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Grüner Wasserstoff aus Namibia – Deutschland unterstützt beim Aufbau einer eigenen Produktion
Einleitung
Namibia unternimmt wichtige Schritte in Richtung einer nachhaltigen Energiewirtschaft und Deutschland steht dem südafrikanischen Land dabei zur Seite. Dazu weiten beide Länder ihre 2022 vereinbarte Wasserstoff- und PtX-Kooperation aus. PtX steht für „Power-to-X“ und bezeichnet Technologien zur Speicherung von Stromüberschüssen aus erneuerbaren Energien wie Solar-, Windenergie und Wasserkraft.
Im März dieses Jahres haben Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Namibias Energieminister Tom Alweendo die gemeinsame Unterstützung des „Green Hydrogen Namibia Programme“ vereinbart. Zudem ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit dem namibischen Ministry of Industrialisation and Trade sowie dem Ministry of Mines and Energy eine bilaterale Verwaltungspartnerschaft für die Unterstützung der Entwicklung einer Qualitätsinfrastruktur für grünen Wasserstoff eingegangen.
Namibia bietet beste Voraussetzungen für die Erzeugung von Solar- und Windenergie. Diese Energiequellen eignen sich für die nachhaltige, „grüne“ Produktion von Wasserstoff, einem Energieträger, der mit großem technischen Aufwand bislang vor allem durch den Einsatz fossiler Brennstoffe hergestellt wird. Wasserstoff wiederum wird für die Produktion von alternativen Brennstoffen benötigt, die ihrerseits künftig fossile ersetzen sollen. Das wird etwa bei der Herstellung von Schiffs- und Flugzeugtreibstoffen eine wichtige Rolle spielen, da Wasserstoff unter anderem zu den Derivaten e-Kerosin oder Ammoniak weiterverarbeitet werden kann.
Ziel der Verwaltungspartnerschaft ist es, in Namibia die Entwicklung einer Qualitätsinfrastruktur für eine sichere Wertschöpfungskette von grünem Wasserstoff – von der Produktion über die Speicherung und den Transport bis zur Nutzung – zu unterstützen. Eine solche Qualitätsinfrastruktur beinhaltet die Einführung technischer Standards und Normen für grünen Wasserstoff, die Beratung bei der Formulierung der erforderlichen Gesetze und schließlich die Ausbildung namibischer Fachkräfte.
Davon sollen beide Länder langfristig profitieren: Namibia wird dabei unterstützt, sich als Anbieter für nicht-fossile Brennstoffe auf dem internationalen Markt zu etablieren, und für die deutsche Wirtschaft entsteht ein wachsendes und nachhaltiges Angebot des zunehmend wichtiger werdenden Energieträgers.
Von deutscher Seite unterstützen die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) und das Deutsche Institut für Normung e.V. (DIN) die namibischen Regierungsbehörden.
Bilaterale Verwaltungspartnerschaft soll technische Umsetzung befördern
Der Verwaltungspartnerschaft mit Namibia zum Aufbau einer Qualitätsinfrastruktur für grünen Wasserstoff ist ein EU-Twinning-Vorhaben vorausgegangen, an dem Deutschland und Schweden beteiligt waren. Von Februar 2022 bis Januar 2024 haben von deutscher Seite das BMWK und die PTB, gemeinsam mit der Deutschen Akkreditierungsstelle, dem DIN sowie dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit das namibische Ministerium für Handel und Industrie und die nationale Standardisierungsbehörde beraten. Dabei ging es um die Weiterentwicklung der namibischen Qualitätsinfrastruktur zur Umsetzung des Wirtschaftspartnerschaftsabkommens (Economic Partnership Agreement) zwischen der EU und den Staaten der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (SADC).
Bei dem Thema grüner Wasserstoff für Namibia steht bislang die Wirtschaftlichkeit und weniger die konkrete technische Umsetzung, also der Bau und der Betrieb der erforderlichen Anlagen, im Vordergrund. Doch bevor mit der Umsetzung begonnen werden kann, muss eine Reihe von Voraussetzungen der Qualitätssicherung erfüllt sein. Moritz Ackermann war für die PTB an dem EU-Twinning-Vorhaben beteiligt. „Um grünen Wasserstoff in Namibia sicher produzieren und lagern zu können, ist der Aufbau einer entsprechenden Qualitätsinfrastruktur unerlässlich“, erklärt Ackermann. „Ohne eine funktionierende Qualitätsinfrastruktur ist dies nicht möglich.“
Aus den Erfahrungen, die die PTB im Rahmen des EU-Twinning-Projekts gesammelt hat, entwickelte sie einen Vorschlag für das BMWK, der eine Fortführung der Arbeit zum Thema grüner Wasserstoff ermöglicht. Daraus entstand die bilaterale Verwaltungspartnerschaft, die die Bereiche „Gesetzlicher Rahmen“, „Qualitätsinfrastruktur-Dienstleistungen“ und „Normung“ umfasst.
Ein zentrales Anliegen bei der Produktion und Lagerung von Wasserstoff ist die Sicherheit. Ackermann betont: „Wasserstoff ist hochexplosiv. Es brennt ohne sichtbare Flamme und ist äußerst reaktiv. Aus diesem Grund ist der Explosionsschutz extrem wichtig.“ Hierzu steht die PTB unter anderem im Austausch mit dem namibischen Electricity Control Board, um den regulatorischen Rahmen zu schaffen, der den internationalen Anforderungen und Normen entspricht.
Ausbau der Standardisierung und Normung, um Sicherheit, Effizienz und internationale Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten
Jörg Seifarth, Projektkoordinator beim DIN, sieht einen großen Bedarf an Normung für die Herstellung von grünem Wasserstoff in Namibia und betont das starke Interesse der deutschen Wirtschaft, das Land dabei zu unterstützen. Deutschland benötige grünen Wasserstoff, um die Energiewende voranzutreiben. Zudem hilft er, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern und erneuerbare Energien effizienter zu nutzen.
Ein entscheidender Aspekt bei der Produktion und Lagerung von Wasserstoff ist die Materialbeständigkeit. Die Lagerung von Wasserstoff erfordert, dass das umgebende Metall hohen Drücken standhält. Dies stellt große Anforderungen an die Herstellung und Wartung von Maschinen, Leitungen und Behältern. Um diese Herausforderungen zu meistern, sei eine starke Qualitätsinfrastruktur unerlässlich, sagt Seifarth. Dies sei einer der Hauptgründe, warum die Standardisierung und die Normung in Namibia ausgebaut werden sollen – sie gewährleiste Sicherheit, Effizienz und internationale Wettbewerbsfähigkeit.
Die Produktion müsse in einem volkswirtschaftlich bedeutsamen Maßstab erfolgen, um den steigenden Bedarf zu decken. Namibia sei hierfür ein geeigneter Partner, da das Land zwar dünn besiedelt sei, aber über enorme Ressourcen an Wind- und Solarenergie verfüge. Diese erneuerbaren Energien seien essenziell, um Wasserstoff nachhaltig und klimafreundlich zu produzieren.
Das DIN unterstützt die namibische Standardisierungsbehörde Namibian Standards Institution (NSI) mit seiner Expertise. Die Schulungen finden auf Arbeitsebene statt, um sicherzustellen, dass die Mitarbeiter in Namibia die notwendigen Kenntnisse erwerben, die sie befähigen, in der internationalen Normung mitwirken zu können. Dies soll langfristig auch dazu beitragen, Namibia als internationalen Akteur im Bereich der Normung zu etablieren. Das stärkt wiederum die Wettbewerbsfähigkeit des Landes.
Ausbau der Schweißkapazitäten als eine Grundvoraussetzung für Wasserstofftechnologie
Als Use Case bei der Weiterentwicklung der Qualitätsinfrastruktur in den Wasserstofftechnologien unterstützt die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) den Ausbau der Schweißtechnik in Namibia. Das umfasst den Wissenstransfer sowie eine hochwertige Ausbildung und Qualifizierung von schweißtechnischem Personal.
Prof. Thomas Böllinghaus, Leiter der Abteilung Komponentensicherheit des BAM und Präsident des International In stitute of Welding (IIW), sieht den Ausbau der Schweißtechnik als eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche, sichere und nachhaltige Einführung der Wasserstofftechnologien sowie für die Industrialisierung allgemein in Namibia.
„Fast alle metallischen Komponenten müssen geschweißt werden für die Herstellung und Lagerung von Wasserstoff. Dafür braucht es automatisierte Verfahren, damit es nicht vom manuellen Geschick eines Schweißers abhängt, ob die hohen Anforderungen erfüllt werden oder nicht“, sagt Böllinghaus.
Die BAM kooperiert seit drei Jahren eng mit der University of Namibia (UNAM) zu grünen Wasserstofftechnologien. Es gehe darum, dass sich Namibia nicht nur als wirtschaftlicher, sondern auch als wissenschaftlicher Partner auf Augenhöhe entwickelt, sagt Böllinghaus. Nur so könne Namibia eigene Innovationen entwickeln, und dies sei eine Grundvoraussetzung für eine nachhaltige Industrialisierung des Landes.
In der Schweißtechnik ist das System der Ausbildung, Qualifizierung und Zertifizierung genormt und wird weltweit vom International Institute of Welding (IIW) in über 50 Ländern im Rahmen von so genannten Authorized Nominated Bodies (ANBs) autorisiert. Böllinghaus: „In der Schweißtechnik läuft alles über Industrie-Verbände, jedes Land hat einen eigenen schweißtechnischen Verband. Im Rahmen der Verwaltungspartnerschaft helfen wir als BAM, dass sich der neu gegründete Verband in Namibia, die Association for Welding and Allied Processes of Namibia, als ANB im IIW qualifiziert. Ziel ist es, dass Namibia dann als drittes Land auf dem afrikanischen Kontinent selbst schweißtechnisches Personal nach den internationalen Maßstäben qualifizieren und entsprechende Trainingscenter und Institute zulassen kann.
Namibia brauche aber nicht nur eine Vielzahl ausgebildeter und international zertifizierter Schweißer, um die Wasserstoffanlagen zu bauen. Gleichermaßen werde auch schweißtechnisch koordinierendes und leitendes Personal benötigt. Als ein erstes Ergebnis der Verwaltungspartnerschaft werde daher bereits die Ausbildung als International Welding Engineer an der UNAM etabliert. Im Rahmen der weiteren Entwicklung als ANB wird dann in Walfish Bay ein Trainingszentrum entstehen, in dem Personal vom Schweißer bis zum Schweißtechniker praxisorientiert ausgebildet wird.
KONTAKT & MEHR ZUM THEMA:
Referat: EB6 – Internationale Verwaltungspartnerschaften (inkl. EU-Twinning), Regierungsberatung