Die Automobilindustrie ist die größte Branche des Verarbeitenden Gewerbes und gemessen am Umsatz der mit Abstand bedeutendste Industriezweig in Deutschland. Die Unternehmen der Branche erwirtschafteten im Jahr 2021 einen Umsatz von gut 411 Milliarden Euro und beschäftigten direkt knapp 786.000 Personen. Die Automobilindustrie hat daher eine sehr hohe Bedeutung für Wohlstand und Beschäftigung in Deutschland.
Die Fahrzeug- und Motorenhersteller tragen mehr als drei Viertel (318 Milliarden Euro) zum Gesamtumsatz der Automobilindustrie bei. Vom Branchenumsatz erwirtschafteten die Automobilzulieferer knapp ein Fünftel (79,7 Milliarden Euro) und die Hersteller von Aufbauten und Anhängern rund drei Prozent (13,1 Milliarden Euro). Zwei Drittel des Umsatzes (274 Milliarden Euro) erzielten die Unternehmen der deutschen Automobilindustrie im Ausland, insbesondere auch in den Ländern außerhalb der Europäischen Union.
Die Wertschöpfungskette in der Automobilindustrie ist sehr stark ausdifferenziert. Die Fahrzeugfertigung erfordert den Zukauf von Teilen, Komponenten und Rohstoffen, sodass auch Branchen, die vordergründig wenig mit dem Automobilbau zu tun haben, an der Herstellung von Kraftfahrzeugen beteiligt sind und davon profitieren. Dazu gehören Investitionsgüter, Material- und Teilelieferungen unter anderem aus der chemischen Industrie, der Textilindustrie, dem Maschinenbau und der elektrotechnischen Industrie sowie der Stahl- und Aluminiumindustrie. Außerdem sind Ingenieurbüros, Autohändler, Werkstätten und Tankstellen, aber auch weitere Dienstleistungen rund um das Auto direkt oder indirekt von der Automobilkonjunktur abhängig.
Mit der verstärkten Arbeitsteilung und der Nachfrage nach Vorleistungen erwirtschaften die vorrangig mittelständisch geprägten Zuliefererunternehmen mittlerweile den Großteil der Wertschöpfung der Automobilindustrie – etwa 70 Prozent – am Standort Deutschland. Im Laufe der Jahre haben die Unternehmen hier Systemkompetenzen aufgebaut, um der zunehmenden Arbeitsteilung bei gleichzeitig verstärkter Zusammenarbeit in komplexen Liefernetzwerken von Fahrzeugherstellern und Zulieferern aus verschiedenen Industrie- und Dienstleistungszweigen gerecht zu werden. Diese charakteristisch enge Entwicklungs- und Systemlandschaft der deutschen Automobilindustrie unter Einbindung von externen Forschungseinrichtungen ist weltweit einzigartig.
Eine zentrale Säule des weltweiten Erfolgs der deutschen Automobilindustrie ist ihre Innovationsführerschaft. Im Jahr 2018 haben die Unternehmen der deutschen Automobilindustrie ihre weltweiten Aufwendungen für Forschung und Entwicklung (FuE) auf 44,6 Milliarden Euro erhöht. Das entspricht einem Zuwachs von über 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit liegt sie an der Spitze vor japanischen und amerikanischen Unternehmen. Laut Europäischer Kommission entfällt mehr als ein Drittel der gesamten weltweiten FuE-Ausgaben der Automobilbranche auf die deutsche Automobilindustrie. Zudem sind drei Unternehmen aus Deutschland unter den Top 5 der FuE-Investoren im Automobilbereich. Damit erreicht die deutsche Automobilindustrie erneut den höchsten FuE-Anteil in der deutschen Wirtschaft, rund 38 Prozent.
Im nationalen und internationalen Wettbewerb genießen vor allem qualitativ hochwertige Premiumfahrzeuge aus Deutschland ein hohes Ansehen. Sie bedürfen fortwährend technischer Innovationen und Verbesserungen. Die deutsche Automobilindustrie gilt hier als weltweiter Impulsgeber für Produkt- und Prozessinnovationen. Enge Unternehmensnetzwerke und intensive wissenschaftliche Kooperationen zwischen Automobilunternehmen und Forschungsinstituten sowie Hochschulen ermöglichen die fachübergreifende Entwicklung von einzigartigen Innovationen. Dies trägt entscheidend dazu bei, dass das Beschäftigungsniveau in der Automobilindustrie am Hochlohnstandort Deutschland seit über zwanzig Jahren gehalten werden konnte. Das zeigt sich auch bei den Beschäftigten im Forschungsbereich. So sind knapp ein Drittel (29 Prozent) der Beschäftigten im Forschungsbereich der gesamten deutschen Wirtschaft in der Automobilbranche tätig. Im Jahr 2019 waren es 139.331 Beschäftigte.
Der Automobilstandort Deutschland lebt von offenen Märkten und vom Export. Zuletzt wurden rund 76 Prozent der in Deutschland produzierten Pkw in andere Länder exportiert. Deshalb ist der Zugang zu Auslandsmärkten ein zentrales Thema für die deutsche Automobilindustrie. Allerdings erschweren immer mehr handelshemmende Maßnahmen vieler Länder die Ausfuhr. Dies führt im Ergebnis zu einer Verzerrung des Wettbewerbs und belastet die Industrie im Exportland ebenso wie die Konsumenten in den Importländern. Auf Grund solcher Restriktionen und vor dem Hintergrund der Globalisierung hat auch die deutsche Automobilindustrie zunehmend Werke in den wachstumsstarken Regionen im Ausland errichtet.
Die deutsche Automobilindustrie konnte Produktion und Absatz in der letzten Dekade deutlich ausweiten. Aufgrund der konjunkturellen Abschwächung der Nachfrage auf den Weltmärkten seit 2019 sowie infolge der Auswirkungen der Corona-Pandemie und der Lieferengpässe bei bestimmten Vorprodukten (Halbleiter) seit Anfang 2020 wurden im Jahr 2021 nur rund 3,1 Millionen Pkw in Deutschland hergestellt; im selben Jahr wurden rund 9,1 Millionen Pkw im Ausland produziert (deutsche Konzernmarken). Auch durch Auslandsproduktion konnten bislang Arbeitsplätze im Inland gesichert und neu geschaffen werden, zum Beispiel im FuE-Bereich und in der Modellentwicklung. Im letzten Jahr vor Beginn der Corona-Pandemie wurden in Deutschland noch 4,7 Millionen Pkw neu gebaut.
Aufgrund ihrer international geprägten Wertschöpfungskette und ihrer hohen Exportquote ist die deutsche Automobilindustrie besonders von Lokalisierungsbestrebungen und zunehmenden Handelshemmnissen betroffen. Das Bundeswirtschaftsministerium arbeitet mit allem Nachdruck auf weltweit offene Märkte und fairen Marktzugang hin.
Die Bundesregierung vertritt die Interessen des Wirtschaftsstandorts Deutschland in den Verhandlungen von multilateralen, plurilateralen, regionalen und bilateralen Freihandelsinitiativen der EU, zum Beispiel mit Japan, den Mercosur-Staaten oder Mexiko. Neben der Weiterentwicklung offener Märkte ist es wichtig, wettbewerbsverzerrende Handels- und Subventionspraktiken des Auslands abzuwehren und die handelspolitischen Schutzinstrumente der Welthandelsorganisation und der EU regelmäßig zu modernisieren. Durch Anti-Dumping-Maßnahmen und gemeinsame europäische Regeln für staatlich gelenkte Direktinvestitionen sollen europäische Unternehmen und Industriestandorte wirksamer gegen unfaire Wettbewerbssituationen geschützt werden.