In Kürze: Der Nowcast für die saison- und kalenderbereinigte veränderungsrate des BIP beträgt -0,3 % für das vierte Quartal 2021 und +0,6 % für das erste Quartal 2022 (Stand 10. November).1

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1Für nähere Erläuterungen zur Methode, den verwendeten Daten und der Interpretation des Modells siehe Senftleben und Strohsal (2019): „Nowcasting: Ein Echtzeit-Indikator für die Konjunkturanalyse“, Schlaglichter der Wirtschaftspolitik, Juli 2019, Seite 12 – 15, und Andreini, Hasenzagl, Reichlin, Senftleben und Strohsal (2020) „Nowcasting German GDP“, CEPR DP14323

Das Prognosemodell liefert als Nowcast für das vierte Quartal 2021 gegenüber dem Vorquartal einen saison­ und kalenderbereinigten BIP­Rückgang von preisbereinigt 0,3 %. Für das erste Quartal 2022 ermittelt das Modell eine Steigerung der Wirtschaftsleistung um 0,6 %. Der Nowcast ist eine täglich aktualisierte, rein technische Prognose, bei der es sich weder um die Schätzung des BMWi noch um die offizielle Projektion der Bundesregierung handelt. Die amtlichen Ergebnisse für das vierte Quartal 2021 bzw. erste Quartal 2022 werden vom Statistischen Bundesamt Ende Januar bzw. Ende April 2022 veröffentlicht.

Die Entwicklung des Nowcast im Zeitverlauf wird durch die Abbildung veranschaulicht. Nach erstmaliger Ermittlung Anfang Juli lag der Prognosewert für das vierte Quartal 2021 bei 1,3 %. Seither folgt er einem abwärts geneigten Trend. Zwar wurde das Modell kurz nach erstmaliger Schätzung von der Entwicklung der Auftragseingänge und der Umsätze in der Industrie im Berichtsmonat Mai positiv überrascht, was zwischenzeitlich zu einem Nowcast von 1,4 % führte. Bis Ende August ist der Schätzwert jedoch auf 1,0 % gefallen. Gute Nachrichten zur Konjunktur im Euroraum sorgten Anfang September noch einmal für eine kurzlebige Aufwärtskorrektur auf 1,2 %. Danach wurde das Modell aber wiederholt enttäuscht, vor allem von gedämpften Stimmungsindikatoren. Anfang Oktober rutschte der Nowcast aufgrund des Einbruchs der Indikatoren zur Industriekonjunktur für den Berichtsmonat August erstmal auf die Nulllinie ab. Nach kurzem Auftrieb auf +0,1 % – unter anderem aufgrund der Nachricht zum Außenhandel für den Berichtsmonat August – rutschte der Wert bei weiterhin gedrückten Umfrageergebnissen in den negativen Bereich. Seit Ende Oktober sorgen hier widersprüchliche Nachrichten wie das kräftige BIP­Wachstum im Vorquartal und die gedrosselte Pkw­Produktion für ein Auf und Ab. Aktuell liegt der Nowcast für das Schlussquartal 2021 bei ­0,3 %.

Der Nowcast für das erste Quartal 2022 startete nach erster Ermittlung Anfang Oktober bei 0,4 %. Bis Mitte Oktober verursachten unter anderem positive Nachrichten zur europäischen Konjunktur eine Anhebung auf 0,5 %, die jedoch aufgrund ernüchternder Stimmungsindikatoren kurz darauf wieder zurückgenommen wurde. Eine Verbesserung erfuhr der Nowcast wieder Anfang November, als die Meldungen zum BIP­Wachstum im dritten Quartal 2021 und zum moderateren Rückgang der Industrieproduktion im Berichtsmonat September für eine Anhebung auf 0,7 % sorgten. Zuletzt belief sich der Prognosewert auf 0,6 %, nachdem der Außenhandel für den Berichtsmonat September verhalten ausfiel.

Die aktuellen Prognosewerte für das vierte Quartal 2021 und das erste Quartal 2022 erscheinen aus fachlicher Sicht sehr niedrig. Aufgrund der Ausnahmesituation, in der sich die deutsche Konjunktur befindet, haben es empirische Modelle derzeit schwer, den Zusammenhang zwischen Indikatoren und der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung adäquat abzubilden. Deshalb ist es unabdingbar, rein modellgestützte Prognosen mit Experteneinschätzungen zu kombinieren.

BIP-Nowcast 1

Dennoch zeigt der Verlauf des Nowcast für das vierte Quartal 2021 sehr anschaulich die Serie negativer Konjunkturindikatoren seit dem Sommer.

Zu starken Aufholeffekten kam es bereits im zweiten und dritten Quartal in einigen besonders von den Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie betroffenen Branchen. Auch im vierten Quartal wird gemäß der Herbstprojektion der Bundesregierung mit einem moderaten BIP­Wachstum gerechnet. Der weitere Konjunkturverlauf hängt stark vom Infektionsgeschehen ab. Daneben ist von entscheidender Bedeutung, in welchem Tempo die derzeitigen Engpässe bei Rohstoffen und wichtigen Vorleistungsgütern aufgelöst werden können. Diese Sachverhalte können derzeit weder vom ökonometrischen Modell des Nowcast noch von Konjunkturexperten exakt vorhergesehen werden.

Das Modell

Das Modell zur Prognose des deutschen Bruttoinlandsprodukts wird von Now-Casting Economics Ltd. betrieben. Der hier veröffentlichte Nowcast ist eine rein technische, modellbasierte Prognose. Die Schätzungen sind mit einer hohen statistischen Unsicherheit behaftet, die mit Modellprognosen immer einhergeht. Es handelt sich bei dem Nowcast weder um die Prognose des BMWi noch um die offizielle Projektion der Bundesregierung.