Sprungmarken-Navigation

Artikel -

Beihilfen

Einleitung

Büromitarbeiter mit Ordner; Quelle: fotolia.com/Bacho Foto

© fotolia.com/Bacho Foto

Das Funktionieren des Binnenmarktes hängt maßgeblich von gleichen Wettbewerbsbedingungen für die Wirtschaftsakteure ab. Staatliche Beihilfen (Subventionen), die ein Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) einzelnen Unternehmen gewährt, können den freien Wettbewerb in besonderem Maße verfälschen. Unter staatlichen Beihilfen sind dabei nicht nur direkte finanzielle Zuwendungen an Unternehmen, Schuldenerlasse oder verbilligte Darlehen zu verstehen, sondern es können auch Bürgschaften, Steuervergünstigungen oder die Bereitstellung von Grundstücken, Waren und Dienstleistungen zu Sonderkonditionen erfasst sein. Um einen fairen Wettbewerb in Europa zu garantieren, haben sich die Mitgliedstaaten der EU strenge Regeln gegeben, unter welchen Voraussetzungen solche Beihilfen zulässig sind und wann nicht.

Europäische Beihilfenkontrollpolitik

Europäische Beihilfenkontrollpolitik

Grundsätzlich sieht der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEU-Vertrag) ein Verbot staatlicher Beihilfen vor. Allerdings gilt dieses Beihilfeverbot nicht ausnahmslos. Beihilfen, die mit dem Binnenmarkt vereinbar sind, kann die Europäische Kommission genehmigen. So können beispielsweise Unterstützungsmaßnahmen im Bereich der Regionalförderung, der Energie-, Umwelt- und Klimaschutzpolitik oder im Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsbereich unter bestimmten Voraussetzungen als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden.

Die Mitgliedstaaten haben entschieden, dass die Kontrolle über staatliche Beihilfen in der ausschließlichen Zuständigkeit der EU liegt. Dies gibt der Europäischen Kommission als "Hüterin der Verträge" grundsätzlich das Recht, auch in Politikbereichen, in denen die EU keine umfassende sachliche Zuständigkeit hat (zum Beispiel in der Steuer- oder der Beschäftigungspolitik), die Wettbewerbsaufsicht auszuüben. Daher müssen grundsätzlich alle geplanten Beihilfen bei der Europäischen Kommission angezeigt oder sogar förmlich angemeldet ("notifiziert") werden. Ohne die erforderliche Genehmigung der Kommission dürfen anmeldepflichtige Beihilfen nicht durchgeführt werden.

Nationale Zuständigkeiten

Nationale Zuständigkeiten

Für Grundsatzfragen der europäischen Beihilfenkontrollpolitik ist auf nationaler Ebene das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) federführend. Auch vertritt das BMWK die Bundesrepublik Deutschland in den meisten beihilferechtlichen Verfahren bei der Europäischen Kommission. Nur in den Spezialbereichen Landwirtschaft und Verkehr wird diese Aufgabe vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) bzw. vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) wahrgenommen.

Die Zuständigkeit des BMWK umfasst insbesondere die Anmeldung von Einzelbeihilfen oder Beihilferegelungen bei der Europäischen Kommission, die Begleitung der Notifizierungsverfahren, sowie – nach der Genehmigung von Beihilfemaßnahmen durch die Europäische Kommission – die Vermittlung zwischen dieser und den verschiedenen nationalen Beihilfegebern (wie Bundes- und Landesministerien, Kommunen und Förderbanken) bei der Durchführung der Beihilfemaßnahmen (beispielsweise in Form von Jahresberichten) einschließlich etwaiger Rückforderungsverfahren (insbesondere bei einem negativen Beschluss der Europäischen Kommission).

Politisch befürwortet das BMWK eine kohärente Beihilfepolitik und eine stringente Wettbewerbsaufsicht in der EU, die einen chancengleichen und fairen Wettbewerb sicherstellt. Zugleich müssen jedoch auch ausreichende Spielräume zur Förderung von wichtigen Zielen in Deutschland erhalten werden, beispielsweise mit Blick auf die grüne Transformation der Wirtschaft sowie im Rahmen der nationalen und europäischen Regional- und Strukturpolitik, der Forschungs- und Technologiepolitik oder der KMU-Förderung.

Rechtsgrundlage/Verfahren

Rechtsgrundlage/Verfahren

Ein generelles Verbot von staatlichen Beihilfen wird durch Artikel 107 Absatz 1 AEU-Vertrag aufgestellt. Ausnahmen hiervon sind insbesondere in Artikel 107 Abs. 2 und 3 geregelt.

Absatz 2 besagt, dass bestimmte Beihilfen auf jeden Fall mit dem Binnenmarkt vereinbar sind, so dass die Europäische Kommission nicht befugt ist, sich zur Zweckmäßigkeit der Anwendung der darin enthaltenen Ausnahmen zu äußern. Die Europäische Kommission prüft allein, ob die in Absatz 2 enthaltenen rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind und ist gegebenenfalls zur Genehmigung der Beihilfen verpflichtet. Hinsichtlich der in Absatz 3 genannten Arten von Beihilfen verfügt die Europäische Kommission hingegen über einen weiten Ermessensspielraum. Sofern die Europäische Kommission also das Vorliegen einer Beihilfe bejaht, kann sie feststellen, dass eine der in Absatz 3 genannten Ausnahmen gegeben ist. Sie ist anders als bei Absatz 2 in diesem Falle aber zur Genehmigung grundsätzlich nicht verpflichtet.

Die Mitgliedstaaten, die eine Beihilfe zu gewähren beabsichtigen, sind grundsätzlich verpflichtet, ihr Vorhaben bei der Europäischen Kommission anzumelden, bevor sie die Maßnahme durchführen ("Anmelde- und Stillhalteerfordernis"). Die betreffende staatliche Beihilfe kann also erst nach Genehmigung durch die Europäische Kommission gewährt werden. In einem solchen Anmeldeverfahren (auch Notifizierungsverfahren genannt) prüft die Europäische Kommission, ob die Voraussetzungen des Artikels 107 Absatz 2 oder 3 AEU-Vertrag erfüllt sind.

Einige Beihilfen sind von der Pflicht zur vorherigen Anmeldung bei der Europäischen Kommission freigestellt und müssen bei ihr lediglich angezeigt werden, d. h. es bedarf in diesem Falle keiner Genehmigung durch die Kommission. Um dieses Verfahrensprivileg nutzen zu können, müssen die Voraussetzungen eingehalten werden, die die Kommission in der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) oder anderen Freistellungsbestimmungen aufgestellt hat.

Im Rahmen der Ausübung ihrer Befugnisse hat die Europäische Kommission zahlreiche weitere Vorschriften entwickelt (insbesondere Verordnungen und Mitteilungen – Letztere werden teilweise als Leitlinien oder (Unions-)Rahmen bezeichnet), die sie bei der Ausübung ihres Ermessens aufgrund des Artikels 107 Absatz 3 AEU-Vertrag zugrunde legt. Diese Regelungen werden durch die Europäische Kommission und in Konsultation der Mitgliedstaaten immer wieder evaluiert und überarbeitet, um beispielsweise den technologischen Entwicklungen, akuten Krisen sowie den Herausforderungen des Klimawandels Rechnung tragen zu können. Zu diesem Beihilferegelwerk zählen u.a.

  • die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung,
  • die De-minimis-Verordnungen,
  • die Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen,
  • der Unionsrahmen für staatliche Beihilfen zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation,
  • die Mitteilung zu „wichtigen Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse“ (Important Projects of Common European Interest, IPCEI),
  • die Regionalbeihilfeleitlinien
  • die Risikofinanzierungsleitlinien sowie
  • die Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien.

Für weiterführende Informationen wird auf die folgenden Links verwiesen:

1) Allgemeines EU-Beihilferecht

2) Bundesrahmenregelungen

3) Webseiten der Europäischen Kommission und der Länder zur Beihilfenkontrollpolitik

a) Webseiten der Europäischen Kommission

Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission (nur in Englisch verfügbar)
Beihilfentransparenzdatenbank der Europäischen Kommission
Übersicht über Europäische Rechtsakte im Bereich der Beihilfenkontrollpolitik

b) Webseiten der Länder