Illustration zum Artikel: Investieren für Europa

Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, ein „Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen“ einzuläuten, um die Grundlagen für ein neues technologisches Zeitalter zu legen. Auch die Europäische Union verfolgt ehrgeizige Ziele, um mannigfaltige Aufgaben gemeinsam zu bewältigen: den Wandel zu einer klimaneutralen und digitalisierten Gesellschaft, die Stärkung der Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit Europas sowie eine moderne und nachhaltige Infrastruktur und Energieversorgung.

Hierfür sind Investitionen in erheblichem Umfang erforderlich, vor allem von privater Seite. Geeignete Rahmenbedingungen sind dabei essentiell. Gleichzeitig bedarf es einer finanziellen Förderung durch öffentliche Ressourcen, wo aufgrund von Marktversagen private Mittel nicht oder nicht in ausreichendem Maße vorhanden sind.

Dass sie zügig auf Herausforderungen reagieren kann, hat die EIB während der Corona-Pandemie gezeigt.

Eine tragende Rolle spielen hierbei öffentliche Förderbanken. Aus diesem Grund wurde auf europäischer Ebene bereits mit den Römischen Verträgen von 1957 die Europäische Investitionsbank (EIB) geschaffen. Finanzielle Förderungen in allen Wirtschaftsbereichen und insbesondere in weniger entwickelten Regionen Europas sollen zu einer ausgewogenen und reibungslosen Entwicklung des Gemeinsamen Marktes beitragen. Anteilseigner der EIB sind die Mitgliedstaaten der EU. Die Tätigkeits schwerpunkte der EIB liegen in den Bereichen Klima­ und Umweltschutz, Innovation und Wissen, Infrastruktur, territorialer Zusammenhalt, KMU und internationale Entwicklung.


Um den grünen und digitalen Wandel zu bewältigen, bedarf es erheblicher Investitionen.

Im Zuge der europäischen Integration hat sich die EIB fortentwickelt und dabei ihr Aufgabenfeld und den Umfang ihrer Geschäftstätigkeit merklich ausgeweitet. Seit dem Jahr 2000 bildet die EIB zusammen mit dem 1994 eingerichteten Europäischen Investitionsfonds (EIF), der auf Wagniskapitalfinanzierungen und Garantien zugunsten von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) spezialisiert ist, die „EIB­Gruppe“. Seit Anfang dieses Jahres besteht zudem ein gesonderter „Entwicklungszweig“ innerhalb der EIB, in dem ihr Geschäft außerhalb der EU gebündelt wird.


In Kürze: Europa muss verstärkt in Klimaneutralität, Innovationskraft, Wettbewerbsfähigkeit, moderne Infrastrukturen und eine nachhaltige Energieversorgung investieren.

Ihre Fähigkeit, zügig auch auf umfassendere Krisen zu reagieren, hat die EIB im Zuge der Corona­ Pandemie gezeigt. Beispiele hierfür sind etwa die finanzielle Unterstützung von Unternehmen bei der Entwicklung von Impfstoffen ebenso wie der neu eingerichtete „paneuropäische Garantiefonds“ im Umfang von 25 Milliarden Euro, um Investitionen, insbesondere von KMU, von bis zu 200 Milliarden Euro anzuschieben.


Seit 2009 kann sich die EIB mehr Mut zum Risiko leisten.

Die EIB verfügt über eine umfangreiche technische Expertise. Dadurch kann sie Interessenten beratend zur Seite stehen, um bankfähige Finanzierungsprojekte zu entwickeln. Gerade für KMU kann dies angesichts oft begrenzter eigener Kapazitäten oder Erfahrungen eine wichtige Hilfe sein. Aber auch größere Unternehmen oder öffentliche Institutionen können davon profitieren. Eine besondere Stärke der Beratungskapazität der EIB ist ihre EU-weite Markterfahrung. Die Bank kann Finanzierungsmodelle übertragen, die in anderen Mitgliedstaaten funktionieren und hat auch zu grenzüberschreitenden Projekten breite Erfahrungen.

Wie finanziert die EIB Projekte?

Die EIB-Gruppe weist ein breit gefächertes Instrumentarium auf, um Projekte zu finanzieren. Im Einzelnen verfügt die EIB-Gruppe über folgende Finanzierungsformen für Vorhaben inner­ und außerhalb der EU:

  • Darlehen: Üblicherweise finanziert die EIB Projekte zu maximal 50 % und vergibt dafür Darlehen von mindestens 25 Millionen Euro direkt an die Projektträger. Kleinere Darlehen (etwa an Start-ups und KMU) werden über eine Partnerbank ausgereicht. Darlehen richten sich sowohl an den privaten als auch den öffentlichen Sektor.
  • Eigenkapital: Die EIB beteiligt sich an Fonds beziehungsweise vergibt Venture Debt oder Quasi-Eigenkapital, um das Wachstum innovativer KMU und mittelgroßer Unternehmen ebenso wie Infrastruktur- und Umweltschutzprojekte zu fördern.
  • Garantien: Die EIB verfügt über verschiedene Instrumente, um Kreditrisiken für kleine und mittlere Unternehmen abzusichern. Dies ermöglicht anderen Finanzierungsinstitutionen, den betreffenden Unternehmen eine Finanzierung anzubieten.
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Bedeutsam ist, dass die EIB seit 2009 risikoreicheres Geschäft als zuvor in Form sogenannter „Sonderaktivitäten“ betreiben kann. Durch den Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) wurde dieser Bereich seit 2016 stark ausgeweitet. Diese externe Absicherung durch den EU-Haushalt hat die sonst eher vorsichtige Bank motiviert, risikoträchtigere Investitionen in strategischen Bereichen wie Innovation, Digitalisierung und Infrastruktur oder KMU zu fördern, die sonst über keine oder keine adäquate Finanzierungsquelle verfügten. Seit 2021 werden entsprechende Haushaltsgarantien über das – allerdings kleinere – Nachfolgeprogramm InvestEU mobilisiert.


Mehr als 50% ihrer Finanzierungen will die EIB als Klimabank der EU ab 2025 für Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsprojekte nutzen.

Hinzu kommen die Beratungsangebote der EIB bei der Strategie-, Markt- oder Projektentwicklung, über die die Europäische Plattform für Investitionsberatung informiert (siehe https://eiah.eib.org). Von einem Projektengagement der EIB geht zudem ein wichtiges positives Signal für andere Kapitalgeber aus, sich ebenfalls an dem Vorhaben zu beteiligen. In vielen Fällen wird so eine private Kofinanzierung erst ermöglicht.

Grafik: Operativer Plan der EIB-Gruppe 2022-2024 Bild vergrößern

Ausblick auf die kommenden Jahre: Der Geschäftsplan 2022–2024

Auch in den kommenden Jahren werden diese Schwerpunkte die Arbeit der EIB bestimmen, wobei dem Klimaschutz eine übergreifende Rolle zukommt. Als Klimabank will die EIB bis 2025 mindestens 50 % ihrer Finanzierungen für Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsprojekte aufwenden und Investitionen in diesen Feldern in Höhe von einer Billion Euro zwischen 2021 und 2030 unterstützen. Dabei prüft sie auch, ob die von ihr geförderten Projekte mit den Zielen und Kriterien des Klimaschutzübereinkommens von Paris im Einklang stehen. Dies spiegelt sich unter anderem in entsprechenden Anpassungen ihrer Finanzierungsleitlinien wider. Beispiele sind die Leitlinien für den Energiesektor von 2019, die nach Ablauf der Übergangsfrist die Finanzierung von herkömmlichen fossilen Energieprojekten einschließlich Erdgas seit diesem Jahr im Prinzip ausschließen, oder Finanzierungsleitlinien im Verkehrsbereich, deren Verabschiedung im ersten Quartal 2022 geplant ist. Zudem will die EIB den gerechten Übergang in besonders vom Wandel zu einer klimaneutralen Wirtschaft betroffenen Regionen fördern.


In Kürze: Um das Klimaziel von 50 % bis 2025 zu erreichen, soll das Neugeschäft bei Klima- und Nachhaltigkeitsfinanzierungen um bis zu 5 % pro Jahr steigen.

Ihre konkreten Planungen für die nächsten drei Jahre stellt die EIB­Gruppe in ihrem „Operativen Plan 2022–2024“ dar, den EIB­Präsident Werner Hoyer auf der Jahrespressekonferenz der EIB am 27. Januar 2022 vorlegte. Der Plan reagiert auf tiefgreifende Marktverschiebungen infolge der Corona­Pandemie und des gegenwärtigen Niedrigzinsumfeldes. Das Neugeschäft (unterzeichnete Finanzierungsverträge) wird gegenüber 2021 (rund 72 Milliarden Euro) in diesem Jahr leicht sinken. 2023 und 2024 soll es aber wieder deutlich über 70 Milliarden Euro liegen und wachsen. Um das Klimaziel von 50 % zu erreichen, soll das Neugeschäft bei Klima­ und Nachhaltigkeitsfinanzierungen um vier bis fünf Prozentpunkte pro Jahr wachsen. Zudem soll den Kohäsionsregionen ein steigender Anteil an den Finanzierungen der EIB zugutekommen. Der operative Plan der EIB­Gruppe 2022–2024 (Tabelle) zeigt im Detail, wie sich das Neugeschäft auf die einzelnen Finanzierungsschwerpunkte verteilen wird und welcher Anteil außerhalb der EU beziehungsweise über den EIF vergeben wird.


Die EIB will besonders vom grünen Wandel betroffene Regionen unterstützen.

Auch die Entwicklung in Richtung riskanterer Projekte wird fortgesetzt. Dabei soll das Volumen des risikoreicheren Geschäfts nach einem Einbruch in 2021 auf 8,3 Milliarden Euro in den Jahren 2022­2024 wieder von 15,9 auf 19,4 Milliarden Euro anziehen. Aufgrund des geringeren Umfangs des EFSI­Nachfolgeinstruments InvestEU wird die EIB diese Risiken nun stärker selbst tragen und unterlegt dieses Geschäft zunehmend mit eigenem Kapital.

Bei 72 Milliarden Euro lag das Neugeschäft 2021 (unterzeichnete Finanzierungsverträge). Es wird in den kommenden Jahren weiter steigen.

Herausforderungen der EIB für die Zukunft

Angesichts des enormen Investitionsbedarfs auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft gilt es, knappe öffentliche Ressourcen so effizient wie möglich einzusetzen. Hierin liegt die zentrale Aufgabe der EIB als europäische und als öffentliche Förderbank. Herausforderung für die EIB wird dabei sein, als Katalysator für private Investitionen in diesen Bereich zu wirken und präzise ihre Zusätzlichkeit, ihren Mehrwert als öffentliche Förderbank zum Tragen zu bringen.

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Die EIB hat sich früh klimapolitisch engagiert, indem sie etwa bereits seit 2007 sogenannte „Klimaschutzanleihen“ ausgibt. Ihr Selbstverständnis als Vorreiterin bei der Finanzierung des Klimaschutzes unterstreicht die EIB mit ihren EU-Klimabank-Ambitionen.Wichtig ist nun, dass die Bank ihre Klimabank-Roadmap engagiert weiter vorantreibt, gerade durch innovative Transformationsfinanzierungen.

In Kürze: Mit ihrer EU-weiten Erfahrung und Beratungskompetenz hilft die EIB bei Investitionsprojekten in Zukunftsfeldern.

Um derartige Finanzierungen zugunsten von Klimaschutz, Innovation und Digitalisierung voranzubringen, sollte die EIB auch ihre Risikoneigung und ­steuerung überprüfen und weiterentwickeln. Mit dem Geschäftsplan 2022­2024 bereitet die EIB eine Ausweitung riskanterer Aktivitäten auf eigene Bücher vor. Dies ist ein wichtiger Schritt, da grüne und digitale Transformation gerade in Pionierbereichen für die Marktakteure riskant sind. In solchen Bereichen Risiken zu übernehmen und damit wichtige Transformationsprozesse zu unterstützen, würde einen klaren Mehrwert der EIB als öffentlicher Förderbank bieten. Die EIB sollte sich zum Beispiel innovativen Geschäfts- und Finanzierungsmodellen zuwenden, die mit dem digitalen und gründen Wandel einhergehen. Auch Gründungsfinanzierungen sollten, vor allem durch den EIF, weiter gestärkt werden.

Geht die EIB auf diesen Wegen mit ehrgeizigen Schritten voran, so verfügt die EU auch künftig über eine schlagkräftige Institution, um Finanzierungen zugunsten ihrer Politikziele zu mobilisieren.

KONTAKT
JOACHIM SMEND & ALEXANDER SCHENK
Referat: Aspekte der EU-Wirtschafts- und Finanzpolitik, Europäische Investitionsbank,
Mehrjähriger Finanzrahmen, Bund-Länder

schlaglichter@bmwi.bund.de