Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) leistet durch das Kompetenzzentrum Europarecht der Bundesregierung die einheitliche Prozessvertretung der Bundesrepublik Deutschland vor den europäischen Gerichten in Luxemburg. Dabei umfasst die Prozessvertretung
- die laufende Analyse aller bevorstehenden bzw. anhängigen Verfahren vor den Europäischen Gerichten – dem Gerichtshof (EuGH), dem Gericht (EuG) und dem EFTA-Gerichtshof – mit anschließender Unterrichtung der betroffenen Fachressorts sowie des Bundestags und des Bundesrats,
- die fachliche Beratung der innerstaatlich betroffenen Stellen sowie die Koordinierung der deutschen Position in den Gerichtsverfahren,
- die anwaltliche Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im schriftlichen und mündlichen Verfahren, sowie
- die Auswertung und Dokumentation der Rechtsprechung.
Für die Bundesregierung fungiert die Prozessführung als Schlüssel, um auf die Entscheidungsfindung der Unionsgerichte effektiv Einfluss nehmen zu können. Deutsche Rechtsansichten und Interessen können so wirksam zu Gehör gebracht werden. Bei allen europäischen Gerichten zusammen gehen im Jahr rund 1.500 neue Rechtssachen ein, die das Kompetenzzentrum Europarecht analysiert. An jährlich etwa 100 Verfahren beteiligt sich die Bundesregierung im schriftlichen und im mündlichen Verfahren. Eine Beteiligung der Bundesregierung an Verfahren vor den europäischen Gerichten erfolgt dabei im Wesentlichen bei Vorabentscheidungsersuchen sowie bei Vertragsverletzungs- und Nichtigkeitsklagen.
Eine Beteiligung erfolgt aufgrund einvernehmlicher Entscheidung im fachlich betroffenen Ressortkreis und kommt unter anderem in Fällen in Betracht, in denen Bestimmungen des deutschen Rechts unmittelbar oder mittelbar auf dem Prüfstand stehen. Gleiches gilt für Verfahren, die sich mit Rechtsfragen von allgemeiner rechtlicher und politischer Bedeutung befassen.
Inhaltlich erstreckt sich die Prozessführung auf alle Bereiche, für die die Unionsgerichte laut AEU-Vertrag zuständig sind. Das sind
- die sogenannten vier Grundfreiheiten (Warenverkehrsfreiheit, Freizügigkeit, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrsfreiheit) sowie die Unionsbürgerschaft und
- daneben auch die Bereiche Wettbewerbspolitik (einschließlich staatlicher Beihilfen), Steuerpolitik, Beschäftigungs- und Sozialpolitik, Handelspolitik, Innenpolitik (insbesondere Zuwanderungs-, Visa- und Asylrecht), Gesellschaftsrecht, Gesundheitswesen, Umweltpolitik, Verbraucherschutz, Verkehrspolitik, Strukturpolitik, Energiepolitik, Telekommunikations-, Medien- und Digitalpolitik.