In Kürze

Nach dem pandemiebedingten schweren Wirtschaftseinbruch im ersten Halbjahr 2020 hat sich die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal kräftig erholt. Die wirtschaftliche Aktivität ist kalender- und saisonbereinigt um 8,5 % gegenüber dem Vorquartal gestiegen. Im ersten Quartal war das Bruttoinlandsprodukt um 1,9 % gesunken, im zweiten Quartal war der Rückgang mit 9,8 % so stark wie nie zuvor in einem Quartal. Nach dem Lockdown von Mitte März bis Ende April hatte zügig eine deutliche Erholung eingesetzt. Im dritten Quartal erreichte die Wirtschaftsleistung wieder 96 % des Niveaus vom vierten Quartal 2019.

Entstehungsseitig erhöhte sich die Bruttowertschöpfung in allen Wirtschaftsbereichen außer dem Baugewerbe. Auf der Verwendungsseite nahmen vor allem der private Konsum sowie die Ausrüstungsinvestitionen kräftig zu. Der Staat weitete seine Nachfrage im Zuge der Stützungsmaßnahmen noch einmal leicht aus. Auch der Außenhandel zog nach dem Ende des Lockdowns und der beginnenden Normalisierung der Weltwirtschaft und der Lieferketten deutlich an. Vor allem die Exporte verzeichneten ein kräftiges Plus gegenüber dem Vorquartal.

Insgesamt stand auch das dritte Quartal 2020 noch im Zeichen der Corona-Pandemie und der Maßnahmen zu ihrer Eindämmung, allerdings mit umgekehrtem Vorzeichen. Nachdem Konjunkturindikatoren bereits seit Mai eine deutliche Erholung signalisierten, manifestierte sich diese Entwicklung dann in den veröffentlichten Zahlen zum dritten Vierteljahr.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen hat die Bundesregierung ihre Wachstumserwartungen aus der Interimsprojektion für das laufende Jahr 2020 in ihrer jüngsten Herbstprojektion vom 30. Oktober leicht aufwärtskorrigiert, von -5,8 % auf -5,5 %. Darin ist berücksichtigt, dass sich die positive Entwicklung seit Herbstbeginn bereits verlangsamt hatte. Der neuerliche Lockdown dürfte die Wirtschaft im Jahresschlussquartal wiederum merklich dämpfen.

Das Statistische Bundesamt hat am 24. November 2020 detaillierte Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) im dritten Quartal 2020 veröffentlicht. Demnach stieg das preis-, kalender- und saisonbereinigte BIP im dritten Quartal mit einer Veränderungsrate von 8,5 % gegenüber dem Vorquartal. Für die deutsche Wirtschaft bedeutet dies eine kräftige Erholung nach dem heftigen Einbruch im zweiten Quartal. Mit der aktuellen Veröffentlichung wurde die erste Einschätzung des BIP-Wachstums im Rahmen der Schnellmeldung des Statistischen Bundesamts vom 30. Oktober 2020 leicht aufwärtskorrigiert.

Bruttowertschöpfung holt in fast allen Bereichen deutlich auf

Die Wirtschaftsleistung erholte sich in nahezu allen Wirtschaftsbereichen mit Ausnahme des Baugewerbes. Besonders deutlich stieg die Bruttowertschöpfung im exportorientierten Verarbeitenden Gewerbe mit einem Plus von 14 % gegenüber dem Vorquartal. Die Dienstleister erholten sich ebenfalls deutlich um 7,8 %. Innerhalb der Dienstleistungsbereiche legten vor allem der zusammengefasste Bereich Handel, Verkehr, Gastgewerbe (+13,8 %), der Bereich Öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit (+9,5 %) sowie die Sonstigen Dienstleister (+17,8 %) zu. Diese Bereiche waren besonders von den Einschränkungen während des Lockdowns im Frühjahr betroffen gewesen. Die Erholung fiel nun besonders deutlich aus.

Hatte sich die Bruttowertschöpfung im Baugewerbe im zweiten Quartal noch vergleichsweise robust gezeigt, folgte nun gegen den allgemeinen Trend ein Rückgang um 4,7 %.

Eckwerte der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland (saison-und kalenderbereinigte Entwicklung) Bild vergrößern

Eckwerte der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland

© StBA, BBk

Konsum, Ausrüstungsinvestitionen und Außenhandel auf Erholungskurs

Nach dem historischen Einbruch im zweiten Vierteljahr kam es im dritten Quartal zu deutlichen Aufholeffekten. Vor allem die privaten Konsumausgaben erhöhten sich deutlich um 10,8 % gegenüber dem Vorquartal. Auch die staatlichen Konsumausgaben nahmen im Zuge der Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie erneut leicht zu. Die Bruttoanlageinvestitionen expandierten insgesamt um 3,6 %. Insbesondere die Investitionen in Ausrüstungen erholten sich kräftig mit einem Zuwachs um 16,0 % und stoppten damit ihren anhaltenden Rückgang seit dem dritten Quartal 2019. Die Bauinvestitionen sanken um 2 % gegenüber dem Vorquartal. Die staatlichen Ausrüstungsinvestitionen gingen gegenüber dem Vorquartal um 27,3 % zurück, was vor allem am deutlichen Plus im Vorquartal im Rahmen des staatlichen Konjunkturprogramms zur Bekämpfung der Auswirkungen der Corona-Pandemie lag. Bei den Nichtstaatlichen Sektoren gab es dagegen einen kräftigen Zuwachs in Höhe von 23,2 %. Die Wachstumsraten im dritten Quartal sind im Lichte des außergewöhnlichen zweiten Quartals auch als Normalisierung zu verstehen. Zwar war eine Normalisierung durch das Anfahren der wirtschaftlichen Aktivität auch erwartet worden, allerdings fiel sie überraschend stark aus.

Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (Wachstumsbeiträge in Prozentpunkten, preis-, kalender- und saisonbereinigt) Bild vergrößern

Wachstum des Bruttoinlandsprodukts

© StBA

Mit dem Ende des Lockdowns im zweiten Quartal normalisierte sich auch das Konsumverhalten der Haushalte. Die Konsumausgaben stiegen insgesamt um 10,8 % gegenüber dem Vorquartal. Insbesondere die Ausgaben für Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen sowie für Verkehr und Nachrichtenübermittlung, die durch den Lockdown deutlich eingeschränkt wurden, erholten sich. Auch die Ausgaben für Bekleidung und Schuhe sowie für Freizeit, Unterhaltung und Kultur legten deutlich zu. Der Staat erhöhte seine Konsumausgaben, nicht zuletzt durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie, preisbereinigt noch einmal leicht um 0,8 % gegenüber dem Vorquartal.

Als Zugpferd für die deutsche Wirtschaft erwies sich auch die Weltkonjunktur, die sich rasch verbesserte. So legten die Exporte im dritten Quartal um 18,1 % zu, die Importe lagen 9,1 % über dem Vorquartal. Der Aufholeffekt der Einfuhren fiel damit gedämpfter aus als der der Ausfuhren, was rechnerisch einen insgesamt positiven Außenbeitrag von 3,9 Prozentpunkten des BIP ergab.

Corona-Krise hinterlässt Spuren auf dem Arbeitsmarkt

Im Durchschnitt waren im dritten Quartal rund 44,7 Millionen Menschen beschäftigt. Die saisonbereinigte Erwerbstätigkeit ging gegenüber dem Vorquartal um fast 50.000 Personen zurück. Damit schwächte sich der Rückgang nach dem außerordentlich starken Minus im Vorquartal ab. Seit Beginn der Corona-Krise wurde die Beschäftigung durch den massiven Einsatz von Kurzarbeit gestützt, die noch umfangreichere Freisetzungen verhinderte. Die Kurzarbeitszahlen waren zuletzt zwar rückläufig, verglichen mit dem Vorjahresquartal sank allerdings das Arbeitsvolumen, welches die Kurzarbeit berücksichtigt, um 4 %. Die gesamtwirtschaftliche Arbeitsproduktivität – gemessen als preisbereinigtes BIP je Erwerbstätigenstunde – ist gegenüber dem Vorquartal um rund 2,8 % gestiegen, da die Bruttowertschöpfung zunahm, während das Arbeitsvolumen rückläufig war.

Mit dem Anstieg der Wirtschaftsleistung und den spürbaren Erholungseffekten erhöhten sich auch die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte in jeweiligen Preisen um 3,1 %. Die Arbeitnehmerentgelte legten dabei um 3,9 % gegenüber dem Vorquartal zu, die Unternehmens- und Vermögenseinkommen noch deutlich stärker um 17,9 %. Angesichts der Rückkehr der Konsummöglichkeiten nach dem Ende des Lockdowns reduzierte sich die Sparquote der privaten Haushalte im dritten Quartal auf 16,2 %. Sie war im zweiten Quartal sprunghaft auf 21,1 % gestiegen. Im Jahr 2019 hatte sie durchschnittlich 10,9 % betragen.