Deutschland zum Innovationsstandort für das automatisierte und vernetzte Fahren machen Cover

Zur wissenschaftlichen Unterstützung der Arbeit des vom Minister eingesetzten Expertenkreises Transformation der Automobilwirtschaft (ETA) hat das BMWK (IVA5) eine Begleitforschung in Form mehrerer Studien vergeben. Für die fundierte Herleitung von Handlungsempfehlungen zu dem im Koalitionsvertrag formulierten Ziel, „Deutschland zum Innovationsstandort für das automatisierte und vernetzte Fahren machen“, wurde die Begleitforschung an ein Konsortium aus Fraunhofer IAO und CAM vergeben. In enger Abstimmung mit der ETA-Arbeitsgruppe „Smart Car“ und dem BMWK hat das Konsortium eine Kurzstudie zum Thema vorgelegt, in der Herausforderungen und mögliche Maßnahmen zur Skalierbarkeit von automatisierten und vernetzten Fahrsystemen (AVF) betrachtet werden.

Die Kurzstudie kommt zu folgenden zentralen Ergebnissen:

  • Im Bereich der Fahrzeuge im Privatbesitz nehmen inländische OEM und
    Zulieferer eine technologisch führende Rolle ein. Sie liegen mit serienreifen Fahr-
    und Parksystemen der Stufen 2 und 2+ (der Fahrer ist jederzeit verantwortlich
    und fährt) sowie ersten Zertifizierungen der Stufen 3 und 4 (die Fahrerin kann
    sich zeitweise oder vollständig vom Verkehr abwenden, das Fahrzeug
    übernimmt) noch auf Augenhöhe mit Wettbewerbern aus USA und CHN.
    Allerdings ist die Skalierbarkeit und damit die Nutzbarkeit der Funktionalitäten in
    der Praxis noch stark eingeschränkt.
  • Im Bereich der nutzungszentrierten Sharing-Betriebsmodelle wie Robotaxis und
    Roboshuttles befinden sich die EU und DEU noch im Test- und
    Erprobungsbetrieb, während in CHN und USA verschiedene Akteure (Cruise,
    Waymo, Baidu/Apollo, Pony.ai) in einigen Städten bereits kommerzielle Dienste
    – häufig schon ohne Sicherheitsfahrer – anbieten.
  • Eine starke Positionierung DEU OEM besteht in wichtigen aber zumeist
    hardware-fokussierten Teilbereichen des AVF-Systems, während Defizite vor
    allem bei Software- und Daten-basierten Modulen sowie auf Gesamtebene
    vorzufinden sind.



Im Rahmen einer Metaanalyse wurden drei zentrale Herausforderungen
herausgearbeitet:

  1. Rahmenbedingungen zur Umsetzung von AVF-Systemen in DEU / EU
    sind zwar vorhanden, werden aber von Akteuren als noch zu unsicher
    eingestuft (Fehlende Erfahrung mit der Kommerzialisierung von Level-4-
    Anwendungsfällen, empfundene (finanzielle) Risiken auf Seiten des
    Geschäftsmodells sowie technologische wie regulatorische Hürden).
  2. Befürchtete Trittbrettfahrer-Effekte und eine erwartete „First-Mover-
    Disadvantage“ verhindern die Entstehung eines übergreifenden
    Wertschöpfungsnetzwerks und führen zu einer Deadlock Situation.
  3. Als Konsequenz setzt keiner der DEU Akteure einen Impuls zur
    Entstehung eines AVF-Wertschöpfungsnetzwerks und damit zur
    Bewältigung der systemischen Voraussetzungen.



Vorgeschlagen werden fünf Handlungsfelder, um Hemmschwellen zu beseitigen
und DEU bis zum Ende der Dekade zu einem AVF-Innovationsstandort zu
avancieren:

  1. Förderung skalierfähiger Anwendungsfälle nahe Marktreife
  2. Aufbau einer nationalen Koordinationsstelle AVF
  3. Definition bundesweit homogener und unbürokratischer
    Genehmigungsprozesse
  4. Bewältigung weiterer relevanter Einzelherausforderungen
  5. Entwicklung eines homogenen Marktes