IN KÜRZE

Der Nowcast für die saison- und kalenderbereinigte Veränderungsrate des BIP beträgt plus 0,2 % für das dritte Quartal 2022 und minus 0,2 % für das vierte Quartal (Stand 9. September).1

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1 Für nähere Erläuterungen zu der Methode, den verwendeten Daten und der Interpretation des Modells siehe Senftleben und Strohsal (2019): „Nowcasting: Ein Echtzeit-Indikator für die Konjunkturanalyse“, Schlaglichter der Wirtschaftspolitik, Juni 2019, Seite 9–11, und Andreini, Hasenzagl, Reichlin, Senftleben und Strohsal (2020) „Nowcasting German GDP“, CEPR DP14323.

Derzeit prognostiziert der Nowcast für das dritte bzw. vierte Quartal 2022 einen saison- und kalenderbereinigten Anstieg bzw. Rückgang des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von plus 0,2 % beziehungsweise minus 0,2 %. Der Nowcast liefert eine täglich aktualisierte, rein technische, zeitreihenanalytische Prognose der Wirtschaftsleistung, unabhängig von der Bundesregierung und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Das Statistische Bundesamt veröffentlicht Ende Oktober 2022 bzw. Ende Januar 2023 erste amtliche Ergebnisse zur tatsächlichen wirtschaftlichen Entwicklung des dritten bzw. vierten Vierteljahres 2022.

Die Abbildung zeichnet den Verlauf der Schätzwerte nach: Bei erstmaliger Berechnung Anfang April belief sich der Nowcast für das dritte Quartal auf plus 0,3 %. Unterhalb dieses Wertes schwankte er bis Ende Juni. Für einen Großteil der Pendelbewegungen waren die Eintrübung und Aufhellung verschiedener Stimmungsindikatoren aus dem In- und Ausland verantwortlich. Die Unsicherheit um die Liefermengen russischen Erdgases im Rahmen der Wartung der Nordsee-Pipeline Nord Stream 1 sorgten dabei für deutliche Ausschläge auf bis zu minus 1,7 %. Zum Auftrieb im August führten vor allem die Meldungen zu den Kfz-Neuzulassungen in Italien und Frankreich. Verbesserte Umfragedaten aus Deutschland und Europa sowie die Meldung zum Export im Berichtsmonat Juli hoben den Nowcast schließlich auf den derzeitigen Stand von plus 0,2 %.

Auch der Nowcast für das vierte Quartal war im Berichtszeitraum maßgeblich von Umfragedaten getrieben. Der Schätzwert belief sich bei erstmaliger Berechnung Anfang Juli auf plus 0,2 %. Der Einbruch auf bis zu minus 0,7 % ergab sich unter anderem durch abwärts gerichtete Stimmungsindizes für den Berichtsmonat Juni.

Auftriebskräfte kamen aus derselben Richtung wie beim Nowcast für das dritte Quartal. Derzeit beziffert sich der Schätzwert für das vierte Quartal auf minus 0,2 %.


Aus fachlicher Sicht erscheint die vom Modell prognostizierte Entwicklung des BIP für das zweite Halbjahr 2022 insgesamt plausibel. Derzeit bleibt die wirtschaftliche Stimmungslage von erheblichen Risiken geprägt, was in den Unternehmensumfragen zum Ausdruck kommt. Die deutsche Konjunktur wird durch steigende Energie- und Rohstoffpreise, gestörte Lieferketten und geopolitische Konflikte gedämpft. Ob die tatsächliche Entwicklung den Nowcast bestätigen wird, hängt vor allem von der weiteren Entwicklung der Gaslieferengpässe sowie den daraus resultierenden wirtschaftlichen Einbußen ab.

DAS MODELL

Das Modell zur Prognose des deutschen Bruttoinlandsprodukts wird von Now-Casting Economics Ltd. betrieben. Der hier veröffentlichte Nowcast ist eine rein technische, modellbasierte Prognose. Die Schätzungen sind mit einer hohen statistischen Unsicherheit behaftet, die mit Modellprognosen immer einhergeht. Es handelt sich bei dem Nowcast weder um die Prognose des BMWK noch um die offizielle Projektion der Bundesregierung.

Entwicklung des BIP-Nowcast für das 3. und 4. Quartal 2022 in Prozent Bild vergrößern