Die neue Erzeugungslandschaft mit Strom aus wachsenden Anteilen von erneuerbaren Energien schafft neue Herausforderungen für das Netz: Strom muss teilweise über weite Strecken von den Stromerzeugern zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern gelangen.
So wird etwa der erneuerbare Strom aus Windenergie vorrangig im Norden und Osten sowie auf See erzeugt, wo der Wind besonders stark weht. Die größten Stromverbraucher - allen voran große Industriebetriebe - befinden sich aber im Süden und Westen Deutschlands. Der im Norden erzeugte „Windstrom“ muss also dorthin transportiert werden.
Netze fit für die Energiewende machen
Bis 2022 werden die deutschen Kernkraftwerke schrittweise außer Betrieb genommen - und auch andere konventionelle Kraftwerke werden stillgelegt. Diesen Wandel zeichnet auch das Stromnetz nach: Insgesamt müssen in den nächsten Jahren über 7.500 Kilometer im Übertragungsnetz optimiert, verstärkt oder neu gebaut werden. Eine besondere Rolle spielen hierbei die Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungen (HGÜ-Leitungen), die sogenannten Stromautobahnen, wie SuedLink oder SuedOstLink. Auch der Ausbau der Verbindungen zu unseren europäischen Nachbarn wird immer wichtiger, denn die Energiewende ist zunehmend europäisch eingebettet. So können wir etwa Wasserkraft in Skandinavien und den Alpenländern mit Windkraft und Photovoltaik in Deutschland verbinden. Damit senken wir die Kosten der Energiewende.
Während früher der Strom in einer Einbahnstraße vom Kraftwerk über die Übertragungsnetze und die Verteilernetze bis zum Verbraucher floss, müssen die Netze heute Stromtransport mit Gegenverkehr bewältigen: der Strom fließt nicht nur von „oben nach unten“, sondern auch von „unten nach oben“. Um Erzeugung und Verbrauch bedarfs- und verbrauchsorientiert aufeinander abzustimmen, muss das Stromnetz also „intelligenter“ beziehungsweise „smarter“ werden.
Rahmenbedingungen für das Stromnetz der Zukunft
Das gesamte Stromnetz mit seinen unterschiedlichen Ebenen muss fit für die Energiewende werden. Um den Ausbau auf Übertragungs- und Verteilernetzebene weiter zügig voranzutreiben, ihn bürgerfreundlich auszugestalten und die Stromnetze fit für die neuen Aufgaben zu machen, wurden mit dem Gesetz zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus, dem Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende und der Novelle der Anreizregulierungsverordnung wichtige Weichenstellungen beschlossen. Mehr zu den Rahmenbedingungen des Netzausbaus finden Sie hier.
Aktionsplan Stromnetz
Um den stockenden Netzausbau aktiv zu beschleunigen, hat das Bundeswirtschaftsministerium im August 2018 den „Aktionsplan Stromnetz“ (PDF, 92 KB) vorgelegt. Dieser verfolgt eine doppelte Strategie: Einerseits sollen bestehende Netze mit neuen Technologien und Betriebskonzepten optimiert werden. Andererseits soll der Netzausbau mit vereinfachten Planungsverfahren und einem vorausschauenden Controlling (PDF, 130 KB) beschleunigt werden. Kernelemente des Controllings sind die Zeitpläne für jedes Netzausbauvorhaben. Bei regelmäßigen Treffen von Bundeswirtschaftsministerium, Bundesnetzagentur, Ländern und Netzbetreibern wird über jedes Vorhaben gesprochen. So können die Beteiligten konkrete Hindernisse und Risiken für die Zeitpläne frühzeitig identifizieren und Gegenmaßnahmen ergreifen. Mehr Informationen zum Controlling finden Sie hier (PDF, 130 KB).
Diskussionsprozess „Strom 2030“
Deutschland hat sich ambitionierte Ziele gesetzt: Die Investitionen in Effizienztechnologien zu erhöhen und Treibhausgasemissionen bis 2050 weitgehend zu vermeiden. Dabei ist die Zeit bis 2030 entscheidend. Mit „Strom 2030“ richtet das BMWK daher den Blick nach vorne: In den Energiewende-Plattformen Strommarkt und Energienetze wurden auf der Grundlage aktueller Studien zwölf langfristige Trends für den Stromsektor diskutiert. Die Trends beschreiben, wie Wind- und Solarstrom zunehmend das Energiesystem prägen, schrittweise zu wichtigen Energieträgern werden und wie die Stromversorgung dabei sicher und kostengünstig bleibt. Die Ergebnisse des Diskussionsprozesses können Sie in diesem Ergebnispapier nachlesen.
Netzentwicklungsplan 2019-2030
Der Netzentwicklungsplan 2019-2030 ist im Dezember 2019 von der Bundesnetzagentur bestätigt worden. Der Plan zeigt den zur Erreichung der Klimaziele in Deutschland erforderlichen Netzausbau- und Netzoptimierungsbedarf bis 2030. Dabei beschreibt er keine konkreten Trassenverläufe, sondern nur den Übertragungsbedarf zwischen bestimmten Netzverknüpfungspunkten. Er berücksichtigt den Kohleausstieg entsprechend der Ergebnisse der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ sowie erstmalig die Planung der Anbindungssysteme für Offshore-Windstrom. Zuvor wurden die Entwürfe der Übertragungsnetzbetreiber öffentlich konsultiert und von der Bundesnetzagentur geprüft. Mehr Informationen erhalten Sie hier.
Der Netzausbau schreitet voran
Damit die Stromversorgung sicher und bezahlbar bleibt, müssen in Deutschland mehrere tausend Kilometer Stromtrassen um- und ausgebaut werden. Eine Mammutaufgabe, die 2019 durch eine verbesserte Zusammenarbeit aller Beteiligten und weniger Bürokratie deutlich vorangekommen ist.
Ende 2019 waren rund die Hälfte aller Projekte nach dem Energieleitungsausbaugesetz in Betrieb, ein weiteres Drittel ist im Bau. Gemäß den vereinbarten Zeitplänen (PDF, 130 KB) sollen bis Ende 2020 rund 90 Prozent dieser Vorhaben im Bau oder bereits in Betrieb sein. Für den SuedOstLink, die erste der großen Nord-Süd-Stromautobahnen, steht inzwischen der komplette Erdkabel-Trassenkorridor fest. Sie ist die erste Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs-Leitung. Bis Ende des Jahres sollen knapp 90 Prozent der Vorhaben nach dem aktuellen Bundesbedarfsplangesetz in der Planfeststellungsphase oder weiter sein. Damit ist der Netzausbau 2019 ein großes Stück vorangekommen.
Auch mit Blick auf die einzelnen Genehmigungs-Jahre hat sich viel getan: Von den 2009 genehmigten Ausbau-Vorhaben sind bereits 767 Kilometer (46 Prozent) in Betrieb, weitere 471 Kilometer (28 Prozent) werden gerade gebaut. 1.579 Kilometer (63 Prozent) der 2013 genehmigten Vorhaben waren Ende 2019 im Planfeststellungsverfahren oder weiter fortgeschritten. 2018 waren es noch 49 Prozent. An dem Zuwachs von 14 Prozent hatte auch der Bürokratieabbau durch die Überarbeitung des Gesetzes zur Beschleunigung des Netzausbaus (NABEG 2.0) großen Anteil. Es hat viele Verfahren zum Netzausbau schlanker gestaltet, gerade wenn es um Optimierung oder Verstärkung bestehender Leitungen ging. Bei mehreren Netzausbauprojekten hat das Gesetz direkt geholfen und die behördlichen Verfahren um mehrere Jahre verkürzt. Auch bei den jüngsten Vorhaben aus 2015 sind 949 Kilometer (27 Prozent) bereits im Planfeststellungsverfahren oder weiter fortgeschritten. 2018 waren es noch 821 Kilometer.
Der Fortschritt zum Netzausbau ist in einem Flyer (PDF, 825 KB) zusammengefasst. Weitere Informationen zum aktuellen Stand aller Netzausbauvorhaben sind auf der Website www.netzausbau.de der Bundesnetzagentur zu finden.