In Kürze: Der expansive Geldpolitische Kurs der europäischen Zentralbank (EZB) bleibt vorerst unverändert. Die EZB hob ihre Inflationsprognosen im September zwar leicht an, sie liegen aber für 2022 und 2023 immer noch unter dem Inflationsziel von 2 % für den Euroraum.

Die Inflation in der Eurozone zog zuletzt deutlich an. Im September stieg das allgemeine Preisniveau um 3,4 % gegenüber dem Vorjahr.

Im September veröffentlichte die EZB turnusgemäß ihre neuen Inflationsprognosen. Die Prognosen wurden leicht erhöht: Dieses Jahr rechnet die EZB mit 2,2 %, im nächsten Jahr mit 1,7 % und 2023 mit einem Preisanstieg von 1,5 %. Auch bei der Kerninflation, also ohne die stark schwankenden Preise von Lebensmitteln und Energie, rechnet die EZB mit leicht höherem Preisauftrieb.

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Geldpolitischer Kurs der EZB

Die EZB zieht eine straffere Geldpolitik in Betracht, wenn dafür die drei Bedingungen ihrer Forward Guidance erfüllt sind: (1) Die Inflation muss die 2 %-Marke deutlich vor 2023 erreichen; (2) der EZB- Rat muss sicher sein, dass das Inflationsziel dauerhaft erreicht würde und (3) muss der EZB-Rat zu der Einschätzung gelangt sein, dass sich auch die zu- grunde liegende Inflation in zufriedenstellender Weise auf das 2 %-Ziel zubewegt habe.

Darüber hinaus hat die EZB in ihrer September-Sitzung angekündigt, das Tempo des angesichts der Pandemie aufgelegten Notfall-Ankaufprogramms – Pandemic Emergency Purchase Program- me (PEPP) – zu reduzieren, aber nicht in welchem Umfang. Ansonsten bleibt der expansive geldpolitische Kurs der EZB unverändert:

  • Im Rahmen des PEPP--Pandemic Emergency Purchase Program hat die EZB im September Anleihen im Wert von 75 Mrd. Euro (netto) aufgekauft.
    Derzeit sind netto rund 1,4 Bio. Euro ausstehend. Das PEPP--Pandemic Emergency Purchase Program hat ein Rahmenvolumen von 1,85 Bio. Euro, das
    u. U. aufgestockt werden kann, aber auch nicht ausgeschöpft werden muss. Es soll Ende März 2022 auslaufen, wenn die pandemische Lage es erlaubt.
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  • Im Rahmen ihrer Targeted longer-term refinancing operations (TLTROs) – gezielt an den Bankensektor gerichteten, vergünstigten langfristigen Kreditprogramme – hat die EZB im September Kredite im Wert von 98 Mrd. Euro (netto) vergeben. Aktuell sind netto rund 2,2 Bio. Euro ausstehend. Die TLTROs--Targeted longer-term refinancing operations starteten im März 2014 angesichts des geringen Spielraums für weitere Zinssenkungen. Zu Hochzeiten der Pandemie legte die EZB zudem die Pandemic emergency longer- term refinancing operations (PELTROs) auf, hat diese aber bereits wieder eingestellt; aktuell sind netto rund 29 Mrd. Euro ausstehend.
  • Im Rahmen der Anleiheankaufprogramme (Asset purchase programmes bzw. APP) – v. a. Ankäufe von Staatsanleihen von Euroländern und Unternehmensanleihen – hat die EZB im September Anleihen im Wert von 20 Mrd. Euro (netto) aufgekauft. Aktuell sind netto rund 3,1 Bio. Euro ausstehend. Die APP--Asset purchase programmes wurden zusätzlich zu den TLTROs--Targeted longer-term refinancing operations im März 2015 angesichts des geringen Spielraums für weitere Zinssenkungen aufgelegt. Die EZB betont, dass die APP--Asset purchase programmes kurz vor einer etwaigen Zinserhöhung enden werden. Zusammen mit den TLTROs--Targeted longer-term refinancing operations gehören sie seit der Strategieüberprüfung im Juli zum regulären Instrumentenkasten der EZB.
  • Die Leitzinsen bleiben unverändert mit dem Hauptrefinanzierungssatz bei 0,00%, dem Spitzenrefinanzierungssatz bei 0,25 % und der Einlagefazilität bei -0,50 %.

Die Bilanz der EZB beläuft sich in Summe auf derzeit 7,9 Bio. Euro oder 24 % mehr gegenüber dem Wert im Vorjahr. Das ist der höchste Wert in der Geschichte der Eurozone; der Wert entspricht etwa 70 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der Eurozone.

Finanzierungsbedingungen

Die Banken der Eurozone halten weiter extrem viel Liquidität. Die Überschussreserven belaufen sich auf derzeit rund 3,6 Bio. Euro, was etwa +42 % ggü. dem Wert im Vorjahr bedeutet. Auch die Überschussliquidität hat sich mit 627 Mrd. Euro um rund 112 % ggü. dem Vorjahr erhöht.

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Am Geldmarkt, an dem Banken unbesichert ihren kurzfristigen Liquiditätsbedarf decken, bleiben die Zinsen auf dem Niveau des Einlagensatzes der EZB. Der EURIBOR, einer der am stärksten genutzten Referenzzinssätze in der Eurozone (hier für Geschäfte mit Laufzeit von 3 Monaten) notiert derzeit bei etwa -0,55 %. Verglichen mit dem Risikoaufschlag zu besicherten Instrumenten für die gleiche Laufzeit besteht derzeit nur ein minimaler Unterschied. Der Aufschlag schwankt derzeit um 0 %.

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Die Renditen auf Unternehmensanleihen in der Eurozone verbleiben auf sehr niedrigem Niveau. Anleihen mit einer BBB-Bewertung und mit einer Laufzeit von 10 Jahren erwirtschaften beispielsweise derzeit eine Rendite von rund 1 %, solche mit einem AAA-Rating notieren bei 0,3 %. Die Finanzierungskosten für Haushalte bewegen sich dazwischen, zuletzt bei rund 0,6 %.

Die Rendite 10-jähriger deutscher Bundesanleihen ist weiter negativ, jedoch mit Trend Richtung 0 %-Marke. Von September bis Oktober schwankte sie zwischen -0,3 % und -0,2 %. Die Rendite deutscher Bundesanleihen liegt damit etwas höher als der Zins für die Einlagefazilität bei der EZB (-0,5 %). Die Renditen auf Staatsanleihen der übrigen Euroländer sind ebenfalls niedrig. Die höchsten Renditen bringen nach wie vor die griechischen und italienischen Staatsanleihen; sie liegen bei rund +0,9 %.

In den letzten zwölf Wochen lag der Wert des Euro bei durchschnittlich 1,18 US-Dollar pro Euro, also -6 % gegenüber Jahresbeginn. Gegenüber dem britischen Pfund notierte der Euro im Oktober bei etwa 0,86 Pfund (-5 % zu Jahresbeginn), gegenüber dem japanischen Yen bei rund 129 (+2 % zu Jahresbeginn).

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