Staaten schließen untereinander Investitionsschutzverträge ab, um Investoren völkerrechtlichen Schutz zuzusichern. Vielfach waren es dabei Drittstaaten, die Deutschland um den Abschluss eines Investitionsförderungs- und -schutzvertrags (Investitionsschutzvertrag) gebeten haben, um ihr Land für deutsche Investoren attraktiver zu machen. Beweggrund für Deutschland war, dass Auslandsinvestitionen deutscher Unternehmen zur Sicherung und zum Ausbau von Arbeitsplätzen in Deutschland beitragen; regelmäßig dienen Investitionen der Markterschließung vor Ort und sichern die Absatzchancen, auch von kleinen und mittleren Unternehmen.

Mit Freihandelsabkommen und Investitionsschutzabkommen der EU und der EU-Mitgliedstaaten soll der regelbasierte Freihandel und die gegenseitigen Investitionen mit Drittstaaten gestärkt und zugleich ein Zeichen gegen den zunehmenden Protektionismus gesetzt werden.

Die rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten zum Schutz von Investitionen und die Gerichtsverfahren in manchen Ländern entsprechen nicht immer unseren rechtsstaatlichen Erwartungen. Ohne Investitionsschutzvertrag wäre der ausländische Investor auf unsichere Klagewege vor nationalen Gerichten im Gaststaat oder auf diplomatische Intervention seiner Regierung gegenüber der ausländischen Regierung angewiesen, um seine Investition gegen Enteignungen ohne Entschädigung oder anderes willkürliches Verwaltungshandeln zu schützen. Ggf. müsste sich die Bundesregierung mit dem Staat auseinandersetzen, der die deutschen Investitionen beeinträchtigt hat.

Sofern ein Investitionsschutzvertrag besteht, der die Beilegung von Investitionsschutzstreitigkeiten in sog. Investor-Staat-Schiedsverfahren vorsieht, kann der Investor demgegenüber seine Rechte auf völkerrechtlicher Ebene vor unabhängigen Schiedsgerichten und unabhängig von nationalen Gerichten und diplomatischen Interventionen durchsetzen. Dies gilt auch bei Freihandelsabkommen mit Bestimmungen zum Investitionsschutz oder bei EU-Investitionsschutzverträgen, die die Streitbeilegung im Rahmen von Investitionsgerichtssystemen vorsehen. Investitionsschutzverträge dienen somit auch der Entpolitisierung von Streitigkeiten.

Die Bundesrepublik Deutschland hat seit 1959 mehr als 130 Investitionsschutzverträge abgeschlossen, überwiegend mit Schwellen- und Entwicklungsländern (zum Zeitpunkt des Abschlusses), sowie ab 1986 mit Transformationsländern in Mittel- und Osteuropa. Über die Notwendigkeit und Ausgestaltung der Investitionsschutzverträge hat die Bundesregierung jeweils im Einzelfall entschieden. Der Bundestag hat den einzelnen Investitionsschutzverträgen vor deren Inkrafttreten zugestimmt. Mit Industriestaaten hat die Bundesrepublik Deutschland keine bilateralen Investitionsschutzverträge abgeschlossen, da zwischen Staaten mit belastbaren Rechtsordnungen besondere Investitionsschutzregeln nicht erforderlich sind.

Eine Übersicht aller Investitionsschutzabkommen - alphabetisch sortiert nach Vertragsstaat - finden Sie hier.

Investitionsschutzverträge sind Grundlage für die Übernahme von Investitionsgarantien des Bundes für deutsche Direktinvestitionen in Entwicklungs-, Schwellen- und Transformationsländern zur Absicherung gegen politische Risiken. Investitionsgarantien können nur bei ausreichendem Rechtsschutz im Gaststaat übernommen werden. Investitionsschutzverträge gewährleisten diesen Rechtsschutz. Derzeit bestehen Investitionsgarantien des Bundes mit einer Höchsthaftung von insgesamt rund 28 Milliarden Euro (Stand: 31.12.2020).

Die Verträge wurden vor dem Beitritt dieser Länder in die EU verhandelt und unterzeichnet (mit Griechenland 1961, Malta 1974, Rumänien 1979 und 1996, Portugal 1980, Bulgarien 1986, Ungarn 1986, Polen 1989, CSFR 1990, gilt gegenüber der Tschechischen und der Slowakischen Republik fort, Estland 1991, Litauen 1991, Lettland 1993, Slowenien 1993, Kroatien 1997). Inzwischen sind auf Basis des Übereinkommens vom 5. Mai 2020 zur Beendigung der bilateralen Investitionsschutzverträge zwischen EU-Mitgliedstaaten die deutschen bilateralen Investitionsschutzverträge mit EU-Mitgliedstaaten wie auch alle anderen bilateralen Investitionsschutzverträge der Vertragsstaaten untereinander außer Kraft getreten.

Das Übereinkommen zur Beendigung der bilateralen Investitionsschutzverträge zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (im Folgenden „das Übereinkommen“) wurde am 5. Mai 2020 von 23 Mitgliedstaaten der EU einschließlich Deutschland unterzeichnet. Das Bundeskabinett hatte am 2. April 2020 der Unterzeichnung des Übereinkommens zugestimmt. Das Bundeskabinett hat auf dieser Basis am 16. September 2020 den Entwurf eines Vertragsgesetzes zu dem Übereinkommen beschlossen. Das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren ist Ende 2020 erfolgreich abgeschlossen worden. Das Gesetz ist vom Bundespräsidenten am 15. Januar 2021 ausgefertigt und am 21. Januar 2021 im Bundesgesetzblatt Teil II verkündet worden.

Nachdem am 10. Mai 2021 die Ratifikationsurkunde beim Generalsekretär des Rates der Europäischen Union hinterlegt wurde, ist das Übereinkommen nach seinem Art. 16 Absatz 2 am 9. Juni 2021 (d.h. 30 Tage nach Hinterlegung) für Deutschland in Kraft getreten.

Gleichzeitig werden nach Art. 4 Absatz 2 des Übereinkommens die in Anhang A des Übereinkommens genannten DEU-Investitionsschutzverträge und die Nachwirkungsklausel des in Anhang B des Übereinkommens genannten DEU-Investitionsschutzvertrags im Verhältnis zu den Vertragsparteien beendet, für die das Übereinkommen ebenfalls bereits in Kraft getreten ist.

Danach sind außer Kraft getreten

  • seit dem 9. Juni 2021 die DEU-Investitionsschutzverträge mit Bulgarien, Estland, Kroatien, Lettland, Malta, der Slowakischen Republik, Slowenien, Ungarn und die Nachwirkungsklausel des DEU-Investitionsschutzvertrages mit Polen
  • seit dem 4. September 2021 der DEU-Investitionsschutzvertrag mit Litauen
  • seit dem 29. Oktober 2021 der DEU-Investitionsschutzvertrag mit Griechenland
  • seit dem 10. Dezember 2021 der DEU-Investitionsschutzvertrag mit der Tschechischen Republik
  • seit dem 24. März 2022 der DEU-Investitionsschutzvertrag mit Rumänien
  • seit dem 14. Oktober 2022 der DEU-Investitionsschutzvertrag mit Portugal

In der Regel enthalten Investitionsschutzverträge folgende Schutzstandards:

  • Schutz gegen Enteignung ohne Entschädigung
  • Gerechte und billige Behandlung = "fair and equitable treatment" (FET)
  • voller Schutz und Sicherheit = "full protection and security"
  • Meistbegünstigung = "most favoured nation treatment" (MFN)
  • Inländerbehandlung = Schutz vor Diskriminierung
  • Schutz gegen den Bruch staatlicher Zusagen, sog. "Umbrella"-clause
  • uneingeschränkter Transfer von Kapital und Erträgen

Die deutschen bilateralen Investitionsschutzverträge enthalten keine Regelungen zum Marktzugang und schützen nur Investitionen, die entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen des Gaststaats getätigt wurden. Gesetze des Gaststaats, die den Schutz der Menschenrechte konkretisieren, Sozial- und Umweltstandards festlegen oder völkerrechtlich verbindliche Beschlüsse umsetzen, müssen daher vom Investor eingehalten werden.

Bei bisherigen Investitionsschutzverträgen konnte die Beachtung der Schutzstandards entweder durch den Heimatstaat des Investors in einem Staat-Staat-Schiedsverfahren oder durch den Investor selbst in einem Investor-Staat-Schiedsverfahren (ISDS) durchgesetzt werden. Mit CETA und den Investitionsschutzabkommen mit Singapur und Vietnam wird die Streitbeilegung modernisiert und einem öffentlich-legitimierten Investitionsgericht übertragen.

In älteren Investitionsabkommen waren nur Staat-Staat-Schiedsverfahren vorgesehen. Bei einem Rechtsstreit über die Anwendung des Investitionsschutzabkommens musste daher der Heimatstaat des Investors dessen Schutzansprüche in einem Staat-Staat-Schiedsverfahren gegen den Gaststaat geltend machen.

Investor-Staat-Schiedsverfahren wurden in den 1980er-Jahren eingeführt, um Investitionsstreitigkeiten zu entpolitisieren. Der Investor selbst kann damit ein Schiedsgericht anrufen, um die Vereinbarkeit staatlicher Maßnahmen mit dem Investitionsschutzvertrag prüfen zu lassen.

In den einzelnen Investitionsschutzverträgen ist jeweils geregelt, nach welchen Schiedsverfahrensordnungen Schiedsverfahren durchgeführt werden können (wie z. B. den Verfahrensordnungen der Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (United Nations Commission on International Trade Law - UNCITRAL), des Internationalen Zentrums für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (International Centre for the Settlement of Investment Disputes - ICSID), der Internationalen Handelskammer (International Chamber of Commerce, ICC) oder der Handelskammer Stockholm (Stockholm Chamber of Commerce - SCC)).

Zur Zeit sehen 86 der geltenden bilateralen Investitionsschutzverträge Deutschlands Investor-Staat-Schiedsverfahren vor.

Im Freihandelsabkommen der EU und der EU-Mitgliedstaaten mit Kanada (CETA) wurde erstmals ein öffentlich-legitimiertes Investitionsgericht vereinbart, vor dem der Investor die Verletzung der CETA-Investitionsschutzbestimmungen geltend machen kann. Die Richter werden von den CETA-Vertragsparteien ernannt. Das Gericht wird öffentlich tagen und alle Schriftsätze und Urteile veröffentlichen. Außerdem ist eine Berufungsinstanz vorgesehen. Kanada, die EU und die EU-Mitgliedstaaten nehmen damit die Verbesserungsvorschläge auf, die im Rahmen der öffentlichen Konsultation zu Investitionsschutz und ISDS in TTIP geäußert wurden. Die EU-Kommission hatte dementsprechend die Einrichtung eines Investitionsgerichts - auch auf Initiative von Bundeswirtschaftsminister Gabriel - erstmals für TTIP vorgeschlagen. Darüber hinaus wurde das Investitionsgerichtssystem zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten auch in den Investitionsschutzabkommen der EU und der EU-Mitgliedstaaten mit Vietnam und Singapur sowie im Freihandelsabkommen der EU und der EU-Mitgliedstaaten mit Mexiko vereinbart.

Die Auswahl der Schiedsrichter in bisherigen Investor-Staat-Schiedsverfahren nach ICSID und anderen Verfahrensordnungen erfolgt durch die Streitparteien. Grundsätzlich gilt: Die Parteien dürfen jede Person weltweit auswählen, die sie für fachlich geeignet sowie für unparteilich und unabhängig halten. Der von einer Partei vorgeschlagene Schiedsrichter kann jedoch wegen Befangenheit, unzureichender Qualifikation oder mangelnder Unabhängigkeit von der anderen Partei abgelehnt werden. Beschränkungen kann es zudem - nach den zugrundeliegenden Investitionsschutzverträgen - hinsichtlich der Staatsangehörigkeit der Schiedsrichter geben. Die Schiedsrichter dürfen nicht dieselbe Staatsangehörigkeit wie eine der beiden Parteien haben. Seitens ICSID wird eine Liste mit möglichen, von den ICSID-Vertragsstaaten benannten Schiedsrichtern geführt, die die Auswahl der Schiedsrichter erleichtert.

Der vorsitzende Schiedsrichter wird von Kläger und Beklagtem ausgewählt. Wegen des Gebots der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit darf der Schiedsrichter weder die Staatsangehörigkeit des Klägers haben, noch dem beklagten Staat angehören. Falls zwischen den Parteien keine Einigung zustande kommt, wählt der Vorsitzende des ICSID-Verwaltungsrates nach den ICSID- Schiedsverfahrensregeln (ICSID Arbitration Rules) einen Vorsitzenden aus der ICSID-Schiedsrichterliste aus.

Die Anforderungen an die Qualifikation der Schiedsrichter ergeben sich aus der jeweils anwendbaren Schiedsordnung. Die Schiedsrichter müssen unabhängig und unvoreingenommen sein. Schiedspersonen im Rahmen eines ICSID-Schiedsverfahrens sollen hohen moralischen Ansprüchen genügen, über anerkannte Erfahrungen insbesondere im juristischen Bereich verfügen sowie das Vertrauen in ein unabhängiges Urteil rechtfertigen. Auch Art und Umfang der Bezahlung sind in den jeweiligen Schiedsverfahrensordnungen sowie den entsprechenden Ausführungsbestimmungen geregelt. In ICSID-Verfahren erfolgt die Bezahlung nach den Sätzen der ICSID-Gebührenordnung (ICSID Schedule of Fees).

Das Schiedsverfahren folgt dem Grundsatz des fairen Verfahrens, der insbesondere rechtliches Gehör für beide Parteien vorsieht. Das Schiedsgericht entscheidet auf der Grundlage des jeweiligen Investitionsschutzvertrags.

Auch Schiedsgerichte auf Basis einer anderen internationalen Schiedsverfahrensordnung wie etwa den UNCITRAL-, ICC-oder SCC-Schiedsverfahrensregeln werden ähnlich zusammengesetzt wie in ICSID-Schiedsverfahren. Auch hier ist es üblich, dass sowohl der beklagte Staat als auch der Investor jeweils einen eigenen Schiedsrichter auswählen und ein dritter Schiedsrichter, regelmäßig der Vorsitzende des Schiedsgerichts, einvernehmlich benannt wird. Somit ist auch bei anderen Schiedsverfahren sichergestellt, dass zumindest zwei der drei Schiedsrichter nicht gegen den Willen des beklagten Staats bestellt werden können.

ICSID-Schiedssprüche sind abschließend. Sie können nicht vor den nationalen Gerichten der Mitgliedsstaaten angefochten werden. Vielmehr wirkt ein ICSID-Schiedsspruch - soweit er eine Zahlungsverpflichtung ausspricht - in jedem ICSID-Vertragsstaat wie ein rechtskräftiges und vollstreckbares Urteil dieses Vertragsstaats. Jedoch kann die unterlegene Partei bei gravierenden Verfahrensfehlern oder offensichtlichen Kompetenzüberschreitungen durch die Schiedsrichter die Annullierung des Schiedsspruchs anstrengen. Über den Annullierungsantrag entscheidet dann ein besonderes Komitee bestehend aus drei Personen, die mit den Schiedsrichtern des Ausgangsschiedsgerichts nicht identisch sind.

Schiedssprüche, die auf Basis der UNCITRAL-Schiedsverfahrensregeln ergangen sind, können nach dem New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche von 1958 im Rahmen der Vollstreckung auf gravierende Mängel geprüft werden, u. a. hinsichtlich einer fehlerhaften Besetzung des Schiedsgerichts.

Nein. Gemäß ICSID 2020 Annual Report wurden von den 2020 beendeten 45 Schiedsverfahren nach der ICSID-Konvention nur 33 tatsächlich durch das Schiedsgericht entschieden, davon 15 vollständig oder in Teilen zugunsten des Investors. Dies entspricht 35 Prozent der beendeten Verfahren. Die nicht durch das befasste Schiedsgericht entschiedenen Fälle wurden durch Vereinbarung zwischen den Parteien oder auf andere Weise beendet (z. B. auf Ersuchen des klagenden Investors oder mangels Zahlung des Gerichtskostenvorschusses durch den klagenden Investor).

Von ausländischen Investoren wurden fünf Klagen gegen die Bundesrepublik Deutschland erhoben.

Im Jahr 1999 hat ein indischer Investor auf der Grundlage des deutsch-indischen Investitionsschutzvertrags Schiedsklage wegen einer Investition erhoben: Das Verfahren wurde eingestellt, weil der Kläger nicht den Gerichtskostenvorschuss zahlte.

Im Jahr 2009 hat das schwedische Unternehmen Vattenfall Schiedsklage gegen die Bundesrepublik Deutschland bei ICSID erhoben. Gegenstand der Klage waren Umweltauflagen in Bezug auf das Kohlekraftwerk in Hamburg-Moorburg. Dieses auf Energiecharta-Vertrag gestützte Verfahren wurde durch Vergleich beendet, und zwar ohne Entschädigungszahlung seitens der öffentlichen Hand.

Im Jahr 2012 wurde von Vattenfall, erneut vor ICSID, Schiedsklage gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der Beschleunigung des Atomausstiegs und wegen der Kernbrennstoffsteuer erhoben. Nachdem das Verfahren am 12. März 2021 ruhend gestellt worden war, ist es zum 9. November 2021 beendet worden. Der Verfahrensverlauf ist auf der Webseite des ICSID-Sekretariats zu Fall ARB/ 12/12 abrufbar.

Im Jahr 2019 hat das österreichische Unternehmen Strabag Schiedsklage gegen Deutschland wegen Änderungen im Rechtsrahmen für Offshore-Windprojekte erhoben. Das ICSID-Schiedsverfahren wird auf den Energiecharta-Vertrag gestützt. Der aktuelle Verfahrensstand ist auf der Webseite des ICSID-Sekretariats zu Fall-Nr. ARB/19/29 abrufbar.

Im Jahr 2021 hat das irische Unternehmen Mainstream Schiedsklage gegen Deutschland wegen Änderungen im Rechtsrahmen für Offshore-Windprojekt erhoben. Das ICSID-Schiedsverfahren basiert ebenfalls auf dem Energiecharta-Vertrag. Der aktuelle Verfahrensstand ist auf der Webseite des ICSID-Sekretariats zu Fall-Nr. ARB/21/26 abrufbar.

Die Bundesregierung verfügt über keine eigenen Informationen über Anzahl und Erfolg von Investor-Staat-Schiedsverfahren deutscher Investoren gegen andere Staaten. Deutsche Investoren sind nicht verpflichtet, die Bundesregierung über die Einleitung von Schiedsverfahren zu unterrichten. Informationen zu den von Investoren geführten Verfahren sind z. B. über folgende Internetseiten verfügbar:

Auf Grundlage von Investitionsschutzverträgen konnten deutsche Investoren in mehreren Fällen ihre Ansprüche gegen den jeweiligen Gaststaat in Investor-Staat-Schiedsverfahren durchsetzen.

Mit dem Vertrag von Lissabon ist die Zuständigkeit für ausländische Direktinvestitionen im Jahr 2009 auf die Europäische Union (EU) übergegangen. Die EU-Kommission hat damit die Möglichkeit, für die EU und die 27 EU-Mitgliedstaaten Abkommen mit Investitionsschutzbestimmungen zu verhandeln. Diese sollen langfristig an die Stelle der bilateralen Abkommen der einzelnen Mitgliedstaaten treten.

Der Rat ermächtigt die EU-Kommission in der Regel auch, über den Schutz von Portfolioinvestitionen und Investor-Staat-Schiedsverfahren unter Beteiligung der Mitgliedstaaten zu verhandeln, die nach dem Gutachten des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu dieser Frage (Rechtssache 2/15 im Kontext des Freihandelsabkommens mit Singapur) nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der EU fallen, sondern weiterhin auch in die der EU-Mitgliedstaaten. Deshalb werden die neu verhandelten Abkommen regelmäßig als sog. gemischte Abkommen zwischen der EU, den 27 EU-Mitgliedstaaten und dem jeweiligen Drittstaat abgeschlossen. "Gemischt" bedeutet, dass Teile der Abkommen in die Zuständigkeit der EU-Mitgliedstaaten fallen - in diesem Fall müssen auch die nationalen Parlamente dem Abkommen zustimmen. Bereits am 5. Juli 2016 hatte die EU-Kommission dem Europäischen Rat vorgeschlagen, das Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA) als ein gemischtes Abkommen abzuschließen, weshalb neben Kanada und der EU auch die EU-Mitgliedstaaten Vertragsparteien sind.

Diese Verträge gelten fort, solange keine Verträge der EU und der EU-Mitgliedstaaten mit Drittstaaten über Investitionsschutz abgeschlossen sind. Das ist in der Verordnung Nr. 1219/2012, sog. "Grandfathering"-Verordnung (PDF: 754 KB), zur Einführung einer Übergangsregelung für bilaterale Investitionsschutzabkommen zwischen EU-Mitgliedstaaten und Drittländern geregelt.

Die EU-Kommission möchte in alle Freihandelsabkommen Investitionsschutzbestimmungen aufnehmen, also auch in Verträge mit Industrieländern wie Kanada. Weite Teile des Abkommens mit Kanada (CETA) werden inzwischen vorläufig angewendet, nicht jedoch das Investitionsschutzkapitel, das auch in die Zuständigkeit der EU-Mitgliedstaaten fällt und daher die Ratifikation durch die mitgliedstaatlichen Parlamente erfordert. Die von den jeweiligen Freihandelsabkommen mit Singapur und Vietnam separat abgeschlossenen Investitionsschutzabkommen wurden im Oktober 2018 und im Juni 2019 unterzeichnet. Die Ratifikationen durch Deutschland und weitere EU-Mitgliedstaaten stehen noch aus. Des Weiteren verhandelt die EU-Kommission mit Chile, Indonesien, Marokko und Mexiko über Investitionsschutz. Die Verhandlungen mit Myanmar und Thailand sind derzeit ausgesetzt. Der Rat hat der EU-Kommission auch Mandate für Verhandlungen mit Indien, Jordanien, Tunesien, Ägypten und allen übrigen ASEAN Staaten (Malaysia und Philippinen Verhandlungen aufgenommen; keine Verhandlungen mit Brunei, Kambodscha, Laos) erteilt.

Die EU und China haben sich am 30. Dezember 2020 auf den politischen Abschluss der Verhandlungen über das EU-China Comprehensive Agreement on Investment (CAI) verständigt, d.h. eine Einigung dem Grundsatz nach erzielt. Da eine Einigung auf den modernen EU-Ansatzes für die Investor-Staat-Streitbeilegung (sog. Investitionsgerichtssystem) mit China bisher nicht erreicht werden konnte, sollen Verhandlungen zum Investitionsschutz auf separatem Wege fortgesetzt (Vereinbarung einer sog. Rendez-Vous-Klausel) und innerhalb von zwei Jahren nach Unterzeichnung des CAI abgeschlossen werden.

Die Bundesregierung erachtet völkerrechtlichen Investitionsschutz in Abkommen mit Staaten, die eine belastbare Rechtsordnung haben, für nicht erforderlich, da Investoren vor nationalen Gerichten ausreichend Rechtsschutz haben. Kanada argumentiert, dass nicht alle EU-Mitgliedstaaten ausreichend Rechtschutz vor nationalen Gerichten bieten und besteht deshalb auf Investitionsschutzbestimmungen in CETA. Die neuen EU-Mitgliedstaaten wollen ebenfalls Investitionsschutzbestimmungen in CETA aufnehmen, um ihre alten Investitionsabkommen mit Kanada zu ersetzen; bei einer regulären Kündigung würden diese Verträge mit hohem Investitionsschutzniveau über 10 bis 20 Jahre zugunsten der bereits getätigten Investitionen fortgelten (sog. Nachwirkungsfrist).