In Kürze
Die Weltwirtschaft fiel im Zuge der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 in eine beispiellose Rezession. Mit der international laufenden Ausrollung von Impfstoffen dürfte es ab Mitte des Jahres 2021 zu einer deutlichen Gegenbewegung und wieder zu einem Wachstum der Weltwirtschaftsleistung kommen.

Der steile Erholungspfad der globalen Konjunktur nach dem historischen Einbruch im zweiten Quartal 2020 ist trotz der weltweit verhängten Lockdowns nur wenig abgeflacht. Zuletzt überschritten sowohl die weltweite Industrieproduktion als auch der Weltwarenhandel sogar ihre jeweiligen Vorjahresniveaus. Nach dem massiven Rückgang im zweiten Quartal 2020 trug vor allem eine entsprechend starke positive Gegenbewegung im dritten Quartal zur raschen Erholung bei. In nahezu allen großen Wirtschaftsräumen stieg die Wirtschaftsleistung im dritten Quartal bspw. im Euroraum (+12,4 %), in den Vereinigten Staaten (+7,5 %), Japan (+5,3 %), China (+3,0 %). Das globale BIP stieg im gleichen Zeitraum um 7,1 %. Zum Schlussquartal 2020 trat allerdings aufgrund vielerorts erneut verhängter Lockdowns eine differenziertere Entwicklung ein. Während die Wirtschaftsleistung im Euroraum wieder rückläufig war (-0,7 %) ging die Aufholjagd in den Vereinigten Staaten (+1,0 %) und China (+2,6 %) weiter.

Der Start ins Jahr 2021 fällt vor diesem Hintergrund unterschiedlich aus. Während insbesondere für die Vereinigten Staaten und China zuletzt sogar Wachstumsprognosen angehoben wurden, ist die wirtschaftliche Aktivität vor allem in Europa weiterhin von Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung eingeschränkt. Darüber hinaus kommen unterschiedliche Geschwindigkeiten in der Durchimpfung der jeweiligen Bevölkerungen hinzu, die für die kurzfristigen Aussichten der wirtschaftlichen Entwicklung im laufenden Jahr eine immer größere Rolle spielen. Vor diesem Hintergrund belasten schleppende Starts des Impfprozesses in vielen Teilen der Welt einerseits die Wachstumsaussichten im ersten Quartal 2021. Andererseits bieten schnellere Impffortschritte zum Beispiel in Israel Grund zur Hoffnung auf eine Normalisierung. Mit Blick auf erwartete Neuzulassungen für weitere und den Produktionsaufbau bereits zugelassener Impfstoffe dürfte sich ihre Verfügbarkeit im Laufe des Jahres deutlich verbessern. Damit wird eine raschere und breitere Durchimpfung auf globaler Ebene schrittweise möglich. Für die Weltwirtschaft wird derzeit ab Mitte des Jahres ein beschleunigter Anstieg der Wirtschaftsleistung erwartet, wenn diese Prozesse in der Breite wirken und sich die erwarteten positiven Effekte zeigen.

Weltwirtschaftwachstum

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Weltwirtschaftswachstum (BIP Wachstum in Prozent)

© Weltbank, CPB Netherlands Bureau for Economic Policy Analysis

Am aktuellen Rand zeigt sich die Indikatorenlage zur Weltwirtschaft durchwachsen. Einerseits stieg die Weltindustrieproduktion zuletzt im November noch um 1,1 % und lag damit 0,1 % über dem Stand des Vorjahres. Auch der weltweite Handel mit Waren übertrifft mittlerweile sein Vorkrisenniveau und wuchs zuletzt im November um 2,1 %. Andererseits signalisieren die vorausschauenden Stimmungsindikatoren eine Verlangsamung des Wachstums. Der zusammengesetzte Einkaufsmanagerindex von J. P. Morgan/IHS Markit verzeichnete im Januar einen erneuten Rückgang und liegt mit 52,3 Punkten deutlich unterhalb des Novemberniveaus von 53,1. Allerdings bleibt er nach wie vor über der Wachstumsschwelle von 50,0 Punkten. Dabei weisen die Teilindizes für die Industrie (53,5 Punkte) und den Dienstleistungssektor (51,6 Punkte) mittlerweile deutliche Unterschiede auf. Hierfür dürften in erster Linie die Dienstleistungsbereiche stärker einschränkenden Lockdowns verantwortlich sein.

Soweit die zuletzt rückläufige epidemische Entwicklung global weiter anhält, ist auch zum Ende des ersten Quartals 2021 mit einer Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Erholung zu rechnen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) geht in seiner aktualisierten Prognose vom Januar davon aus, dass die globale Wirtschaftsleistung im Gesamtjahr 2021 preis- und kaufkraftbereinigt um 5,5 % zunehmen wird, im Folgejahr werden 4,2 % Wachstum erwartet. Der IWF hat allerdings zwei Szenarien berechnet, um die Risiken und Chancen im aktuellen Umfeld besser zu quantifizieren. Im Chancen-Szenario kommt die Entwicklung und Verfügbarkeit der Impfstoffe gerade in den Industriestaaten schneller voran als erwartet. Somit könnte das globale Wachstum drei Viertel Prozentpunkte höher ausfallen als im Basisszenario prognostiziert. In einem Risiko Szenario mit einer geringen Verfügbarkeit, Wirksamkeit oder mangelnden Akzeptanz des Wirkstoffs dürfte das globale Wachstum um drei Viertel Prozentpunkte geringer ausfallen.

Vereinigte Staaten: Fortgesetzte Erholung und positive Aussichten für den weiteren Verlauf

Die Wirtschaftsleistung der Vereinigten Staaten erhöhte sich im vierten Quartal 2020 preis- und saisonbereinigt um 1,0 % gegenüber dem Vorquartal. Damit setzt die amerikanische Wirtschaft ihre Erholung aus dem dritten Quartal, wenn auch deutlich verlangsamt, fort. Im dritten Vierteljahr war das BIP noch um 7,5 % gestiegen. Die deutlichsten Zuwächse verzeichneten im vierten Quartal die Investitionen (+4,3 %) und die Ein- und Ausfuhren, die um jeweils 6,7 % und 5,1 % zunahmen. Das Ausbleiben eines flächendeckenden harten Lockdowns dürfte hierzu beigetragen haben. Der private Konsum legte um 0,6 % zu. Nur die Konsumausgaben des Staates fielen wie auch schon im dritten Quartal geringer aus und gingen um 0,3 % zurück.

Für den weiteren Jahresverlauf senden die Indikatoren positive Signale. Die Auftragseingänge stiegen im Dezember den achten Monat in Folge (+1,1 % gegenüber November) und erreichten mit 99 % des Vorjahresniveaus nahezu eine vollständige Erholung. Die Industrieproduktion nahm ebenfalls weiter zu und stieg im Dezember um deutliche 1,6 %. Zum Vorjahresstand im Dezember 2019 fehlen hier nur noch 3,6 %. Auch die Umfragedaten von IHS Markit sprechen für eine deutlich gesteigerte Zuversicht in den Vereinigten Staaten. Der zusammengesetzte Einkaufsmanagerindex kletterte im Januar nach einem Dämpfer im Dezember auf 58,7 Punkte. Auch die Aussichten auf eine rasche Durchimpfung der Bevölkerung haben sich verbessert, derzeit wird mit dem Erreichen der 60 %-Marke gegen Juli 2021 gerechnet. Darüber hinaus wird die wirtschaftliche Entwicklung zusätzlich durch das neue 1,3 Billionen US-Dollar umfassende Konjunkturprogramm von Präsident Joe Biden gestützt.

In seiner aktualisierten Projektion vom Januar geht der IWF von einem BIP-Wachstum in Höhe von 5,1 % im Jahr 2021 aus. Im Jahr 2022 verlangsamt sich der Anstieg dann auf 2,5 %.

Japan: Deutliche Verlangsamung des Aufholprozesses und gedämpfte Aussichten

Die japanische Wirtschaftsleistung stieg im dritten und vierten Quartal 2020 preis- und saisonbereinigt um jeweils 5,3 % und 3,0 % gegenüber dem Vorquartal. Zuletzt war die Entwicklung im vierten Quartal insbesondere durch Zuwächse im privaten (+2,2 %) und staatlichen Konsum (+2,0 %) geprägt. Allerdings bleiben aktuell rund zwei Drittel der japanischen Wirtschaft vor dem Hintergrund erhöhter Infektionszahlen in ihrer Aktivität eingeschränkt. Der Ausnahmezustand in Tokio und anderen großen Präfekturen wurde bis Anfang März verlängert. Am aktuellen Rand zeichnen die Indikatoren zusätzlich etwas gedämpfte Aussichten für den weiteren Jahresverlauf: Die Industrieproduktion ging zuletzt im Dezember um 1,1 % zurück und auch die Auftragseingänge verzeichneten im November einen kräftigen Rückgang um 2,4 %. Der Tankan-Index der japanischen Zentralbank zur Ermittlung des Geschäftsklimas verzeichnet im vierten Quartal weiterhin deutlich negative Niveaus, wenngleich er sich im Vergleich zum dritten Quartal verbessert hat. Der zusammengesetzte Einkaufsmanagerindex von IHS Markit ist im Januar wieder etwas zurückgegangen und notiert mit 49,8 Punkten leicht unterhalb der Wachstumsschwelle von 50,0 Punkten.

Die Einführung von Impfstoffen gegen das Coronavirus dürfte aber ab Mitte des Jahres eine deutlichere Erholung bei Dienstleistungen und Ausgaben ermöglichen, während ein stärkeres Wachstum in den Vereinigten Staaten und China auch dem Verarbeitenden Gewerbe in Japan und den Exporten zugute kommen dürfte.

Dennoch bleiben die Aussichten für den Konsum in der kurzen Frist verhalten, da die Lohnentwicklung immer noch sehr gedämpft ist und der derzeitige Ausnahmezustand die Beschäftigung im Dienstleistungssektor Anfang des Jahres 2021 belasten dürfte.
Der IWF erwartet für das Jahr 2021 ein Wachstum des japanischen BIP in Höhe von 3,1 %. Für das kommende Jahr wird mit einem abgeschwächten Anstieg um 2,4 % gerechnet.

Euroraum: Rückgang im vierten ­Quartal schwächer als erwartet, ­dennoch gedämpfter Ausblick

Mit einem Rückgang von 0,7 % ging die Wirtschaftsleistung im Euroraum im letzten Quartal des Jahres 2020 weniger stark zurück als befürchtet. Damit kommt die europäische Wirtschaft vielerorts mit den pandemiebedingten Einschränkungen besser zurecht als noch im Frühjahr. Insbesondere die spanische und deutsche Wirtschaft zeigten sich im vierten Quartal 2020 mit Veränderungsraten von jeweils +0,4 % und +0,1 % relativ resilient. In Österreich, Italien und Frankreich hingegen kam es zu deutlichen Rückgängen von jeweils -4,3 %, -2,0 % und -1,3 %.

Industrieproduktion der größten Volkswirtschaften der Welt

Industrieproduktion der größten Volkswirtschaften der Welt (Index 2018 = 100) Bild vergrößern

Industrieproduktion der größten Volkswirtschaften der Welt (Index 2018 = 100)

© Eurostat, METI, Federal Reserve, NBS

Die Frühindikatoren am aktuellen Rand signalisieren ein schwaches erstes Quartal im Euroraum. Die Industrieproduktion ging im Dezember um kräftige 1,6 % im Vergleich zum Vormonat zurück, lag aber immerhin noch etwa 0,1 % über dem Vorjahresniveau. Demgegenüber stiegen die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe zuletzt noch einmal (+0,7 %), blieben aber weiterhin unter ihrem Vorjahresniveau (-2,0 %). Der Economic Business Climate Indicator der Europäischen Kommission verbesserte sich im Januar auf seinen höchsten Wert seit März 2020, lag jedoch weiterhin im negativen Bereich (-0,27 Punkte). Derweil fiel der zusammengesetzte Einkaufsmanagerindex von IHS Markit auf ein Niveau von 47,8 Punkten und damit deutlich unter die Wachstumsschwelle von 50,0 Punkten. Hierbei prägte sich die Diskrepanz zwischen Industrie und Dienstleistungssektor weiter aus. Einem deutlich zuversichtlichen Verarbeitenden Gewerbe (54,8 Punkte) steht dabei ein pessimistischer Dienstleistungssektor (45,4 Punkte) gegenüber. Die Arbeitslosigkeit blieb im Dezember mit einer Quote von 8,3 % weiterhin auf leicht erhöhtem Niveau.

Der IWF geht in seiner aktualisierten Prognose von einem BIP-Wachstum im Eurogebiet von 4,2 % im Jahr 2021 aus. In 2022 wird wiederum ein Anstieg um 3,6 % erwartet.

China: Wachstum im Jahr 2020 schafft positive Ausgangslage für das Jahr 2021

Chinas Wirtschaft meldete als einzige der großen Volkswirtschaften für das vergangene Jahr ein Wachstum und steigerte seine Leistung um 2,3 %. Industrielle Erzeugung, Investitionen und Exporte stiegen zuletzt im Dezember und unterm Strich im vierten Quartal an. Das schafft eine gute Ausgangslage für das Jahr 2021. Das chinesische BIP stieg im Schlussquartal 2020 um 2,6 %.

Am aktuellen Rand senden die Indikatoren etwas gemischte Signale. Der zusammengesetzte Einkaufsmanagerindex von IHS Markit fiel im Januar auf 52,2 Punkte, lag aber weiterhin deutlich oberhalb seiner Wachstumsschwelle. Der Rückgang stammt zum größten Teil aus den Dienstleistungsbereichen, deren Teilindex mit einem Wert von 52,0 deutlich stärker zurückging (Dezember: 56,3) als die Einschätzungen im Verarbeitenden Gewerbe, die von 53,0 Punkten im Dezember auf 51,5 Punkte im Januar fielen. Der Li-Keqiang-Index, der Kreditvergabe, Stromverbrauch und Schienenfrachtverkehr der Volksrepublik erfasst, ist im Januar allerdings weiter gestiegen und notiert mittlerweile deutlich oberhalb des Vorkrisenniveaus.

Wirtschaftswachstum der grössten Volkswirtschaften der Welt

Wirtschaftswachstum der grössten Volkswirtschaften der Welt (saison- und preisbereinigte Veränderung gegenüber Vormonat in Prozent) Bild vergrößern

Wirtschaftswachstum der grössten Volkswirtschaften der Welt (saison- und preisbereinigte Veränderung gegenüber Vormonat in Prozent)

© BEA, Eurostat, CaO, NBS

Aufs Quartal gesehen wird das Wachstum im ersten Vierteljahr 2021 wahrscheinlich durch den jüngsten Ausbruch des Coronavirus beeinträchtigt werden, der das Verbrauchervertrauen und die Reisetätigkeit während des chinesischen Neujahrsfestes dämpfen dürfte. Im zweiten Quartal sollte die Wachstumsdynamik allerdings wieder anziehen, sofern es nicht zu weiteren Ausbrüchen des Coronavirus kommt. Dies sollte zu einer Stützung der Stimmung bei Verbrauchern und Unternehmen führen und die Beschäftigung fördern. Allerdings bestehen auch Abwärtsrisiken bei kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) und dem Bankensektor, da die Krediterleichterungen für KMU im März 2021 auslaufen werden.

Auch im chinesischen Außenhandel stehen die Zeichen weiter auf Erholungskurs. Die Exporte wuchsen im Dezember mit einem kräftigen Plus von 5,2 % gegenüber dem Vormonat November, der seinerseits schon ein Wachstum von beeindruckenden 13 % aufwies. Die Importe stiegen ähnlich stark und nahmen im Dezember um 5,8 % zu.

Für China rechnet der IWF in seiner Prognose vom Januar mit einem Wachstum im Jahr 2021 von 8,1 %. Für das nächste Jahr sagt der IWF eine Steigerung der Wirtschaftsleistung um 5,6 % voraus.