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Sanktionen

Einleitung

Zu den Regelungsgegenständen des Außenwirtschaftsrechts gehören „Sanktionen“ bzw. „Embargos“. Diese „restriktiven Maßnahmen“ (so der Sprachgebrauch des Unionsrechts) sind Beschränkungen des Außenwirtschaftsverkehrs in Form von internationalen Wirtschafts- und Finanzsanktionen, die aus außen- oder sicherheitspolitischen Gründen gegen bestimmte Länder oder spezifische Personen und Einrichtungen angeordnet werden. Verhängt werden diese durch Resolutionen des VN-Sicherheitsrats und darauf aufbauende oder autonom erlassene Beschlüsse und Verordnungen der Europäischen Union. Die per EU-Verordnung erlassenen Maßnahmen sind in allen EU-Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar; nur Waffenembargos (und Einreiseverbote) werden national durch Rechtsakte der Mitgliedstaaten umgesetzt. Im Übrigen sind im nationalen Außenwirtschaftsrecht Vorschriften zu Strafbarkeit und Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit Sanktionsverstößen geregelt.

Bei der operativen Umsetzung der Sanktionen wirken verschiedene Bundes- und Landesbehörden entsprechend ihrer Kompetenzen und Zuständigkeiten zusammen. Sanktionen sind in aller Regel als Handlungsverbote normiert. Rechtsfolgen einer EU-„Listung“ von Personen und Entitäten (im Anhang einer EU-Sanktionsverordnung) sind das Einfrieren der Vermögenswerte dieser Personen und Entitäten (Verfügungsverbot) sowie ein Bereitstellungsverbot ihnen gegenüber. Unternehmen sowie sonstige Wirtschaftsbeteiligte haben eigenverantwortlich sicherzustellen, dass sie das EU-Sanktionsrecht beachten. Verstöße gegen Sanktionen stellen in Deutschland Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten dar. Soweit eine EU-Sanktionsverordnung Genehmigungspflichten oder die Möglichkeit von Ausnahmegenehmigungen für die Lieferung von Gütern oder für die Erbringung von nicht-finanzbezogenen Dienstleistungen im Zusammenhang mit Gütern vorsieht, ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) die zuständige Genehmigungsbehörde. Für die administrative Umsetzung von Sanktionen betreffend Gelder, Finanzmittel und Finanzhilfen ist die Deutsche Bundesbank zuständig. Eine Übersicht zu den zuständigen Behörden im Sinne der EU-Sanktionsverordnungen in Deutschland finden Sie hier. Der Zoll überprüft im Rahmen der Zollabfertigung risikoorientiert, ob die Ein-, Aus- oder Durchfuhr einer Ware zulässig ist. Warensendungen werden nicht überlassen, wenn außenwirtschaftsrechtliche Verbote oder Beschränkungen entgegenstehen, d.h. Im- oder Exportverbote bestehen. Die Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung (ZfS) hat insbesondere Ermittlungs- und Überwachungsaufgaben betreffend die Einhaltung der aus einer EU-Listung resultierenden Rechtsfolgen (Einfrieren und Bereitstellungsverbot).

Die EU hat mittlerweile über 40 unterschiedliche Sanktionsregime in Kraft gesetzt. In Reaktion auf die fortgesetzten Angriffe der russischen Streitkräfte in der Ukraine hat die EU – abgestimmt mit den USA, Großbritannien, Kanada und weiteren Partnerländern – seit dem 23.02.2022 in mehreren Tranchen präzedenzlose Wirtschafts- und Finanzsanktionen gegen Russland beschlossen. Diese neuen Sanktionen ergänzen und erweitern die seit 2014 bestehenden EU-Sanktionen.

Detaillierte Informationen zu allen bestehenden Sanktionen bzw. Embargos finden Sie auf der Website des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Aktuelle Informationen zu Sanktionsmaßnahmen der Europäischen Union sind auch über die „Sanktionslandkarte“ der EU abrufbar. Dieser Internetauftritt beinhaltet neben einer Darstellung der länderbezogenen und thematischen Restriktionen eine Verlinkung zu der elektronischen Datenbank der EU ("Consolidated list of persons, groups and entities subject to EU financial sanctions"), in der sämtliche sanktionierte Personen, Organisationen und Einrichtungen aufgeführt sind.

Aufgrund der in Umfang, Reichweite und Grad der internationalen Abstimmung präzedenzlosen Russlandsanktionen liegt darauf der Schwerpunkt der nachfolgenden Informationen.

Fragen und Antworten zu aktuellen Sanktionen

Fragen und Antworten zu aktuellen Sanktionen

Die EU-Sanktionen gegen Russland sind in erster Linie in der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 (Listungen und daraus resultierende Verfügungs- und Bereitstellungsverbote) sowie in der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 (sektorspezifische Sanktionen) enthalten.

Zu Ihrer Unterstützung finden Sie hier eine Übersicht relevanter Dokumente zur Sanktionsdurchsetzung. Für detaillierte Informationen zu den aktuellen Russlandsanktionen finden Sie hier die Fragen und Antworten (FAQ) des BMWK und hier die FAQ der Europäischen Kommission.

Sanktionsumgehung

Bekämpfung russischer Beschaffungsaktivitäten und der damit verbundenen Sanktionsumgehung

Ziel der Sanktionen ist es insbesondere, die russische Fähigkeit zur Kriegsführung zu treffen, indem einerseits der Zugang der russischen Volkswirtschaft zu Einnahmequellen geschwächt sowie andererseits spezifisch der Zugang Russlands zu Komponenten und Technologie für die Waffenproduktion abgeschnitten wird. Daher liegt ein Fokus der Sanktionsdurchsetzung in Deutschland und bei seinen G7-Partnern auf sogenannten kriegswichtigen Gütern (Common High Priority Liste, als Anhang XL der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 Bestandteil des EU-Sanktionsrechts).

Sanktionen entfalten nur dann ihre volle Schlagkraft, wenn sie in der EU konsequent umgesetzt und von einer möglichst großen Gruppe an Partnerländern mitgetragen oder zumindest respektiert werden. Gegenüber Russland sanktionierte Güter gelangen allerdings weiterhin in nicht unerheblichem Maß insbesondere über Drittländer – teils durch komplexe und sehr dynamische russische Beschaffungsnetzwerke organisiert – nach Russland.

Daher steht die effektive Bekämpfung solcher russischen Beschaffungsaktivitäten bzw. allgemein der Sanktionsumgehung immer stärker im Mittelpunkt. Russland soll es so schwer wie möglich gemacht werden, fortschrittliche Materialien, Technologien und militärische Ausrüstung zu erwerben, die es zur weiteren Verletzung des Völkerrechts verwenden kann. Die Verantwortung der jeweiligen nationalen Durchsetzungs-, Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden geht dabei Hand in Hand mit der Eigenverantwortung der Wirtschaftsbeteiligten.

Unternehmen sollten daher stets wachsam sein, ob russische Beschaffung hinter einem konkreten Geschäft versteckt sein könnte.

Hinweispapiere

Zur Unterstützung bei der Beurteilung von Geschäftsanbahnungen und -abschlüssen finden Sie nachfolgend Handreichungen der europäischer und deutscher Behörden, in denen Handlungsoptionen aufgezeigt werden, um die im EU-Sanktionsrecht vorgeschriebenen Sorgfaltspflichten zu erfüllen. Außerdem werden darin beispielhaft kunden-, waren- und länderbezogene Risikoindikatoren aufgezählt, die typischerweise weitere Nachforschungen auslösen sollten:

Jedermannspflicht

Jedermann sollte jegliche Informationen über Sanktionsverstöße, die die Umsetzung der Sanktionsverordnungen erleichtern, an die zuständige Behörde melden.

Aufgrund der in Art. 6b der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 beschriebenen (und auch in vielen anderen EU-Sanktionsregimen enthaltenen) „Jedermannspflicht“ sind natürliche und juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen („Jedermann“) verpflichtet, Informationen, die die Umsetzung der Sanktionsverordnung erleichtern, insbesondere Hinweise auf potentielle Sanktionsverstöße, den zuständigen Behörden zu übermitteln und so das Informationsbild der Behörden zu ergänzen. Ausgenommen von dieser Hinweispflicht ist die durch Art. 7 der Charta der Grundrechte der EU geschützte vertrauliche Kommunikation zwischen Rechtsanwälten und ihren Mandanten. Weitere Ausnahmen für sonstige Berufsgruppen sind für Art. 6b der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 nicht vorgesehen.

Besonders bedeutsam sind Hinweise zur effektiven Bekämpfung russischer Beschaffungsaktivitäten/ warenverkehrsbezogener Sanktionsumgehungen: Hinweise auf potentielle russische Mittelspersonen, Briefkastenfirmen, Beschaffungswege und sonstige Risikoindikationen/sog. „red flags“ fließen in die behördlichen Risikodatenbanken ein und können Grundlage weiterer nachrichtendienstlicher oder strafrechtlicher Ermittlungsmaßnahmen gegen die russischen Beschaffer und ihre Gehilfen sein.

Wie erfolgt die Meldung?

  • Zuständige Behörde für die Entgegennahme von Informationen ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Melderegister-Sanktionen@bafa.bund.de), soweit Güter und güterbezogene Dienstleistungen betroffen sind. Für Informationen betreffend Gelder, Finanzmittel oder Finanzhilfen ist die Bundesbank (sz.finanzsanktionen@bundesbank.de) zuständig.
  • Von der Hinweispflicht werden alle Informationen erfasst, die die Umsetzung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 in der jeweils geltenden Fassung erleichtern. Sie umfasst sachdienliche Informationen über Sanktionsverstöße und -umgehungen sowie über versuchte Verstöße oder Umgehungen der in der Verordnung festgelegten Verbote. Die Hinweispflicht entsteht mit Kenntniserlangung einer sachdienlichen Information. Hierzu gehört insbesondere positive Kenntnis über Sanktionsverstöße wie beispielsweise konkrete Beschaffungsversuche oder sanktionswidrige Handelsbeziehungen. Den Hinweispflichtigen obliegt dabei keine Recherchepflicht im Hinblick auf die Substantiierung der Informationen. Die Informationen sollten aber eine gewisse Qualität aufweisen, die den Behörden weitergehende Ermittlungen erlauben. Bloße unsubstantiierte Vermutungen, die bei objektiver Betrachtung keine weiteren Überprüfungen ermöglichen, können nicht als sachdienlich im oben genannten Sinne angesehen werden. Des Weiteren besteht keine Verpflichtung, Informationen weiterzugeben, die das Risiko einer Strafverfolgung gegen sich selbst oder einen nahen Angehörigen begründen könnten.
  • Der Hinweis muss innerhalb von zwei Wochen nach Erlangung der Information erfolgen.

Wozu dient die Meldung?

BAFA und die Bundesbank nehmen die Meldungen nach der „Jedermannspflicht“ per Mail über die oben genannten Postfächer entgegen. Bei substantiiertem Inhalt leitet BAFA die Meldung an die zuständigen Ermittlungsbehörden weiter (z.B. Zollkriminalamt), die in eigener Zuständigkeit ermitteln. So haben Meldungen nach der „Jedermannspflicht“ bereits zu Ermittlungsverfahren beitragen können. In der Regel erhält das BAFA jedoch keine Kenntnis darüber, ob Ermittlungen eingeleitet werden und wie diese ausgehen. Daher bitten wir von entsprechenden Nachfragen beim BAFA abzusehen.

Worauf sollte bei der Meldung geachtet werden?

Zur effizienten Bearbeitung ist es hilfreich, wenn die folgenden relevanten Informationen, soweit bekannt, direkt im Emailtext enthalten sind:

  1. konkrete Informationen zum betroffenen Unternehmen (z.B. mit Angabe des Unternehmenssitzes),
  2. konkrete Informationen zum Empfänger bzw. Endverwender (wenn es einen spezifischen Empfänger oder Endverwender gibt) bzw. zu evtl. beteiligten Personen oder Unternehmen und
  3. welche Güter betroffen sind.

Anhänge mit weiteren Informationen können ebenfalls hilfreich sein. Eine individuelle Rückmeldung zu den Hinweisen ist nicht möglich. Der Eingang der Meldung wird automatisiert bestätigt.

Weitere Informationen finden Sie auch unter den FAQ des BMWK. (Frage 58 ff.)

Sanktionsstrafrecht

Harmonisierung des Sanktionsstrafrechts

Mit dem Inkrafttreten der Richtlinie zur Definition von Straftatbeständen und Sanktionen bei Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union (Richtlinie EU 2024/1226) gelten seit dem 19.05.2024 für alle EU-Mitgliedstaaten gleiche Mindeststandards für die Definition und Verfolgbarkeit von Verstößen gegen EU-Sanktionen. Damit soll sichergestellt werden, dass Sanktionsverstöße unionsweit mit wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Strafen geahndet werden. Hierzu sieht die Richtlinie im Kern einen Katalog von Sanktionsregelungen vor, deren Missachtung von den Mitgliedstaaten zwingend unter Strafe zu stellen ist (in Deutschland sind bereits heute, insbesondere durch § 18 Absatz 1 AWG, große Teile dieses Katalogs strafbewehrt). Daneben werden u.a. Strafrahmen und Verjährungsfristen harmonisiert sowie Mindeststandards bezüglich mildernder und erschwerender Umstände gesetzt. Die EU-Mitgliedstaaten haben 12 Monate Zeit, um die Richtlinie in innerstaatliches Recht umzusetzen.

Schnellübersicht: Sanktionsdurchsetzung

  • 24.04.2024 - Artikel -

    Artikel: Schnellübersicht: Sanktionsdurchsetzung in Deutschland

    Öffnet Einzelsicht

Sanktionsdurchsetzung in Deutschland

Informationen der Europäischen Union