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Guten Morgen, sehr geehrte Damen und Herren. Und vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen für eine aus meiner Sicht und aus Sicht der Bundesregierung extrem wichtige Konferenz.
Wichtig, weil sie die Diskussion der letzten Tage und Wochen bündelt, fokussiert und in das nächste Jahr, in die Zukunft, spiegeln soll. Vielleicht darf ich mit einem kurzen Rückblick beginnen, bevor ich zu ein paar inhaltlichen Schlaglichtern komme und zu einer strategischen Grundentscheidung, die wir hier auf diese Konferenz zu treffen haben, als Wirtschaft und als Politik, und auch im Zusammenspiel zwischen Wirtschaft und Politik.
Die Bundesregierung und damit auch ich sind jetzt bald ein Jahr im Amt. Diese Konferenz findet quasi etwas vorgezogen dazu statt und etwas vorgezogen ist eigentlich immer willkommen. Sie wissen, dass wir bei allem schneller sein müssen: schnellere Entscheidungen, schnellere Planung, schnellere Genehmigungen, schnellere Konferenzen. Insofern ist es sprichwörtlich, dass wir heute hier ein bisschen vor unserer Zeit sind. Und wenn man zurückblickt auf das letzte Jahr, so war es sicherlich ein Jahr, in dem - neben allem anderen, was auch passiert ist - etwas vorangebracht wurde, vorangebracht werden musste.
Ein Jahr, das dominiert wurde von dem Krieg und der Reaktion darauf, den Sanktionen, die auch viele Unternehmen der Industrie getroffen haben, die mitgetragen wurden, noch immer mitgetragen werden, manchmal mit Schmerzen, aber doch ohne sie infrage zu stellen. Wofür ich mich nach einem knappen Jahr Krieg noch einmal ausdrücklich bedanken möchte, dass das in einem so kooperativen Geist möglich war.
Und dann stand natürlich die Frage der Energieversorgung, der Energiesicherheit in erster Linie und damit verbunden die hohen Energiepreisen, die galoppierenden Inflation im Zentrum. Aber ich glaube, es ist wenig Orakelhaftes dabei, wenn ich sage und in gewissem Sinne ankündigen möchte, dass das nächste Jahr im Zeichen der Industrie, der Industriepolitik, damit der Wettbewerbs- und der Wirtschaftspolitik stehen wird, ja stehen muss, um die Standortsicherheit in Deutschland und in Europa zu garantieren, auszubauen und nach vorne zu bringen. Das ist Gegenstand dieser Konferenz hier.
Es gibt eine Debatte über den Industriestandort Deutschland; und die ist notwendig. Sie ist notwendig und sie ist richtig. Es gibt dabei manchmal auch ein fast lustvolles Beschreiben des Niedergangs. Ich möchte aber unterscheiden zwischen der berechtigten, ja nötigen Klage, den vielen Sorgen, die Sie umtreiben, einerseits und einer Haltung der Larmoyanz und des Schlechtredens des Standorts andererseits. Es ist nicht das Gleiche, ob man auf ein Problem hinweist oder ob man das Problem bestaunt und beschreibt, um sich in ihm zu suhlen. Das sollte nicht der Geist sein, in dem wir hier heute diskutieren. Vielmehr sollten wir die Probleme in voller Schärfe gegen das Licht halten, sie erkennen, und dann die Herausforderungen definieren und sie annehmen.
Deswegen muss von dieser Konferenz eine klare Botschaft ausgehen. Und ich glaube, das ist auch die Botschaft des nächsten Jahres: Wer glaubt, dass wir den Industriestandort Deutschland kaputtgehen lassen, der hat die Rechnung ohne die deutsche Industrie gemacht. Er hat die Rechnung ohne die Innovationskraft der deutschen Industrie gemacht. Und er hat die Rechnung auch, mit Verlaub, ohne die Entschlossenheit der Bundesregierung und meines Hauses gemacht. Das wird nicht passieren.
Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich noch einmal, es ist das letzte Mal in dieser Rede, den Blick zurück auf das letzte Jahr werfen darf: Da haben wir, neben all dem, was an großen Herausforderungen immer wieder auf uns zukam und uns das Leben schwer gemacht hat - uns heißt hier vor allem Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, den Verbraucherinnen und Verbrauchern, den Unternehmerinnen und Unternehmern -, da haben wir auch gesehen, dass wir in der Lage sind, große, weitreichende, schnelle, ja, in gewissem Sinne radikale Entscheidungen zu treffen, die es uns ermöglichen, in dem Kampf um die Wettbewerbsfähigkeit mitzuhalten.
Das betrifft die Infrastruktur wie auch den Ausbau von Alternativen - und zwar bevor die Gaslieferungen aus Russland erst eingestellt und dann mit der Zerstörung der Pipeline Nord Stream 1 unmöglich gemacht wurden. Das betrifft die Gesetzgebung als wir gesehen haben, dass die Speicher leer sind. Heute sind sie voll. Ich weiß nicht, ob Sie regelmäßig auf die Speicherstände schauen; das gehört ja jetzt für mich zum Alltag dazu, so wie früher der Blick auf die Fußball-Bundesligatabelle: Sie sind von gestern auf heute noch einmal gestiegen. Das heißt, der Markt funktioniert zurzeit. Die Preise sind im Moment so weit unten, dass selbst an kalten Novembertagen immer noch eingespeichert wird. Wir haben also Ende November und die Speicher sind nach 14 kalten Tagen noch immer voll.
Das ist eine Leistung, die nicht vom Himmel gefallen ist, sondern die ermöglicht wurde durch entschiedenes Handeln, durch die Mobilisierung von Geld, auch für den Erwerb von Gas, und durch die Möglichkeit, Verträge abzuschließen. Und natürlich betrifft dieses Handeln auch die Rettungsschirme, die Hilfspakete, die Gas- und Strompreisbremse.
Ich will damit überhaupt nichts schönreden. Die Situation bei vielen von Ihnen ist bedrückend. Aber wir haben eben auch gesehen, dass wir Entscheidungen schnell und robust umsetzen können. Und das sollte uns eine Lehre sein. Wenn wir es in diesem Jahr geschafft haben, dann können wir es in den nächsten Jahren ebenfalls schaffen. Denn die Herausforderungen sind ja klar zu sehen und klar zu benennen. Ich möchte sie entlang von drei Startpunkten kurz umreißen und dann ein bisschen tiefer in das Detail gehen.
Einmal Europas Wettbewerbsfähigkeit, Europas Souveränität. Wir müssen uns klar machen, dass wir das, was wir heute diskutieren, nicht als nationale Ökonomie allein durchsetzen können. Sondern dass die Stärke, die wir in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut haben - das waren ja politische Generationen vor mir und wahrscheinlich auch vor Ihnen, in den Unternehmen -, eine europäische ist. Diese ist immer kompliziert, aber sie darf nicht brüchig werden. Es geht also darum, Europa eine eigene Souveränität auf dem Weltmarkt zu geben beziehungsweise sie zu verteidigen. Und diese Souveränität ist durchaus eine Wertesouveränität. Ich gehe darauf gleich noch einmal ein.
Zweitens globale Wettbewerbsfähigkeit. Das heißt, den Standort Deutschland und Deutschland in Europa so aufzustellen, dass wir kompetitiv sind, dass wir von der Industrie bis zum Mittelstand Bedingungen schaffen und halten, die wettbewerbsfähig sind.
Und drittens, damit verbunden, neben all dem, was drückt, neben all dem, was an großen Herausforderungen da ist, diese Wettbewerbsfähigkeit so einzusetzen, dass wir die große politische Aufgabe unserer Zeit, nämlich eine Industrienation klimaneutral zu machen, nicht aus den Augen verlieren. Also Klimaschutz, Klimaneutralität, runter mit den CO2-Emissionen.
Vieles wird sich ändern müssen. Aber im Kern, wenn ich übernehme, was ich mir als Haltung wünsche und für das Wirtschaftsministerium versprechen möchte, nämlich einen Geist des Anpackens und einen Geist des Gestaltenwollens, dann geht es genau darum. Nicht nur sich anzupassen. Das ist eine passive Haltung, dass wir uns den neuen Herausforderungen anpassen müssen. Sondern diese neuen Herausforderungen aktiv zu gestalten. Das, glaube ich, ist der Mindset, die Geisteshaltung, mit der wir die industriepolitischen Debatten der Zukunft führen sollten.
Lassen Sie mich die Punkte einmal durchdeklinieren und mit dem Klimaschutz anfangen. Viel wird auch heute über den amerikanischen Inflation Reduction Act geredet werden. Und da gibt es einiges zu kritisieren. Wenn ich bei der Wettbewerbsfähigkeit bin, werde ich gleich noch einmal kurz drauf eingehen. Aber es gilt auch zwei Sachen festzuhalten, die positiv sind, die uns zeigen, in welche Richtung wir gehen müssen. Das eine ist, es heißt ja Inflation Reduction Act, dass sich die Amerikaner entschieden haben, die Inflation zu senken durch ein großes Investitionsprogramm. Sie nehmen Geld in die Hand, sie gewähren Steuervorteile, sie mobilisieren wirtschaftliche Aktivität. Um die Leitmärkte der Zukunft aufzubauen, in einer Phase, die ja makroökonomisch durchaus komplex ist, mit hoher Inflation und gleichzeitig drohender Rezession, haben die Amerikaner sich entschieden, mit großer Finanzkraft die Marktsegmente der Zukunft zu gestalten. Wir dürfen dahinter meiner Ansicht nach nicht zurückfallen.
Und zweitens: Alle diese Investitionen gehen in grüne Leitmärkte, in Märkte der Klimaneutralität. Das heißt, die Wettbewerbssituation beiderseits des Atlantiks - und wenn man in Singapur war, wenn man sich anschaut, was auf den asiatischen Märkten los ist, dann muss man sagen, die globale Wettbewerbssituation - dreht sich darum, welcher ökonomische Raum den industriellen Vorsprung für klimaneutrale Produktions-, Mobilitäts-, Produktionsweisen schafft. Das heißt, die Leitmarktentscheidung ist meiner Ansicht nach bereits gefallen; und sie ist gefallen für ein Marktsegment, das wir jetzt schnell hochskalieren müssen. Wir haben gute Voraussetzungen dafür und wir haben entsprechende Förderprogramme auf den Weg gebracht. Viele Unternehmen, gerade in Deutschland, haben große Effizienzgewinne durch Energieeinsparung erzielt. Viele Unternehmen haben auch schon in Erneuerbare investiert. Oder Strategien für die Nutzung von Wasserstoff aufgesetzt; von der Chemie bis hin zur Stahlindustrie. Wir sind sicherlich noch lange nicht da, wo wir hin müssen. Aber die Dynamik ist da. Sie muss in der Wettbewerbssituation, in der wir uns befinden, nur schneller und robuster werden.
Für uns bedeutet das, dass wir schnell die nächsten Programmbestandteile auf den Weg bringen müssen. Das ist für mich vor allem die Förderrichtlinie für Carbon Contracts for Difference. Wir haben sie jetzt im Haus abgestimmt, sind gerade in der Endabstimmung in den Ressorts der Bundesregierung und wollen dann ab Januar Verträge schließen können. Das heißt für die Leitbranchen, die fossile Energien durch Wasserstoff ersetzen und damit CO2 einsparen können, jetzt diese Verträge zu schließen und den Hochlauf zu organisieren. Zweistellige Milliardenbeträge sind dafür reserviert. Das heißt auch, wir bleiben auf dem Kurs, den wir begonnen haben und der jetzt sozusagen herausgefordert wird durch die Geschwindigkeit in anderen Märkten. Diesen Kurs setzen wir entschieden fort.
Zweiter Punkt ist die Wettbewerbssituation, die sich damit unmittelbar verbindet: die Wettbewerbssituation in diesen Leitmärkten, die sich letztendlich auf alle Branchen erstreckt; und alle Branchen heißt hier tatsächlich alle Branchen. Wir hatten beispielsweise gerade die Raumfahrtkonferenz. Raumfahrt spielt direkt in die Innovationsfähigkeit von weiten Segmenten der Industrie und des Mittelstandes mit hinein. Maschinenbau, Industrietechnik oder auch die Automobilindustrie; sie alle sind unterwegs in einer globalen Situation, die durch die Leitmärkte der USA und der in China immer herausfordernder wird. Wichtig ist dabei zweierlei und manchmal geraten die Vorzeichen ein bisschen durcheinander:
Wir sind eine Nation, ein Land, das durch die Qualität seiner Produkte Exportnation geworden ist. Und es spricht nicht nur nichts dagegen, es bleiben zu wollen. Es spricht sogar alles dafür, daran festzuhalten, dass eine Welt des Handels und der offenen Märkte zur Prosperität nicht nur der produzierenden, sondern eben auch der importierenden Länder beiträgt. Wir haben eine Tendenz in der Welt, die diese Offenheit der Märkte, das Exportieren und das Importieren von Gütern, für sich genommen bereits als Problem wahrnimmt. Friend-Shoring, ein Ende der Globalisierung, Deglobalisierung, Decoupling - Sie kennen die Schlagworte. Das ist falsch. Es ist intellektuell wie auch wirtschaftsökonomisch falsch. Natürlich gibt es Grenzen. So wie eine Übersteigerung des Guten manchmal zu etwas Schlechtem führen kann, von offenen Märkten zu einer Abhängigkeit, zu einer Sucht. Das ist natürlich nicht der richtige Weg.
Wir müssen, was Rohstoffabhängigkeit, was Halbleiterproduktion, was Batterieproduktion angeht, eine eigene europäische Robustheit an den Tag legen. Das zu sagen heißt aber nicht, alles andere zu lassen. Das Festhalten und der weitere Ausbau der Leistungsfähigkeit deutscher Champions, industrieller Champions, auf dem Weltmarkt gehört auf jeden Fall mit dazu und sollte nicht verloren gehen.
Das gesagt gibt es aber Herausforderungen, die gerade jetzt und vor allem mit Blick auf den Inflation Reduction Act besonders deutlich werden. Dieser Inflation Reduction Act, den ich eben noch in zweierlei Hinsicht gelobt habe, weil er eine makroökonomische Entscheidung und eine klimapolitische Entscheidung darstellt, fordert Europa und andere Länder um uns herum - ich habe gestern mit der kanadischen Ministerin gesprochen und in Singapur war es ebenfalls ein großes Thema - in einem besonderen Maße heraus. Insbesondere durch die Local Content Rule.
Es ist nicht die Geldmenge an sich, die so sehr bedrohlich ist. Es sind zwei andere Dinge, die die deutsche Industrie, die europäische Industrie, in einem besonderen Maß fordern. Es ist die Geschwindigkeit der Entscheidung, die in den USA deutlich höher ist; und es ist die Vorgabe, dass bestimmte Endfertigungen in den USA stattzufinden haben. Für exportierende Unternehmen ist das erst einmal noch keine ganz schlechte Nachricht. Wir haben im September 2022 gegenüber September 2021 ein Wachstum des Exports deutscher Industriegüter in die USA von über 40 Prozent gesehen. Das heißt, ein Anziehen der Märkte dort ist für eine Nation mit großen industriellen Qualitäten ein attraktives Geschäftsmodell. Probleme treten dort auf, wo durch nicht WTO-kompatible Regeln, durch wettbewerbsverzerrende Regeln, zukünftige Standortentscheidungen beeinflusst werden.
Und noch einmal: Wenn ich von Wettbewerb rede, dann meine ich das auch so und das müssen wir dann auch ernst nehmen. Wenn die Standortbedingungen in den USA oder an anderen Stellen besser sind, dann kann es keinem Unternehmen verübelt werden, dort auch zu investieren. Wenn die Standortentscheidungen aber ausgelöst werden durch unlauteren Wettbewerb, dann haben wir damit ein Problem. Und dieses Problem will ich, was den Wettbewerb angeht, einmal ganz kurz skizzieren und mit einem, ich glaube, Acht-Punkte-Antwortpaket, jedenfalls einem potenziellen Paket, versehen.
Vorab: Natürlich kann man das noch korrigieren. Thierry Breton ist da, die EU verhandelt mit den Amerikanern darüber, diese Produktionsklauseln in den USA, die Endfertigungsklauseln, neu zu justieren beziehungsweise zu sehen, dass es für Partnerländer, für eine Wertegemeinschaft, die im letzten Jahr transatlantisch so eng zusammengerückt ist, wie wir es in vielen Jahren davor nicht mehr waren, besondere Regeln gelten müssen. Damit diese Gemeinschaft nicht zerstört wird. Allen, die gerade daran verhandeln, wünsche ich viel Erfolg. Hoffentlich gelingt es! Es wäre wirklich absurd, wenn wir gerade jetzt in dieser Situation in einen Subventionswettlauf geraten; in einen Wettbewerb, wer die Unternehmen des anderen abzieht, also quasi wegklaut aus anderen Ländern. Aber wir dürfen hier auch nicht naiv sein. Wir müssen damit rechnen, dass es nicht gelingt oder zumindest nicht ausreichend gelingt. Deswegen hier ein paar Eckpunkte:
Wir brauchen eine europäische Rahmengesetzgebung, die uns Subventionen für eine klimaneutrale Produktion in Europa gestattet. Wir nennen das Plattform für Transformationstechnologien, die nicht nur zum Innovationsvorsprung beiträgt, sondern auch den Massen-Rollout von der Solarindustrie bis zu Windkraftanlagen, von Elektrolyseuren bis zur Kabelproduktion vorantreibt.
Zweitens brauchen wir neue IPCEI-Projekte. Diese Projekte sind immer definiert über den industriellen Vorsprung, also nicht über den Status quo, sondern über das, was darüber hinausgeht. Wenn man sich anschaut, was im Moment beispielsweise in der Batteriezellenfertigung gefördert wird, dann stellt man fest: Es gibt Techniken, die schon weiter sind. Das Zweite, was wir brauchen, ist also eine Fortentwicklung, eine Fortschreibung dieser Programme.
Drittens: schnellere Genehmigung und Notifizierung. Die Programme sind manchmal schon ganz gut, aber es dauert zwei Jahre, bis wir eine Notifizierung bekommen. Und das gilt dann noch als schnell, während es in den USA nur zwei Monate dauern wird. Der europäische Binnenmarkt, so wie er ist, mit seiner scharfen Wettbewerbsaufsicht, ist letztendlich in meinem Wirtschaftsministerium ersonnen worden. Es war Deutschland, das, als der Binnenmarkt gegründet wurde, darauf gedrungen hat, gleiche Wettbewerbsregeln in Europa einzuführen; damit das, was ich eben gegenüber der amerikanischen Seite skizziert habe, eben nicht passiert: dass die reichen Länder mit großen Geldmengen den anderen Ländern die Standorte madig machen und die Industrie abräubern. Das hat natürlich seinen Sinn; und es hat Europa weit gebracht.
Aber wir müssen jetzt sehr aufpassen, dass wir hier in Europa nicht alles so richtig machen, dass wir am Ende alles falsch machen. Dass wir unseren Wettbewerb innerhalb Europas als alleinseligmachend sehen und dabei unsere Wettbewerbsfähigkeit mit den anderen Wirtschaftsräumen, mit China und den USA beispielsweise, dabei vor die Hunde gehen lassen. Wie kann das gehen? Nun, darüber wird an anderer Stelle zu reden sein; sicherlich aber mit mehr Vertrauen, mit schnelleren Genehmigungen und am Ende mit Ex-post-Kontrollen, so dass wir anfangen können zu planen, zu bauen, in die Umsetzung zu kommen. Und sollte es dann irgendwo eine Fehleinschätzung gegeben haben, dann muss die Verantwortung natürlich getragen werden. Aber wir können nicht warten, bis wir überall die letzten i-Tüpfelchen kontrolliert haben. Dann stehen wir industriell irgendwann mit dem Rücken an der Wand.
Viertens: Wir brauchen auch eine Überlegung für mehr Resilienz beziehungsweise für mehr Nachhaltigkeit in den Produktlinien. Wir können das, was die Amerikaner meiner Ansicht nach WTO-widrig getan haben, also diese Local Content Rule, WTO-konform ausgestalten. Es gibt das Beispiel des European Chips Act, wo wir gesagt haben, ein bestimmter Anteil der Produktion kritischer Güter muss in Europa stattfinden. Und das können wir übertragen, wenn wir uns eingestehen, dass Energiepolitik zugleich auch Sicherheitspolitik ist. Das gilt auch für die Produktion in anderen Bereichen, den Bereichen, die ich bereits angesprochen habe, die im Inflation Reduction Act dargestellt werden.
Fünftens: öffentliche Ausschreibungen stärker auf die Produktion in Europa fokussieren. Das ist schließlich Geld, das nicht uns gehört. Das ist Geld, das nicht den Unternehmen gehört. Das ist Steuergeld, das eingesammelt wurde. Und das sollte dann auch zum Wohle der europäischen Wirtschaft ausgegeben werden.
Sechstens: Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich mir auch wünschen würde, dass wir steuerlich noch attraktivere Bedingungen schaffen. Stichwort Superabschreibung oder Verlustvortrag. Da sollten wir großzügiger sein, um den Unternehmen in einer Zeit zu helfen, wo man logischerweise - wer könnte es Ihnen oder Ihren Kolleginnen und Kollegen auch verdenken - überlegt: Habe ich noch genug Geld für die Investitionen der nächsten Jahre? Hier kommt es darauf an, Bedingungen zu schaffen, die es attraktiver machen, jetzt in die Märkte reinzugehen.
Und siebtens: Fachkräfte. Fachkräfte ist eigentlich das falsche Wort in einer Zeit wie dieser, wo wir besser von Arbeitskraft insgesamt reden. Und so sehr wir seit Jahren wissen, dass wir zu lange für Genehmigungsverfahren brauchen, so sehr wir seit Jahren wissen oder hätten wissen können, dass die Leitmärkte der Zukunft klimaneutral sind, so sehr wir eigentlich hätten erkennen müssen, dass eine Abhängigkeit im Energiebereich von Russland keine so super tolle Idee ist, so wie Abhängigkeiten insgesamt keine super tollen Ideen sind, so wenig ist es überraschend, dass dieses Land ein demografisches Problem hat und noch weiter bekommen wird.
Sie sehen, dass wir uns in einer abkühlenden Phase der Wirtschaft befinden und am Beginn einer Rezession stehen. Trotzdem haben wir keine Probleme auf dem Arbeitsmarkt, jedenfalls keine großen. Statistisch gesehen. Individuell gibt es natürlich ganz andere Schicksale, das ist klar. Das ist eine ambivalente Botschaft. Gut ist: Wir haben keine Massenarbeitslosigkeit in Deutschland, trotz stagnierender Wirtschaftsleistung und drohender Rezession. Die schlechte Nachricht ist: Was passiert, wenn die Wirtschaft wieder anzieht? Die Leute finden Arbeit, ja, weil wir so viele offene Stellen haben. Und dann?
Lassen Sie mich das ganz klar sagen: Aus Sicht des Wirtschaftsministers sind einige ideologische Debatten der Vergangenheit längst überholt. Sie sind entschieden. Wir haben uns in Deutschland die Köpfe heiß geredet, wie wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hinbekommen. Sollen Frauen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen oder sich zu Hause um die Kinder kümmern? Aus Sicht des Wirtschaftsministers ist das klar: Wir können es uns nicht leisten, Leute, die arbeiten wollen, nicht arbeiten zu lassen. Wir haben uns ideologische Debatten über das Bildungssystem geleistet. Dreigliedrig? Zweigliedrig? Welche Schulabschlüsse? Aus Sicht des Wirtschaftsministers ist die Debatte doch klar: Was wir uns nicht leisten können ist ein Schulsystem, bei dem zehn Prozent der Leute, die von der Schule abgehen, keine Qualifikation für eine Berufsausbildung haben. Und wir haben uns eine Debatte darüber geliefert, ob wir Menschen, die 2015 fortfolgende zu uns gekommen sind, die jetzt seit sieben Jahren hier sind, die unsere Sprache gelernt haben, die unsere Nachbarn geworden sind, die unsere Schulabschlüsse gemacht haben und in die dieses Land volkswirtschaftlich investiert hat, hierbehalten wollen. Aus Sicht des Wirtschaftsministers ist die Sache auch hier völlig klar: Wir können doch nicht Leute, die diesem Land ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen, die wir schon ausgebildet haben, wieder wegschicken. Stichwort Spurwechsel. Und schlussendlich ist auch völlig klar, dass wir mit den vorhandenen Kapazitäten, auch wenn wir sie alle besser und klüger nutzen als in der Vergangenheit, die große Lücke beim Arbeitskräftebedarf nicht werden schließen können.
Wir bringen deshalb jetzt als Bundesregierung ein Einwanderungsgesetz auf den Weg, das nicht nur auf Berufsabschlüsse abstellt, sondern über ein Punktesystem auch die Befähigung zu Berufsabschlüssen, die Möglichkeit, in diesem Land glücklich zu werden und hier Leistung zu erbringen, als Kriterium anerkennt, welches die Einwanderung erlaubt und möglich macht. Das wird das liberalste Einwanderungsgesetz, das Deutschland je hatte, das Europa je hatte.
Aber es ist aus ökonomischer Sicht eben dringend erforderlich, dass wir die Talente der Welt zu uns einladen. Und wenn diese Talente sich hier bewährt haben, wenn sie hier Steuern zahlen, wenn sie hier Leistungen erbringen, wenn sie die Sprache erlernt haben; dann meine ich, gehört es auch dazu, dass sie früher oder später - und meiner Ansicht nach eher früher - die Chance bekommen, deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger zu werden. Wer hier seine Pflichten erfüllt, soll auch seine Rechte bekommen. Anders macht es meiner Ansicht nach keinen Sinn.
Lassen Sie mich abschließend zu Europa kommen und zu Deutschland in Europa. Die globale Situation hat nicht nur eine ökonomische Dimension. Wenn man die Welt, die ökonomische Welt, mit grobem Pinsel malt, dann gibt es im Osten von Europa einen Staatskapitalismus, der dem Verständnis folgt, dass ökonomischer Profit am Ende immer der Macht des Staates dient. Ich würde in diesem Fall vielleicht sogar sagen, der Partei dient. Und auf der anderen Seite, wieder grober Pinsel, sehr ungenau gezeichnet, ein Wirtschaftsmodell, das den ökonomischen Profit sehr stark privat kapitalisiert. Einige Unternehmerinnen und Unternehmer sind dort steinreich geworden. Ja, diese Unternehmen sind teilweise mächtiger geworden als mittlere Staaten. Sie wissen schon, wen ich meine, die großen Tech-Konzerne, die dort entstanden sind.
Das europäische, und mit Verlaub, das deutsche Wirtschaftsmodell in Europa unterscheidet sich davon. Es unterscheidet sich davon, weil der Sinn ökonomischen Erfolgs und wirtschaftlicher Prosperität - bei allem, was Ihnen und Ihren Kolleginnen und Kollegen privat gegönnt sei, natürlich soll sich Leistung lohnen, und natürlich ist jedem sein Wohlstand gegönnt - hier bei uns am Ende nicht ist, dass jeder reich wird, und auch nicht, dass der Staat gestärkt wird, sondern dass die Gesellschaft prosperiert. Das ist soziale Marktwirtschaft.
Wir brauchen die Märkte, wir brauchen die Wettbewerbsfähigkeit, wir brauchen die Schwarmintelligenz von allen Leuten, die etwas leisten wollen. Wir brauchen die kompetitve Intelligenz der Unternehmerinnen und Unternehmer. Aber die Wertschöpfung zahlt am Ende auf die gesellschaftliche Stabilität ein. Dieses Modell steht unter Druck durch die anderen Modelle. Dieses Modell wird teilweise verachtet. Putins Angriff über die Energie auf die Wirtschaft ist exakt ein Angriff auf dieses demokratische Grundverständnis, weil es ihm als verweichlicht, als schwach gilt. Diktatoren können abgewählt werden? Ja, wo kommen wir denn da hin! Das muss die Denke sein. Für uns ist es das, was wir verteidigen müssen. Der Angriff auf unsere Wirtschaft, durch die Inflation, durch die Energiepreise, ist nicht durch Zufall so gewählt, sondern es ist ein Angriff auf die Wertefundamente dieses Kontinents und dieses Landes.
Wenn ich das zusammennehme und wirtschaftspolitisch deute, dann heißt es auch, dass Deutschland seinen Beitrag in Europa leisten und dass Europa eine eigene Souveränität aufbauen muss; eine eigene Souveränität im wirtschaftspolitischen Bereich. Ich habe über die verschiedenen Programme gesprochen. Plattform für Transformation, IPCEI, aber auch ein eigenes Wirtschaftsmodell als Angebot für die Welt.
Deshalb möchte ich mit einem achten Punkt schließen. Und das wäre dann so etwas wie eine Allianz mit anderen Ländern. Diese Allianz mit anderen Ländern ist gemeinhin mit Handelspolitik übersetzt worden und ich habe es zuvor schon gestreift. Wir sind eine Exportnation. Unsere industriellen Güter werden in die Welt verkauft. Wir brauchen Partner, die sie nehmen. Und diese Partnerschaften müssen neu und stärker geschmiedet werden. Es ist vielleicht ein glücklicher Zufall, dass ich nach vielen Jahren Debatte heute sagen kann: In dieser Woche wird der Deutsche Bundestag das Freihandelsabkommen mit Kanada endgültig ratifizieren. Donnerstag glaube ich; wenn es Freitag ist, sehen Sie es mir nach, aber noch diese Woche wird das passieren. Wir haben europäische Freihandelsabkommen unterstützt und mitverhandelt; mit Mexiko, mit Chile, mit Neuseeland sowieso. Auch Vietnam ist fertig. Wir haben zu einer neuen Kraft gefunden. Diese Kraft besteht darin, anderen Ländern, die mit uns in Handelsabkommen eintreten, das Modell, das ich eben skizziert habe, ebenfalls anzubieten: fair gegenüber diesen Ländern zu sein, nicht zu sagen, wir nehmen euch die Rohstoffe billig ab und verkaufen sie veredelt weiter, sondern zu sagen, wir wollen mit euch echte Partnerschaften auf Augenhöhe eingehen. Diese Souveränität Europas macht sich nicht allein an den eigenen Produktionsquoten fest; sie macht sich fest an einem eigenen Wertebewusstsein, an einem Wirtschaftswertebewusstsein, das der Welt voller Selbstbewusstsein mit geradem Rücken anbietet, Partner und Alliierte dieses Verständnisses zu sein.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich begann damit, dass das letzte Jahr ein Angriff auf die Energiesicherheit unseres Landes war, ausgelöst durch den Krieg in der Ukraine. Schließen möchte ich mit dem Gedanken, dass das, was wir dort im letzten Jahr verteidigt haben, ein Angebot nicht nur für das nächste Jahr, sondern zugleich auch für andere Länder ist. Für diese Souveränität Europas, für die Kraft der deutschen Wirtschaft, für die Kraft der Industrie und für die Kraft dieses Landes, werden wir im nächsten Jahr industriepolitisch hart arbeiten müssen. Aber ich bin mir sicher, wir werden es erfolgreich bestehen. Vielen Dank!