Heute hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Reduzierung des Gasverbrauchs in der Stromerzeugung im Fall einer drohenden Gasmangellage beschlossen. Diese Formulierungshilfe für ein „Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz“ wird in einem nächsten Schritt über die Fraktionen der Regierungskoalition in den Bundestag eingebracht und im parlamentarischen Verfahren weiter behandelt.

Der Gesetzentwurf dient der Erhöhung der Vorsorge für den Fall einen möglichen Gasmangellage, die beispielsweise durch einen Stopp der Gaslieferungen Russlands entstehen könnte. Für einen solchen Fall muss die Vorsorge erhöht werden und in einer solchen Situation muss Deutschland den Gasverbrauch in der Stromerzeugung deutlich reduzieren können. Hierfür werden mit dem Gesetzentwurf die notwendigen Voraussetzungen geschaffen. Gas trug 2021 zu ca. 15 Prozent zur Stromerzeugung bei, der Anteil dürfte in den ersten Monaten 2022 aber schon geringer sein.

Konkret wird zur Erhöhung der Vorsorge eine bis zum 31. März 2024 befristete eine Gasersatz-Reserve eingerichtet. Der heute beschlossene Gesetzentwurf sieht hierzu vor, dass Kohle- oder Ölkraftwerke in bestehenden Reserven ertüchtigt werden. Sie sollen kurzfristig und auf Abruf in den Markt zurückkehren können. Dieser Abruf erfolgt nur dann, wenn eine Gasmangellage vorliegt oder droht. In der Reservehaltung sind die Kraftwerke betriebsbereit, aber nicht am Strommarkt aktiv, so dass keine zusätzlichen CO2-Emissionen entstehen. Das vordringliche Ziel, den Kohleausstieg in Deutschland bis 2030 zu vollenden, bleibt unangetastet.

Daneben will die Bundesregierung im Fall einer Gefährdung des Gasversorgungssystems in der Lage sein, die Stromerzeugung von Gaskraftwerken schnell zu reduzieren. Hierfür soll eine Verordnungsermächtigung geschaffen werden, um im Krisenfall den Einsatz von Gaskraftwerken sehr schnell und für die Dauer von maximal sechs Monaten verringern zu können. Die Verordnungsermächtigung berücksichtigt, dass einige Kraftwerke nicht nur Strom, sondern auch Wärme bereitstellen.

Die Maßnahmen im Einzelnen:

Gesetz zur Bereithaltung von Ersatzkraftwerken zur Reduzierung des Gasverbrauchs im Stromsektor im Fall einer drohenden Gasmangella (Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz)

  1. Auf Abruf: Einsatz von Kraftwerken aus der Netzreserve am Strommarkt

    Die erste Maßnahme betrifft systemrelevante Steinkohlekraftwerke, für die in den Jahren 2022 und 2023 ein Verbot der Kohleverfeuerung wirksam würde (2022: 2,1 GW; 2023: 0,5 GW). Hinzu kommen Kraftwerke in der bestehenden Netzreserve, die nicht mit Erdgas betrieben werden (ca. 4,3 GW Steinkohleanlagen und 1,6 GW Mineralölanlagen).

    Diese Kraftwerke können bei Gefährdung der Sicherheit oder Zuverlässigkeit des Gasversorgungssystems für einen festgelegten Zeitraum in den Strommarkt zurückkehren. Die Bundesregierung muss diese Gefährdung in einer Rechtsverordnung feststellen („Abruf“). Der Betrieb am Strommarkt erfolgt freiwillig. Chancen und Risiken liegen beim Betreiber.

    Damit die Kraftwerke im Fall eines Abrufs für einen Marktbetrieb bereit stehen, müssen die Kraftwerksbetreiber bis zu einem Stichtag Folgendes sicherstellen:

    Die Anlagen müssen technisch in einen Zustand versetzt werden, der einen dauerhaften Betrieb am Strommarkt erlaubt. Die dafür anfallenden Kosten werden erstattet. Im Zeitraum der möglichen Marktteilnahme werden keine Kosten erstattet.

    Die Kraftwerksbetreiber müssen eine bestimmte Menge Brennstoff vorrätig halten.

    Durch das Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz könnten dem Strommarkt erhebliche zusätzliche Kraftwerkskapazitäten für eine Krisensituation zur Verfügung gestellt werden.

  2. Auf Abruf: Einsatz von Kraftwerken aus der angepassten Sicherheitsbereitschaft

    Die bestehende Sicherheitsbereitschaft („SiBe 1.0“) von Braunkohlekraftwerken (ca. 1,9 GW) wird angepasst. Die Kraftwerke sollen künftig bereits früher als bisher abrufbar sein. Mit Ende der Sicherheitsbereitschaft sollen die Braunkohlekraftwerke temporär bis zum 31. März 2024 in eine neue Versorgungsreserve überführt werden („SiBe 2.0“). Die Kraftwerke können aus der SiBe 2.0 per Verordnung der Bundesregierung abgerufen werden, sofern die Situation das erforderlich macht. Erfolgt ein Abruf, kehren auch sie temporär an den Strommarkt zurück.

  3. Verordnungsermächtigung zur Begrenzung der Stromerzeugung in Gaskraftwerken

    Um im Fall einer Gefährdung des Gasversorgungssystems den Einsatz von Gaskraftwerken sehr schnell verringern zu können, wird eine Verordnungsermächtigung für die Bundesregierung ohne Zustimmung von Bundestag oder Bundesrat geschaffen. Gas-KWK-Anlagen sollen im Krisenfall nur noch dann Strom erzeugen, wenn es keine Alternative für die Wärmeerzeugung gibt. Da in diesen Fällen Kohlekraftwerke den Preis an der Strombörse setzen, wird dies nicht die Strompreise erhöhen. Die Verordnung gilt für eine Dauer von maximal sechs Monaten. Mit dieser Maßnahme kann der Gasverbrauch weiter gesenkt werden.

  4. Weitere Maßnahmen zur Reduzierung des Gasverbrauchs in der Stromerzeugung

    Neben diesen Maßnahmen sieht der Gesetzentwurf weitere Maßnahmen vor, die zur Reduzierung des Gasverbrauchs in der Stromerzeugung beitragen:

    Redispatch: Beim Kraftwerkseinsatz zur Bewältigung von Netzengpasssituationen erhalten Netzbetreiber befristet mehr Flexibilität bei der Wahl des hochzufahrenden Kraftwerks.

    Kohleersatzbonus im KWKG: Der Zeitraum, um den Kohleersatzbonus nach dem KWKG in Anspruch nehmen zu können, wird bis zum 30. März 2024 verlängert. So können Kohlekraftwerke übergangsweise länger betrieben werden. Weitere Anreize sollen den Betrieb von KWK-Anlagen flexibilisieren.

    Strategische Kohlereserve: Der Gesetzentwurf sieht eine Verordnungsermächtigung zur Sicherung der Energieversorgung vor. In einer Verordnung könnten Vorgaben zur Bevorratung mit Brennstoffen gemacht werden (Anpassung des bestehenden § 50 EnWG). Diese Verordnungsermächtigung muss aktuell nicht genutzt werden. Sie dient zur Stärkung der Vorsorge.

Diese Vorsorgemaßnahmen sind weitere Schritte auf dem Weg zur Unabhängigkeit von russischen Gasimporten.