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Zur Erfüllung ihrer vielfältigen Aufgaben muss die öffentliche Hand auf dem Markt Produkte und Dienstleistungen nachfragen. Um hierbei einen fairen Wettbewerb gewährleisten zu können, werden alle Produkte und Dienstleistungen, die der Staat nachfragt, in gesetzlich geregelten Verfahren öffentlich ausgeschrieben. Unternehmen können sich dann entsprechend bewerben und ihre Leistungen anbieten. Aus den eingegangenen Bewerbungen wird anhand vorab jeweils festgelegter – und für jeden öffentlich einsehbarer – Kriterien das wirtschaftlichste Angebot ausgewählt. Die Gesamtheit aller dieser – hier sehr vereinfacht dargestellten – Ausschreibungen und Vergaben bildet das öffentliche Auftragswesen.

Öffentliche Beschaffung kann Innovationen fördern

Die OECD hat die öffentliche Vergabe in Deutschland im Jahr 2019 analysiert und schätzt, dass das öffentliche Auftragswesen insgesamt knapp 15 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts ausmacht. Das entspricht in etwa 500 Milliarden Euro pro Jahr (vgl. OECD 2019). Die öffentliche Nachfrage bildet somit einen signifikanten Teil der Gesamtnachfrage. Damit hat die öffentliche Hand einen entsprechenden Einfluss darauf, welche Produkte und Dienstleistungen die Unternehmen anbieten. Die OECD attestiert der öffentlichen Beschaffung gar einen Einfluss auf alle Bereiche des Wohlergehens der Menschen (vgl. OECD 2019).

Würde nur ein Prozent des Gesamtvolumens des öffentlichen Auftragswesens für innovative Produkte und Dienstleistungen ausgegeben werden, entspräche dies einem Nachfragevolumen von circa 5 Milliarden Euro (vgl. Crasemann, 2013). Im Vergleich: Die gesamte Innovationsförderung des Bundes für den Mittelstand mit ihrem Ansatz „von der Idee zum Markterfolg“ liegt bei knapp über 1,1 Milliarden Euro (vgl. BMBF 2022).

Das Kompetenzzentrum Innovative Beschaffung ist Innovationsberater

Das BMWK hat das innovationspolitische Potenzial der öffentlichen Beschaffung früh erkannt und das Kompetenzzentrum Innovative Beschaffung (kurz: KOINNO) im Jahr 2013 ins Leben gerufen. Ziel ist es, den Vergabestellen der öffentlichen Hand die richtige Unterstützung anzubieten, um die breitgefächerten Möglichkeiten der innovativen öffentlichen Beschaffung optimal anwenden zu können und innovative Anbieter noch stärker zu einer erfolgreichen Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen zu befähigen.

Als Grundlage für das Innovationsverständnis des BMWK bei der öffentlichen Beschaffung dient die Definition für Innovationen aus dem Oslo Manual der OECD:
An innovation is the implementation of a new or significantly improved product (good or service), or process, a new marketing method or a new organizational method in business practices, workplace organisation or external relations.“ (OECD/Eurostat, 2005)

Beschaffung kann entsprechend dem Verständnis des BMWK von Innovationen auf zweifache Art innovativ wirken. Sie wird dann als innovativ begriffen, wenn sie

  1. die Implementation eines neuen oder signifikant verbesserten Prozesses in der Durchführung von öffentlichen Ausschreibungen bewirkt (Prozessinnovation), oder
  2. den Einkauf von neuen oder signifikant verbesserten Produkten bewirkt (Produktinnovation), d. h.
    • Beschaffung von tatsächlich neu entwickelten, vorher nicht vorhandenen oder noch nicht marktfähigen Produkten und Dienstleistungen,
    • Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen, die signifikante Verbesserungen gegenüber den bisher für denselben Zweck beschafften Produkten in ihrer Qualität oder Effizienz aufweisen,
    • Beschaffung von Produkten, die durch die neue Kombination von bereits am Markt vorhandenen Produkten und Dienstleistungen mit Anwendungsbereichen, für die das Produkt bisher nicht verwendet bzw. vorgesehen war, Bedarfe effizienter decken können als die bisher für denselben Zweck beschafften Produkte und Dienstleistungen.

KOINNOvationsplatz: Schnittstelle zwischen innovativen Anbietern und öffentlichen Nachfragern

Der im Dezember 2022 eingeführte KOINNOvationsplatz ist eine frei zugängliche Plattform für öffentliche Stellen und Anbieter von Innovationen. Er setzt nicht nur bei Produktinnovationen an, sondern will auch Prozessinnovationen ermöglichen, indem bisherige Strukturen in Beschaffungsprozessen aufgebrochen werden. Der große Vorteil: Jede öffentliche beschaffende Stelle kann vom KOINNOvationsplatz profitieren – unabhängig von den jeweiligen individuellen Gegebenheiten.

Der KOINNOvationsplatz ist in zwei Hauptbereiche aufgeteilt:

1. Marktplatz der Innovationen

Der Marktplatz der Innovationen ist der Teil des KOINNOvationsplatzes, auf dem innovative Anbieter proaktiv innovative Produkte und Dienstleistungen und ihre potenziellen Anwendungsbereiche für die öffentliche Hand präsentieren können. Hierdurch schafft der KOINNOvationsplatz eine Art „digitales Schaufenster“, das vor allem innovativen KMU und Start-ups eine bessere Sichtbarkeit für die Zielgruppe öffentliche Hand ermöglicht. Die Anbieter können ihre Produkte oder Dienstleistungen detailliert beschreiben, die Mehrwerte für den öffentlichen Sektor erläutern und ihre Kontaktdaten angeben.

Durch diese frei einsehbaren Innovationen bietet der KOINNOvationsplatz einen zentralen Ort für eine niederschwellige erste Markterkundung und ermöglicht eine unmittelbare Kommunikation zwischen Bedarfsträgern und potenziellen Anbietern. Dieser direkte Austausch schafft ein besseres gegenseitiges Verständnis, einen besseren Überblick über potenzielle innovative Lösungen für die eigenen Bedarfe, eine Vereinfachung der Erstellung von Vergabeunterlagen sowie einen besseren Zugang zu öffentlichen Auftraggebern für die innovativen Anbieter.

2. Challenges

Die Challenges sind die Kernfunktion des KOINNOvationsplatzes für öffentliche Auftraggeber. Mithilfe von Challenges können öffentliche Stellen konkrete Bedarfe auf dem KOINNOvationsplatz darstellen. Challenges dienen somit der konkreten, strukturierten und bedarfsbezogenen Markterkundung und bieten innovativen Anbietern die Möglichkeit, ein tieferes Verständnis von den Bedarfen öffentlicher Auftraggeber zu erlangen und ihr Angebot darauf abstimmen zu können.

Um eine Challenge zu starten, können öffentliche Stellen auf dem KOINNOvationsplatz ihren Bedarf – für den sie eine innovative Lösung suchen – detailliert beschreiben. Sie können zudem konkrete, durch die Anbieter von Einreichungen für die Challenge zu beantwortende Fragestellungen angeben. Um den Anbietern das Finden von potenziell für sie interessanten Challenges zu erleichtern, können die Challenges in verschiedene Kategorien wie z.B. Telekommunikation oder IT-Infrastruktur eingeteilt werden. Bei der Veröffentlichung von Challenges werden Kontaktdaten der öffentlichen Stelle bereitgestellt, um etwaige Rückfragen klären zu können und eine direkte Kontaktaufnahme zu ermöglichen.

Außerdem werden bereits im Erstellungsprozess die Bewertungskriterien für Einreichungen auf die Challenge festgelegt und es wird eine Jury bestimmt, welche die Einreichungen dann mit ihrer Fachexpertise anhand der Bewertungskriterien beurteilt.

Anbieter können Lösungen einreichen, sobald eine Challenge veröffentlicht ist. Challenges durchlaufen dabei vier Phasen, deren Ablauf hier beispielhaft dargestellt wird:

Die besten eingereichten Lösungen werden nach Durchlauf der vier Phasen auf der Challenge-Seite noch einmal platziert, sodass andere öffentliche Stellen, die ggf. ähnliche Bedarfe haben, diese einsehen und die Gewinnerinnen und Gewinner ebenfalls kontaktieren können.

Öffentliche Auftraggeber und innovative Anbieter profitieren

Der KOINNOvationsplatz ist ein niederschwelliges, einfaches und unentgeltliches, aber dennoch bzw. gerade deswegen sehr mächtiges Werkzeug der Innovationspolitik, um öffentlichen Stellen die Markterkundung zu vereinfachen, innovative Anbieter mit öffentlichen Auftraggebern zusammenzubringen und somit insgesamt für mehr Innovationen in der öffentlichen Beschaffung zu sorgen.

Der KOINNOvationsplatz befähigt öffentliche Auftraggeber noch stärker als das bisherige KOINNO-Informationsangebot dazu, innovative Produkte und Dienstleistungen zu beschaffen. Durch den Aufbau der strukturierten Markterkundung auf dem KOINNOvationsplatz können vor der eigentlichen Beschaffung passgenaue Lösungen gefunden werden, die die Anforderungen an die zu beschaffende Leistung konkretisieren und somit die Erstellung von Vergabeunterlagen erleichtern und effizientere Bedarfsdeckung ermöglichen. Auf dem KOINNOvationsplatz werden jedoch keine Vergaben durchgeführt.

Dabei profitieren nicht nur öffentliche Stellen, sondern auch innovative Unternehmen. Gerade Start-ups können den KOINNOvationsplatz nutzen, um ihre Angebote bekannt zu machen, an öffentliche Bedarfe anzupassen und sich somit besser aufzustellen, um sich erfolgreich an öffentlichen Ausschreibungen zu beteiligen. Der KOINNOvationsplatz ist daher auch eine Maßnahme der im Juli 2022 vom BMWK veröffentlichten Start-up-Strategie.

KONTAKT & MEHR ZUM THEMA

Patrik Middeldorf
Referat: Grundsatzfragen der nationalen und internationalen Innovations- und Technologiepolitik
buero-vic1@bmwk.bund.de

schlaglichter@bmwk.bund.de

Koinnovationsplatz: www.koinnovationsplatz.de

Literatur:
OECD (2019): Öffentliche Vergabe in Deutschland: Strategische Ansatzpunkte zum Wohl der Menschen und für wirtschaftliches Wachstum, OECD Publishing, Paris

Bundesministerium für Bildung und Forschung (2022): Bundesbericht Forschung und Innovation, Berlin

Crasemann, Wolfgang (2013): Innovationsorientierte öffentliche Beschaffung, in: Eßig, Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (Hrsg.), Exzellente öffentliche Beschaffung: Ansatzpunkte für einen wirtschaftlichen und transparenten öffentlichen Einkauf, Springer Fachmedien, S. 89 – 117, Wiesbaden

OECD/Eurostat (2005): OSLO Manual: Guidelines for collecting and interpreting innovation data, S. 46, Paris