Die OECD-Leitsätze sind Teil der Erklärung der OECD über internationale Investitionen und multinationale Unternehmen und basieren auf der UN-Menschenrechtscharta, den ILO Kernarbeitsnormen und der Rio-Erklärung über Umwelt und Entwicklung (PDF, 15KB). Sie stellen einen wichtigen Orientierungsmaßstab für unternehmerisches Verhalten bei grenzüberschreitenden Handels- und Investitionsaktivitäten dar. Ziel ist es, dass die Unternehmen einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der Zielländer, insbesondere in Entwicklungsländern, leisten. Jedes Unternehmen, das in oder aus einem teilnehmenden Land tätig ist, ist angehalten, sich gemäß den OECD-Leitsätzen zu verhalten und diesen damit zu Wirksamkeit und Erfolg zu verhelfen. Die Leitsätze ergänzen das vor Ort geltende Recht. Rechtlich sind sie für die Firmen nicht bindend; gleichwohl erwartet die Bundesregierung von in oder aus Deutschland tätigen Unternehmen, dass sie die Vorgaben der Leitsätze bei ihren grenzüberschreitenden Aktivitäten einhalten.

An der Entwicklung und Umsetzung der OECD-Leitsätze sind die bei der OECD akkreditierten Spitzenorganisationen der Wirtschaft (BIAC), der Arbeitnehmer (TUAC) und der Nichtregierungsorganisationen (OECD Watch) beteiligt. Mittlerweile hat sich auch eine Reihe von Staaten, die nicht Mitgliedstaaten der OECD sind, den OECD-Leitsätzen verpflichtet ( Ägypten, Argentinien, Brasilien, Costa Rica, Jordanien, Kasachstan, Kolumbien, Litauen, Marokko, Peru, Rumänien, Tunesien und die Ukraine).

Inhalte der OECD-Leitsätze

Die OECD-Leitsätze sind ein umfassendes internationales Instrument zur Förderung verantwortungsvollen unternehmerischen Handelns. Sie formulieren Handlungsanleitungen für Unternehmen mit dem Ziel der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung in folgenden Themenbereichen:

  • Informationspolitik
    Als vertrauensbildende Maßnahme wird von den multinationalen Unternehmen Transparenz und die Offenlegung von für die Öffentlichkeit wichtigen Informationen gefordert: Unternehmen sollen dabei nicht nur über ihre Geschäftsergebnisse, sondern auch über soziale und umweltrelevante Fragen sowie sonstige absehbare Risiken rechtzeitig und regelmäßig informieren.
  • Menschenrechte
    Durch die Überarbeitung 2011 wurde ein eigenes Kapitel über Menschenrechte in die OECD-Leitsätze eingefügt. Darin werden multinationale Unternehmen unabhängig von Größe, Branche, betrieblichem Kontext und Struktur dazu angehalten, die international anerkannten Menschenrechte zu achten, die in der internationalen Menschenrechtscharta und den sie näher konkretisierenden Instrumenten festgehalten sind. Das neue Kapitel steht im Einklang mit den Vorgaben der Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen (United Nations Guiding Principles for Business and Human Rights, in der Folge „VN-Leitprinzipien“) aus dem gleichen Jahr.
  • Beschäftigungspolitik
    Dieses Kapitel deckt die international anerkannten Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ab: die Vereinigungs- und Tarifvertragsfreiheit, die Abschaffung aller Formen von Zwangs- und Kinderarbeit sowie die Beseitigung von Diskriminierungen im Berufsleben. Unternehmen und Arbeitnehmerorganisationen sollen konstruktiv zusammenarbeiten und das Zustandekommen wirksamer Tarifverträge fördern. Mögliche Konsequenzen bei Veränderung der Geschäftstätigkeit sollen vorher beraten, soweit irgend möglich lokale Arbeitskräfte beschäftigt und für eine Anhebung ihrer Qualifikationen gesorgt werden.
  • Umweltschutz
    Unternehmen sollen ein effizientes internes Umweltmanagement und eine transparente Umweltberichterstattung einführen, sich am Vorsorgeprinzip orientieren und eine wirksame Krisenplanung für den Fall schädlicher Umweltfolgen bereithalten. Sie sollen ständig um eine Verbesserung ihrer Umweltbilanz bemüht sein.
  • Korruptionsbekämpfung
    Zur Bekämpfung von Korruption sollen Unternehmen für Aufträge weder direkt noch indirekt Bestechungsgelder anbieten, versprechen, gewähren oder fordern, sowie Forderungen nach Bestechungsgeldern zurückweisen. Außerdem sollten sie Aktivitäten zur Bekämpfung der Korruption transparent machen (zum Beispiel durch Management-Kontrollsysteme).
  • Verbraucherinteressen
    Zur Berücksichtigung von Verbraucherinteressen werden Unternehmen angehalten, faire Geschäfts-, Vermarktungs- und Werbepraktiken anzuwenden und die Sicherheit und Qualität ihrer Güter und Dienstleistungen zu gewährleisten. Dazu gehören etwa ausreichende Produktinformationen und der Schutz personenbezogener Daten.
  • Wissenschaft und Technologie
    Unternehmen werden aufgefordert, im Rahmen ihrer Tätigkeit Verfahren anzuwenden, die – unter gebührender Berücksichtigung des Schutzes der Rechte an geistigem Eigentum – den Transfer und die rasche Verbreitung von Technologien und Know-how erlauben.
  • Wettbewerb
    Zum Schutz des Wettbewerbs wird von Unternehmen erwartet, dass sie die Regeln des fairen Wettbewerbs beachten und keine wettbewerbswidrigen Kartelle errichten. Es wird erwartet, dass die wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen der jeweiligen Länder beachtet werden.
  • Besteuerung
    Im Bereich der Besteuerung schließlich sollen Unternehmen ihren Beitrag zu den öffentlichen Finanzen der Gastländer leisten, die Steuergesetze und -vorschriften der Länder, in denen sie tätig sind, beachten und mit den Steuerbehörden zusammenarbeiten.

Multinationale Unternehmen sollen durch risikoabhängige Sorgfaltsprüfungen und geeignete interne Verfahren verhindern, dass sich ihre eigenen Aktivitäten auf Angelegenheiten, die unter die OECD-Leitsätze fallen (das heißt die oben genannten Bereiche), negativ auswirken oder einen Beitrag dazu leisten, und diesen Effekten begegnen, wenn sie auftreten. Über ihre eigenen Aktivitäten hinaus sollen Unternehmen auch bestrebt sein, einen negativen Effekt zu verhüten oder zu mindern in Fällen, in denen sie selbst nicht zu diesem Effekt beigetragen haben, dieser Effekt aber gleichwohl auf Grund einer Geschäftsbeziehung mit der Geschäftstätigkeit, den Produkten oder Dienstleistungen des Unternehmens unmittelbar verbunden ist. Damit erstreckt sich die Sorgfaltspflicht auch auf die Lieferkette eines multinationalen Unternehmens.

Nationale Kontaktstelle für die OECD-Leitsätze (NKS)

Zur wirksamen Umsetzung der OECD-Leitsätze ist jedes OECD-Mitglied sowie jedes weitere Land, das sich den OECD-Leitsätzen (PDF, 624 KB) angeschlossen hat, verpflichtet, eine Nationale Kontaktstelle (NKS) einzurichten.

Die Aufgaben der NKS sind:

  • den Bekanntheitsgrad der OECD-Leitsätze in den Unternehmen, den Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft zu erhöhen und ihre Anwendung zu fördern;
  • bei Beschwerden wegen etwaiger Verstöße von Unternehmen gegen die OECD-Leitsätze ein neutrales Forum zur Streitschlichtung zwischen den Parteien bereitzustellen;
  • mit anderen Nationalen Kontaktstellen und der OECD bei der Weiterentwicklung der Leitsätze zusammenzuarbeiten sowie gegebenenfalls die Verfahren zu begleiten, die in die Zuständigkeit anderer Kontaktstellen fallen;
  • generelle Anfragen und spezifische Einzelfragen zu beantworten, die sich bei der Anwendung der OECD-Leitsätze ergeben.

Die deutsche NKS ist im Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) angesiedelt. Entsprechend den Bekräftigungen der G7-Gipfelerklärung von Elmau 2015 und des Nationalen Aktionsplans für Wirtschaft und Menschenrechte (NAP, 2016) wurde die deutsche NKS 2016 aufgewertet und als unmittelbar dem Leiter der Außenwirtschaftsabteilung zugeordnete Stabsstelle neu aufgestellt. Außerdem wurde sie mit zusätzlichem Personal verstärkt und mit einem eigenen Budget ausgestattet. Auch in der G20-Gipfelerklärung von Hamburg 2017 haben die Staats- und Regierungschefs ihre Unterstützung für außergerichtliche Beschwerdemechanismen wie die NKS unterstrichen.

Enge Kooperation mit Ressorts, Sozialpartnern und Zivilgesellschaft

Bundesministerien mit fachlichem Bezug zu oder besonderem Interesse an den Leitsätzen bilden den regelmäßig tagenden „Interministeriellen Ausschuss (IMA) OECD-Leitsätze". In diesem werden alle Entscheidungen und Aktionen der NKS sowie aktuelle Themen mit Bezug zu den OECD-Leitsätzen, deren stärkere Verbreitung sowie die Arbeitsweise der NKS eng abgestimmt und im Konsens vereinbart. Dem IMA unter Vorsitz des federführenden Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gehören derzeit das Bundesministerium der Finanzen (BMF), das Auswärtige Amt (AA), das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) sowie das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) an. Erforderlichenfalls können weitere Ministerien einbezogen werden, um spezielle Expertise einzuholen.

Die NKS und die Ressorts werden durch den „Arbeitskreis OECD-Leitsätze" beraten. Im Arbeitskreis treffen sie sich regelmäßig mit Vertretern von Gewerkschaften, Wirtschaftsverbänden und Nichtregierungsorganisationen, um gemeinsam grundlegende Fragen zu den OECD-Leitsätzen und deren besserer Anwendung und Verbreitung zu erörtern.

Adressen und Kontaktmöglichkeiten der Nationalen Kontaktstellen finden sie hier.

Hier finden Sie die Jahresberichte der NKS und hier die Berichte der Bundesregierung.