illustration von ANNE-MARIE DESCÔTES

ANNE-MARIE DESCÔTES
ist außerordentliche und bevollmächtigte Botschafterin der Französischen Republik in der Bundesrepublik Deutschland

Von Januar bis Juni 2022 übernimmt Frankreich die Ratspräsidentschaft der EU. Wie Staatspräsident Emmanuel Macron bei der Vorstellung seiner Prioritäten betonte, wird Frankreich dieser Verantwortung mit Ehrgeiz und Bescheidenheit nachkommen.

Angesichts der Krisen und steigenden Spannungen wird die französische Präsidentschaft einen dreifachen Leitfaden verfolgen: Aufschwung, denn Europa muss in der Lage sein, die großen Herausforderungen unseres Jahrhunderts zu bewältigen; Stärke, denn Europa muss seine Werte und Interessen in der Welt behaupten können; und Zugehörigkeit, denn Europa braucht die Unterstützung seiner Bevölkerung. Der EU ist es gelungen, 2020 einen historischen Wiederaufbauplan zur Bewältigung der Gesundheitskrise auf den Weg zu bringen. Ich möchte Ihnen die Prioritäten im wirtschaftlichen Bereich darlegen. Die EU muss jetzt ein neues europäisches Wachstumsmodell schaffen und ihre strategische Souveränität stärken. Dies geschieht über die Entwicklung innovativer Industriezweige, um nicht in strategische Abhängigkeiten zu geraten. Frankreich beabsichtigt daher, gemeinsame Projekte zu Wasserstoff, Cloud, Halbleitern, Gesundheit und Raumfahrt zu fördern, wie wir es bereits bei den Batterien getan haben. Investitionen und Innovationen müssen heute auf europäischer Ebene gedacht werden.

Frankreich schlägt eine Überprüfung der europäischen Fiskalregeln vor, die Investitionen in den ökologischen Wandel ermöglichen sollen. Wirtschaftliche Entwicklung und Klimaschutzziele in Einklang zu bringen, um Europa bis 2050 CO2-neutral zu machen und dabei unsere Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und soziale Gerechtigkeit zu gewährleisten, ist von größter Bedeutung. Das ist das Ziel des Fit-for-55-Gesetzespakets, das vorangetrieben werden soll. Um dies zu unterstützen und die Verlagerung von CO2-Emissionen zu verhindern, möchte Frankreich insbesondere den CO2-Grenzausgleichsmechanismus verabschieden und eine Handelspolitik fördern, die mit den Klimazielen im Einklang steht. Ferner wird Frankreich vorschlagen, die Regelungen für die Digitalisierung abzuschließen, ohne dabei die Innovationsfähigkeit einzubüßen.