Rohstoffe, Innovationen und eine neue Freihandelszone lassen auf wirtschaftliche Erholung hoffen

Blick auf eine afrikanische Stadt

© Getty Images

Die Corona-Krise hat Subsahara-Afrika wirtschaftlich schwer getroffen. Vielfach wurde frühzeitig und entschlossen mit starken Einschränkungen des öffentlichen Lebens reagiert. Erfolgreiche Eindämmungsmaßnahmen waren jedoch kurzfristig mit hohen volkswirtschaftlichen Kosten verbunden: Im Jahr 2020 erlitt die Region die erste Rezession seit einem Vierteljahrhundert. Dies bedroht Fortschritte bei der wirtschaftlichen Entwicklung.

Dennoch zeigen die Analysen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und des Thinktanks Oxford Economics, dass die Bemühungen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen vielen Ländern Subsahara-Afrikas geholfen haben, die Corona-Krise besser zu überstehen. Insbesondere Länder in Ost- und Westafrika haben durch ein größeres Maß an makroökonomischer Stabilität ihre Widerstandsfähigkeit gestärkt. In dieser Region ist nach Angaben der Weltbankgruppe die wirtschaftliche Abkühlung zwar deutlich spürbar, aber weniger gravierend als in vielen anderen Schwellen- und Entwicklungsländern.

Finanzielle Engpässe begrenzen Krisenreaktion

Die Regierungen der Region ergriffen Maßnahmen zur Bewältigung der humanitären und wirtschaftlichen Auswirkungen. Dazu gehörten Investitionen zur Stärkung des Gesundheitssystems, Notfallpläne zur Unterstützung gefährdeter Haushalte und voraussetzungslose Transferleistungen sowie die Unterstützung des Privatsektors durch Steuererleichterungen und Garantien.

Vielen Staaten Subsahara-Afrikas steht jedoch im Vergleich zu wohlhabenderen Volkswirtschaften ein geringeres fiskal- und geldpolitisches Instrumentarium zur Verfügung. Zentralbanken können nur sehr begrenzt fiskalische Impulse geldpolitisch flankieren. Bei unzureichender Liquiditätsbereitstellung durch die Zentralbanken kann höhere Staatsverschuldung dann zu Zinsanstiegen und geringeren privaten Investitionen führen (sogenanntes „crowding-out“). Insgesamt blieben die Nothilfen zudem im internationalen Vergleich gering und erfolgten primär in Form von Sachleistungen (Abbildung 1).

Abbildung 1: Ausweitung sozialer Unterstützung nach Region und Art (Finanzielle Unterstützung, Sachleistungen) Bild vergrößern

Abbildung 1: Ausweitung sozialer Unterstützung nach Region und Art (Finanzielle Unterstützung, Sachleistungen)

© IWF Fiscal Monitor 2020

Internationale Institutionen schaffen Spielraum für staatliches Krisenmanagement

Die Kombination aus Einnahmeausfällen und notwendiger Ausgabensteigerung brachte viele bereits vor der Krise stark verschuldete Staaten in Bedrängnis. Gemeinsam mit dem Pariser Club leisteten die G20 bereits Anfang 2020 Hilfe: Ein Zahlungsaufschub für Zins- und Tilgungszahlungen verschafft den betroffenen Ländern mehr finanziellen Spielraum zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. 73 Länder mit niedrigem und unterem mittlerem Einkommen – unter ihnen 38 afrikanische Länder – können ihre Schuldenzahlungen bis Juni 2021 aussetzen. Über eine erneute Verlängerung wird beim G20-Treffen am Rande der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank im April entschieden. Außerdem soll diese spontane Hilfe durch ein formales Rahmenwerk ergänzt werden. Dieses Rahmenwerk sieht vor, dass Schuldnerländer die gleichen Zahlungserleichterungen auch von ihren privaten Gläubigern verlangen. Diese privaten Gläubiger haben einen Anreiz, auf ihren Ansprüchen zu beharren, wenn staatliche Gläubiger die Zahlungsfähigkeit des Schuldners stärken. Ein Grundproblem ist allerdings die potenziell stigmatisierende Wirkung von Hilfen: Schuldner befürchten, dass ihre Kreditwürdigkeit bei Inanspruchnahme leidet. Hohe Transparenz und klare Perspektiven sind daher entscheidend für den Erfolg jeder Umstrukturierung von Staatsschulden.

In Kürze
Spontane Hilfe soll durch ein formales Rahmenwerk für Zahlungserleichterungen ergänzt werden.

Die Zahlungsunfähigkeit Sambias im letzten Jahr löste Befürchtungen aus, andere Staaten könnten ebenfalls betroffen sein. Denn eine Vielzahl afrikanischer Länder erlebte in den letzten zwei Jahrzehnten eine Verschlechterung der Staatshaushalte, und für alle hat sich die Situation durch die Corona-Krise verschärft. In vielen Ländern ist die Schuldentragfähigkeit von einer hinreichenden wirtschaftlichen Erholung noch in diesem Jahr abhängig.

Rohstoffpreise, Digitalisierung und regionale Integration als Wachstumstreiber

Auch in Afrika hat die Digitalisierung durch die Corona-Krise einen starken Schub bekommen. Laut Weltbank haben 25 % der Unternehmen in Subsahara-Afrika den Einsatz digitaler Technologien beschleunigt und Investitionen in digitale Lösungen erhöht. Regierungen haben sich mit dem Privatsektor zusammengetan, um Online-Dienste wie öffentliche Gesundheitsinformationen und E-Learning anzubieten und digitale Zahlungen zu erleichtern. Regierungen und Mobilfunkbetreiber konzentrierten sich darauf, Preise für Geräte und Dienste zu senken, Verbindungssperrungen aufgrund offener Rechnungen zu vermeiden, Bandbreiten zu erhöhen, den Netzausbau zu erleichtern und Engpässe zu verringern.

Indem sie Landwirten Zugang zu Informationen über das Wetter, Produktionsfaktoren (etwa verbessertes Saatgut, Düngemittel und Traktoren) und deren effiziente Nutzung verschaffen, steigern digitale Technologien die Produktivität in der Landwirtschaft. Auch die Qualitätskontrolle und Rückverfolgbarkeit in der Lebensmittelversorgungskette kann durch digitale Technologien verbessert werden. In Kenia, Ruanda und Nigeria ermöglichen digitale Technologien Landwirten den Zugang zu vor- und nachgelagerten Märkten, indem sie die Preisfindung erleichtern, die Abstimmung zwischen Käufern und Verkäufern verbessern und die Verhandlungsmacht der Landwirte in den Wertschöpfungsketten der Agrar- und Ernährungswirtschaft stärken.

Zu einem weiteren Wachstumstreiber kann sich die regionale Integration entwickeln. Am 1. Januar 2021 trat das Abkommen über die Freihandelszone AfCFTA in Kraft, an der sich 54 der 55 Mitgliedsstaaten der Afrikanischen Union beteiligen wollen (vgl. Schlaglichter 9/2019). Die Verhandlungen über Zölle und Ursprungsregeln werden voraussichtlich Mitte 2021 beendet sein. Erwartet wird, dass das Abkommen die intraregionalen Handelsströme anregt, die Industrialisierung vieler afrikanischer Länder Afrikas steigert und die Abhängigkeit des Kontinents von Primärgüterexporten reduziert. Bisher ist der innerafrikanische Warenhandel immer noch kleiner als der zwischen Afrika und Asien (insbesondere China) oder Afrika und Europa.

Abbildung 2: Exporte afrikanischer Staaten nach Zielregion (2019) Bild vergrößern

Abbildung 2: Exporte afrikanischer Staaten nach Zielregion (2019)

© Oxford Economics (2021)

In Kürze
Der Kupferpreis ist auf den höchsten Stand seit rund neun Jahren gestiegen.

Kurzfristige wirtschaftliche Impulse könnte die zuletzt sehr starke Erholung der Rohstoffpreise mit sich bringen. Der Preis von Kupfer, das aufgrund seiner vielseitigen Verwendung als Konjunkturbarometer gilt, hat sich innerhalb eines Jahres in etwa verdoppelt und rangiert auf dem höchsten Niveau seit etwa neun Jahren. Platin, bekannt für den Einsatz in der Produktion von Autokatalysatoren, weist ähnlich starke Preissteigerungen auf.

Auch Eisenerz hat sich in den vergangenen Monaten stark verteuert. Die Gründe für den Preisboom sind vielfältig. Mit fortschreitenden Impfungen und geringeren Beschränkungen des Wirtschaftslebens in den Industriestaaten wird auch die Nachfrage nach Rohstoffen weiter anziehen. Die Chance durch steigende Rohstoffpreise sind jedoch regional sehr unterschiedlich verteilt.

Die größte wirtschaftliche Dynamik findet weiterhin in Regionen sowohl im Osten als auch im Westen des Kontinents statt. Dabei dürfte das bis zuletzt schnell gewachsene Ostafrika 2021 von Westafrika überholt werden, so zumindest die Einschätzung von Oxford Economics. Deren Analysten sehen die Elfenbeinküste dank einer soliden makroökonomischen Politik, einer entschlossenen Reaktion auf die Corona-Krise und dank eines relativ robusten Kakaosektors zu einer der stärksten Wirtschaftsnationen Subsahara-Afrikas avancieren. Demnach spräche das afrikanische Wachstum in diesem Jahr vorwiegend französisch – in jedem Fall ist ihm eine kräftige Stimme zu wünschen.

Kontakt
Dr. Nikolai Ziegler
Referat: Internationale Wirtschafts- und Währungsfragen
Dr. Dorothee Schneider
Referat: Subsahara-Afrika
schlaglichter@bmwi.bund.de