Illustration zum Artikel Vom Wert der Daten

Die deutsche Wirtschaft steckt voller ungenutzter Potenziale: Gewaltige Datenmengen, die tagtäglich in sämtlichen Bereichen von der Produktion über die Logistik bis hin zum Gesundheitswesen anfallen, bleiben bislang weitgehend unbeachtet. Dabei werden die Möglichkeiten, diese gewinnbringend einzusetzen, immer vielfältiger – vorausgesetzt, sie können durch innovative technologische Ansätze erschlossen, analysiert und weiterverarbeitet werden. Das Technologieprogramm „Smarte Datenwirtschaft“ (SDW) des BMWK strebt genau das an: Darin werden Forschungs- und Entwicklungsprojekte mit Leuchtturmcharakter gefördert, die neuartige, intelligente Lösungen wie Datenprodukte und -systeme, daraus abgeleitete Datendienste und datenbasierte Geschäftsmodelle entwickeln und erproben.

Daten sind heute eine wichtige Ressource.

Das Programm fördert Technologien, mit denen sich Daten wirtschaftlich intelligent nutzen und als eigenständiges Wirtschaftsgut behandeln lassen, während gleichzeitig die strengen europäischen Datenschutzrichtlinien gewahrt werden. Die Innovationen, die durch die Forschungsansätze ermöglicht werden, sollen etwa den Handel mit digitalen Daten automatisiert ermöglichen oder Unternehmensdaten systematisch bewertbar machen. Schlüsseltechnologien sind dabei Verfahren der Künstlichen Intelligenz (darunter Methoden des maschinellen Lernens) sowie Verfahren zur sicheren Datennutzung in dezentralen Netzwerken, zum Beispiel die Blockchain-Technologie. Diese werden in Förderprojekten entwickelt und in Anwendungsfällen erprobt. Die Projekte des Technologieprogramms zeichnet aus, dass Daten darin als wichtige Ressource behandelt werden, auf deren Basis neuartige digitale Leistungsangebote oder neue Geschäftsmodelle entstehen. Entsprechend spielen die gemeinsame Nutzung und Bewirtschaftung der Daten eine ebenso essenzielle Rolle wie Dateneigentum, Datenschutzrichtlinien und Interoperabilität. Für Unternehmen, die häufig noch Unterstützung bei der Erstellung von Datenprodukten benötigen, werden Best-Practice-Lösungen entwickelt, die ihnen dabei helfen, Technik, Wirtschaftlichkeit und Recht im Umgang mit Daten in Einklang zu bringen. So leistet das Programm Smarte Datenwirtschaft einen wichtigen Beitrag zur Schaffung einer intelligenten Datenwirtschaft in Wertschöpfungsnetzwerken.

TECHNOLOGIE-PROGRAMM „SMARTE DATENWIRTSCHAFT”

Das Programm Smarte Datenwirtschaft knüpft an langjährige, erfolgreiche Vorläufer an und profitiert von den Erkenntnissen und Entwicklungen der beiden Förderprogramme Smart Data und Smart Service Welten. In „Smart Data” wurden aus Daten innovative Dienste und Dienstleistungen entwickelt, um Deutschland als Standort für Smart-Data-Technologien zu erschließen. Die vielfältigen Förderprojekte des Folgeprogramms Smart Service Welten ermöglichen hingegen die Analyse und Verarbeitung der enormen Datenmengen, die bei Verbrauchern und Geräten anfallen, sodass auf deren Basis neue intelligente Services entstehen. Das Technologieprogramm „Smarte Datenwirtschaft” stellt eine Weiterentwicklung von smarten Daten über smarte Services bis hin zu smarten Datenprodukten und Geschäftsmodellen dar.

Über 90 deutsche, österreichische und kanadische Partner aus Wirtschaft und Wissenschaft beteiligen sich an den 21 SDW-Projekten. Für die Projektförderung stellt das BMWK über 30 Millionen Euro zur Verfügung. Inklusive Eigenmitteln der Projektpartner beläuft sich das Volumen des Programms auf rund 50 Millionen Euro. Im Rahmen des Programms kooperieren Deutschland und Österreich – das BMWK und das österreichische Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT). Das Technologieprogramm startete Ende 2018 und läuft bis zum Sommer 2022.

In Kürze: Gefördert werden Technologien, mit denen sich Daten wirtschaftlich intelligent nutzen lassen.
30 Millionen Euro stellt das BMWK für das Technologie-Programm zur Verfügung.

Von Rohdaten zu Datenprodukten

Wie das Potenzial von Rohdaten genutzt werden kann, lässt sich anschaulich am Projekt DE4L verdeutlichen: Der Onlinehandel boomt und damit auch die Lieferung mit LKW, Fahrrad oder Auto. Auf den Straßen sind dadurch viele Lieferfahrzeuge unterwegs, die wichtige Daten zu Themen wie Verkehrsaufkommen, Luftqualität oder Lärm sammeln (können). Würden diese Daten zentral zusammengeführt, könnten den Liefernden wichtige Informationen zur kritischen „letzten Meile“ zur Verfügung gestellt werden – also konkrete Angaben, wo das Paket abgelegt werden kann oder welche Eingänge zu nutzen sind. Das Ergebnis: Optimierte Zustellwege und eine schnellere Paketzustellung. Hier verbirgt sich ein enormes Einsparpotenzial, denn die „letzte Meile” ist mit Problemen wie Falschzustellungen, kurzfristigen Änderungen von Zustellorten oder Einlagerungen für 75 % aller Kosten der Lieferkette verantwortlich.

Daten sparen Zeit: 75% aller Lieferketten-Kosten entstehen durch Zustellprobleme.

Genau hier setzt DE4L an: Ziel des Projekts ist die Entwicklung einer Plattform zum Austausch und Handel von Daten. Über diese Plattform können Logistikpartner sowohl eigene Daten zur Verfügung stellen als auch fremde Daten nutzen. Den Schutz der Daten stellt DE4L mithilfe der Distributed-Ledger-Technologie sicher.

Abbildung 1: Smarte Datenwirtschaft

Der Handel mit den Daten

Wenn aus vorhandenen Rohdaten hochwertige Datenprodukte geschaffen werden, spricht man von Datenveredelung. Ein weiterer Weg, um das wirtschaftliche Potenzial von Daten auszuschöpfen, ist der Kauf und Verkauf von vorhandenen Daten. EVAREST vereint beide Ansätze – die Datenveredelung sowie deren Handel. Dabei fokussiert sich das Projekt auf die Lebensmittelindustrie, genauer auf die Schokoladenproduktion: Vom Rohstoffanbau über die Zulieferung und die Verarbeitung bis hin zum Verkauf fallen in dieser Branche tagtäglich massenhaft Daten an. Diese werden bisher meistens direkt dort gespeichert und verarbeitet, wo sie anfallen – also beispielsweise beim Kakaobauern oder in der Schokoladenfabrik.

In Kürze: Daten sind längst ein wichtiges Wirtschaftsgut und werden unter Beachtung der Datenschutzrichtlinien vielfältig genutzt.

EVAREST schafft eine zentrale Plattform, die Daten aus verschiedensten Quellen sammelt, analysiert und zusammenführt. Dabei greift das Projekt nicht nur auf Daten der Lebensmittelindustrie, sondern beispielsweise auch von Wetterdiensten oder der Düngemittelindustrie zurück. So können wichtige Prognosen erstellt werden, etwa darüber, wie sich die Rohstoffqualität an einem bestimmten Ort künftig entwickeln oder mit welchen Zustellwegen möglichst wenig CO2 ausgestoßen wird. Diese Informationen werden dann über den Datenmarktplatz an die teilnehmenden Unternehmen vertrieben. Gleichzeitig können Unternehmen auf der Plattform auch Rohdaten kaufen und verkaufen, so dass ein klassischer Datenmarktplatz etabliert wird.

Datenbestände werden oft nicht bilanziert.
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Wert der Daten betriebswirtschaftlich erfassen

Durch Datenveredlung entstehen hochwertige Datenprodukte.

Ob mit Datenveredelung, -handel oder ganz neuen datenbasierten Geschäftsmodellen – je stärker Daten wirtschaftlich gewinnbringend verwertet werden, desto mehr steigt auch deren Wert. Ganze Geschäftsmodelle sind auf der Erhebung und Verwertung von Daten aufgebaut. Dennoch fließen die Datenbestände von Unternehmen noch nicht in deren Bewertung ein – sie werden nicht bilanziert. Das Projekt Future Data Assets arbeitet deshalb an der Entwicklung von sogenannten Datenbilanzen. Diese machen den kommerziellen Wert von Datenbeständen sichtbar und zeigen die vorhandenen Potenziale auf. Dadurch kann das Datenvermögen in die Bilanz aufgenommen werden. Dafür müssen erst Standards geschaffen werden, mit denen die Qualität der Daten einheitlich bestimmt und auf deren Basis berichtet werden kann. „Future Data Assets” leistet dazu wichtige Vorarbeit, denn über deren digitale Plattform können Unternehmen einen Datenlagebericht erstellen. Dieses Toolset, das individuell angepasst werden kann, erlaubt das Erstellen von strukturierten, systematischen und einheitlichen Berichten.

In Kürze: Je stärker Daten wirtschaftlich gewinnbringend verwertet werden, desto mehr steigt auch deren Wert.

Betriebskosten in der Produktion senken

Die Einrichtung eines Maschinenparks ist meist mit einer finanziellen Kraftanstrengung verbunden. Leasing-Modelle sind eine Möglichkeit, die Investitionen gering zu halten. Doch klassische Leasingmodelle schaffen einen Interessenkonflikt. Während der Kunde nach Zeit zahlt und die Maschinenauslastung dementsprechend maximieren möchte, befürchtet der Anbieter hohen Verschleiß und berechnet Risikoprämien, die die Kosten zusätzlich in die Höhe treiben.

DISTRIBUTED-LEDGER-TECHNOLOGIE

Das übergeordnete Ziel der Distributed-Ledger-Technologie ist die sichere Übermittlung von Informationen zwischen mehreren Parteien. Die Distributed-Ledger-Technologie ist eine Art Datenbank, in der beliebig viele Kopien eines Dokuments oder einer Transaktion erfasst und gespeichert werden können. Dabei werden die Daten nicht zentral verwaltet und abgelegt, sondern können von jedem Teilnehmer des Netzwerks gesehen und erweitert werden.

Abhilfe bietet das Projekt Pay-per-Stress, bei dem Bezahlmodelle entwickelt werden, die sich nach der tatsächlichen Belastung der Maschinen richten. Der reale Verschleiß wird mit KI-Methoden analysiert und in einem sogenannten „Stressfaktor“ zusammengefasst. Dieser dient als Grundlage für die Abrechnung. Gleichzeitig gewinnen die Maschinennutzende wertvolle Daten zur Optimierung ihrer Prozesse und über den zu erwartenden Wartungsbedarf. Maschinenhersteller erhalten außerdem wichtige Hinweise über die Verschleißmechanismen ihrer Maschinen – eine klassische Win-Win-Situation.

Daten helfen, Leben zu retten

Dass Daten nicht nur betriebswirtschaftlich einiges zum Positiven verändern können, zeigt das Projekt Telemed5000. Denn hier werden durch Auswertung und Analyse von Daten Leben gerettet. Genauer gesagt: Die Leben von Menschen mit chronischer Herzschwäche. In Deutschland leiden rund 2,5 Millionen Personen an einer chronischen Herzinsuffizienz und damit an der Krankheit, die für die meisten Krankenhausaufenthalte in Deutschland verantwortlich ist. Mithilfe von Telemedizin können Hochrisikopatienten schon jetzt durchgehend überwacht werden, wodurch die Früherkennung verbessert wird. Doch bis jetzt können die meisten Telemedienzentren (TMZ) nur 500 Kranke gleichzeitig überwachen – mithilfe von Telemed5000 kann diese Zahl auf 5.000 gesteigert werden.

In Kürze: Die „Smarte Datenwirtschaft” schreibt heute schon viele Erfolgsgeschichten – darunter auch lebensrettende.
Smarte Daten können in vielen Bereichen helfen.

Dazu werden Vitaldaten, die ein Patient oder eine Patientin mit moderner Smartphone-Technologie zu Hause aufzeichnet, an eine datenschutzkonforme elektronische Gesundheitsakte übermittelt und KI-gestützt durch ein Entscheidungsunterstützungssystem voranalysiert. Das System bewertet nicht nur klassische Vitalwerte wie Herzfrequenz, EKG, Blutdruck oder Gewicht auf Basis historischer Patientendaten, sondern analysiert auch neue Parameter wie Stimme und körperliche Aktivität. Selbstlernende Algorithmen unterstützen das medizinische Personal bei der Entscheidung, ob bei einem Patienten eine kritische Situation vorliegt. So verbessert Telemed5000 nicht nur die Versorgung, sondern reduziert auch den Arbeitsaufwand des medizinischen Personals und erhöht dadurch die Betreuungskapazität pro Telemedizinzentrum.

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Smarte Datenwirtschaft” schreibt Erfolgsgeschichten

Erfolge der innovativen Ansätze des Programms lassen sich an den beiden Projekten SENSE und HAPTIK zeigen: SENSE hat ein System entwickelt, mit dem Smart-Home-Geräte herstellerübergreifend besser zusammenarbeiten können. Denn Stand jetzt spricht jedes Gerät seine eigene Sprache, so dass ein komplexes Zusammenspiel unterschiedlicher Geräte nicht möglich ist. Um das zu ändern, hat SENSE ein Prinzip für die inhaltliche (semantische) Beschreibung von technischen Abläufen und Schnittstellen erarbeitet. Das Projekt wurde Ende 2021 erfolgreich abgeschlossen und findet jetzt bereits Einzug in vielversprechende Folgeprojekte: Das Forschungsprojekt ForeSight aus dem Schwesterprogramm KI-Innovationswettbewerb des BMWK nutzt die semantisch aufbereiteten Daten bei der Entwicklung einer Plattform für intelligente und vorausschauende Smart-Living-Services. Das EU-Projekt Interconnect greift ebenfalls auf die SENSE-Erkenntnisse zurück, um eine fortschrittliche Lösung für die Verbindung von digitalen Haushalten und Gebäuden mit dem Stromsektor zu entwickeln. Damit hat das Projekt SENSE schon jetzt einen wichtigen Beitrag für die künftige Forschung rund um Smart Home geleistet.

5.000 Menschen mit Herzerkrankung können Telemedizin-Zentren dank smarter Daten heute gleichzeitig überwachen. Das sind rund zehn Mal mehr als bisher.

Das Projekt HAPTIK, das im April 2022 zum Abschluss kommt, modernisiert den globalen Handel durch die Digitalisierung von Frachtpapieren: Die Seeschifffahrt ist der zentrale Träger des weltumspannenden Gütertransports. Doch nicht nur Extremfälle wie das im Suezkanal gestrandete Containerschiff Ever Given können hier zu Verzögerungen führen – insbesondere die Bürokratie kostet viel Zeit: Beim Gütertransport per Schiff kommen zahlreiche Dokumente zum Einsatz, das wichtigste ist das Konnossement (engl. Bill of Lading, kurz B/L). Dieses Traditionspapier bildet die Basis für das Akkreditivgeschäft, eine Möglichkeit zur gesicherten Außenhandelsfinanzierung für Käufer und Verkäufer. Bislang wandert das B/L in Papierform durch die Hände aller Beteiligten. Dieser analoge Prozess ist sehr zeitaufwendig, im schlechtesten Fall dauert er sogar länger als der eigentliche Transport. Mit einer rechtskonformen digitalen Plattform, über die das Konnossement ausgetauscht werden kann, hat HAPTIK einen Meilenstein im internationalen Handel geschaffen. Das Projekt hat mit dieser Idee auch beim „Gründungswettbewerb – Digitale Innovationen“ des BMWK überzeugt und ist hier unter die Top 50 gekommen.

In Kürze: Das Projekt HAPTIK modernisiert den globalen Handel durch die Digitalisierung von Frachtpapieren.

Mit der Förderung all dieser Projekte arbeitet das BMWK daran, die Datenökonomie in Deutschland weiter voranzubringen und neue Möglichkeiten zu schaffen, um die vorhandenen Datenpotenziale besser auszuschöpfen.

MEHR ZUM THEMA
Informationen zu weiteren Projekten sowie aktuelle News finden Sie unter www.smarte-datenwirtschaft.de

KONTAKT
CHRISTOPH PFLOCK
Referat: Entwicklung digitaler Technologien

schlaglichter@bmwk.bund.de