Liebe Leserin, lieber Leser,

Das Coronavirus hält Wirtschaft und Gesellschaft weiterhin in Atem. Mit konsequenten Schutzmaßnahmen ist es uns in Deutschland gelungen, die Ausbreitung der Pandemie deutlich zu verlangsamen und eine Überlastung des Gesundheitssystems abzuwenden. Diese ersten Erfolge ermöglichen es uns, die Einschränkungen nun vorsichtig und schrittweise zu lockern. Wir müssen mit den neuen Freiheiten jedoch sehr sorgsam umgehen, denn die Risiken der Pandemie werden uns weiterhin begleiten.

Nach der aktuellen Konjunkturschätzung der Bundesregierung wird das deutsche Bruttoinlandsprodukt bei graduellen Öffnungen der wirtschaftlichen Aktivität Anfang 2022 wieder das Niveau von Ende 2019 erreichen. Mit umfassenden Unterstützungsmaßnahmen trägt die Bundesregierung dazu bei, die Unternehmen in dieser schwierigen Situation zu stabilisieren und Beschäftigung zu sichern. Wir werden weiterhin alles dafür tun, die wirtschaftlichen Folgen der Krise zu begrenzen. Dazu bedarf es auch der intensiven internationalen Zusammenarbeit. Eine internationale Krise lässt sich nicht im nationalen Alleingang meistern.

Die Bewältigung der Pandemie wird uns nur im Schulterschluss mit unseren europäischen und internationalen Partnerinnen und Partnern gelingen. Wir tauschen uns in Wissenschaft und Forschung eng aus, unterstützen uns bei der Versorgung mit medizinischer Ausstattung und stellen freie Kapazitäten im Gesundheitssystem zur Verfügung.

Flexibilität und Solidarität sind im europäischen Verbund nicht nur ein Zeichen von Mitmenschlichkeit. Es liegt auch im Interesse unserer vernetzten Volkswirtschaften, dass wirtschaftliche Strukturen und funktionierende Lieferketten erhalten bleiben und die europäische Wirtschaft schnell ihren Weg aus der Krise findet.

Handelsbeschränkungen sind dagegen nicht die richtige Antwort auf die aktuellen Herausforderungen. Die Pandemie macht es umso dringlicher, das regelbasierte multilaterale Handelssystem zu stärken. Doch die Welthandelsorganisation wird weiterhin dadurch geschwächt, dass die Streitschlichtungsinstanz durch die Blockadehaltung einiger Mitgliedstaaten derzeit nicht ausreichend besetzt werden kann.

Ich begrüße es daher sehr, dass auf Initiative der Europäischen Union eine Übergangslösung gefunden wurde, die die Streitschlichtung in internationalen Handelskonflikten vorübergehend sicherstellt. Langfristig bleibt jedoch unser Ziel, notwendige Reformen gemeinsam mit allen Mitgliedern voranzubringen und die volle Handlungsfähigkeit der WTO wiederherzustellen.