IN KÜRZE

DER NOWCAST FÜR DIE SAISON- UND KALENDERBEREINIGTE VERÄNDERUNGSRATE DES BIP BETRÄGT JEWEILS -0,4 % FÜR DAS ZWEITE UND DRITTE QUARTAL 2022 (STAND 7. JULI).1

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1 Für nähere Erläuterungen zur Methode, den verwendeten Daten und der Interpretation des Modells siehe Senftleben und Strohsal (2019): „Nowcasting: Ein Echtzeit-Indikator für die Konjunkturanalyse“, Schlaglichter der Wirtschaftspolitik, Juli 2019, Seite 12–15, und Andreini, Hasenzagl, Reichlin, Senftleben und Strohsal (2020) „Nowcasting German GDP“, CEPR DP14323.

Derzeit prognostiziert der Nowcast sowohl für das zweite als auch das dritte Quartal 2022 einen saison­ und kalenderbereinigten Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von 0,4 %. Der Nowcast liefert eine täglich aktualisierte, rein technische, zeitreihenanalytische Prognose der Wirtschaftsleistung unabhängig von der Bundesregierung und dem BMWK. Das Statistische Bundesamt veröffentlicht erst Ende Juli und Ende Oktober 2022 erste amtliche Ergebnisse zur tatsächlichen wirtschaftlichen Entwicklung des zweiten beziehungsweise dritten Vierteljahres 2022.

Das untenstehende Schaubild zeichnet den Verlauf der Schätzwerte nach: Zu Jahresbeginn startete der Nowcast für das zweite Quartal 2022 mit einem Wert von minus 0,1 %. Zwischenzeitlich stieg er auf einen Wert von plus 0,5 % aufgrund verbesserter Stimmungsindikatoren sowie erfreulicher Arbeitsmarktdaten im Januar und Februar. Ab Mitte März schlug sich der Ausbruch des russischen Angriffskrieges in der Ukraine allerdings zunehmend in den Indikatoren nieder. Aufgrund zeitlicher Verzögerungen zwischen Umfragedaten und „härteren“ Wirtschaftsdaten kam es hier ausgehend vom Tiefstand Ende März von minus 1,4% zu erheblichen Fluktuationen. Ein kohärentes Bild von der wirtschaftlichen Lage konnte das Modell erst gegen Ende März zeichnen. Von hier an pendelte der Nowcast im Bereich minus 0,7 % bis minus 0,4 %. Zuletzt sorgte die Veröffentlichung der Daten zum Außenhandel sowie zu den Industrieumsätze für den Berichtsmonat Mai für eine Anhebung des Schätzwertes auf den aktuellen Stand von minus 0,4 %.

Der Nowcast für das dritte Quartal 2022 belief sich bei erstmaliger Schätzung Anfang April auf plus 0,3 %. Bis Ende Juni schwankte er unterhalb dieses Wertes. Für einen Großteil dieser Pendelbewegungen waren die Eintrübung und Aufhellung verschiedener Stimmungsindikatoren aus dem In­ und Ausland verantwortlich. Ende Juni wurde das Modell von neuen Stimmungsindikatoren enttäuscht. Daraufhin rutschte der Nowcast auf minus 0,5 % ab. Im Zuge der Meldungen zum Außenhandel und den Industrieumsätzen im Berichtsmonat Mai wurde der Schätzwert auf den aktuellen Stand von minus 0,4 % leicht nach oben korrigiert.

Aus fachlicher Sicht erscheint die von dem Modell prognostizierte Veränderungsrate des BIP im zweiten Quartal 2022 recht plausibel, während die Schätzung der Veränderungsrate für das dritte Quartal aktuell eher pessimistisch erscheint. Allerdings sind die Risiken für die deutsche Konjunktur am aktuellen Rand vor dem Hintergrund hoher Energie­ und Rohstoffpreise und erneut beziehungsweise weiterhin gestörter Lieferketten gestiegen. Ob die tatsächliche Entwicklung den Nowcast bestätigt, hängt stark von der weiteren Entwicklung des Krieges und möglicher Gaslieferengpässe sowie den daraus resultierenden wirtschaftlichen Einbußen ab.

DAS MODELL

Das Modell zur Prognose des deutschen Bruttoinlandsprodukts wird von Now-Casting Economics Ltd. betrieben. Der hier veröffentlichte Nowcast ist eine rein technische, modellbasierte Prognose. Die Schätzungen sind mit einer hohen statistischen Unsicherheit behaftet, die mit Modellprognosen immer einhergeht. Es handelt sich bei dem Nowcast weder um die Prognose des BMWK noch um die offizielle Projektion der Bundesregierung.

Entwicklung des BIP-Nowcast für das zweite und dritte Quartal 2022 in Prozent Bild vergrößern