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Um die Klimaschutzziele zu erreichen und gleich­zeitig wettbewerbsfähige Energiepreise zu sichern, schafft die Bundesregierung die Voraussetzung dafür, erneuerbare Energien beschleunigt auszubauen. Derzeit existieren in Deutschland allerdings keine ausrei­chenden industriellen Produktionskapazitäten, um die steigende Nachfrage nach Transformationstechnologien wie Photovoltaik­ und Windenergieanlagen zu wesentli­chen Anteilen aus heimischer Produktion zu decken. Das BMWK hat daher auf nationaler Ebene bereits im letzten Jahr den Stakeholderdialog zu industriellen Produktions­ kapazitäten für die Energiewende (StiPE) gestartet, an dem Vertreterinnen und Vertreter der Branchen Photovoltaik (PV) und Wind sowie Stromnetze entlang der gesamten Wertschöpfungskette beteiligt sind. Zusammen mit der Deutschen Energieagentur (dena) wurden konkrete Hemm­nisse für den Produktionshochlauf in den betroffenen Bran­chen analysiert und Handlungsempfehlungen erarbeitet, die im Februar 2023 veröffentlicht wurden.

Ausbauziele ambitioniert: Die Nachfrage nach Transformationstechnologien wird weltweit stark ansteigen

Neben Deutschland verfolgen auch viele andere Staaten für die nächsten Jahre und Jahrzehnte ambitionierte Ausbau­pläne, sodass in den kommenden Jahren mit einem erheb­lichen Zuwachs der globalen Nachfrage nach Technologien für die Energiewende zu rechnen ist. Insbesondere geht es um Photovoltaikanlagen, Onshore­ und Offshore­-Wind­anlagen zur Energieproduktion sowie Stromnetzausrüstung und Kabel. Dabei ist klar: Mit den aktuell global vorhande­ nen Produktionskapazitäten für diese Technologien wird die steigende Nachfrage nicht gedeckt werden können, sodass ein Hochlauf der Produktion erforderlich ist. Gleich­zeitig konzentriert sich weltweit die Produktion bei einigen Technologien und Komponenten derzeit auf we­nige Staaten bzw. Hersteller, sodass Abhängig­keiten bestehen oder sich zukünftig entwickeln könnten. So werden beispielsweise mehr als 80 Prozent der heute verbauten PV­-Module in China hergestellt.

Vor diesem Hintergrund ist sowohl die Diversifizierung von globalen Lieferketten als auch ein Ausbau der heimischen Produktion erforderlich. So sollen eine Abhängigkeit von einzelnen Ländern vermieden, die technologische Souve­ränität erhöht und die volkswirtschaftliche Resilienz ge­stärkt werden. Dies ist für den erforderlichen Ausbau der Erneuerbaren und für die langfristige Versorgungssicherheit mit grüner Energie von zentraler Bedeutung. In Deutsch­land und Europa existieren bereits Produktionsstätten für relevante Teile der Wertschöpfungsketten, insbesondere für Windenergieanlagen und Stromnetzkomponenten sowie für die Produktion von PV­-Modulen. Diese gilt es im Sinne der oben beschriebenen Aspekte weiter auf­ und auszu­bauen. Um dabei der Dynamik des Erneuerbaren-­Ausbaus gerecht zu werden, braucht es einen erheblichen Hochlauf der Produktionskapazitäten und technologische Innova­tionen.

Auch auf EU­-Ebene bringt die Europäische Kommission zurzeit Maßnahmen auf den Weg, um die technologische Souveränität Europas mit Blick auf Transformationstechno­logien zu stärken. Es soll zudem ein grüner Leitmarkt für Transformationstechnologien geschaffen werden. Damit wird auch auf Aktivitäten in anderen Staaten reagiert: Chi­na fördert seit Jahren den strategischen Aufbau bestimmter Industrien. In 2022 haben weitere große Wirtschaftsräume wie die USA und Indien ihre Anstrengungen beim Ausbau erneuerbarer Energien intensiviert, indem sie hohe Inves­titionsanreize für Projekte in den Bereichen Solarenergie, Windenergie an Land und auf See setzen.

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BMWK-Prozess mit Stakeholdern für gemeinsame Lösungen zur Unterstützung des Produktionshochlaufs

Um Potenziale für eine Fertigung dieser Technologien am Standort Deutschland sowie die erforderlichen industrie­politischen Rahmenbedingungen zu erörtern, lud der Bun­desminister für Wirtschaft und Klimaschutz Dr. Robert Habeck am 11. April 2022 Vertreterinnen und Vertreter von Verbänden und Unternehmen der Industriebranchen für Photovoltaik, Windenergie und Stromnetzausrüstung zu einem ersten Roundtable ein. Anschließend wurden in ei­nem Follow ­up­-Prozess die Herausforderungen der Bran­chen und mögliche Lösungen näher betrachtet. Hierzu wurde der Stakeholderdialog zu industriellen Produktions­kapazitäten für die Energiewende aufgesetzt und im Auftrag des BMWK durch die dena durchgeführt. Im Format des Stakeholderdialogs wurden von Juli bis Dezember 2022 in mehreren branchen­ und themenspezifischen Arbeitsgrup­pen-­Sitzungen die Herausforderungen und Hemmnisse für den Produktionshochlauf in Deutschland und Europa dis­kutiert und mögliche Handlungsoptionen erarbeitet. Be­teiligt waren Vertreterinnen und Vertreter von produzie­renden Unternehmen der Branchen, Branchenverbände und einige Wissenschaftsinstitutionen, aber auch zuliefern­de Hersteller wichtiger Komponenten sowie vereinzelt An­wender der Technologien. Die Teilnehmerinnen und Teil­nehmer hatten Gelegenheit, ihr Fachwissen aus der Praxis strukturiert einzubringen und über den Prozess hinweg eigene, privatwirtschaftliche Überlegungen weiterzuent­wickeln. Für jede Branche (PV, Windenergie und Strom­netze) fanden zwei Treffen mit jeweils unterschiedlichem branchenspezifischen Fokus statt. Daneben wurden in zwei branchenübergreifenden Treffen die Querschnittsthemen „Zugang zu Kapital“ und „Fachkräfte“ adressiert. Erste Zwi­schenergebnisse des Prozesses diskutierte Bundesminister Habeck im Rahmen eines zweiten Roundtables am 21. No­vember 2022 mit den Beteiligten.

Deutsche und Europäische Produzenten stehen vor Herausforderungen

Zum Jahresende 2022 legte die dena dem BMWK einen Ergebnisbericht zum StiPE vor, in dem sie die Erkenntnisse aus dem Prozess in elf Handlungsempfehlungen zur Stär­kung der Industriebranchen PV, Windenergie und Strom­netze zusammenführte. Daraus geht hervor, dass die Herausforderungen für die Branchen sowohl nachfrage-­ als auch angebotsseitiger Natur sind: Nachfrageseitig besteht für die Branchen die Herausforderung, dass zwar allgemein eine Steigerung der Nachfrage aufgrund der ambitionierten Ausbauziele zu erwarten ist, aktuell aber noch keine hin­reichend verstetigte Nachfrage nach Energie­ wendetechnologien existiert. Insbesondere die Windkraftanlagenhersteller leiden derzeit unter Überkapazitäten, u. a. da der Ausbau der Erneuerbaren erst noch anläuft. Langwierige Planungs-­ und Genehmigungs­verfahren verzögern den Ausbau. Zudem sind die Produk­tionskosten in Deutschland und Europa u. a. aufgrund von Unterstützungsmaßnahmen in anderen Wirtschaftsräumen im Vergleich zu globalen Wettbewerbern höher. Mit Blick auf die Angebotsseite, d. h. die Produktionsbedingungen für die herstellenden Unternehmen selbst, bestehen Heraus­ forderungen im Zugang zu Investitionskapital, günstiger Energie und Rohstoffen sowie Fachkräften.

Entsprechend zielen die Handlungsempfehlungen zum einen darauf ab, die Nachfrage nach Energiewendetechno­logien auch deutscher und europäischer Hersteller zu er­ höhen und zu verstetigen, etwa durch Maßnahmen zur Beschleunigung von Planungs-­ und Genehmigungsverfah­ren. Zum anderen werden Maßnahmen vorgeschlagen, die den Zugang der Unternehmen zu Kapital, Energie und Roh­stoffen sowie Fachkräften verbessern. Dazu gehören unter anderem die gezielte Unterstützung bei der Akquise von Fachkräften sowie der strategische Umgang mit Rohstoffen, etwa durch Diversifizierung von Wertschöpfungsketten und die Verbesserung der Recyclingfähigkeit von Energiewende­ produkten.

Die Ergebnisse des Stakeholderprozesses hat das BMWK geprüft und bewertet. Für etwa die Hälfte der Vorschläge wurden bereits Maßnahmen ergriffen oder sie sind Gegen­stand aktuell laufender Prozesse. Zu diesen Maßnahmen hat das BMWK ein Eckpunktepapier erstellt, welches prio­ritär angegangen und umgesetzt werden soll, sofern entsprechende Finanzmittel vorliegen. Im Rahmen eines 3. Roundtables mit den Branchen am 21. Februar 2023 stellte Bundesminister Habeck dieses Papier vor und dis­ kutierte die Ergebnisse aus dem Abschlussbericht der dena mit Vertreterinnen und Vertretern der Unternehmen und Verbänden.

Nächste Schritte

Entsprechend den branchenspezifischen Bedarfen und den EU­-beihilferechtlichen Vorgaben will das BMWK bestehende Instrumente zur Investitionskostenförderung an­ passen und ggf. neue Instrumente konzipieren. Die Emp­fehlung für ein Hybridkapita-l­Beteiligungsprogramm soll aufgegriffen werden. Bis Sommer 2023 soll gemeinsam mit Stakeholdern und der KfW ein Vorschlag für einen Trans­formationsfonds erarbeitet werden. Dabei soll auch eine sinnvolle Verknüpfung mit bestehenden und geplanten nationalen und europäischen Instrumenten erfolgen. Das BMWK wird sich außerdem dafür einsetzen, dass das Ins­trument der Investitionsprämien für Transformationstech­nologien nutzbar gemacht werden kann. Um die Produk­tionskosten pro Einheit zu reduzieren, wird zudem an geeigneten Instrumenten der Betriebskostenförderung gearbeitet. Auch sind Arbeiten an einem Konzept für einen nationalen bzw. europäischen Industriestrompreis ange­laufen, welches baldmöglichst vorgelegt werden soll. Um besondere Risiken von Herstellern im Rahmen des Wind­energie-­ und Stromnetzausbaus temporär staatlich abzu­sichern bzw. abzufedern, wird das BMWK gemeinsam mit den Stakeholdern Ursachen und Bedarfe analysieren und mit Unterstützung von Akteuren wie der KfW einen Vor­schlag für ein geeignetes Absicherungsinstrument prüfen. Ab März 2023 wird zudem eine Durchführbarkeitsstudie zur Wiederansiedelung der PV-­Industrie in Deutschland erstellt werden. Das BMWK prüft zudem die Einführung einer Förderung von Innovationshubs. Zu diesen Themen wird das BMWK den intensiven Austausch mit den rele­vanten Industriebranchen auch in den nächsten Monaten weiter fortsetzen.

Die Umsetzung der Maßnahmen auf nationaler Ebene er­ folgt im Zusammenspiel mit der EU-­Ebene. Mit ihrer Mit­teilung „A Green Deal Industrial Plan for the Net­Zero Age“ vom 1. Februar 2023 nimmt die Europäische Kommission die Stärkung der strategischen Souveränität Europas im Bereich der Transformations-­ oder auch „Net­Zero“­-Tech­nologien in den Blick. Das BMWK begrüßt diesen Vorschlag ausdrücklich. In der Mitteilung wird die Vorlage eines Net­ Zero Industry Act sowie des Critical Raw Materials Act an­gekündigt.

Auf europäischer Ebene hat sich die Bundesregierung im Rahmen des Wettbewerbsfähigkeitsrates für den Aufbau einer europäischen Plattform für Transformationstechno­logien eingesetzt und begrüßt, dass mit Clean Tech Europe ein entsprechendes Forum von der Europäischen Kommis­sion geschaffen wurde. Von Clean Tech Europe wird ein wichtiger Impuls zum Aus­- und Aufbau von industriellen Produktionskapazitäten in strategisch wichtigen Techno­logiefeldern wie Windkraft, Photovoltaik, Elektrolyseure, Stromnetze und Wärmepumpen für Europa ausgehen.

KONTAKT & MEHR ZUM THEMA

Annalena Brokering
Referat: IVE5, Wind-, Solar- und Transformationsindustrien

schlaglichter@bmwk.bund.de

StiPE-Abschlussbericht: www.bmwk.de/stipe-abschlussbericht

StiPE-Eckpunktepapier: www.bmwk.de/stipe-eckpunkte