A. Anwendungsbereich der Investitionsprüfung

Das AWG enthält insbesondere in §§ 4, 5, 13, 14a und 15 die gesetzlichen Vorgaben für die außenwirtschaftsrechtliche Investitionsprüfung in Deutschland. Die AWV konkretisiert diese Vorgaben in §§ 55 ff. Bei der Investitionsprüfung ist zwischen der sogenannten sektorübergreifenden (§§ 55 – 59 AWV) und der sogenannten sektorspezifischen (§§ 60 – 62 AWV) Prüfung zu unterscheiden.


Sektorübergreifende Prüfung: Erfasst sind Erwerbsvorgänge, durch die ein Unionsfremder unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über mindestens 25 Prozent der Stimmrechte an einem inländischen Unternehmen erwirbt. Gehört das inländische Unternehmen einem besonders sicherheitsrelevanten Bereich an, liegt die Aufgreifschwelle bei 10 Prozent der Stimmrechte (§ 55a Abs. 1 Nr. 1 bis 7 AWV, zum Beispiel Betreiber kritischer Infrastrukturen, Medien, Gesundheitssektor) bzw. bei 20 Prozent der Stimmrechte (§ 55a Abs. 1 Nr. 8 bis 27; insbesondere Emerging Technologies wie Halbleiter, KI, 3D-Druck, Quantentechnologie).


Sektorspezifische Prüfung: Erfasst sind alle Erwerbsvorgänge, durch die ein Ausländer – hierzu gehören auch Personen beziehungsweise Unternehmen aus anderen EU-Mitgliedstaaten – unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über mindestens 10 Prozent der Stimmrechte an einem inländischen Unternehmen erwirbt, das die in § 60 AWV abschließend genannten Güter herstellt, vorwiegend bestimmte Rüstungsgüter.

Nein, grundsätzlich wird jede unternehmerische Tätigkeit durch die Investitionsprüfung erfasst.

Innerhalb der sektorübergreifenden Prüfung gelten jedoch besondere Regeln für Zielunternehmen, die von einer oder mehrerer der Fallgruppen in § 55a Abs. 1 AWV erfasst sind (s. hierzu Kapitel C). Auch für Unternehmen, die unter die sektorspezifische Prüfung fallen, gelten besondere Regeln (s. hierzu Kapitel D).

Gegenstand der sektorspezifischen Prüfung sind alle Erwerbsvorgänge, durch die ein Ausländer – hierzu gehören auch Personen beziehungsweise Unternehmen aus anderen EU-Mitgliedstaaten oder der EFTA – unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über mindestens 10 Prozent der Stimmrechte an einem inländischen Unternehmen erwirbt, das die in § 60 AWV abschließend genannten Güter herstellt, vorwiegend bestimmte Rüstungsgüter.

Gegenstand der sektorübergreifenden Prüfung sind nur Erwerbe, bei denen ein Unionsfremder ein inländisches Unternehmen oder Anteile hieran erwirbt. Hiervon erfasst sind jedoch auch mittelbare Erwerbe, bei denen etwa die unmittelbare Erwerberin unionsansässig ist, die mittelbare Erwerberin jedoch nicht.

Nein. Die Regelungen der AWV zu Investitionsprüfungen gelten ausschließlich für Anteilserwerbe an inländischen Unternehmen sowie für Geschäftsvorgänge, die einen solchen Anteilserwerb substituieren oder vorwegnehmen. Dazu zählen zum Beispiel ein sogenannter „asset deal“ (siehe § 55 Abs. 1a AWV), eine Wertpapierleihe oder eine Sicherungsübereignung von Anteilen eines inländischen Unternehmens zur Besicherung eines Kredits.

Die Regelungen der AWV für Investitionsprüfungen erfassen grundsätzlich Erwerbsvorgänge, durch die der Investor unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über mindestens 10, 20 oder 25 Prozent der Stimmrechte erlangt (§§ 56 Abs. 1, 60a AWV).

Die 10 Prozent-Schwelle gilt für die Fallgruppen des § 55a Abs. 1 Nr. 1-7 AWV (insbesondere Betreiber kritischer Infrastrukturen, bestimmte Medienunternehmen) sowie für die sektorspezifische Prüfung (insbesondere bestimmte Rüstungsunternehmen).

Die 20 Prozent-Schwelle gilt für die Fallgruppen des § 55a Abs. 1 Nr. 8-27 AWV (insbesondere bestimmte Unternehmen des Gesundheitssektors sowie Emerging Technologies wie Halbleiter, KI, 3D-Druck, Quantentechnologie).

Für alle übrigen Erwerbe gilt die Prüfschwelle von 25 Prozent.

Nein. Mindestbeträge für Kaufpreis, Umsatz, Zahl der Arbeitnehmer oder ähnliches gibt es im Gegensatz zu Investitionsprüfungsregimen mancher anderer Staaten nicht.

Für den Fall, dass die Erwerberin bereits Stimmrechtsanteile oberhalb der Prüfschwellen des § 56 Abs. 1 hält, ist nicht jede weitere Erhöhung prüfungsrelevant. Siehe hierzu § 56 Abs. 2 AWV sowie die FAQs betreffend Hinzuerwerbe in Abschnitt B.

Die Übernahme von neuen Stimmrechtsanteilen im Rahmen von Finanzierungsrunden fällt nicht in den Anwendungsbereich der Investitionsprüfung, wenn die Stimmrechtsanteile des betreffenden Investors (unmittelbar oder mittelbar entsprechend der Zurechnungsregeln des § 56 AWV) nach Abschluss der Finanzierungsrunde prozentual nicht höher sind als vor der Finanzierungsrunde.

Grundsätzlich liegt ein prüffähiger Erwerb im Sinne der §§ 55 ff. AWV bzw. §§ 60 ff. AWV immer dann vor, wenn eine unionsfremde bzw. ausländische Erwerberin eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung an einem inländischen Unternehmen erwirbt. Ist dies der Fall, sind auch konzerninterne Umstrukturierungen grundsätzlich vom Anwendungsbereich der Investitionsprüfung erfasst.

Etwas anderes gilt nach dem neuen § 55 Abs. 1b AWV dann, wenn die Obergesellschaft gleichbleibt, sich lediglich die Beteiligungskette verändert und keine Gesellschafter aus einem bislang nicht beteiligten Rechtskreis hinzutreten. Diese Fälle sind vom Anwendungsbereich der sektorübergreifenden Investitionsprüfung ausgenommen.

Im Übrigen sind grundsätzlich auch rein interne Um- oder Restrukturierungen von der Investitionsprüfung erfasst. Oft wird es hierbei aber um unbedenkliche Erwerbe handeln, wenn die Gefährdungslage in Bezug auf die in § 55 Abs. 1 AWV bzw. § 60 Abs. 1 AWV geschützten Rechtsgüter gleichbleibt und sich die Einflussmöglichkeiten ausländischer oder unionsfremder Erwerberinnen bzw. staatlicher Stellen auf ein inländisches Unternehmen nicht ändern.

Wenn ein Unternehmen einer der Fallgruppen nach § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis 7 AWV unterfällt, gilt für dieses Unternehmen die Prüfschwelle von 10 Prozent nach § 56 Abs. 1 Nr. 1 AWV. Für die Geltung dieser (niedrigeren) Prüfschwelle ist unerheblich, ob ggf. noch weitere Fallgruppen einschlägig sind, für die sich die Prüfschwelle aus § 56 Abs. 1 Nr. 2 AWV ergibt.

Der Anteilserwerb an Unternehmen, der einer Fallgruppe des § 55a Abs. 1 AWV zuzuordnen ist, unterfällt bereits einer niedrigeren Prüfschwelle der Investitionsprüfung (10 bzw. 20 Prozent je nach einschlägiger Fallgruppe) als Anteilserwerbe an sonstigen Unternehmen (25 Prozent), vgl. § 56 Abs. 1 AWV.

Er ist zudem meldepflichtig (§ 55a Abs. 4 AWV).

Für meldepflichtige Erwerbe in den ausdrücklich benannten, besonders prüfrelevanten Sektoren greifen zudem Vollzugsbeschränkungen. Besonders sicherheitssensitive Handlungen wie die Ausübung von Stimmrechten oder die Übermittlung bestimmter besonders sicherheitssensitiver Informationen sind unter Strafandrohung verboten. Damit soll verhindert werden, dass die Erwerbsbeteiligten während einer noch laufenden Investitionsprüfung bereits vollendete Tatsachen schaffen und die Ziele der Investitionsprüfung unterlaufen (vgl. im Einzelnen § 15 Abs. 3 und 4 AWG sowie die Strafbewehrung nach § 18 Abs. 1b AWG; s. hierzu auch Kapitel H).

Diese Vorschriften gelten grundsätzlich bei allen Fallgruppen des § 55a Abs. 1 gleichermaßen (mit der o.g. Ausnahme hinsichtlich der Prüfschwelle).

Die mit der 17. AWV-Novelle eingeführten Änderungen, bspw. die neuen Meldepflichten für Anteilserwerbe an Unternehmen im Sinne des § 55a Abs. 1 Nr. 12 bis 27 AWV, greifen grundsätzlich für alle schuldrechtlichen Rechtsgeschäfte (Signing), die nach Inkrafttreten der Novelle geschlossen wurden (§ 82a AWV).

Nein. Ob das Rechtsgeschäft zum Zeitpunkt der Kenntniserlangung durch das Bundeswirtschaftsministerium bereits vollzogen war, ist für das Bestehen eines Prüfrechts des Ministeriums ohne Belang.

Das zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich ausgehandelte Handels- und Kooperationsabkommen ist am 1. Januar 2021 vorläufig in Kraft getreten. Da es sich bei der Investitionsprüfung um eine Maßnahme zur Sicherstellung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und anderer EU-Mitgliedstaaten sowie bestimmter EU-Programme handelt, sind Großbritannien und Nordirland ab dem 1. Januar 2021 in der Investitionsprüfung als Nicht-EU-Staaten zu behandeln (vgl. Artikel EXC.1 Abs. 1 und 2 sowie EXC.4 des Handels- und Kooperationsabkommens). Investoren aus diesen Ländern unterfallen damit vollumfänglich den §§ 55 ff. Außenwirtschaftsverordnung.

Erwerbe, bei denen der Abschluss des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts (Signing) noch im Jahr 2020 stattgefunden hat, der Vollzug (Closing) jedoch erst im Jahr 2021 stattfindet, werden durch das Bundeswirtschaftsministerium nicht geprüft. Hierbei handelt es sich um eine Ermessensentscheidung des Bundeswirtschaftsministeriums zugunsten der betreffenden Unternehmen, die mit der EU-Kommission abgestimmt ist. Erwerbe, in denen das Signing nach dem 1. Januar 2021 erfolgt (ist), werden ganz regulär der Investitionsprüfung unterzogen.

B. Erwerbskonstellationen

Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen Erst- bzw. Hinzuerwerben im Sinne der Investitionsprüfung: Ein „Ersterwerb“ im Sinne der §§ 55 ff. AWV liegt immer dann vor, wenn die für das Zielunternehmen maßgebliche Prüfschwelle (§ 56 Abs. 1 AWV) durch den Anteilserwerb erstmals überschritten wird. Dabei ist unerheblich, ob der Investor vor dem „Ersterwerb“ bereits Stimmrechtsanteile am Unternehmen unterhalb der Prüfschwelle hielt oder vollständig neu einsteigt. Bei jeglichem weiteren (aufstockenden) Investment in ein Unternehmen durch einen bestehenden Anteilseigner, dessen bisheriger Stimmrechtsanteil bereits die (originäre) Prüfschwelle erreicht oder überschreitet, bei dem also bereits ein „Ersterwerb“ erfolgt ist, handelt es sich um einen sog. Hinzuerwerb im Sinne der Investitionsprüfung.

Erwerbe, einschließlich Zukäufe, unterhalb der für das Zielunternehmen maßgeblichen Prüfschwelle sind für die Investitionsprüfung grundsätzlich nicht relevant (mit der Ausnahme sog. atypischer Kontrollerwerbe, s. dazu Frage B.3.)

§ 56 Abs. 2 AWV regelt nun erstmals ausdrücklich, wann Hinzuerwerbe prüfrelevant sind. Hiernach löst nicht (mehr) jeder Hinzuerwerb ein Prüfrecht aus, sondern nur (noch) solche Erwerbe, mit denen ein bestehender Anteilseigner insgesamt die in § 56 Abs. 2 AWV festgelegten Stimmrechtsanteile erreicht oder überschreitet (Annäherung an oder Überschreiten weiterer gesellschaftsrechtlich relevanter Schwellen). Diese Schwellen sind 20, 25, 40, 50 und 75 Prozent der Stimmrechtsanteile. Hält ein Gesellschafter bereits mindestens 75 % der Stimmrechtsanteile, begründen weitere Hinzuerwerbe (bspw. ein Squeeze Out) kein Prüfrecht.

Ja, in Fällen sog. atypischer Kontrollerwerbe gemäß § 56 Abs. 3 AWV.

Gemeint sind Fälle, in denen der Erwerb von Stimmrechten mit dem Erwerb zusätzlicher Rechte einhergeht, die einen Einfluss auf das Unternehmen oder das Erlangen sensibler Informationen ermöglichen. Ein atypischer Kontrollerwerb löst keine Meldepflicht aus – auch wenn sich das Zielunternehmen einer Fallgruppe nach § 55a Abs. 1 AWV zuordnen lässt.

Dies ist immer dann denkbar, wenn es sich nicht um Beteiligungsrechte handelt, die gesellschaftsrechtlich grundsätzlich mit dem entsprechenden Stimmrechtsanteil einhergehen, sondern um vertraglich gesondert vereinbarte Gesellschafterrechte. Alleine das Bestehen solcher gesondert vereinbarter Investoren- bzw. Gesellschafterrechte reicht allerdings für eine Anwendung von § 56 Abs. 3 AWV nicht aus. Diese zusätzlichen Rechte müssen bei einer Gesamtbetrachtung gemeinsam mit dem Stimmrechtsanteil zu einer mit der jeweils einschlägigen Prüfeintrittsschwelle vergleichbaren Beteiligungsintensität des Investors führen.

Nein. Ein Erwerb im Sinne des neuen § 56 Abs. 3 AWV setzt voraus, dass das dem Stimmrechtserwerb zugrunde liegende Rechtsgeschäft nach dem 30.04.2021 abgeschlossen wurde.

Das Bundeswirtschaftsministerium kann Erwerbe aus der EU und der EFTA einer Prüfung gemäß § 55 Abs. 1 AWV unterziehen, wenn es Anzeichen dafür gibt, dass die konkrete Erwerbsstruktur dazu dient, in missbräuchlicher Weise das Prüfrecht nach § 55 Abs. 1 AWV zu unterlaufen.

Eine solche missbräuchliche Gestaltung kann insbesondere auftreten, wenn die direkte Erwerberin aus der EU oder der EFTA, aber die tatsächliche wirtschaftliche Erwerberin aus einem Drittland kommt (§ 55 Abs. 2 AWV). Anzeichen für eine derartige missbräuchliche Gestaltung sind nach § 55 Abs. 2 AWV insbesondere, wenn

• die unmittelbare Erwerberin – mit Ausnahme des Erwerbs – keiner nennenswerten eigenständigen Wirtschaftstätigkeit nachgeht;
• die unmittelbare Erwerberin innerhalb der Europäischen Union keine auf Dauer angelegte eigene Präsenz in Gestalt von Geschäftsräumen, Personal oder Ausrüstungsgegenständen unterhält.

Davon zu unterscheiden sind Konstellationen des mittelbaren Erwerbs (s. § 56 Abs. 4 und 5 AWV), allen voran die in der Praxis typischen Fälle der Akquisition über ein Erwerbsvehikel in Form einer deutschen bzw. EU-Vorratsgesellschaft. In diesen Fällen wird bereits über die rechtliche Akquisitionsstruktur eine hinreichende Verknüpfung zwischen Zielunternehmen und (mittelbarer) unionsfremder Erwerberin hergestellt, die – wenn die weiteren Prüfvoraussetzungen vorliegen – ein Prüfrecht auslöst.

Eine missbräuchliche Gestaltung kann zudem auch dann vorliegen, wenn mehrere Erwerbe an demselben inländischen Unternehmen so aufeinander abgestimmt werden, dass bei gesonderter Betrachtung keiner der Erwerbe eine Beteiligung im Sinne des § 56 darstellt.
Die vorstehend genannten Anzeichen sind beispielhaft und nicht widerlegbar. Auch andere Umstände des Einzelfalls können Anzeichen für eine derartige missbräuchliche Gestaltung sein, sind aber der Gegendarstellung zugänglich.

C. Fallgruppen in der sektorübergreifenden Prüfung, § 55a Abs. 1 AWV

Der Begriff „Kritische Infrastrukturen“ ist dem Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik“ (BSIG) entlehnt und wird in der zugehörigen Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen (BSI-KritisV) näher definiert. Dies gilt auch für die Bestimmung des „Betreibers“ dieser Einrichtungen.

Betroffen sind nur solche Hersteller, deren Software speziell für den Einsatz in einer der in der BSI-Kritis-V aufgeführten Anlagen erstellt oder entsprechend modifiziert wurde. Nachdem es sich bei der Investitionsprüfung grundsätzlich um Eingriffsverwaltung handelt, liegt die Darlegungslast hinsichtlich der Eingriffsvoraussetzungen zunächst bei der öffentlichen Hand. Die Unternehmen sind im Verwaltungsverfahren aber zur Mitwirkung an der Sachverhaltsaufklärung verpflichtet.

Wesentliche Komponenten im Sinne des §55a Abs. 1 Nr. 14 AWV in Bezug auf unbemannte Luftfahrzeuge können beispielsweise Computer der Fluglageregelung, Flugkontrollrechner oder Komponenten im Zusammenhang mit der Steuerung und Kontrolle zwischen dem unbemannten Luftfahrzeug und der Steuereinheit sein.

D. Sektorspezifische Prüfung

Ja. Es gelten keine Mindestschwellen bei Umsatzanteilen o.Ä. Entscheidend ist, dass (auch) Rüstungsgüter, die von der sektorspezifischen Prüfung erfasst werden, entwickelt, hergestellt etc. werden.

Sollte das Produkt- bzw. Technologieportfolio zugleich Prüfrelevanz nach der sektorübergreifenden Prüfung haben, kann das BMWK auch beide Prüfungen – sektorspezifisch und sektorübergreifend – parallel durchführen.

E. Beantragung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung, Meldung

Grundsätzlich kann bereits vor Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages über den Erwerb (Signing) eine Unbedenklichkeitsbescheinigung beantragt bzw. der Erwerb gemeldet werden. Hierzu muss jedoch bereits eine konkrete Erwerbsabsicht bestehen.

(Bitte beachten Sie: Die Meldepflicht entsteht erst mit dem Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages (Signing).)

Wird vor dem Signing die Unbedenklichkeitsbescheinigung beantragt bzw. der Erwerb gemeldet, müssen die erforderlichen Unterlagen beigebracht werden können.

Die Prüfung des Bundeswirtschaftsministeriums kann nur erfolgen, soweit die Unterlagen den (später erfolgenden) Erwerbsvorgang korrekt widergeben. Abweichungen gehen zulasten der Unternehmen. Spätestens mit Entstehen der Meldepflicht sind die müssen die Unterlagen den Erwerbsvorgang korrekt widergeben.

Die Unbedenklichkeitsbescheinigung ist ein Verwaltungsakt im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes und als solcher grundsätzlich verbindlich; Widerruf oder Rücknahme sind nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen zulässig. Im Falle eines Widerrufs oder einer Rücknahme beginnt die Prüffrist von neuem (siehe § 14a Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 AWG).

Die Besondere Gebührenverordnung für Kriegswaffenkontrolle, Ausfuhrkontrolle und Investitionsprüfung (BMWKBGebKAIV) ist am 16. September 2023 in Kraft getreten . Gemäß einer Übergangsvorschrift in der Verordnung werden ab dem 1. Januar 2024 Gebühren für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen in der Investitionsprüfung fällig (Gebührenverzeichnis Nr. 16 bis 21.3). Für die Beantragung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung und Beendigung des Investitionsprüfverfahren in Prüfphase I (Vorprüfung) fallen EUR 800,00 an. Wird das Investitionsprüfverfahren eröffnet, fallen je
nach Aufwand und Schwierigkeitsgrad bei der Bearbeitung des Prüfverfahrens Gebühren in Höhe von EUR 2.500,00 bis max. EUR 36.000,00 (dies aber nur im Ausnahmefall bei äußerst komplexen und langwierigen Prüfverfahren) an. Die Gebühren werden der Erwerberin in Rechnung gestellt.

F. Verfahren bei Investitionsprüfungen

Die eventuell einzureichenden Unterlagen ergeben sich aus § 14a Abs. 2 AWG i.V.m. §§ 55a Abs. 4, 58 Abs. 1 und 60 Abs. 3 AWV und der Allgemeinverfügung vom 27.05.2021 (BAnz AT 11.06.2021 B2).

Die Allgemeinverfügung regelt, welche Unterlagen bereits bei einer Meldung bzw. einem Antrag auf Unbedenklichkeitsbescheinigung einzureichen sind und welche weiteren Unterlagen im Fall einer Eröffnung des Prüfverfahrens zu ergänzen sind.

Ergänzend dazu kann das Bundeswirtschaftsministerium von allen am Erwerbsvorgang beteiligten Unternehmen oder Personen weitere, zur Durchführung einer ordnungsmäßen Prüfung erforderliche Unterlagen anfordern.

Bei der Investitionsprüfung handelt es sich um ein reguläres Verwaltungsverfahren, welches nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes durchgeführt wird. Gemäß § 23 Abs. 1 VwVfG ist die Amtssprache deutsch. Alle Unterlagen sind daher grundsätzlich in deutscher Sprache einzureichen (unter Berücksichtigung von § 23 Abs. 2 VwVfG).

Bestätigungen über den Zugang von Unterlagen erteilt das Bundeswirtschaftsministerium ausschließlich auf entsprechende Anforderung.

Über die Einleitung eines Prüfverfahrens entscheidet das Bundeswirtschaftsministerium auf Grundlage der im Einzelfall jeweils vorliegenden Informationen und in Abstimmung mit den fachlich betroffenen Ressorts der Bundesregierung. Die Prüffristen des § 14a AWG sind Ausschlussfristen.

Vertragsverhandlungen sind möglich und sinnvoll, wenn im Laufe des Investitionsprüfverfahrens eine Gefahr erkannt wurde, der durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag abgeholfen werden kann. Es handelt sich dabei um einen subordinationsrechtlichen Vertrag, der an die Stelle einer Anordnung tritt. Während laufender Vertragsverhandlungen wird der Fristenlauf gehemmt, siehe § 14a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 AWG. Für die Verhandlungen gibt es keinen vorgegebenen Zeitrahmen. Die Erwerberinnen oder das Bundeswirtschaftsministerium können die Verhandlungen aber jederzeit schriftlich für gescheitert erklären und damit den Fristablauf wieder in Gang setzen.

G. Fristen in der Investitionsprüfung

Bis zum 16. Juli 2020 enthielt die AWV Fristenregelungen in verschiedenen Vorschriften. Mit der 1. AWG-Novelle wurden die Fristenregelungen einheitlich in § 14a AWG gesetzlich konsolidiert. Die Vorgaben des § 14a AWG gelten somit nun für sämtliche Fälle der sektorübergreifenden und sektorspezifischen Investitionsprüfung.

Die neuen Fristenregelungen gelten entsprechend der Übergangsregelung des § 30 AWG für alle schuldrechtlichen Rechtsgeschäfte, die dem Bundeswirtschaftsministerium nach Inkrafttreten der 1. AWG-Novelle (17. Juli 2020) bekannt werden. Das schuldrechtliche Rechtsgeschäft (Signing) kann also auch zeitlich vor dem Inkrafttreten der ersten AWG-Novelle liegen. Für schuldrechtliche Rechtsgeschäfte, von denen das Bundeswirtschaftsministerium vor diesem Zeitpunkt Kenntnis erlangt hat, ist das alte Recht weiter anzuwenden.

Gem. § 14a AWG kann das Bundeswirtschaftsministerium innerhalb von zwei Monaten nach dem Erlangen der Kenntnis vom Abschluss des schuldrechtlichen Vertrags (Signing) ein Prüfverfahren eröffnen. Der Kenntnis stehen der Eingang der Meldung oder eines Antrags auf Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung gleich.

Nach Eingang der vollständigen Prüfunterlagen kann das Bundeswirtschaftsministerium innerhalb von vier Monaten Beschränkungen oder Handlungspflichten anordnen. Diese Frist kann um drei Monate verlängert werden, wenn das Prüfverfahren besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Die Frist kann um einen weiteren Monat verlängert werden, wenn der Erwerb die Verteidigungsinteressen der Bundesrepublik Deutschland in besonderem Maße berührt und das Bundesverteidigungsministerium diesen Umstand im Verfahren geltend macht.

Diese Frage wird in § 14a AWG abschließend geregelt. Die Eröffnung eines Prüfverfahrens ist binnen zwei Monaten ab positiver Kenntnis des Bundeswirtschaftsministeriums vom Vertragsschluss möglich, längstens aber innerhalb von fünf Jahren ab Vertragsschluss.

H. Auswirkungen auf Erwerbsgeschäft und Pflichten der Unternehmen

Ein schuldrechtliches Rechtsgeschäft, das grundsätzlich der Investitionsprüfung unterfällt, steht bis zur Freigabe des Erwerbs durch das Bundeswirtschaftsministerium beziehungsweise dem Eintritt der Freigabefiktion unter der auflösenden Bedingung einer Untersagung beziehungsweise erwerbsbeschränkenden Anordnung (§ 15 Abs. 2 AWG).

Handelt es sich um einen meldepflichtigen sektorspezifischen und sektorübergreifenden Erwerb, müssen die Beteiligten die aus § 15 Abs. 3 und 4 AWG folgenden rechtlichen und tatsächlichen Vollzugsbeschränkungen beachten.

Neben den bereits angesprochenen Meldepflichten – immer, wenn ein Fall der sektorspezifischen Prüfung vorliegt, bei der sektorübergreifenden Prüfung nur bei bestimmten inländischen Unternehmen – gehen mit der Eröffnung eines Prüfverfahrens durch das Bundeswirtschaftsministerium umfassende Auskunfts- und Mitwirkungspflichten aller am Erwerbsvorgang beteiligten Unternehmen oder Personen einher.

Das Weitergabeverbot des § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 AWG trägt der Tatsache Rechnung, dass auch faktische Vollzugshandlungen die Effektivität der Investitionsprüfung beeinträchtigen können. Art und Inhalt beziehungsweise Gegenstand der erfassten Informationen oder Technologien werden von Erwerbsfall zu Erwerbsfall unterschiedlich ausfallen. Nach dem Gesetzeswortlaut ist entscheidend, ob sich diese Informationen auf Unternehmensbereiche oder Unternehmensgegenstände beziehen, die wesentliche Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland berühren oder im Rahmen der Prüfung einer Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland besonders zu berücksichtigen sind.

Welche Aspekte dies im Einzelfall sein werden, hängt entscheidend von den geschäftlichen Aktivitäten und dem technologischen Know-how des inländischen Unternehmens ab. In der Regel sollte das inländische Unternehmen selbst sehr gut einschätzen können, welche im Unternehmen vorhandenen Informationen und Technologien potenziell sicherheitsrelevant und damit während einer laufenden Investitionsprüfung nicht weitergabefähig sind.

Flankierend sieht § 15 Abs. 4 Satz 2 AWG die Möglichkeit weitergehender Anordnungen durch das Bundeswirtschaftsministerium vor.

Die Pflichten und Rechtswirkungen des § 15 AWG knüpfen an den Zeitpunkt des Abschlusses des maßgeblichen schuldrechtlichen Rechtsgeschäftes (Signing) an. Die – strafbewehrten – Verbote des § 15 Abs. 4 AWG greifen nur, wenn ein Rechtsgeschäft überhaupt vorliegt; ein bestehendes Rechtsgeschäft ist zwingende Voraussetzung. Im Vorfeld eines Rechtsgeschäftes greifen die Verbote nicht.

Ein potentieller Investor ist daher nicht gehindert, auf Grund vorvertraglicher Rechtsbeziehungen zu einem potentiellen Veräußerer Informationen zur Bewertung der möglichen Investition zu erlangen. Andererseits dürfte ein Veräußerer ein wesentliches Interesse daran haben, den Wert seines Unternehmens nicht durch vorschnelle und umfängliche Informationen zu schmälern.

I. Rechtsmittel

Bei Anordnungen oder Untersagungen des Bundeswirtschaftsministeriums handelt es sich um Verwaltungsakte im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes, gegen die die in der Verwaltungsgerichtsordnung vorgesehenen Rechtsmittel eröffnet sind. Ein Widerspruchsverfahren findet nicht statt, da Verwaltungsakte in der Investitionsprüfung von einer obersten Bundesbehörde erlassen werden. Die Anfechtungsklage hat keine aufschiebende Wirkung.

J. Weitere Informationen

Das Bundeswirtschaftsministerium stellt hier weitere Informationen zur Verfügung.

Ansprechpartner im Bundeswirtschaftsministerium sind die Referate VE3-R und VE3-I (Investitionsprüfungen), erreichbar unter investitionspruefung@bmwk.bund.de.