Illustration zum Artikel „Nachhaltige Textilien“

Am 30. März 2022 hat die EU-Kommission ihre „Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien“ veröffentlicht. Mit einem ambitionierten Instrumentenkasten gibt die Kommission nun einen Rahmen und eine Vision für einen nachhaltigen und zirkulär wirtschaftenden Textilsektor vor, in dem die Produkte so konzipiert werden, dass sie langlebiger, besser wiederverwendbar und reparierbar, recyclingfähiger und energieeffizienter sind.

Die EU-Textilstrategie ist Teil des Green Deal

Die Textilstrategie ist als Bestandteil des EU-Aktionsplans Kreislaufwirtschaft zugleich Teil des European Green Deal – des Konzept, mit welchem die Europäische Union bis 2050 die Klimaneutralität erreichen will. In diesem Rahmen wurde die Textilbranche als ressourcenintensiver Sektor identifiziert, der gezielte Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit und Kreislauffähigkeit erfordert.


Bis 2050 2050 will die EU klimaneutral werden. Auch die Textilbranche braucht dafür neue Strategien.

Bereits die aktualisierte EU-Industriestrategie 2021 hat Textilien als wichtige Produktwertschöpfungskette mit dringendem Bedarf und auch Potenzial für den Übergang zu nachhaltigen und kreislauforientierten Produktions-, Verbrauchs- und Geschäftsmodellen konkret adressiert.

Was umfasst die Textilstrategie?

Das textile Ökosystem gehört zu den am stärksten globalisierten Wertschöpfungsketten, die es heute gibt. In der EU besteht dieses Ökosystem fast ausschließlich aus kleinen und mittleren Unternehmen. Um diese Ziele zu erreichen, verweist die EU-Textilstrategie auf eine Vielzahl an horizontalen und sektoralen Rechtsakten. Sie nimmt dabei insbesondere die negativen Auswirkungen der sogenannten „Fast Fashion“ in den Fokus. Dabei handelt es sich um ein Geschäftsmodell der Bekleidungsindustrie, bei welchem jährlich eine Vielzahl an Kollektionen schnell produziert und zu niedrigen Preisen verkauft wird. Aufgrund der geringen Qualität gehen die „Klamotten“ jedoch schnell kaputt oder versauern im Schrank.


In Kürze: Die Textilstrategie ist Teil des EU-Aktionsplans Kreislaufwirtschaft und
des European Green Deal.

Das ist nicht nur schlecht für Umwelt und Klima, sondern auch für Arbeiterinnen und Arbeiter in den Produktionsstätten. Diese Probleme sollen unter anderem mit der Textilstrategie angegangen werden. Daneben werden weitere Teilsektoren, wie etwa technische Textilien, die im Baubereich, dem Automobilsektor, der Luftfahrt oder der Medizin Einsatz finden, in die Strategie einbezogen. Auch Lederwaren und Schuhe sind von der EU-Textilstrategie erfasst.

Strategie soll soziale und ökologische Ziele fördern

Ein weiteres übergeordnetes Ziel der Strategie ist die nachhaltige Erholung der Textilindustrie von der Corona-Krise. Die Schließung des stationären Einzelhandels hat hier insbesondere die Modeindustrie schwer getroffen. Die EU-Textilstrategie soll die Erholung stützen durch die Verbesserung von Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz der Unternehmen, die Anwendung der Grundsätze der Kreislaufwirtschaft auf Produktion, Produkte, Verbrauch, Abfallbewirtschaftung und Sekundärrohstoffe sowie gezielte Investitionen, Forschung und Innovation in diesem mittelständisch geprägten Sektor. Bis 2030 sollen die in der EU auf den Markt gebrachten Textilerzeugnisse zudem so hergestellt werden, dass soziale Rechte und Umweltschutz gewahrt sind. Damit Verbraucherinnen und Verbraucher länger von qualitativ hochwertigen und erschwinglichen Textilien profitieren, sollen wirtschaftlich rentable Wiederverwendungs- und Reparaturdienste bis dahin breiter zur Verfügung stehen. Dazu ist es nötig, dass die Hersteller die Verantwortung für ihre Produkte entlang der gesamten Wertschöpfungskette – auch wenn sie zu Abfall werden – übernehmen.

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Umweltbelastungen über den Lebenszyklus mindern

Zur Erreichung der ambitionierten Ziele werden Textilien unter anderem zu den ersten Produktgruppen gehören, die von der EU Sustainable Products Initiative betroffen sein werden. Im Rahmen dieser Initiative wird die Ökodesign-Richtlinie überarbeitet. Ökodesign ist ein systematischer und umfassender Gestaltungsansatz, um durch verbessertes Produktdesign Umweltbelastungen über den gesamten Lebenszyklus zu mindern.

Ökodesign-Anforderungen sollen die Haltbarkeit und Recyclingfähigkeit verbessern.

Diese Vorgaben galten bisher lediglich für energieverbrauchsrelevante Produkte und sollen nun auf möglichst alle Produktgruppen ausgeweitet werden. Ökodesign-Anforderungen sollen bis 2030 eine bessere Haltbarkeit, Wiederverwendbarkeit, Reparierbarkeit, Faser-zu-Faser-Recyclingfähigkeit und einen höheren Anteil an recycelten Fasern sicherstellen. Um die negativen Auswirkungen auf Umwelt und Klima zu begrenzen, soll in der Produktion weniger an besorgniserregenden Stoffen eingesetzt werden. Bei der Umsetzung und dem Monitoring unterstützen soll hier ein sogenannter Digitaler Produktpass, der auch für den Textilsektor entwickelt wird. Erste Forschungsprojekte aus der Industrie sowie im Auftrag der Bundesregierung zeigen hier vielfältige Möglichkeiten auf.

In Kürze: Für mehr Nachhaltigkeit nimmt die Strategie die negativen Auswirkungen von
Fast Fashion“ in den Fokus.

Ein Transition Pathway weist den Weg

Neben dem Ökodesign liegt ein weiterer Fokus der EU-Textilstrategie auf konkreten industriepolitischen Maßnahmen, um die europäische Textilindustrie resilienter, nachhaltiger und digitaler zu machen. Hierfür entwickelt die Europäische Kommission gemeinsam mit dem BMWK als Co-Kurator sowie weiteren Stakeholdern einen Transformationspfad – einen Transition Pathway – für das Ökosystem Textil. Dieser zielt darauf ab, gemeinsam mit den Akteuren zu ermitteln, was der digitale und grüne Wandel sowie die Forderung nach mehr Resilienz für den Textilsektor bedeuten und welche Maßnahmen erforderlich sind, um diesen Übergang zu begleiten. Ein wesentlicher Aspekt wird dabei der Aufbau von Fähigkeiten und Fertigkeiten bei Arbeiterinnen und Arbeitern sein, die den Wandel des Sektors in den Produktionsstätten ganz konkret umsetzen.

Für den mittelständisch geprägten Textilsektor setzen sich die Europäische Kommission und die Bundesregierung dafür ein, eine bessere Sichtbarkeit der Branche als attraktiver und innovativer Arbeitgeber zu schaffen. Für mehr Innovation in der Branche ist auch die Anpassung der Finanzierungsmechanismen notwendig, etwa bezüglich konkreter Forschungs- und Entwicklungsprojekte. Die kleinteilige Marktstruktur erschwert es den Unternehmen der Textilindustrie teilweise, sich auf bestehende Förderprogramme zu bewerben. Auch das soll im Rahmen des Transformationspfades mithilfe der noch zu entwickelnden, konkreten Ansätze adressiert werden.

Insgesamt sollen mit der EU-Textilstrategie sowie dem Transformationspfad für das Ökosystem Textil konkrete Maßnahmen für den gesamten Lebenszyklus von Textilerzeugnissen vorgeschlagen werden. Dabei wird dem Sektor zugleich die notwendige Unterstützung beim ökologischen und digitalen Wandel und hin zu mehr Resilienz angeboten. Das textile Ökosystem kann und wird so verstärkt nachhaltige technologische Lösungen und innovative Geschäftsmodelle umsetzen können, wodurch sowohl die sich ändernden Anforderungen der Verbraucherinnen und Verbraucher adressiert werden als auch der Umwelt- und Klimaschutz noch weiter in den Fokus von Produktions- und Vertriebsprozessen rückt.

MEHR ZUM THEMA
Weiterführende Informationen der Europäischen Kommission:
www.t1p.de/textilien-strategie

KONTAKT
ANNIKA STÖHR
Referat: Konsumgüterindustrie
schlaglichter@bmwk.bund.de