgeblichen EU-Schwellenwerte. Hintergründe und Stellungnahmen zum Gesetz finden Sie hier.

Die Verordnung zur Modernisierung des Vergaberechts (VergRModVO) greift die allgemeinen Regelungen des Gesetzes (Teil 4 des GWB) auf und ergänzt dieses in zahlreichen Detailfragen. Dabei fasst sie mehrere Rechtsverordnungen zusammen, die Sie gemeinsam mit den Stellungnahmen zur VergRModVO hier finden.

Einheitliche Europäische Eigenerklärung (EEE)

Ein Ziel der EU-Vergaberichtlinien von 2014 und damit auch der Vergaberechtsreform in Deutschland ist die Vereinfachung der Prüfung, ob ein Unternehmen grundsätzlich geeignet ist, einen öffentlichen Auftrag auszuführen. Dazu hat der europäische Gesetzgeber in Artikel 59 der Richtlinie 2014/24/EU die sog. Einheitliche Europäische Eigenerklärung (EEE) eingeführt, die die Eignungsprüfung durch eine in allen EU-Mitgliedstaaten einheitliche Form der Eigenerklärung vorstrukturieren und erleichtern soll:

  • Die EEE stellt einen vorläufigen Beleg der Eignung eines Unternehmens und des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen dar und ersetzt vorläufig die Vorlage von Nachweisen.
  • Die EEE enthält eine Eigenerklärung mit Versicherung des Unternehmens zu folgenden Aspekten:

    • Es liegen keine Ausschlussgründe vor
    • Die Vorgaben des öffentlichen Auftraggebers zur Eignung werden erfüllt mit Blick auf

      a) die Befähigung zur Berufsausübung,

      b) die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit sowie

      c) die technische und berufliche Leistungsfähigkeit.

    • Eventuell vom öffentlichen Auftraggeber vorgegebene objektive und nichtdiskriminierende Kriterien zur Reduzierung der Zahl der Teilnehmer am Wettbewerb werden erfüllt (nur relevant bei zweistufigen Verfahren).
    • Die vom öffentlichen Auftraggeber geforderten Nachweise für die Punkte 1 bis 3 können jederzeit vom Unternehmen vorgelegt werden.
  • Nachweise und Bescheinigungen

    • müssen vom öffentlichen Auftraggeber vor Zuschlagserteilung von dem Unternehmen angefordert werden, das den Zuschlag erhalten soll;
    • können vom öffentlichen Auftraggeber jederzeit von jedem am Vergabeverfahren teilnehmenden Unternehmen angefordert werden, sofern dies zur Durchführung des Verfahrens erforderlich ist.
  • Öffentliche Auftraggeber müssen die EEE akzeptieren, wenn sie vom Unternehmen vorgelegt wird.
  • Die EEE wird ausschließlich in elektronischer Form erstellt.

Die EU-Kommission hat am 5. Januar 2016 die Durchführungsverordnung zur Einführung des Standardformulars für die EEE beschlossen (Durchführungsverordnung (EU) 2016/7 der Kommission vom 5. Januar 2016 zur Einführung des Standardformulars für die Einheitliche Europäische Eigenerklärung (PDF: 1,4 MB), Fundstelle: Amtsblatt der EU, L Nr. 3 vom 6.1.2016, S. 16).

Aktualisierungshinweis: Die Europäische Kommission bietet ihren Online-Dienst zur Schritt-für-Schritt-Erstellung der EEE nicht mehr an. Sie führt allerdings noch eine Liste über EEE-Service-Anbieter u.a. aus Deutschland unter
https://ec.europa.eu/docsroom/documents/48856/attachments/1/translations/en/renditions/native.

Das Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern und für Heimat verweist auf vergleichbare deutschsprachige Services zum Ausfüllen der EEE auf der Seite https://eee.evergabe-online.de/.

Muss die EEE verwendet werden?

Ein Unternehmen (= Wirtschaftsteilnehmer) kann freiwillig eine EEE vorlegen (auch dann, wenn der öffentliche Auftraggeber keine vorausgefüllte EEE zur Verfügung gestellt hat). Der öffentliche Auftraggeber ist in einem solchen Fall verpflichtet, die vorgelegte EEE als vorläufigen Beleg der Eignung und des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen zu akzeptieren. Nach § 48 Absatz 1 Vergabeverordnung kann der öffentliche Auftraggeber bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen vorschreiben, "mit welchen Unterlagen (Eigenerklärungen, Angaben, Bescheinigungen und sonstige Nachweise)" die Eignung und das Nichtvorliegen von Ausschlussgründen nachgewiesen werden muss. Folglich kann ein öffentlicher Auftraggeber bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen auch die Verwendung der EEE vorschreiben. Der öffentliche Auftraggeber wiederum ist nicht verpflichtet, eine vorausgefüllte EEE in den Vergabeunterlagen bereitzustellen, er erleichtert damit aber den Unternehmen das Ausfüllen der EEE.

Welche Vorteile bringt die EEE?

Durch das Ausfüllen der EEE entfällt für das Unternehmen die Notwendigkeit, bei der Abgabe eines Teilnahmeantrages (bei zweistufigen Verfahren) oder eines Angebots (insbesondere beim offenen Verfahren) viele umfangreiche Bescheinigungen oder andere Nachweise vorzulegen. Die EEE ersetzt als vorläufiger Nachweis Bescheinigungen von Behörden oder Dritten und reduziert dadurch den Aufwand für die Unternehmen. Die EEE ist EU-weit einheitlich und erleichtert daher die Teilnahme an Vergabeverfahren in anderen EU-Mitgliedstaaten. Für die öffentlichen Auftraggeber vereinfacht die EEE den Vergleich der Angaben der teilnehmenden Unternehmen.


Monitoring-Bericht 2017

Die EU-Vergaberichtlinien aus dem Jahr 2014 sehen vor, dass die Bundesrepublik Deutschland der EU-Kommission bis zum 18. April 2017 und danach alle drei Jahre einen Monitoring-Bericht zur Anwendung des Vergaberechts übermittelt (Art. 83 der Richtlinie 2014/24/EU, Art. 99 der Richtlinie 2014/25/EU und Art. 45 der Richtlinie 2014/23/EU).

In diesen Monitoring-Berichten müssen die Mitgliedstaaten der EU-Kommission alle Behörden, Stellen und Strukturen mitteilen, die dafür zuständig sind, eine ordnungsgemäße Anwendung des Vergaberechts zu gewährleisten. Darüber hinaus sollen die Berichte – soweit dazu tatsächliche Anhaltspunkte bestehen – folgende Informationen enthalten:

  • die häufigsten Ursachen einer falschen Anwendung oder Rechtsunsicherheit einschließlich möglicher struktureller oder wiederkehrender Probleme bei der Anwendung des Vergaberechts,
  • Maßnahmen zur Vorbeugung und Aufdeckung etwaiger Fälle von Betrug, Bestechung oder Interessenkonflikten sowie eine angemessene Berichterstattung darüber,
  • das Ausmaß der Beteiligung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) an der Vergabe öffentlicher Aufträge durch öffentliche Auftraggeber und Sektorenauftraggeber,
  • die praktische Umsetzung der nationalen strategischen Beschaffungspolitik.

Für den Monitoring-Bericht der Bundesrepublik Deutschland an die EU-Kommission ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) innerhalb der Bundesregierung federführend zuständig.

Der erste Monitoring-Bericht der Bundesregierung zur Anwendung des Vergaberechts 2017 (PDF, 2 MB) gibt einen Überblick über das Vergaberecht und die Beschaffungspraxis in Deutschland (Teil 1) und führt die Beiträge der obersten Bundesbehörden und der Länder zusammen. Dabei bezieht sich der Monitoring-Bericht 2017 auf Vergabeverfahren, die ab dem 18. April 2016 begonnen haben. Betroffen sind öffentliche Aufträge und Konzessionen mit Auftragswerten oberhalb der EU-Schwellenwerte. Die EU-Vergaberichtlinien sehen eine Veröffentlichung des Berichts vor.