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Bundesregierung verständigt sich auf Anpassung des Stabilisierungspakets für Uniper: Bund übernimmt 99% an Uniper
Einleitung
Die Bundesregierung hat sich heute auf ein alternatives, deutlich umfangreicheres Stabilisierungspaket gegenüber dem am 22. Juli 2022 verkündeten Rettungspaket für die Uniper SE verständigt. Im Ergebnis übernimmt die Bundesregierung insgesamt 99 Prozent an Uniper. Damit schafft sie eine klare Eigentümerstruktur, um so Uniper und damit die Energieversorgung für Unternehmen, Stadtwerke und Verbraucherinnen und Verbraucher zu sichern. Die Anpassung des Stabilisierungspaketes wurde notwendig, weil sich die Kapitalerfordernisse von Uniper durch die komplette Einstellung der vertraglich vereinbarten Gaslieferungen aus Russland und die stark gestiegenen Gaspreise signifikant erhöht haben. Die dadurch weiter gestiegenen Ersatzbeschaffungskosten haben die Notlage des größten deutschen Importeurs von russischem Gas verschärft.
Das angepasste Stabilisierungspaket für Uniper sieht insbesondere eine Mehrheitsbeteiligung des Bundes an der Uniper SE vor und umfasst im Einzelnen die folgenden Punkte:
Im Rahmen einer 8 Mrd. Euro umfassenden Kapitalerhöhung erwirbt der Bund eine Aktienbeteiligung an der Uniper SE zum Nominalwert von 1,70 Euro je Aktie.
Der Bund übernimmt zudem die Aktienbeteiligung des bisherigen Mehrheitsaktionärs Fortum Oyj zum Nominalwert von 1,70 Euro je Aktie, was einem Kaufpreis von rd. 0,48 Mrd. Euro entspricht.
Ein von Fortum im Zuge der Energiepreiskrise gewährtes Gesellschafterdarlehen sowie eine Garantie-Linie werden durch Uniper zurückgezahlt bzw. abgelöst, da Fortum jeweils ein Kündigungsrecht bei einer Änderung der Beteiligungsstruktur hat. Die entstehende Liquiditätslücke wird durch Bundesmittel gedeckt.
Der Bund sichert die Finanzierung des Unternehmens bis zur Umsetzung der Kapitalerhöhung.
Die übrigen Auflagen der Vereinbarung vom 22. Juli gelten weiterhin, insbesondere das Dividendenverbot und Vergütungsbeschränkungen für das Uniper-Management.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat damit über den Antrag des Unternehmens auf eine Stabilisierungsmaßnahme nach §29 des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) und dem Bundeskanzleramt entschieden.
Im Ergebnis wird die Beteiligung des Bundes an Uniper nach Kapitalerhöhung und Übernahme des Fortum-Aktienpakets rd. 99 Prozent betragen. Der Erwerb der Aktien kann erst nach Erfüllung diverser regulatorischer Anforderungen und der Genehmigung durch die Hauptversammlung von Uniper erfolgen. Außerdem bedarf das angepasste Unterstützungspaket der beihilferechtlichen Genehmigung durch die Europäische Kommission.
Uniper ist eine zentrale Säule der deutschen Energieversorgung. Durch die heute beschlossene mehrheitliche Übernahme erlangt der Bund die wesentlichen Mitsprache- und Kontrollrechte bei dem Unternehmen, um die Versorgungssicherheit in Deutschland sicherstellen zu können.
Das erste Rettungspaket war am 22.Juli vereinbart worden. Die Umsetzung, insbesondere die EU-Beihilfeprüfung und die Fusionskontrollprüfungen in verschiedenen Ländern, benötigt allerdings in der Regel etwa drei Monate, so dass der Erwerb noch nicht vollzogen wurde und die Gelder noch nicht geflossen sind. Hier setzt die heute vereinbarte Anpassung des Stabilisierungspaketes an: Für die acht Milliarden Euro Eigenkapital, die im Juli zugesagt wurden, erwirbt der Bund nunmehr 93 Prozent der Uniper Aktien statt wie geplant 30 Prozent plus Pflichtwandelanleihe. Zusätzlich kommen nun weitere Mittel für den Erwerb der Fortum-Aktien (0,48 Milliarden Euro) und die Bundesmittel für die Ablösung des Gesellschafterdarlehens und der Garantie-Linie von Fortum hinzu.
Stabilisierungsmaßnahmen zur Sicherung der Gasversorgung in Deutschland
Fragen und Antworten
Ende Juli gab es bereits eine Einigung, die Uniper stabilisieren sollte. Warum sind jetzt weitere Maßnahmen notwendig?
Weil die Lage sich sehr dynamisch entwickelt hat. Der Einigung zum Stabilisierungspaket vom 22. Juli 2022 lag das Szenario einer Minderlieferung russischen Gases von 60 % gegenüber der vertraglich zugesicherten Liefermenge und ein Gaspreis von 160 €/MWh zugrunde. In den vergangenen Wochen wurden aber nur noch 20 % der Lieferverpflichtung von Gazprom Export erfüllt. Uniper bezieht üblicherweise rund die Hälfte seines Erdgases aus Russland. Seit dem 31. August wurden Lieferungen über Nord Stream 1 als Teil von Russlands Wirtschaftskrieg gegen Europa komplett gestoppt.
Der Lieferstopp hat hohe Preisschwankungen an den Rohstoffmärkten und eine erhebliche Verschärfung der finanziellen Situation von Uniper zur Folge. Deswegen war die bisherige Stabilisierungsmaßnahme nicht mehr ausreichend. Es hätte die Gefahr bestanden, dass Uniper und damit der Versorger, der für 40% des deutschen Gasmarkts steht, vom Markt verschwindet. Es musste also eine neue und dauerhaft tragfähige Lösung für das systemrelevante Unternehmen gefunden werden.
Ziel des Stabilisierungspakets ist, die Versorgung der Unternehmen und Verbraucherinnen und Verbraucher sicherzustellen. Allein über 200 Stadtwerke werden von Uniper mit Erdgas versorgt.
Was wurde seit dem 22. Juli 2022 umgesetzt?
Bislang sind ausschließlich Kredite ausgezahlt worden (durch Ausweitung einer bereits zuvor bestehenden KfW-Kreditlinie). Der Bund ist also aktuell noch nicht Anteilseigner der Uniper SE. Mit der geplanten Verstaatlichung Unipers sichert sich die Bundesregierung die vollständige Kontrolle über das systemrelevante Unternehmen.
Maßnahmen des Stabilisierungspakets im Einzelnen
Was beinhalten das Stabilisierungspaket?
Folgende Maßnahmen sollen vorbehaltlich der beihilferechtlichen Genehmigung der EU-Kommission umgesetzt werden:
• Durchführung einer Kapitalerhöhung in Höhe von 8 Mrd. Euro zum Nominalwert von 1,70 Euro je Aktie (insgesamt 4,7 Mrd. Aktien). Nach der Kapitalerhöhung wird der Bund rund 93% an der Uniper SE halten.
• Kauf der Aktien, die Fortum an Uniper hält zum Nominalwert von 1,70 Euro je Aktie für insgesamt 0,48 Mrd. Euro. Danach wird der Bund rund 98,6% an der Uniper SE halten.
• Darüber hinaus werden Mittel in Höhe von insgesamt 7,5 Mrd. Euro bereitgestellt, um Uniper in die Lage zu versetzen, ein Gesellschafterdarlehen in Höhe von 4 Mrd. Euro sowie eine Konzernbürgschaft in Höhe von 3,5 Mrd. Euro an Fortum zurückzuführen, bzw. abzulösen.
Wann wird die Verstaatlichung abgeschlossen sein? Was ist bis dahin zu tun?
Nach aktueller Planung wird die Stabilisierungsmaßnahme bis Ende des Jahres umgesetzt werden. Bis dahin muss noch eine Rahmenvereinbarung mit Fortum und Uniper geschlossen und die Zustimmung der EU-Kommission eingeholt werden. Die fusionskontrollrechtlichen Anmeldungen bei der EU-Kommission und an mehreren anderen Stellen werden derzeit geprüft und vorbereitet.
Ist die Gasumlage jetzt überflüssig?
Sowohl das geplante Stabilisierungspaket als auch die Gasbeschaffungsumlage dienen unserer Versorgungssicherheit. Beides ist mindestens vorübergehend zusammen erforderlich.
Auswirkungen des Uniper-Erwerbs
Betreibt die Bundesregierung jetzt Atomkraftwerke in Skandinavien?
Zum jetzigen Zeitpunkt kann zum weiteren Umgang mit den bisherigen Unternehmensaktivitäten von Uniper keine Aussage gemacht werden, da der Bund das Unternehmen noch nicht kontrolliert. Der Bund kann frühestens Ende des Jahres Uniper-Aktien erwerben und die Kontrolle über den Konzern übernehmen. Die Frage betrifft zudem die schwedische Energieversorgung, sodass vor jeder Entscheidung eine enge Abstimmung mit dem Partner Schweden erfolgen wird.
Wie passen der Betrieb eines Energieunternehmens mit Fokus auf fossilen Energieträgern und die Klimaschutzpolitik der Bundesregierung zusammen?
Das BMWK verfolgt weiterhin das Ziel eines umfassenden Klimaschutzes, wie es im Pariser Klimaschutzabkommen festgeschrieben ist.
Der Ausbau erneuerbarer Energien, Energieeinsparungen und Energieeffizienz bleiben die wichtigsten Eckpfeiler der deutschen Energiepolitik. Gleichzeitig kann der Ausbau der erneuerbaren Energien jedoch nicht in der erforderlichen Geschwindigkeit geschehen, um in der aktuellen Energiekrise Abhilfe zu schaffen. Die Rettung von Uniper ist erforderlich, um die Versorgungssicherheit für diesen Winter sicherzustellen. Parallel wird mit Hochdruck an einer weiteren Stärkung einer klimafreundlichen und dauerhaft verlässlichen Energieversorgung gearbeitet.
Geprüfte Alternativen
Warum schickt man Uniper nicht in die Insolvenz?
Angesichts der erheblichen Bedeutung des Unternehmens für die Gasversorgung wäre die Insolvenz mit erheblichen Risiken und Folgekosten verbunden gewesen.
Durch Insolvenz hätten alle Erdgas-Lieferverträge nicht nur gestoppt, sondern nach Insolvenzordnung abgewickelt werden müssen. Das würde zu weitreichenden Dominoeffekten auf dem Gasmarkt und möglicherweise auch auf dem Strommarkt führen und die Versorgungssicherheit erheblich verschlechtern.
Deshalb ist es im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der Unternehmen notwendig, Uniper durch staatliche Stabilisierungsmaßnahmen vor einer Insolvenz zu bewahren.
Wie wird sichergestellt, dass die Steuergelder auch wieder zurückgeführt werden? Wann steigt der Staat wieder aus?
Die Zukunft des Unternehmens hängt von der konkreten Ausgestaltung der Maßnahmen ab. Diese wiederum hängt von den wettbewerbsrechtlichen Vorgaben der EU-Kommission ab. Ziel ist, dass sich Uniper in den Dienst einer zukunftsfähigen und nachhaltigen Energieversorgung stellt. Die Entscheidung für das Stabilisierungspaket ist ein erster Schritt dorthin.
Welchen Beitrag leistet der bisherige Eigentümer Fortum?
Die finnische Gesellschafterin Fortum muss ihre Eigenkapitalinvestitionen von 6 Mrd. Euro abschreiben und verliert damit erhebliche Mittel. Dadurch leistet auch Fortum einen umfassenden Beitrag zur Stabilisierung von Uniper. Eine Anfang des Jahres gewährte Nothilfe Fortums an Uniper mit einem Gesamtvolumen von 7,5 Mrd. Euro wird von der KfW abgelöst. Das Stabilisierungspaket zeigt auch, dass wir in Europa gemeinsam handlungsfähig sind.