In Kürze
Der Nowcast für die saison- und kalenderbereinigte Veränderungsrate des BIP beträgt +2,9 % für das dritte Quartal 2020 und +1,6 % für das vierte Quartal 2020 (Stand 14. Oktober). [1]

Das Prognosemodell ermittelt als Nowcast für das dritte Quartal 2020 einen saison- und kalenderbereinigten Anstieg des BIP um 2,9 % gegenüber dem Vorquartal. Für das vierte Quartal prognostiziert das Modell eine Steigerung um 1,6 %. Der Nowcast ist eine täglich aktualisierte, rein technische Prognose, bei der es sich weder um die Prognose des BMWi noch um die offizielle Projektion der Bundesregierung handelt. Die amtlichen Ergebnisse für das dritte bzw. vierte Quartal 2020 werden vom Statistischen Bundesamt am 30. Oktober 2020 bzw. am 29. Januar 2021 veröffentlicht.

Die Abbildung zeigt die Entwicklung des Nowcast im Zeitverlauf. Zu Beginn des dritten Quartals lag der Nowcast auf Basis der rezessiven Datenlage für den Berichtsmonat April zunächst bei -1,1 %. Nachdem sich im Juli der wirtschaftliche Aufholprozess in den Daten für den Berichtsmonat Mai zeigte, hob das Modell seinen Schätzwert in den deutlich positiven Bereich. Zwischenzeitlich wurde ein Gutteil dieser Aufwärtsbewegung durch enttäuschende Nachrichten zur Konjunktur im Euroraum wieder abgeschrieben. Anfang August fielen die Stimmungsindikatoren günstiger aus als vom Modell erwartet, so dass der Nowcast auf ein Niveau von etwa 3 % gehoben wurde, auf dem er sich seither bewegt.

Entwicklung des BIP Nowcast für das dritte Quartal 2020 Bild vergrößern

Entwicklung des BIP Nowcast für das dritte Quartal 2020

© Now-Casting Economics Ltd.

Der Nowcast für das vierte Quartal hat sich seit Quartalsbeginn zügig nach unten angepasst. Enttäuschende Neuigkeiten gab es vor allem aus der Industrie; Auftragseingänge, Produktion und Umsätze haben sich im August schwächer erholt als vom Modell erwartet. Derzeit prognostiziert es einen Zuwachs des BIP von 1,6 %. Besonders für das vierte Quartal ist die Prognoseunsicherheit sehr hoch: Zum einen befindet sich die deutsche Konjunktur noch immer in einer einmaligen Ausnahme-situation, weshalb der Zusammenhang zwischen Indikatoren und der wirtschaftlichen Entwicklung derzeit schwer in empirischen Modellen abzubilden ist. Zum anderen basiert der Nowcast für das vierte Quartal bisher noch maßgeblich auf Daten aus dem Vorquartal.

Grundsätzlich bleibt die Prognoseunsicherheit für den Nowcast derzeit noch sehr hoch. Zwar liegen teilweise bereits „harte“ Konjunkturindikatoren für den August vor, allerdings dürfte sich in der aktuellen Ausnahmesituation der Zusammenhang zwischen Konjunkturindikatoren und Konjunkturverlauf gegenwärtig anders darstellen als in normalen Zeiten. Empirische Modelle tun sich generell schwer darin, Ausnahmesituationen abzubilden.

Aus fachlicher Sicht erscheint das von dem Modell prognostizierte BIP-Wachstum im dritten Quartal als zu niedrig. Ein Grund sind sicherlich die umfangreichen konjunkturstützenden Maßnahmen der Bundesregierung, die das Modell nicht gänzlich erfassen kann. Derweil scheint eine schwächere Wachstumsrate für das vierte Quartal plausibler. Wie stark die Erholung in der zweiten Jahreshälfte tatsächlich ausfällt, wird sich in den kommenden Monaten zeigen, wenn die amtlichen Daten zum dritten Quartal und erste Monatsdaten für das vierte Quartal veröffentlicht werden.

Das Modell
Das Modell zur Prognose des deutschen Bruttoinlandsprodukts wird von Now-Casting Economics Ltd. betrieben. Der hier veröffentlichte Nowcast ist eine rein technische, modellbasierte Prognose. Die Schätzungen sind mit einer hohen statistischen Unsicherheit behaftet, die mit Modellprognosen immer einhergeht. Es handelt sich bei dem Nowcast weder um die Prognose des BMWi noch um die offizielle Projektion der Bundesregierung.

[1] Für nähere Erläuterungen zu der Methode, den verwendeten Daten und der Interpretation des Modells, siehe Senftleben und Strohsal (2019): „Nowcasting: Ein Echtzeit-Indikator für die Konjunkturanalyse“, „Schlaglichter der Wirtschaftspolitik“, Juni 2019, Seite 9–11, und Andreini, Hasenzagl, Reichlin, Senftleben und Strohsal (2020) „Nowcasting German GDP“, CEPR DP14323.