Frau in Werkstatt vor Computer

Digitale Transformation: Potenzial und Herausforderung für KMU

Die digitale Transformation ist eine große Chance für die rund 3,5 Millionen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und Handwerksbetriebe in Deutschland, stellt sie aber gleichzeitig auch vor große Herausforderungen. In vielen Betrieben gibt es erhebliche Potenziale für digitale Prozesse, neue, innovative Geschäftsmodelle oder zur Erschließung neuer Marktsegmente. Zahlreiche Studien zeigen jedoch, dass das Wissen über Chancen und Möglichkeiten der Digitalisierung im Mittelstand noch zu wenig genutzt wird (siehe u. a. Zimmermann, V./KfW (2022)). Kleinen und mittleren Unternehmen fehlt es häufig an Ressourcen und Know-how, um den digitalen Wandel neben dem laufenden Tagesgeschäft zu bewältigen. Hinzu kommen zusätzliche Herausforderungen aufgrund der Corona-Pandemie und des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Hierzu zählen zum Beispiel Unsicherheiten aufgrund von Lieferkettenengpässen und massiv gestiegene Preise für Rohstoffe und Energie. Darüber hinaus haben viele KMU Probleme, qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen.

Die Digitalisierung verbessert die Möglichkeiten kleinerer und mittlerer Unternehmen, nachhaltiger und wettbewerbsfähiger zu werden und so die Transformation der Wirtschaft mitzugestalten. Klimaschutz und die Endlichkeit von Ressourcen machen es inzwischen erforderlich, Nachhaltigkeit bei allen wirtschaftlichen Aktivitäten im gesamten Prozess- und Produktzyklus mitzudenken.

Förderschwerpunkt Mittelstand-Digital

Mit dem Förderschwerpunkt „Mittelstand-Digital“ unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) insbesondere KMU und das Handwerk, aber auch Start-ups, bei einer ganzheitlichen und auf Nachhaltigkeit ausgerichteten digitalen Transformation. Mittelstand-Digital steht auf drei sich ergänzenden Säulen: dem „Netzwerk der Mittelstand-Digital Zentren“, das in diesem Artikel beleuchtet wird, der Initiative „IT-Sicherheit in der Wirtschaft“ und dem Investitionszuschussprogramm „Digital Jetzt – Investitionsförderung für KMU“.

Neuausrichtung des Netzwerks Mitteland-Digital-Zentren

Ziel des bundesweiten Netzwerks ist es, mittelständische Unternehmen zu unterstützen, sich mit Hilfe neuer digitaler Anwendungen und digitaler Technologien als „Unternehmen der Zukunft“ nachhaltig auf ökonomischer, ökologischer und sozialer Ebene aufzustellen. Im Fokus steht dabei die Sicht des Unternehmens, wie die Digitalisierung strategisch und wirtschaftlich genutzt werden kann. Mit dem Netzwerk sollen der Technologie- und Wissenstransfer in den Mittelstand beschleunigt, das Verständnis für die digitale Transformation in den Unternehmen verbessert und die Umsetzung von digitalen Anwendungen unterstützt werden. So sollen auch kleine und mittlere Unternehmen langfristig ihre Wettbewerbsfähigkeit sichern. Ausgangspunkt ist dabei immer der aktuelle digitale Reifegrad des jeweiligen Unternehmens.

Grafik zeigt Aufgaben und Angebote von Mittelstand-Digital Bild vergrößern

Die Mittelstand-Digital Zentren bauen auf dem Netzwerk der Mittelstand 4.0-Kompetenzzentren auf, das das BMWK ab dem Jahr 2015 etabliert hat. Seit dem Jahr 2021 wird das Netzwerk neu ausgerichtet und weiterentwickelt. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Erweiterung des Angebotskataloges um folgende Themen:

  • ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, wie zum Beispiel Energie- und Ressourceneffizienz,
  • Kreislaufwirtschaft,
  • Wirtschaftlichkeit und Resilienz,
  • lebenslanges Lernen und Kompetenzaufbau im Unternehmen vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels,
  • horizontale und vertikale Vernetzung und Partizipation in Wertschöpfungsketten.

Die letzten sechs Mittelstand 4.0-Kompetenzzentren laufen sukzessive bis Mitte 2023 aus. Gleichzeitig waren Ende 2022 bereits 22 Mittelstand-Digital Zentren aktiv. Bis Mitte 2023 kommen weitere sieben Zentren hinzu. Der Großteil der Zentren ist regional ausgerichtet. Einige sind auf bestimmte Branchen wie beispielsweise das Handwerk, die Baubranche, den Handel oder die Textilbranche ausgerichtet; andere auf Themenschwerpunkte wie Benutzungsfreundlichkeit von digitalen Produkten und Prozessen (Zentrum Usability), digital vernetzte Produktion und Wertschöpfungsketten (Zentrum WertNetzWerke) oder die Unterstützung beim Aufbau einer zukunftsfähigen Unternehmenskultur (Zentrum Zukunftskultur). Das Thema Nachhaltigkeit spielt eine besondere Rolle: Seit Mitte 2022 wird es insbesondere vom Zentrum Klima.Neutral.Digital und vom Zentrum Leipzig-Halle adressiert. Das Zentrum Klima.Neutral.Digital bildet sogenannte „Klima-Coaches“ aus. Diese begleiten Unternehmen auf dem Weg in die Klimaneutralität und bilden im Rahmen von Train- the-Trainer-Maßnahmen weitere Klima-Coaches insbesondere innerhalb des Netzwerks aus.

Standorte im Netzwerk der Mittelstand-Digital Zentren

Karte mit Orten von der Mittelstand-Digital-Webseite Bild vergrößern

Organisationsstruktur der Mittelstand-Digital Zentren

Die Mittelstand-Digital Zentren werden von Konsortien ohne Gewinnorientierung betrieben. Mitglieder der Konsortien sind im Wesentlichen Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Kammern, Verbände und Vereine sowie Wirtschaftsförderer. Die besondere Zusammensetzung der Konsortien und die vollständige Förderung der Mittelstand- Digital-Zentren durch das BMWK ermöglichen es, wissenschaftsbasierte, kostenfreie und auf KMU sowie Handwerksbetriebe zugeschnittene Angebote bereitzustellen. Diese können auch von Start-ups und Multiplikatoren, wie beispielsweise Kammern und Verbänden, genutzt werden.

Die einzelnen Zentren sind im Sinne eines One-Stop-Shop-Netzwerkes ansprechbar. Dies bedeutet, dass Unternehmen sich zunächst an ihr Zentrum vor Ort wenden können und von dort bei Bedarf an ein auf eine bestimmte Branche oder ein spezielles Thema ausgerichtetes Zentrum weitervermittelt werden.

Angebote der Mittelstand-Digital Zentren

Die Mittelstand-Digital Zentren entwickeln praxisorientierte und zielgruppengerechte Informations-, Demonstrations- und Unterstützungsangebote zu neuen digitalen Technologien und Anwendungen. Für Unternehmerinnen und Unternehmer bieten sie zielgruppengerechte Qualifikationsangebote zum Aufbau und zur Umsetzung von technologischen, organisatorischen und arbeitsgestaltenden Kompetenzen an. Diese reichen von klassischen Formaten wie Schulungen und Workshops über Selbstlernangebote wie Training on the Job oder Webinaren bis hin zu kooperativen Qualifikationsformaten im Sinne von „KMU lernen von KMU“, beispielsweise Konvoi-Workshops, Werkstatt-Gespräche oder Anwenderkreise.

Die Zentren bieten auch Unterstützung zum Thema Datenökonomie an. Damit helfen sie kleinen und mittleren Unternehmen, an der datengetriebenen Wirtschaft, der Nutzung von Plattformen oder an vernetzten Wertschöpfungsökosystemen zu partizipieren.

Die Zentren beobachten laufend aktuelle Entwicklungen in Wissenschaft und Wirtschaft. Bei Bedarf greifen sie Themen auf und entwickeln neue Angebote. Aktuell sind dies vor allem Unterstützungsangebote zur Krisenbewältigung. Die neuen Angebote werden dem gesamten Netzwerk im Sinne des Wissenstransfers zur Verfügung gestellt. Individualberatung einzelner KMU ist allerdings nicht Aufgabe der Mittelstand-Digital Zentren. Hierfür bietet das BMWK das Förderprogramm „go-digital“ an.

Während der Corona-Pandemie hat das Netzwerk schnelle Anpassungsfähigkeit gezeigt: Die Zentren haben kurzfristig Webinare zu Themen wie Home-Office, virtueller Arbeitsorganisation und Kundenkommunikation entwickelt. Mit interaktiven Online-Formaten bis hin zu virtuellen Besuchen in Demo-Fabriken konnten die Unternehmen und Betriebe so auch während der Pandemie erreicht werden. Trotz allmählicher Rückkehr zu Präsenzformaten behalten die Zentren diese Angebote auch künftig bei und entwickeln sie stetig weiter.

Künstliche Intelligenz für KMU

Von Künstlicher Intelligenz (KI) getriebene digitale Geschäftsmodelle werden in Zukunft einen immer größeren Stellenwert in der Wirtschaft einnehmen. Deshalb bieten die meisten Zentren seit Mitte 2019 das Programm „KI für KMU“ an, in dessen Rahmen KI-Trainer eingesetzt werden. Zu den wesentlichen Aufgaben der KI-Trainer gehört es, Mittelstand und Handwerk für die technologischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz zu sensibilisieren, über Chancen und Herausforderungen zu informieren sowie Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Handwerkerinnen und Handwerker bei der Umsetzung konkreter KI-Anwendungen zu unterstützen. Relevante Anwendungsfelder sind beispielsweise Intelligente Assistenzsysteme, Industrielle Analyse (Smart-Data-Analysen) oder Intelligente Produkte und Services (AI-as-a-Service).

Im Rahmen von Train-the-Trainer-Maßnahmen werden auch Trainerinnen und Trainer anderer Zentren geschult und so flächendeckend Kompetenzen im Netzwerk von Mittelstand-Digital aufgebaut. Mittlerweile verfügt Mittel stand-Digital bundesweit über mehr als 50 KI-Trainerinnen und Trainer.

Praxisbeispiele und Zukunftsprojekte

Durch konkrete Anschauungs- und Erprobungsmöglichkeiten in Form von Demonstratoren sowie durch eine Vielzahl an Digitalisierungsprojekten der Zentren mit KMU als Good-Practice-Lösungen, zum Beispiel Optimierung der Tourenplanung im Handwerk oder KI-basierte Prozessüberwachung an Werkzeugmaschinen, werden KMU bei der digitalen Transformation unterstützt. Die Praxisbeispiele beziehen sich auf Themen, die für viele KMU bedeutsam sind, dienen dem gesamten Netzwerk als Anschauungsobjekte für den Wissenstransfer und werden auch über das Netzwerk hinaus in die Breite kommuniziert. Sie verdeutlichen den Mehrwert neuer digitaler Technologien und Anwendungen zu Themen wie Digitale Strategien, Organisation, Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit, Resilienz, Fachkräfte, horizontale und vertikale Vernetzung sowie die Einbettung in Wertschöpfungsketten. Ein umfassendes und vielfältiges Angebot an Informationsmaterial, Demonstratoren und Praxisbeispielen steht auch öffentlich auf der Website von Mittelstand-Digital zur Verfügung.

Um unternehmens-, branchen-, und regionalbezogene Potenziale zukunftsweisender digitaler Anwendungen und Technologien zu verdeutlichen, starten ab Mitte 2023 ausgewählte Zukunftsprojekte. Sie zeichnen sich durch eine gute Übertragbarkeit auf andere Branchen oder Regionen aus und sollen zum Nachahmen animieren. Ziel der Projekte ist eine breite Signalwirkung in den Mittelstand.

Vernetzung der KMU untereinander

Um den Wissens- und Technologietransfer in die Breite zu tragen und verfügbares Wissen einer Vielzahl von Unternehmen zur Verfügung zu stellen, spielt das Prinzip „Unternehmen lernen von Unternehmen“ eine wichtige Rolle. Eine Aufgabe der Mittelstand-Digital Zentren ist deshalb auch die Vernetzung von Unternehmen untereinander. Die Kooperation und Kommunikation innerhalb des Netzwerks sowie mit anderen Netzwerken trägt wesentlich dazu bei, die digitale Transformation des Mittelstandes flächendeckend voranzutreiben. Die Zentren sind deshalb auf vielen Veranstaltungen anderer Netzwerke vertreten. Zukünftig soll auch eine stärkere Vernetzung mit Start-up-Initiativen erfolgen. Dies sieht die Start-up-Strategie der Bundesregierung vor, die im Sommer 2022 verabschiedet wurde. Die Zusammenarbeit von KMU und Start-ups soll insbesondere den Transfer von Innovationen aus der Gründerszene in die etablierte Wirtschaft fördern.

Förderumfeld des Netzwerks

Die Mittelstand-Digital Zentren sind eng verzahnt mit den beiden anderen Säulen des Förderschwerpunkts: der Initiative „IT-Sicherheit in der Wirtschaft“ und dem Investitionszuschussprogramm „Digital Jetzt – Investitionsförderung für KMU“.

Zudem unterstützt die Europäische Union die digitale Transformation mit dem seit Oktober 2022 im Aufbau befindlichen europaweiten Netzwerk der European Digital Innovation Hubs (EDIHs).

KONTAKT & MEHR ZUM THEMA

Sabine Döhmer
Referat: Mittelstand-Digital

schlaglichter@bmwk.bund.de

Förderschwerpunkt „Mittelstand Digital“:

https://www.mittelstand-digital.de

Förderbekanntmachung für ein bundesweites „Netzwerk Mittelstand-Digital“

https://www.mittelstand-digital.de/MD/Redaktion/DE/PDF- Anlagen/foerderbekanntmachung-m-d.pdf

Start-up-Strategie der Bundesregierung:

https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Dossier/Digitalisierung/start-up-strategie.html

European Digital Innovation Hubs:

https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Schlaglichter-der-Wirtschaftspolitik/2022/12/09-kurz-und-knapp-1.html

Literaturverzeichnis:
Zimmermann, V. (2022). Vielfältige Hemmnisse bremsen die Digitalisierung im Mittelstand. KfW Research Fokus Volkswirtschaft, Nr. 380. https://www.kfw.de/%c3%9cber-die-KfW/Newsroom/Aktuelles/News-Details_706560.html