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Die aktuell hohen inflationsbedingten Kaufkraftverluste rücken Fragen der Vermögensverteilung wieder verstärkt in den Fokus. Die Vermögensverteilung gibt Aufschluss darüber, wer innerhalb der Bevölkerung Krisen durch „Entsparen“ leichter überstehen kann und wer nahezu ausschließlich von laufenden Einkünften abhängig ist. In diesem Zusammenhang lohnt sich ein Blick auf innovative aktuelle Untersuchungen, welche Umfrage- daten mit Vermögensbilanzen verknüpfen, wie etwa Albers et al. (2022) und der Bundesbank-Monatsbericht vom Juli 2022.

Die Studien berichten, dass die Ungleichverteilung der Nettovermögen nach einem Anstieg im Zeitraum der Jahre 1993 bis 2008 nicht weiter zugenommen hat. Der Gini-Koeffizient beträgt seit dem Jahr 2008 in Deutschland rd. 0,75. Das oberste Prozent der Haushalte verfügt dabei über rund 27 Prozent des gesamten Vermögens, während sich der relative Anteil der unteren 50 Prozent am Vermögen von 5 Prozent im Jahr 1978 auf 2,8 Prozent im Jahr 2018 nahezu halbiert hat.

Das Vermögen deutscher Haushalte beträgt im Durchschnitt rund 420.000 Euro (zum Vergleich: Frankreich rd. 400.000 Euro; USA rd. 460.000 Euro). Aufgrund der ungleichen Verteilung liegt der deutsche Median-Haushalt bei nur etwa 120.000 Euro.

Ein starker Vermögenszuwachs ist in den letzten Jahren insbesondere für Immobilienbesitzer zu verzeichnen, welche sich zumeist in der oberen Hälfte der Vermögensverteilung befinden. Für die oberen 50-99 Prozent stellt Immobilienvermögen dementsprechend auch den größten Vermögensanteil dar (ca. 60 Prozent). Lediglich beim obersten Prozent überwiegt der Wert von Betriebsvermögen. Aktien- und Betriebsvermögen hingegen sind noch ungleicher verteilt als Immobilienbesitz und werden (weiterhin) hauptsächlich von den oberen 10 Prozent der Ver- mögenden gehalten. Die unteren 50 Prozent, welche kaum Immobilien besitzen, haben ihr Vermögen hingegen zumeist in niedrig- bzw. fest- verzinsten Anlageformen angelegt, welche besonders anfällig für die derzeitig hohe Inflation sind.

Insgesamt zeigt sich, dass die untere Hälfte der Bevölkerung nach wie vor über vergleichsweise geringe Vermögenswerte verfügt. Im Kontext der aktuellen Inflationsentwicklung bedeutet dies auch, dass diese Personen die aktuelle Krise nicht ohne weiteres aus eigener Kraft bewältigen können und einer Unterstützung bedürfen, worauf die Bundesregierung bereits mit zahlreichen Maßnahmen reagiert hat.


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Dr. Holger Lüthen
Referat: Wirtschaftspolitische Analyse

schlaglichter@bmwk.bund.de

Literaturverzeichnis:
Albers, T., Bartels, C. and Schularick, M. (2022): Wealth and Its Distribution in Germany, 1895-2018; CESifo Working Papers 9739.
Deutsche Bundesbank (2022): Eine verteilungsbasierte Vermögensbilanz der privaten Haushalte in Deutschland – Ergebnisse und Anwendungen; Monatsbericht Juli 2022, 15-40.