1. Erzeugung von Wasserstoff
Basis einer Wasserstoffwirtschaft ist die verlässliche und nachhaltige Erzeugung von Wasserstoff, der mit im Vergleich zu konventionellen Energieträgern wettbewerbsfähigen Kosten bereitgestellt werden kann. Um eine deutliche Kostensenkung bei der Herstellung zu erreichen, müssen für den sogenannten „grünen“ Wasserstoff zunächst Erzeugungsanlagen (sog. Elektrolyseure) im industriellen Maßstab aufgebaut werden. Gleichzeitig muss ein verstärkter Ausbau der erneuerbaren Energien erfolgen, um den für die Erzeugung dieses grünen Wasserstoffs benötigten Ökostrom bereitzustellen. Damit sich Investitionen in die Wasserstoff-Produktion lohnen, muss er auf der Anwendungsseite auch nachgefragt werden. Die Förderung von Wasserstoffanwendungen fokussiert sich dabei zunächst auf Sektoren, in denen der Einsatz von Wasserstoff nahe an der Wirtschaftlichkeit ist, sowie auf Industriezweige, in denen keine alternativen Technologien zur Dekarbonisierung verfügbar sind (z.B. Stahl- oder Chemieindustrie).
2. Verkehr
Wasserstoff ist ein wichtiger Baustein für eine nachhaltige und klimafreundliche Mobilität und ergänzt – über alle Verkehrsträger hinweg – andere alternative Antriebsformen. Vor allem bei großen und schweren Fahrzeugen (z.B. im Schwerlast-, Luft- und Seeschiffsverkehr), bei denen der batterieelektrische Antrieb nicht für alle Einsatzbereiche geeignet ist, hat die Nutzung von Wasserstoff in der Brennstoffzelle oder als Ausgangsbasis für erneuerbare strombasierte Kraftstoffe großes Potenzial. Zu den konkreten Maßnahmen im Verkehrsbereich gehört u.a. die Förderung von grünem Wasserstoff bei der Kraftstoffherstellung und als Alternative zu konventionellen Kraftstoffen, z.B. im Luftverkehr. Weitere Fördermaßnahmen adressieren Forschung und Entwicklung sowie Investitionen in Wasserstoff-Fahrzeuge, vor allem im Schwerlast-, Luft- und Schiffsverkehr.
3. Industrie
Die Bundesregierung fördert die Umstellung von auf der Nutzung fossiler Rohstoffe fußenden Technologien auf treibhausgasarme oder -neutrale Verfahren. Dadurch sollen prozessbedingte Emissionen der Industrie reduziert werden. Diese Umstellung spielt insbesondere in der Stahl- und Chemieindustrie eine zentrale Rolle. Als Förderbeispiel sei hier das Projekt „Carbon2Chem“ genannt, in dem bei der Stahlerzeugung anfallende Hüttengase durch die branchenübergreifende Zusammenarbeit von Stahl-, Chemie- und Energieindustrie in wirtschaftlich verwertbare Vorprodukte für Kraftstoffe, Kunststoffe oder Düngemittel umgewandelt werden sollen. Zudem sind neben Investitionskostenzuschüssen auch Förderinstrumente geplant, die den wirtschaftlichen Betrieb von Elektrolyseanlagen unterstützen. Über sogenannte „Carbon Contracts for Difference“ (Klimaschutzdifferenzverträge) zwischen Staat und Unternehmen der energieintensiven Industrie sollen die Mehrkosten klimafreundlicher Produktionsverfahren gegenüber herkömmlichen Verfahren ausgeglichen werden. Ziel ist es, der Industrie dadurch Investitionssicherheit und Anreize für ein Vorziehen von Klimaschutz-Projekten zu geben.
4. Wärme
Im Gebäudebereich fördert der Bund seit 2016 die Anschaffung hocheffizienter Brennstoffzellenheizgeräte. Diese Förderung läuft noch bis Ende des Jahres 2022, eine Fortsetzung wird im Laufe des Jahres 2022 auf der Grundlage der Evaluation der Förderung geprüft. Es geht um die Frage, wie die Brennstoffzellentechnologie weiter im Rahmen der Technologieförderung unterstützt werden kann. Bei Fortführung der Förderung müssen klare Kostendegressionen in der Förderung festgeschrieben werden.
5. Infrastruktur/Versorgung
Eine sichere, bedarfsgerechte und effiziente Versorgung mit Wasserstoff bildet das Fundament einer Wasserstoffwirtschaft. Dabei werden die Potenziale einer Umwidmung bestehender Infrastrukturen – wie etwa Erdgaspipelines – erkundet und gefördert. Wo dies nötig ist, wird der Aufbau neuer Versorgungsstrukturen unterstützt. Dabei wird besonderes Augenmerk auf den Ausbau des Wasserstofftankstellennetzes für Straßenverkehr, Schienennetz und Wasserstraßen gelegt.
6. Forschung, Bildung und Innovation
Neue wissenschaftliche Erkenntnisse sind die Basis für technologische Innovationen. Mit Initiativen der Forschungsförderung wird entlang der gesamten Wasserstoff-Wertschöpfungskette die Basis für künftige Markterfolge gelegt und der Transfer von Innovationen in die industrielle Praxis beschleunigt. Hervorzuheben sind hierbei die drei Wasserstoff-Leitprojekte H2Giga, H2Mare und TransHyDE sowie die vier Kopernikus-Projekte. Mit der ressortübergreifenden Forschungsoffensive „Wasserstofftechnologien 2030“ werden die Forschungsmaßnahmen zu Wasserstoff-Schlüsseltechnologien strategisch gebündelt: Hierzu zählen die relativ kleinen, aber zahlreichen Projekte der angewandten Energieforschung, die „Reallabore der Energiewende“, die neue Technologien im industriellen Maßstab demonstrieren (seit 2020 fünf Reallabore gestartet) sowie das technologieoffene, interdisziplinäre Forum „Forschungsnetzwerk Wasserstoff“.
7. Europäischer Handlungsbedarf
Auch auf EU-Ebene wollen wir den Hochlauf von Wasserstofftechnologien vorantreiben. Vor dem Hintergrund des „European Green Deal“ setzt sich die Bundesregierung unter anderem für eine beschleunigte Umsetzung der EU-Wasserstoffinitiativen ein. Ein wichtiger Schritt war die Schaffung eines neuen „Important Project of Common European Interest (IPCEI) Wasserstoff“ als gemeinsames Projekt mit anderen Mitgliedstaaten Ende 2020. Unter diesem europäischen Förderinstrument sollen Leuchtturmprojekte gefördert werden, die die gesamte Wasserstoff-Wertschöpfungskette adressieren.
Für den gemeinsamen Binnenmarkt ist es auch wichtig, verlässliche europaweit einheitliche Nachhaltigkeits- und Zertifizierungsstandards zu entwickeln. Mit Blick auf den künftigen globalen Wasserstoffhandel sollte dabei bereits auf Kompatibilität mit internationalen Standards geachtet werden. Dazu gehören zum Beispiel Herkunftsnachweise für Strom aus erneuerbaren Energien sowie für grünen Wasserstoff.
8. Internationaler Wasserstoffmarkt und außenwirtschaftliche Partnerschaften
Der Markthochlauf von Wasserstofftechnologien kann nicht als deutsche Insellösung funktionieren, sondern letztlich nur im Rahmen eines globalen Marktes. Denn der geplante Aufbau eines inländischen Wasserstoffmarkts wird bei Weitem nicht ausreichen, um die für die angestrebte Dekarbonisierung benötigten Mengen an Wasserstoff bereitzustellen. Ein Großteil des Bedarfs wird Deutschland durch Wasserstoffimporte abdecken müssen. Daher verstärken wir unsere Aktivitäten zum Aufbau und zur Intensivierung internationaler Kooperationen zum Thema Wasserstoff auf allen Ebenen, insbesondere im Rahmen der bestehenden Energiepartnerschaften. Neben der Sicherung des deutschen Importbedarfs und der Nutzung von Exportchancen deutscher Wasserstofftechnologie, wird dabei im Rahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit auch zu einer nachhaltigen Entwicklung der Energieversorgung in den Partnerländern beigetragen.