In Kürze
Der Nowcast für die saison- und kalenderbereinigte Veränderungsrate des BIP beträgt +1,1 % für das vierte Quartal 2020 und +1,7 % für das erste Quartal 2021 (Stand 12. November) [1]

Das Prognosemodell ermittelt als Nowcast für das vierte Quartal 2020 einen saison- und kalenderbereinigten Anstieg des BIP um 1,1 % gegenüber dem Vorquartal. Für das erste Quartal 2021 prognostiziert das Modell eine Steigerung um 1,7 %. Der Nowcast ist eine täglich aktualisierte, rein technische Prognose bei der es sich weder um die Prognose des BMWi noch um die offizielle Projektion der Bundesregierung handelt. Die ersten amtlichen Ergebnisse für das vierte Quartal 2020 bzw. erste Quartal 2021 werden vom Statistischen Bundesamt Ende Januar 2021 bzw. Ende April 2021 veröffentlicht.

Die Abbildung zeigt die Entwicklung des Nowcast im Zeitverlauf. Zu Beginn des dritten Quartals lag der Nowcast für das vierte Quartal 2020 auf Basis der seinerzeit aktuellen Datenlage zunächst bei +3,1 %. Nachdem Anfang Juli die aktuellen Umsätze und Auftragseingänge im Produzierenden Gewerbe für den Berichtsmonat Mai veröffentlicht worden waren, schoss der Nowcast aufgrund der überraschend positiven Daten in die Höhe. Wenige Tage später wurde diese Reaktion durch die Veröffentlichung der Konjunkturdaten der Eurozone revidiert. Seither verharrt der Schätzwert zwischen 1,5 % und 2,5 %. Ende Juli führten Arbeitsmarktdaten der Bundesagentur zu einer leichten Abwärtskorrektur. Anfang August führten die positiven Umsätze und Auftragseingänge des Juni zu einer Aufwärtsrevision, bevor negative Konjunkturmeldungen aus der Eurozone die Schätzung wieder leicht nach unten revidierten. Im September verhalfen positive Daten aus Produktion, Exporten und Importen zu einem erneuten Anstieg auf rund 2 %.

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BIP Nowcast für das 4. Quartal 2020 und das 1. Quartal 2021

© Now-Casting Economics Ltd.

Der Nowcast für das erste Quartal 2021 bewegte sich seit Anfang Oktober in engen Grenzen zwischen +1,0 % und +2,0 %, abgesehen von einer Schwächephase Mitte Oktober, bedingt durch den Rückgang des ifo Geschäftsklimaindex. Vor allem die am 30. Oktober vom Statistischen Bundesamt bekannt gegebenen vorläufigen Zahlen zur Entwicklung des BIP im dritten Quartal überraschten positiv und hoben die Modellschätzung auf etwa +1,7 % an. Allerdings ist die Prognoseunsicherheit für das nächste Quartal noch wesentlich höher als üblich: Zum einen befindet sich die deutsche Konjunktur noch immer in einer einmaligen Ausnahmesituation, weshalb der Zusammenhang zwischen Indikatoren und der wirtschaftlichen Entwicklung derzeit schwer in empirischen Modellen abzubilden ist. Zum anderen hängt der weitere Verlauf stark vom sich derzeit äußerst dynamisch entwickelnden Infektionsgeschehen und den in der Folge ergriffenen politischen Maßnahmen ab.

Aus fachlicher Sicht erscheint das von dem Modell prognostizierte BIP-Wachstum im vierten Quartal zwar nicht gänzlich unrealistisch, aber etwas zu optimistisch. Ein Grund sind zuletzt wieder stark erhöhte Infektionszahlen und die dadurch notwendigen Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung und Kontaktreduzierung, die den privaten Konsum und die Wertschöpfung in den betroffenen Branchen belasten. Diese Entwicklungen bilden sich in den im Modell enthaltenen Indikatoren noch nicht hinreichend ab. Die Wachstumsrate für das erste Quartal 2021 scheint aus den gleichen Gründen etwas zu optimistisch. Wie die weitere Entwicklung im Winter tatsächlich ausfällt, wird sich in den kommenden Monaten zeigen, wenn die amtlichen Daten für das Gesamtjahr 2020 und erste Monatsdaten für das erste Quartal 2021 veröffentlicht werden.

Das Modell
Das Modell zur Prognose des deutschen Bruttoinlandsprodukts wird von Now-Casting Economics Ltd. betrieben. Der hier veröffentlichte Nowcast ist eine rein technische, modellbasierte Prognose. Die Schätzungen sind mit einer hohen statistischen Unsicherheit behaftet, die mit Modellprognosen immer einhergeht. Es handelt sich bei dem Nowcast weder um die Prognose des BMWi noch um die offizielle Projektion der Bundesregierung.

[1] Für nähere Erläuterungen zu der Methode, den verwendeten Daten und der Interpretation des Modells, siehe Senftleben und Strohsal (2019): „Nowcasting: Ein Echtzeit-Indikator für die Konjunkturanalyse“, „Schlaglichter der Wirtschaftspolitik“, Juni 2019, Seite 9–11, und Andreini, Hasenzagl, Reichlin, Senftleben und Strohsal (2020) „Nowcasting German GDP“, CEPR DP14323.