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09.03.2023 - Artikel - Wirtschaft

Wohlstand klimaneutral erneuern Werkstattbericht des Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz

Einleitung

Windradbau

© gettyimages.de/instamatics

Einleitung

Ein verlässlicher Rahmen für die klimaneutrale Erneuerung unseres Wohlstands

Das Jahr 2022 stand als Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine im Zeichen der akuten Krisenbewältigung: Die Energiekrise musste eingehegt, die Inflation gedämpft, die deutsche Wirtschaft stabilisiert und die Bevölkerung entlastet werden. Dies ist der Bundesregierung gelungen. Deutschland ist binnen Monaten unabhängig von russischen Energieimporten geworden, neue Energieinfrastruktur wurde und wird aufgebaut, neue Lieferverträge werden geschlossen. Wir haben schnell und pragmatisch gehandelt, um die Versorgung mit Energie sicherzustellen und dann dafür zu sorgen, dass die wegen der Krise rasant steigenden Energiepreise gebremst werden. Wirtschaft und Gesellschaft haben mitgezogen: Viele Menschen haben ihren jeweiligen Möglichkeiten entsprechend Energie gespart, haben so zusammen Großes geleistet: Unser Land ist vergleichsweise gut durch den Winter gekommen und hat an Unabhängigkeit gewonnen. Auf der politischen Ebene haben wir – auch in einem vielfältigen und intensiven Austausch mit Wirtschaft und Gesellschaft – wichtige Grundlagen für die notwendige Erneuerung unseres Energie- und Wirtschaftssystems gelegt. Diese ist – gerade auch im Angesicht der geopolitischen Zuspitzung – Voraussetzung für politische Souveränität und Zukunftsfähigkeit des Landes.

Anfang 2023 ist die energiepolitische und die wirtschaftliche Lage in Deutschland weiterhin angespannt, aber dank der Gesamt-Anstrengungen deutlich stabiler und besser als zwischenzeitlich zu befürchten war. Wir können jetzt die nächsten Schritte gehen, um unseren Wohlstand zu erneuern und Freiheit und Sicherheit zu schützen. Denn davon handelt Klimaschutz.

Wichtige Weichen in diese Richtung wurden bereits gestellt – für die Erneuerbaren insbesondere mit den Maßnahmen der Oster- und Sommer-Pakete 2022 sowie der EU-Notfallverordnung, und für die Industrie mit dem Aufsetzen der Klimaschutzverträge. Insgesamt hat das BMWK – mit 29 vom Kabinett verabschiedeten Gesetzen und 35 untergesetzlichen Verordnungen allein im vergangenen Jahr – eine Basis geschaffen, um mit Wirtschaft, Institutionen und den Bürgerinnen und Bürgern die anstehenden Veränderungen gemeinsam angehen zu können.

Jetzt geht es darum, weitere Barrieren, die eine nachhaltige Wertschöpfung und Energieversorgung behindern, zu identifizieren und aus dem Weg zu räumen, Innovationen und Investitionen zu stärken und anzureizen. Dabei sind die vielfältigen Prozesse, die vom BMWK aufs Gleis gesetzt wurden, am klaren Ziel Klimaneutralität bis 2045 ausgerichtet. Sie sind aufeinander abgestimmt: Erhöhung der erneuerbaren Erzeugungskapazitäten, Erhöhung der Transportkapazitäten und Sicherstellung der Systemstabilität im Strombereich, der Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur, die Dekarbonisierung der Industrie, die Wärmewende, die Hebung von Effizienzen und Stärkung von Einsparungen – all das greift ineinander.

Im Zentrum steht eine Doppelhelix bestehend aus der Erneuerung unserer energetischen Versorgung und der Erneuerung unserer industriellen Wertschöpfung in kleinen, mittleren und großen Unternehmen. Das sind untrennbar miteinander verbundene Stränge. Der vorliegende Bericht ist ein Blick in diese „Transformations-Werkstatt“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz.

Wichtig ist, dass die sozial-ökologische Erneuerung unseres Wohlstands mit einer erneuerten Wohlstandsteilhabe einhergeht, die gute Arbeit in die Zukunft trägt, die die gemeinsamen Infrastrukturen stärkt und in der die Lasten der notwendigen Veränderung solidarisch getragen werden. Auch deshalb beruht sie auf einem Zusammenspiel aller beteiligten Ressorts.

Politisch stehen wir als Bundesregierung in der Verantwortung, einen verbindlichen Rahmen und eine verlässliche Orientierung zu geben. Damit dieser Rahmen mit Leben gefüllt wird, braucht es aber ein Zusammenspiel aller Kräfte – von Bund, Ländern, Kommunen, Unternehmen, Verbänden, Gewerkschaften, zivilgesellschaftlichen Organisationen und auch den Bürgerinnen und Bürgern selbst.

Das Gute ist: Die Erkenntnis, wie notwendig die Veränderungen sind, wird in der Gesellschaft breit geteilt. Inzwischen sind sich viele Menschen bewusst, dass die Erneuerbaren Energien als zentraler Faktor für die Verwirklichung einer guten Zukunft wichtig sind und zu den prioritären technologischen Vorhaben gehören. Gerade im letzten Jahr sind viele zur Auffassung gelangt, dass die Entkopplung von fossilen Energieimporten nicht nur mehr Klimaschutz bedeutet, sondern auch mehr Sicherheit, Freiheit und Unabhängigkeit.

Es ist ohne Frage eine fordernde Zeit, eine Zeit auch der Verunsicherung: die Rückkehr von Krieg in Europa, die globalen Verschiebungen, die Klimakrise. Zukunft ist oftmals mit Sorge verbunden. Und trotzdem – oder vielleicht auch deshalb – gibt es eine große Bereitschaft und ein großes Bedürfnis, selbst etwas in die Hand zu nehmen und zu verändern, im Konkreten, dort, wo man es kann. Menschen haben sich in der Energiekrise eingeschränkt, um Energie zu sparen und die Unabhängigkeit zu stärken. In allen Winkeln des Landes gibt es sichtbaren Fortschritt: Es werden zigtausende Wärmepumpen eingebaut, Fenster und Türen ausgetauscht, Häuser energetisch saniert, Solaranlagen werden auf die Dächer geschraubt oder auf Balkone gesetzt. Die Forderungen an politisch Verantwortliche sind oft genug: Macht es einfacher, leichter, beseitigt Hürden, damit wir das, was wir selbst machen können, machen können.

Wir stehen trotz allem am Beginn einer gesellschaftlichen Dynamik, die durch den russischen Angriffskrieg, die hohen Energiepreise und die Inflation zwar teilweise verzögert und behindert, teilweise beschleunigt, auf jeden Fall aber nicht aufgehalten wurde.

2022 hat Deutschland gezeigt, was es kann, wenn es will und muss. Der Einstieg in die Erneuerung ist geschafft. Das alles gibt uns Zuversicht. Wir haben als Land jetzt die Chance, gemeinsam Schwung aufzunehmen.

Wohlstand klimaneutral erneuern

Energiesystem

Industrielle Wertschöpfung

•Ausbau Erneuerbare Energien
•Klimaneutrales Stromnetz
•Wasserstoffhochlauf
•Wärmewende
•Netzausbau

•Klimaschutzverträge Industriestrategie
•Industriestrompreis

•Klimaneutrale Stahl- und Chemieindustrie

•Erneuerung Automobilwirtschaft

Wo wir stehen

Ziele, Entwicklung und Einordnung

Deutschland hat sich verpflichtet, bis 2045 klimaneutral zu werden. Damit leisten wir unseren Beitrag, um den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen, wie es das Pariser Klimaschutzabkommen vorsieht. Auch in der EU haben wir uns auf drastische Emissionseinsparungen geeinigt und wollen bis 2030 mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 einsparen. Wir tun das, um unsere Lebensgrundlagen zu erhalten, unseren Wohlstand, unsere Freiheit und unsere Sicherheit zu schützen. Damit Deutschland und Europa in den globalen Umbrüchen Wettbewerbsfähigkeit, Wohlstand auch mittel- und langfristig halten und die Wohlstandsteilhabe stärken kann, müssen die Grundlagen der Wertschöpfung klimaneutral erneuert werden, vor allem durch den massiven Ausbau einer sicheren und günstigen Versorgung mit Erneuerbaren Energien.

Bis 2030 werden in Deutschland 700–750 Terawattstunden erneuerbarer Strom benötigt. Das bedeutet mehr als die Verdopplung der bisherigen Menge in wenigen Jahren. Deshalb kommt dem beschleunigten Ausbau vor allem von Wind und Photovoltaik eine entscheidende Rolle zu: Bei Windenergieanlagen an Land geht es darum, die installierte Leistung von 58 Gigawatt im Jahr 2022 auf 115 GW im Jahr 2030 und 160 GW im Jahr 2040 zu erhöhen; bei Windenergie auf See von 8 GW (2022) auf 30 GW im Jahr 2030 und 70 GW im Jahr 2040. Für die Photovoltaik geht es um eine installierte Leistung von 215 GW bis 2030 (2022: ca. 67 GW) und 400 GW bis 2040.

Dieser massive Ausbau ist auch deshalb nötig, weil eine möglichst direkte Nutzung von Strom für Wirtschaft und Verbraucherinnen und Verbraucher die kostengünstigste Art ist, Energie zu nutzen. Das trägt zu mehr Wettbewerbsfähigkeit und möglichst niedrigen Energierechnungen für die Haushalte bei. Deshalb setzen wir auch bei Wärme und Mobilität in erster Linie auf Elektrifizierung: auf 500.000 Wärmepumpen jedes Jahr in den Häusern und auf 15 Millionen batteriebetriebene Elektrofahrzeuge auf den Straßen bis 2030. Bis 2030 sollen 6 Millionen Wärmepumpen eingebaut (2022: 1,4 Millionen) und 15 Millionen vollelektrische PKW zugelassen sein (2022: 1 Million).

Wir arbeiten daran, ein neues Stromsystem in einer ausgebauten Strom-Infrastruktur zu etablieren. Dazu gehören der beschleunigte Ausbau von Netzen und Speichermöglichkeiten, Digitalisierung sowie eine Regulierung, die Flexibilität befördert.

Grüner Wasserstoff bzw. Wasserstoffderivate ermöglichen Klimaschutz überall da, wo Moleküle benötigt werden, weil es keine kostengünstigere Stromlösung gibt. Wasserstoff wird als Energieträger und industrieller Rohstoff vor allem für die Energiewirtschaft und die Dekarbonisierung von Industrie, Luftfahrt und Schifffahrt gebraucht. Deshalb werden wir das Ausbauziel für die Kapazitäten für Elektrolyseure in Deutschland bis 2030 auf zehn Gigawatt verdoppeln und bringen unsere Import-Infrastruktur voran. Für eine Übergangszeit sehen wir zum Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur die Notwendigkeit, auch blauen Wasserstoff zu nutzen, also kohlenstoffarm und in Verbindung mit CCS.

Wir wollen, dass jetzt die Weichen für eine langfristig wettbewerbsfähige Industrie gelegt werden. Wer nach 2030 wettbewerbsfähig produzieren will, muss jetzt seine Investitionsentscheidungen auf Klimaneutralität ausrichten. Deshalb unterstützen wir die Industrie dabei, ihre Produktionsprozesse grundlegend umzustellen, und bringen dafür eine Vielzahl von Maßnahmen voran, u. a. das Instrument der Klimaschutzverträge (CCfD), den Industriestrompreis oder auf europäischer Ebene den Green Deal Industrial Plan.

Auf dem Weg zum klimaneutralen Wohlstand müssen wir Engpässe bei den volkswirtschaftlichen Produktionsfaktoren, bei Arbeit, bei Kapital, bei Technologien und Produktivität gezielt angehen: Das ist der Kern einer wohlverstandenen, transformativen Angebotspolitik. Bei der wirtschaftlichen Erneuerung gilt es, dem gesamtwirtschaftlichen Umfeld Rechnung zu tragen. Wir arbeiten daran, dass Klimaneutralität zum nächsten Kapitel der Erfolgsgeschichte unserer Wirtschaft wird – in Deutschland selbst und mit dem Green Deal in Europa.

Wir setzen großes Vertrauen in die Effizienz und Innovationskraft der Unternehmen und ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einem fairen marktwirtschaftlichen Wettbewerb. Ein Beispiel: Die Transformation erfordert große Mengen wertvoller Rohstoffe, etwa Lithium in der Batterieherstellung insbesondere für Elektromobilität. Daher unterstützen wir Projekte zur nachhaltigen Rohstoffgewinnung. Schon heute arbeiten Ingenieurinnen und Ingenieure im ganzen Land daran, Batterieherstellung effizienter zu machen und Alternativen zum Beispiel zu Lithium zu finden. Die technologische Entwicklung neuer Produkte bleibt niemals dort stehen, wo sie ihren Anfang nahm. Es sind gerade die Knappheit, der Preis und die hohe Nachfrage, die hier zu Innovationssprüngen führen werden und die zugleich die Bedeutung von Ressourceneffizienz, Recycling und Kreislaufwirtschaft erhöhen.

Das große Vertrauen in marktwirtschaftliche Innovation setzt bei zentralen, gemeinsamen Infrastrukturen einen verlässlichen politischen Rahmen voraus, um zukunftsgerichtete und nachhaltige Investitionsentscheidungen treffen zu können. Deshalb sind die Entscheidungen auf europäischer Ebene im Rahmen des Fit-for-55-Gesetzespakets so wichtig. Sie implementieren die Regeln für Märkte. Weil z. B. die Automobilindustrie wissen muss, wo es hingeht, weil Käuferinnen und Käufer Kaufentscheidungen von Ladeinfrastruktur abhängig machen, weil die Versorgung mit sauberem Strom entsprechend vorangetrieben werden muss.

Die Transformation unseres Landes zum klimaneutralen Industrieland bedeutet aber nicht nur eine technologische und ökonomische, sondern auch eine soziale und gesellschaftliche Aufgabe. Umso wichtiger ist es, dass die Chancen der Veränderung möglichst vielen zugutekommen – und ihre vorübergehenden Lasten solidarisch getragen werden. Transformation umfasst nach unserem Verständnis den Auftrag, die sich vollziehenden Veränderungen politisch so zu gestalten, dass sie von den Bürgerinnen und Bürgern als ihre eigene Sache angenommen werden können. Dabei spielt Beteiligung, politischer wie materieller Art, eine wichtige Rolle: Ein Windrad, an dem Bürgerinnen, Bürger und Kommune mitverdienen, ist immer noch ein Windrad, aber es findet doch eine andere Akzeptanz, als wenn nur ein unbekannter Investor davon profitiert. Entsprechend haben wir für Bürgerenergie Voraussetzungen verbessert, unterstützen bei Sanierungen und arbeiten intensiv daran, es dort, wo Bürgerinnen und Bürger selbst handeln können, möglichst leichtgängig zu machen. Auch deshalb sind Entbürokratisierung und Fortschritt bei der Energiewende eng miteinander verbunden.

I. Stand Klimaziele und Erneuerung

Das Tempo der Emissionsminderungen muss sich angesichts unserer Klimaziele – wie sie im Bundes-Klimaschutzgesetz festgelegt sind – gegenüber dem Status quo in den kommenden Jahren insgesamt mehr als verdoppeln und dann bis 2030 nahezu verdreifachen. Nur so leistet Deutschland auch einen angemessenen Beitrag zur Erreichung der europäischen und globalen Klimaziele. Diese Herausforderung, benannt in der „Eröffnungsbilanz Klimaschutz“ des BMWK vom Januar 2022, besteht nach wie vor.

Die Arbeiten an diesem Ziel finden auf drei verschiedenen Ebenen statt, die alle gleichermaßen für die Zielerreichung wichtig sind: National haben Bundestag und Bundesrat im Juli 2022 mit dem Energiesofortmaßnahmenpaket als größter energiepolitischer Novelle der vergangenen Jahrzehnte bereits zentrale Weichen gestellt. Auch haben wir viele Maßnahmen ergriffen, um unseren Energieverbrauch deutlich zu senken, die Wärmewende voranzutreiben und den Braunkohleausstieg in NRW auf 2030 vorzuziehen. Das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung, das alle notwendigen Gesetze, Verordnungen und Maßnahmen bis Ende 2022 auf den Weg bringen sollte, ist zwar noch immer nicht abgeschlossen, aber wesentliche Maßnahmen befinden sich bereits in Umsetzung. Natürlich sollten die Verhandlungen in der Koalition so schnell wie möglich abgeschlossen werden. Auf EU-Ebene haben wir Klimaschutz und Energiewende mit richtungsweisenden Beschlüssen zum Fit-for-55-Paket vorangetrieben, auf internationaler Ebene haben die Staats- und Regierungschefs der G7 unter deutschem Vorsitz die Gründung eines Klimaclubs beschlossen.

Wir haben 2022 viele Regeln auf nationaler und europäischer Ebene zum Besseren geändert. Doch diese sind erst seit wenigen Wochen in Kraft und es braucht Zeit, bis sie wirken. Wir stehen daher weiterhin vor großen Aufgaben, um die genannten Ziele zu erreichen. Die Zahlen, die das Umweltbundesamt am 15. März mit den Emissionsdaten für 2022 vorlegen wird, werden die „Hausaufgaben“ der Bundesregierung noch einmal deutlich machen.

Die Emissionen der Energiewirtschaft, die für etwa ein Drittel der Emissionen in Deutschland verantwortlich ist, müssen gemäß Klimaschutzgesetz bis 2030 auf 108 Mio. t CO2-Äquivalente reduziert werden. Im Jahr 2021 betrug der Treibhausgasausstoß in diesem Sektor 247 Mio. t CO2-Äquivalente. Gemäß dem Projektionsbericht der Bundesregierung von 2021 – neuere Daten liegen derzeit noch nicht vor – verbleibt auf Basis der bis Herbst 2020 beschlossenen Maßnahmen eine Lücke von 100 Millionen Tonnen bis 2030 (kumuliert). 2022 mussten wir mehr fossile Energieträger in der Stromerzeugung einsetzen, um Gas einzusparen, was sich auch in der Emissionsbilanz niederschlagen wird. Gleichwohl ist der Energiesektor auf einem guten Weg, das Klimaziel 2030 einzuhalten, wenn wir die inzwischen vorgesehenen, ambitionierten Ausbaupfade für die Erneuerbaren Energien realisieren (vgl. Kapitel C.I).

Die Emissionen des Industriesektors, die knapp ein Viertel an den Emissionen in Deutschland ausmachen, müssen gemäß Klimaschutzgesetz bis 2030 auf 118 Mio. t CO2-Äquivalente reduziert werden. Gemäß dem Projektionsbericht der Bundesregierung von 2021 verbleibt auf Basis der bis Herbst 2020 beschlossenen Maßnahmen eine Lücke von 178 Mio. t im Zeitraum 2022–2030 (kumuliert). Für die Dekarbonisierung der Industrie haben wir bereits wichtige Maßnahmen ergriffen. Hier arbeiten wir an der zügigen Umsetzung, um die Klimaziele dieses Sektors zu erreichen (vgl. Kapitel C.II).

Der Gebäudesektor, dessen Anteil an den Emissionen in Deutschland bei 15 Prozent liegt, hat die vorgesehenen Emissionsmengen sowohl 2020 als auch 2021 überschritten. Mit den bisherigen Einsparungen konnten damit die im Klimaschutzgesetz vorgesehenen Ziele für den Gebäudesektor bislang nicht erreicht werden. Der Zielwert für 2021 von 113 Mio. t CO2-Äquivalenten wurde um 5 Mio. t CO2-Äquivalente verfehlt. Die Emissionen des Gebäudesektors müssen gemäß Klimaschutzgesetz bis 2030 auf 67 Mio. t CO2-Äquivalente reduziert werden. Gemäß dem jüngsten Projektionsbericht der Bundesregierung von 2021 verbleibt auf Basis der bis Herbst 2020 beschlossenen Maßnahmen eine Lücke von ca. 152 Millionen Tonnen im Zeitraum 2022–2030 (kumuliert). Das vom BMWK gemeinsam mit dem BMWSB im vergangenen Jahr vorgelegte Sofortprogramm mit 15 Maßnahmen wird – zusammen mit einem Anstieg der fossilen Brennstoffpreise – voraussichtlich dazu führen, dass der Gebäudesektor im Jahr 2030 wieder auf den Zielpfad kommt. Insbesondere das Heizen mit Erneuerbaren muss jetzt rasch Schwung aufnehmen und sowohl im Neubau als auch im Gebäudebestand der neue Standard werden.

Gemäß dem Projektionsbericht 2021 der Bundesregierung besteht im Verkehrssektor, mit einem Anteil von 19 Prozent an den Emissionen in Deutschland, im Zeitraum 2022 bis 2030 noch eine kumulierte Minderungslücke von ca. 271 Mio. t CO2-Äquivalenten gegenüber den im Klimaschutzgesetz festgelegten Zielen. Das vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr 2022 vorgelegte Sofortprogramm weist laut Gutachtern eine kumulierte THG-Minderungswirkung von 13 Mio. t CO2-Äquivalenten. und eine maximale jährliche Minderungswirkung von etwa 3 Mio. t CO2-Äquivalenten im Jahr 2030 auf. Daher müssen schnell weitere wirkungsvolle Maßnahmen zur Emissionsminderung im Verkehrsbereich ausgearbeitet und beschlossen werden.

Der Landwirtschaftssektor hatte 2021 mit 61 Mio. t CO2-Äquivalenten einen Anteil von etwa 8 Prozent an den deutschen Gesamtemissionen. Der Sektor wird in den kommenden Jahren aufgrund einer methodischen Anpassung der Emissionsberichterstattung seine Klimaziele zwar voraussichtlich einhalten – bis 2030 besteht allerdings auch hier noch erheblicher Handlungsbedarf; nicht zuletzt, um die Vorgaben der EU-Effort-Sharing-Richtlinie insgesamt einhalten zu können und auf den für die Klimaneutralität notwendigen Pfad zu kommen.

Für das Jahr 2020 wurde für den Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft im Nationalen Treibhausgasinventar 2021 eine Emissionsbilanz von rund minus 11,5 Mio. t CO2-Äquivalenten ausgewiesen. Als einziger der Sektoren wirkt er insgesamt als Netto-Senke für Kohlendioxid in Deutschland. Die gemittelte Emissionsbilanz – also der Schutz und die Wiederherstellung vor allem von Mooren und Wäldern – wird bis 2030 auf minus 25 Mio. t CO2-Äquivalente jährlich deutlich verbessert werden müssen, damit die im Klimaschutzgesetz festgelegten Ziele für diesen Sektor erreicht werden. Hierzu dient insbesondere das derzeit innerhalb der Bundesregierung in Abstimmung befindliche Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz, das zugleich substanziell zum Erhalt der biologischen Vielfalt in Deutschland beitragen soll.

II. Stand Ökonomische Ziele und Erneuerung

Wohlstand erneuern bedeutet ausdrücklich, den notwendigen Strukturwandel hin zu einer treib hausgasneutralen Wertschöpfung im Zusammenspiel von politischer Rahmensetzung, unternehmerischer Initiative und gesellschaftlichem Engagement nachhaltig zu gestalten. Wichtige Voraussetzung dafür ist gesamtwirtschaftliche Stabilität. Diese wurde im Frühjahr 2022 auf eine ernste Bewährungsprobe gestellt. Die abrupten, massiven Gas- und Strompreisanstiege im Zuge des Kriegs in der Ukraine überforderten kurzfristige Anpassungsmöglichkeiten und drohten, massive Schäden an der deutschen Wirtschaft zu hinterlassen. Private Haushalte und Unternehmen waren mit erheblich höheren Preisen – vor allem, aber nicht nur für Energie – konfrontiert: Zuletzt (im Februar 2023) lag die Inflationsrate bei 8,7 Prozent.

Die dynamische Entwicklung des Preisniveaus geht nicht zuletzt einher mit spürbaren Realeinkommensverlusten. Dies hat auch eine verteilungs- und sozialpolitische Relevanz, da Menschen mit niedrigem Einkommen und wenig Vermögen Preissteigerungen kaum über die Auflösung von Rücklagen oder weitere Konsumeinschränkungen abfedern können und diesen daher besonders stark ausgesetzt sind. Auch vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung Entlastungen von historischem Umfang bereitgestellt (Schutzschild für vom Krieg betroffene Unternehmen, 95 Mrd. Euro im Rahmen dreier Entlastungspakete sowie bis zu 200 Mrd. Euro im Rahmen des wirtschaftlichen Abwehrschirms) und insbesondere die Energiepreisbremsen auf den Weg gebracht. In ihrer Jahresprojektion geht die Bundesregierung zudem von einer deutlich rückläufigen Inflationsrate im Jahresverlauf 2023 aus.

Trotz des starken Gegenwinds hat die Wirtschaftsleistung in Deutschland im Jahr 2022 zugenommen: Preisbereinigt stieg das Bruttoinlandsprodukt um 1,8 Prozent, obwohl manche Beobachterinnen und Beobachter einen dramatischen Einbruch infolge einer Gasmangellage in einer Größenordnung von bis zu 10 Prozent erwartet hatten. Dieser Erfolg ist vor allem der enormen gemeinsamen Kraftanstrengung von Politik; Wirtschaft und Gesellschaft zu verdanken. Die Bundesregierung erwartet in ihrer Jahresprojektion für 2023 ein BIP-Wachstum von 0,2 Prozent, mit einer wirtschaftlichen Schwächephase im Winterhalbjahr 2022/23 und einer Belebung im weiteren Jahresverlauf.

Im Zuge der Energiepreissteigerungen galt der in dus triellen Entwicklung besondere Aufmerksamkeit. Im Jahr 2022 ging die Produktion der gesamten deutschen Industrie preisbereinigt lediglich um 0,7 Prozent zurück. Der Industrie-Anteil an der Bruttowertschöpfung reduzierte sich um nur 0,5 Prozentpunkte auf 23,5 Prozent. Ein bemerkenswerter Beleg der Stärke der kleinen, mittleren und großen Industrieunternehmen in Deutschland im Angesicht der Herausforderungen von Krisenbewältigung und Zukunftssicherung.

Derweil verharrt die gesamtwirtschaftliche Beschäftigung auf einem ungebrochen hohen Niveau, trotz aller Widrigkeiten: Im Januar 2023 lag die Zahl der Erwerbstätigen bei saisonbereinigt 45,8 Millionen. Die Arbeitslosigkeit bleibt im historischen Vergleich niedrig (saisonbereinigte Arbeitslosenquote im Februar 2023: 5,5 Prozent): Ins Zentrum der wirtschaftspolitischen Aufmerksamkeit rückt stattdessen die Zahl der gemeldeten offenen Stellen
(Februar 2023: 806.000), die Engpässe beim Arbeitsangebot zum Ausdruck bringt.

Die ökologische Transformation ist bereits ein harter Wirtschafts- und Beschäftigungsfaktor. So gaben Industrieunternehmen in 2021 rund 3,4 Mrd. Euro für Investitionen in den Klimaschutz aus, um die Dekarbonisierung ihrer Produktion voranzutreiben – das ist rund ein Drittel mehr als noch 2013. Und der Umsatz mit Umweltschutzgütern und -leistungen betrug im Jahr 2020 (letzte verfügbare Daten) rund 80 Mrd. Euro, Tendenz steigend. Die mit den Investitionen zur energetischen Sanierung im Gebäudebestand verbundene Beschäftigung lag im Jahr 2020 bei rund 540.800 Personen. Im Jahr 2021 waren allein im Bereich der Erneuerbaren Energien rund 350.000 Personen beschäftigt – zum Vergleich: im Kohlebereich arbeiteten zuletzt noch rund 20.000 Personen. Insgesamt zeigt das: Wir sind längst auf dem Weg, unseren Wohlstand klimaneutral zu erneuern – und gehen ihn jetzt konsequent weiter.

Fortschrittsfaktoren

Die Fortschrittsfaktoren der Erneuerung

Damit sich Energie und Wirtschaft klimaneutral erneuern können, müssen einige grundlegende Bedingungen erfüllt sein: Die großen Infrastruktur- und Investitionsprojekte müssen schnell geplant und genehmigt werden, es braucht Produktionskapazitäten und Rohstoffe für die Windkraftanlagen, PV-Module, Wärmepumpen etc., es braucht genug Fachkräfte und schließlich muss Kapital für die Finanzierung der privaten und öffentlichen Investitionen mobilisiert werden. All das sind Faktoren für den Fortschritt.

Deshalb arbeitet das BMWK gemeinsam mit den anderen Ressorts der Regierung, den Ländern und Kommunen sowie zahlreichen Akteuren aus Wirtschaft, Wissenschaft und Arbeitnehmerschaft daran, diese Fortschrittsfaktoren zu verbessern.

I. Fortschrittsfaktor Planung und Genehmigung

Die Erneuerung unseres Wohlstands ist auch ein weitreichendes Infrastrukturvorhaben. Tausende Anlagen, hunderte Kilometer Schienen und Stromnetze müssen innerhalb von zwei Jahrzehnten gebaut – und vorher geplant und genehmigt werden. Effiziente Verfahren der Planung und Genehmigung von Transformationsprojekten sind deshalb unverzichtbar. Hier besteht in Deutschland ein eklatantes Problem. Ein Beispiel: Ende 2021 dauerte die Zulassung von Windenergieanlagen an Land auf ausgewiesenen Windflächen in Deutschland etwa 4 bis 5 Jahre (davon durchschnittlich 2 Jahre allein für das Genehmigungsverfahren). Regelmäßig geht diesem Zulassungsverfahren ein Planungsverfahren voraus, dessen Dauer 5 bis 12 Jahre betrug.

Vor diesem Hintergrund unternehmen wir erhebliche Anstrengungen, um die Planungs- und Genehmigungsverfahren deutlich zu beschleunigen. Dazu wurde im vergangenen Jahr eine große Zahl gesetzlicher Neuregelungen und Reformen auf den Weg gebracht: Mit dem Energiesofortmaßnahmenpaket wurde der Grundsatz gesetzlich verankert, dass Erneuerbare Energien und der Stromnetzausbau im überragenden öffentlichen Interesse liegen und der öffentlichen Sicherheit dienen. Mit dem Wind-an-Land-Gesetz wurde durch die Regelung verbindlicher Flächenziele für die Windenergie an Land dem Problem mangelnder Flächenverfügbarkeit Abhilfe geschaffen und die Planung wurde deutlich vereinfacht. Mit dem Windenergie-auf-See-Gesetz wurden die Planung und Genehmigung bei Offshore-Windparks und Anbindungsleitungen beschleunigt. Durch eine Reihe rechtlicher Anpassungen (im Bundesbedarfsplangesetz, Energiewirtschaftsgesetz und Netzausbaubeschleunigungsgesetz) werden die Verfahren zum Stromnetzausbau verkürzt.

Zudem wurde gerade die sogenannte EU-Notfallverordnung in nationales Recht umgesetzt, um den Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Stromnetze noch einmal erheblich weiter zu beschleunigen. Daneben wurde das überragende öffentliche Interesse auf Verteilnetze im Außenbereich auch auf solche unterhalb von 110 kV ausgeweitet.

Auch jetzt bleibt die Weiterentwicklung von Planungs- und Genehmigungsverfahren auf der energie-, infrastruktur- und industriepolitischen Tagesordnung und wird entsprechend konsequent vorangetrieben.

Nächste Schritte:

  • Noch in diesem Jahr wird die Bundesregierung einen Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung mit den Ländern umsetzen. Das BMWK wird in diesem Zusammenhang die Planungs- und Genehmigungsverfahren für Erneuerbare und Netze weiter beschleunigen.

  • Neben dem Stromnetz braucht es in Zukunft auch ein Wasserstoffnetz, das prioritär Industriezentren und Kraftwerke versorgt. Für den Ausbau einer Wasserstoff-Infrastruktur samt Import-Infrastruktur sowie der inländischen Elektrolysekapazität wird das BMWK in diesem Jahr ein Beschleunigungsgesetz auf den Weg bringen

II. Fortschrittsfaktor Produktionskapazitäten

Deutschland ist ein starker und hoch leistungsfähiger Industriestandort. Es gibt zahllose Erfolgsgeschichten in unterschiedlichsten Branchen vom Maschinenbau bis zur Automobilindustrie, von den Big Playern bis zu den Hidden Champions im ganzen Land.

Derzeit verfügen wir noch nicht über ausreichende industrielle Produktionskapazitäten im Bereich der Transformationstechnologien. Im Grundsatz gilt: Bei allen Energiewenderelevanten Technologien braucht es eine Verdrei- bis Vervierfachung der Produktionskapazitäten, um den wachsenden Bedarf in Deutschland und Europa zu decken. Im Sinne unserer strategischen Souveränität muss dieser Bedarf aus einer Vielzahl von Quellen und zumindest zu einem relevanten Teil auch aus europäischer Produktion gedeckt werden. Deutschland und Europa haben sich schon auf den Weg gemacht, eigene Produktionskapazitäten aufzubauen, ob bei der Elektrolyse, der Batteriezellfertigung oder anderen Schlüsselkapazitäten. Damit beim Ausbau der Erneuerbaren Energien Engpässe bei der Verfügbarkeit von Energiewendetechnologien wie Photovoltaik- und Windenergieanlagen, Batterien sowie Stromnetzkomponenten vermieden werden können, setzt sich das BMWK dafür ein, zusammen mit der Wirtschaft Wertschöpfungsketten zu diversifizieren und Investitionen in Produktionskapazitäten dieser Technologien in Deutschland und Europa anzureizen.

Auf europäischer Ebene hat sich die Bundesregierung daher für den Aufbau einer europäischen Plattform für Transformationstechnologien eingesetzt und begrüßt, dass mit Clean Tech Europe ein entsprechendes Forum von der Europäischen Kommission geschaffen wurde.

Auf nationaler Ebene hat das BMWK in der zweiten Jahreshälfte 2022 den Stakeholder-Dialog zu industriellen Produktionskapazitäten für die Energiewende (StiPE) gestartet, an dem Vertreterinnen und Vertreter der Branchen Photovoltaik, Wind und Stromnetze entlang der gesamten Wertschöpfungskette beteiligt waren, wozu gerade auch kleine und mittlere Unternehmen gehören. Zusammen wurden konkrete Hemmnisse für den Produktionshochlauf in den betroffenen Branchen analysiert und Handlungsempfehlungen erarbeitet, die im Februar 2023 veröffentlicht wurden.

Viele der Handlungsempfehlungen aus diesem Prozess werden bereits umgesetzt, insbesondere im Bereich der Planungssicherheit, der Flächenverfügbarkeit und der Verschlankung von Genehmigungsverfahren, der Anpassung von EEG-Ausschreibungen an die Preisentwicklung sowie der Fachkräfte- und Rohstoffpolitik.

Nächste Schritte:

  • Erarbeitung eines Vorschlags für einen Transformationsfonds bis Sommer 2023, der Investitionen in die Dekarbonisierung von industriellen Produktionsprozessen durch Eigen- und Hybridkapital unterstützt.

  • Nutzbarmachung des Instruments der Investitionsprämien für Transformationstechnologien.

  • Entwicklung eines Instruments zur Betriebskostenförderung.

  • Entwicklung eines temporären Absicherungsinstruments insbesondere für Hersteller im Rahmen des Windenergie- und Stromnetzausbaus.

  • Durchführbarkeitsstudie zur Wiederansiedelung der PV-Industrie in Deutschland; Prüfung einer schnellen Umsetzung von IPCEIs für „Erneuerbare Energien“, vor allem PV, und Bildung eins supranationales Industriekonsortiums.

  • Unterstützung des europäischen „Green Deal Industrial Plan“ und eine ambitionierte Umsetzung des Net Zero Industry Act.

III. Fortschrittsfaktor Rohstoffe

Die Transformation zu treibhausgasneutralen Technologien bringt einen erheblichen Mehrbedarf an bestimmten mineralischen und metallischen Rohstoffen mit sich. Elektroautos, Wärmepumpen, Windräder, Solarpanele, Mikrochips – je schneller Staaten auf diese Technologien umstellen wollen, desto schneller wächst die globale Nachfrage. Auch wenn die Transformation zur Klimaneutralität den Rohstoffbedarf in bestimmten Bereichen spürbar senken wird, z. B. durch den Kohleausstieg, wird der Bedarf an Rohstoffen in anderen Bereichen in den nächsten Jahren deutlich ansteigen. Der globale Lithium-Bedarf wird sich um einen Faktor von 3– 6 erhöhen. Für den Ausbau von Schlüsseltechnologien wird sich auch der Scandium-Bedarf verachtfachen und der Kobalt-Bedarf vervierfachen (DERA Rohstoffe für Zukunftstechnologien 2021). Gleichzeitig haben die Corona-Pandemie und der russische Angriffskrieg auf die Ukraine deutlich gezeigt, wie fragil globale Lieferketten sind und welche Risiken für die Rohstoffversorgungssicherheit für Deutschland und Europa bestehen. Mehr als 80 Prozent der Seltenen Erden werden in China gefördert. Südafrika und Russland besitzen mit rund 80 Prozent Marktanteil eine beherrschende Stellung bei der Bergwerksförderung von Platin und Palladium (DERA Rohstoffinformationen 49, 2021).

Deshalb hat das BMWK die Rohstoffstrategie der Bundesregierung aus dem Jahr 2020 Anfang Januar 2023 um ein BMWK-Eckpunktepapier zu einer nachhaltigen und resilienten Rohstoffversorgung ergänzt, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Schwerpunkte sind dabei die Stärkung von Kreislaufwirtschaft, Ressourceneffizienz und Recycling, die Diversifizierung der Rohstoffversorgung und die Sicherstellung eines fairen und nachhaltigen Marktrahmens. Für Letzteres setzt sich die Bundesregierung gemeinsam mit internationalen Partnern in der Minerals Security Partnership ein. Auf europäischer Ebene unterstützt das BMWK zudem eine ambitionierte Ausgestaltung des Raw Materials Act, der zum Ziel hat, die Industrie bei den notwendigen Anstrengungen zur Diversifizierung und zu mehr Nachhaltigkeit bei der Rohstoffversorgung zu unterstützen.

Nächste Schritte:

  • Unterstützung der Erarbeitung einer umfassenden nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie unter Federführung des BMUV

  • Start eines neuen BMWK-Forschungsprogramms „Rohstoffe für die Transformation“

  • Stärkung der heimischen und europäischen Rohstoffgewinnung: Das BMWK erarbeitet dazu Eckpunkte für die Modernisierung des Bundesberggesetzes.

  • Strategischer Ausbau der internationalen Rohstoff-Partnerschaften, um Versorgungslücken langfristig zu decken. Ein aktuelles Beispiel ist die Ende Januar neu vereinbarte Deutsch-Chilenische Partnerschaft für Bergbau, Rohstoffe und Kreislaufwirtschaft.

  • Unterstützung der Europäischen Kommission bei der ambitionierten Ausgestaltung des Raw Materials Act; Entwurf im Frühjahr 2023 erwartet.

  • Bis 2024 Auflage eines Rohstoff-Fonds, der nach höchsten ESG-Standards

  • Zuschüsse, Eigenkapital, Darlehen und Bürgschaften zur Finanzierung von Projekten zur Rohstoffgewinnung, -verarbeitung und zum Recycling innerhalb und außerhalb der EU bereitstellen soll.

  • Monitoring von kritischen Rohstofflieferketten durch die DERA um Echtzeitmonitorings und die Einbeziehung von Recyclingrohstoffen erweitert.

IV. Fortschrittsfaktor Fachkräfte

Ein wesentlicher Fortschrittsfaktor für die Transformation zur Klimaneutralität ist eine ausreichende Zahl von Fachkräften – sei es im Bereich des Wärmepumpeneinbaus, beim Montieren von Photovoltaikanlagen oder der Produktion von Transformationstechnologien selbst: Überall werden Fachkräfte gebraucht. Allein im Wind- und Solarenergiebereich fehlen schon heute über 200.000 Fachkräfte (laut Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung, basierend auf Daten der Bundesanstalt für Arbeit). Insbesondere die Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik ist dabei besonders zentral. Hier fehlen 15.000 Fachkräfte, die zusätzlich auch für den Einbau von Wärmepumpen zuständig sind und somit in mehreren Branchen eine große Nachfrage erfahren. In der Halbleiterindustrie fehlen weitere 62.000 Fachkräfte, damit ist jeder zweite Arbeitsplatz nicht besetzt (Studie zu Chipindustrie 2023 von ZVEI und BDI). Die Fachkräftelücke wird durch den demographischen Wandel in den nächsten Jahren noch wachsen. Umso wichtiger ist es, die Transformation als Chance für die Erneuerung von guter Arbeit zu begreifen. So können wir Deutschlandlands Wettbewerbsfähigkeit unter den Bedingungen der Klimaneutralität mit einem erneuerten Wohlstandsversprechen verknüpfen.

Um den Fachkräftebedarf für die Transformation der nächsten Jahre und Jahrzehnte zu decken, müssen die bisherigen Maßnahmen und Förderinstrumente ausgeweitet werden. Dafür ist es erforderlich, neben der Gewinnung bereits passender Fachkräfte weitere Fachkräfte für diese Aufgaben zu qualifizieren. Dafür gibt es nicht den einen großen Hebel, sondern es muss an vielen Stellen gleichzeitig angesetzt werden – von der Beratung von Unternehmen, insbesondere kleinen und mittleren Betrieben, über die Aus- und Weiterbildung bis hin zu Einwanderung, Integration und Stärkung der Gleichberechtigung sowie der Nutzung und der Wertschätzung des Wissens und des Könnens von älteren Menschen. Diese Aufgabe ist eine, die nur im Zusammenspiel der gesamten Regierung gelingen kann. Zahlreiche konkrete Schritte wurden schon unternommen, das reicht von der besseren Information und Beratung zu klimaschutzrelevanten Berufen im Rahmen des vom BMWK geförderten Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) bis hin zur Stärkung der Ausbildung. All das ist ein kontinuierlicher Prozess.

Nächste Schritte:

  • Im Rahmen des Weiterbildungsgesetzes soll die Weiterbildung der Belegschaft in Branchen, die stark von der Transformation betroffen sind, gefördert werden; davon wird auch die Erneuerbaren-Branche profitieren.

  • Den mit der Umstellung auf erneuerbare Wärme einhergehenden spezifischen Schulungsbedarf wird das BMWK über die Bundesförderung Aufbauprogramm Wärmepumpen adressieren. Es soll Anreize für Handwerksbetriebe, Planungsbüros sowie Energieberatende setzen, an Weiterbildungen zur Auslegung, Installation und Einregulierung von Wärmepumpen teilzunehmen.

  • Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz wird die Bundesregierung in diesem Jahr Erwerbsmigration nach Deutschland vereinfachen und ein Punktesystem nach dem kanadischen Vorbild einführen.

  • Das BMWK unterstützt darüber hinaus zahlreiche Initiativen im Ausland zur Fachkräfterekrutierung und -gewinnung (z. B. das Jobportal Make-it-in-Germany, das Programm Women energize women, deutsch-jordanische Energieakademie).

  • Das Programm „Skills Experts“ des BMWK wird 2023 weiterentwickelt, um im Bereich „Green Jobs“ Aus- und Weiterbildungen für lokale Arbeitskräfte deutscher Unternehmen im Ausland aufzubauen.

  • Mit zahlreichen Maßnahmen wollen wir mehr junge Menschen für eine Ausbildung in den Energiewendeberufen gewinnen. Eine spezielle Förderung der Ausbildung ist für die Braunkohleregionen vorgesehen – mit dem BMWK-Programm Ausbildungscluster 4.0 in den Braunkohleregionen.

  • Die breit angelegte Fachkräfte-Kampagne „Fachkräfteland“ mit Fokus auf die Aus- und Weiterbildung in klimarelevanten Berufen setzen wir fort.

  • Wir heben weiter Potenziale zur Effizienzsteigerung, u. a. durch Digitalisierung, serielles Bauen, Automatisierung industrieller Fertigungsprozesse und Robotik.

Zentrale Sektoren

Die zentralen Sektoren der Erneuerung

Auf dem Weg zur klimaneutralen Erneuerung unseres Wohlstands steht eine „Doppelhelix“ im Zentrum, bestehend (1) aus einer Erneuerung unserer energetischen Versorgung und (2) aus einer Erneuerung unserer industriellen und mittelständischen Wertschöpfung. Auf beiden Feldern braucht es einen verlässlichen Rahmen und Dynamik.

I. Unser Energiesystem klimaneutral erneuern

Der eine Strang der Doppelhelix ist die Erneuerung unseres Energiesystems. Hier liegt die Schlüsselaufgabe für eine nachhaltige und sichere Energieversorgung der Bürgerinnen und Bürger, der Unternehmen wie auch für die Erreichung der Klimaneutralität selbst.

1. Erneuerung des Stromsystems

Das im Klimaschutzgesetz verankerte Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 setzt voraus, dass der Stromsektor bereits bis 2035 nahezu klimaneutral ist. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist dafür die Voraussetzung. Die ausreichende Verfügbarkeit von erneuerbarem Strom ist Grundlage für die Dekarbonisierung von Verkehr, Industrie und Gebäuden durch die Elektrifizierung von Anwendungen.

Um das Ziel eines weitgehend treibhausgasneutralen Stromsystems erreichen zu können, arbeiten wir gleichzeitig und ineinandergreifend in zehn Bereichen weiter am Fortschritt und untermauern dies auch in diesem Jahr mit weiteren konkreten Maßnahmen.

Die Bereiche sind:

  1. Ausbau Stromerzeugung aus Wind an Land

  2. Ausbau Stromerzeugung aus Photovoltaik

  3. Ausbau Stromerzeugung aus Wind auf See und Vermaschung von Windparks (Offshore)

  4. Importkooperationen und Interkonnektoren für erneuerbaren Strom

  5. Umbau des Kraftwerksparks in Richtung Wasserstoffkraftwerke

  6. Ausbau des Strom-Übertragungsnetzes

  7. Vorausschauender Ausbau des Verteilnetzes und systemdienliche Einbindung von Elektromobilität, Wärmepumpen und Elektrolyse

  8. Gewährleistung der Versorgungs- und Systemsicherheit

  9. Weiterentwicklung des Strommarkt-Designs

  10. Europäische Zusammenarbeit im Stromsektor

Der Ausbau der Erneuerbaren in der letzten Legislatur ist deutlich hinter den Möglichkeiten und Notwendigkeiten zurückgeblieben. Für unser Ziel muss die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien gegenüber heute in sieben Jahren mehr als verdoppelt werden: Von derzeit rund 250 Terawattstunden (TWh) auf voraussichtlich etwa 700–750 TWh. Gegenüber dem Zubau in der letzten Legislatur bedeuten die aktuellen Planungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für den Zeitraum bis 2030 eine Erhöhung des Zubaus um den Faktor 3– 4.

Gerade deshalb hat die neue Bundesregierung bereits im letzten Jahr etliche ambitionierte Maßnahmen eingeleitet, um einen Richtungswechsel herbeizuführen:

  • Die größte Reform in der Geschichte des EEG wurde umgesetzt. Die Ausbauziele und Auktionsmengen für Erneuerbare wurden deutlich nach oben korrigiert. Neues Ziel ist es bis zum Jahr 2030 eine Leistung von 215 GW Photovoltaik, 115 GW Wind an Land und 30 GW Wind auf See zu erreichen. Wir haben gesetzlich klargestellt, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient.

  • Mit dem Windenergieflächenbedarfsgesetz wurden für die Bundesländer verbindliche Flächenziele festgelegt. Bis 2027 muss insgesamt ein Anteil von 1,4 und bis 2032 ein Anteil von 2,0 Prozent der deutschen Landesfläche für die Windenergie an Land ausgewiesen sein. Durch Änderungen des Baugesetzbuchs wurden die Flächenziele in das Planungsrecht integriert und die Planungsverfahren zur Ausweisung von Windenergiegebieten so deutlich vereinfacht.

  • Ausschreibungsbedingungen und Fördersätze wurden insgesamt attraktiver gestaltet, auch um gestiegenen Rohstoffpreisen und Zinsen Rechnung zu tragen. Zur Stärkung von Bürgerenergiegesellschaften wurden diese von der Verpflichtung zur Teilnahme an Ausschreibungen ausgenommen, wenn sie bestimmte Größenordnungen (18 MW Wind/6 MW Solar) nicht überschreiten. Zudem wurde ein Förderprogramm für Bürgerenergiegesellschaften aufgesetzt, mit dem bis zu 70 Prozent der Kosten für die Planungs- und Genehmigungsphase übernommen werden können.

  • Bei Solaranlagen außerhalb der Ausschreibungen wurden die Vergütungssätze deutlich angehoben und ihre Degression bis 2024 ausgesetzt. Die Flächenkulisse wurde erweitert und um neue Möglichkeiten für Agri-PV, Floating-PV und Moor-PV ergänzt. Außerdem wurden kleine PV-Anlagen fürs eigene Dach bis zu einer Leistung von 30 KW von der Einkommensteuer und der Mehrwertsteuer befreit.

  • Die Aufnahme und der Transport Erneuerbarer Energien in den Stromnetzen wurde verbessert durch Gesetzesänderungen zur Beschleunigung des Stromnetzausbaus, zur höheren Netzauslastung und zur Lastflexibilität (EnWG, NABEG, Bundesbedarfsplangesetz).

Erste Erfolge sind sichtbar: Der Zubau der Solarenergie hat sich mit ca. 7,2 GW (+26 Prozent ggü. 2021) bereits spürbar beschleunigt. Damit haben wir die Ausbauziele aus dem EEG 2021 für das Jahr 2022 erreicht.

Ausbau Photovoltaik (Zubau in GW)
Ausbau Windenergie (Zubau in GW)

Der Zubau von Wind an Land hat sich 2022, nach Jahren des Rückgangs, erstmals wieder erhöht auf 2,1 GW (+ ca. 30 Prozent ggü. 2021). Bei Wind auf See sind die Grundlagen für einen beschleunigten Ausbau gelegt.

Die Dynamik des Ausbaus muss jetzt aber erhöht werden. Mit der EU-Notfallverordnung, für die wir uns 2022 auf EU-Ebene eingesetzt haben und die nun in nationales Recht umgesetzt wurde, sind große Hürden beseitigt worden. Verfahren für Wind ausbau an Land und auf See, Stromnetzausbau und auch Solarenergie können deutlich schneller werden. So entfällt beispielsweise in ausgewiesenen EE- und Netzgebieten, die bereits eine Stra tegische Umweltprüfung durchlaufen haben, im Genehmigungsverfahren die Pflicht der Umweltverträglichkeitsprüfung und der artenschutzrechtlichen Prüfung für Erneuerbare-Energien-Anlagen und Netze. Auch für Repowering und Solaranlagen macht die EU-Notfallverordnung die Verfahren einfacher. Im Bereich Windenergie an Land gehen wir allein durch diese Verordnung von einer Beschleunigung um mindestens ein Jahr aus. Die Bundesländer und die Genehmigungsbehörden haben nun die gesetzlichen Grundlagen, um den Windkraftausbau mit voller Kraft voranzutreiben. Sie sind nun gefragt, das Ihrige zu tun. Der Erfolg des Transformationsprojekts liegt auch in ihrer Hand.

Dennoch werden auch wir auf Bundesebene 2023 in den Bereichen Wind an Land, PV und Wind Offshore zahlreiche weitere Maßnahmen ergreifen. Zentral ist, die Dynamik der Energiewende durch viele ineinandergreifende Maßnahmen zu erhöhen, die es schneller und einfacher machen.

Wind an Land: Ab dem Jahr 2025 müssen wir einen jährlichen Zubau der Leistung von 10 GW erreichen. Insgesamt wurden bislang nur 0,8 Prozent der Landesfläche für Windenergieanlagen ausgewiesen, und noch weniger steht tatsächlich zur Verfügung. Um hier noch besser voranzukommen, sind als nächste Schritte – auch im Zusammenspiel mit weiteren Ressorts der Bundesregierung – geplant:

  • Wir erarbeiten derzeit eine Wind-an-Land-Strategie und werden bei einem Windkraft-Gipfel am 22. März Eckpunkte vorstellen. Nach Beratungen mit den Ländern und der Windbranche wollen wir bei einem zweiten Windkraft-Gipfel im April die fertige Strategie präsentieren und dann umsetzen.

  • Wir prüfen unter anderem verbesserte Finanzierungsbedingungen für Anlagen außerhalb des EEG, beispielsweise durch Ausfallgarantien oder eine teilweise Haftungsfreistellung für PPA-Projekte.

  • Zur Diskussion stehen auch eine Duldungspflicht für die Leitungsverlegung zum Netzanschluss von Windparks zu erlassen sowie weitere Möglichkeiten, um mehr Flächen kurzfristig bereitstellen zu können. Insbesondere für die Kommunen prüfen wir, wie ihre Rechte bei der zügigen Planung von Wind-Projekten gestärkt werden können und was es braucht, um sie bei der Realisierung effizient zu unterstützen.

Wind auf See: Offshore-Wind-Erzeugung ist bereits jetzt eine wichtige Säule der Energiewende. Zentrale Entwicklungen und weitere Maßnahmen:

  • Mit der im November 2022 unterzeichneten Offshore-Realisierungsvereinbarung zwischen Bund, betroffenen Ländern und Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) wurden konkrete Meilensteine und Zeitpläne verabredet, um das Ziel von mindestens 30 GW bis 2030 zu erreichen.

  • Im Januar hat das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie den neuen Flächenentwicklungsplan veröffentlicht, der den Weg zu 30 GW in 2030 und zu sogar 50 GW in 2035, und damit einer deutlichen Übererfüllung des Ziels von 40 GW, beschreibt. Bei den Versteigerungen kam es in der Vergangenheit wiederholt zu Null-Cent-Geboten. Mit den neuen Ausschreibungsverfahren können wir künftig sogar mit Einnahmen rechnen, die unter anderem in den Naturschutz fließen werden.

  • Um Stromimporte und Versorgungssicherheit zu stärken und Kosten zu senken, treiben wir das Konzept eines vermaschten Offshore-Netzes voran.

  • Wir intensivieren die multilaterale Kooperation im Offshore-Bereich und betten sie in eine Importstrategie für grünen Strom ein.

  • Ferner wurde mehr Fläche für die Offshore-Wasserstofferzeugung ausgewiesen und wir arbeiten an einer Förderung für die Offshore-Wasserstofferzeugung.

Photovoltaik: Der Ausbau der Solarenergie kommt bereits in Schwung. Es ist damit zu rechnen, dass in diesem Jahr das Zubauziel von 9 GW erreicht wird und damit so viel Zubau wie noch nie zuvor. Der Ausbau muss sich aber danach weiter, auf 22 GW ab dem Jahr 2026, beschleunigen. Gerade bei der Solarenergie gibt es zahlreiche bürokratische Hemmnisse, die wir beseitigen wollen. Dafür haben wir unter anderem einen Praxis-Check Photovoltaik-Anlagen im gewerblichen Bereich gemacht – ein Feld mit herausragender energiepolitischer Bedeutung und gleichzeitig vielfachen Anforderungen auf allen Ebenen: energierechtlich, steuerrechtlich, baurechtlich. Das Ergebnis der Konsultationen mit Handelsverband, Einzelhändlern, Energieagentur und Landkreis nehmen wir mit und werden gezielt Hemmnisse im PV-Bereich abbauen. Sprich: Energiewende-Fortschritt und Entbürokratisierung in einem Paket.

  • Am 10. März werden wir auf einem PV-Gipfel mit den Branchenvertreterinnen und Branchenvertretern und wichtigen Stakeholdern einen ersten Entwurf der PV-Strategie vorstellen. Dieser Entwurf soll dann mit allen Akteuren diskutiert und weitere Anregungen aufgegriffen werden. Auf einem zweiten PV-Gipfel am 3. Mai wollen wir die fertige Strategie präsentieren und noch im Mai das Gesetzgebungsverfahren für ein Solarpaket I einleiten, dem später ein Solarpaket II folgen soll.

  • Wir wollen zudem durch verschiedene Maßnahmen weitere Flächen für PV-Anlagen zur Verfügung stellen, u. a. durch Erleichterungen beim Bau in Industrie- und Gewerbegebieten.

  • Schließlich ist geplant, ein neues, einfacheres und attraktiveres Modell für Mieterstrom zu entwickeln. Balkon-PV und Meldepflichten sollen vereinfacht werden. Außerdem soll der Netzanschluss beschleunigt werden.

Strommarktdesign: Mit einem Energiemix, der auf Erneuerbare Energien setzt, ändern sich die Anforderungen an Stromnetze, Kraftwerke, Speicher und Stromverbraucherinnen und Stromverbraucher grundlegend. So müssen beispielsweise thermische Kraftwerke perspektivisch nur noch dann Strom produzieren, wenn die Sonne mal nicht scheint oder der Wind nicht weht und Erneuerbare Energien damit nicht ausreichend ins Netz eingespeist werden.

  • Wir befinden uns in Europa und Deutschland in einem intensiven Austausch über ein neues Design unseres Strommarkts. Die EU-Kommission wird im April Vorschläge für eine Überarbeitung des EU-Strommarktdesigns vorlegen, die noch 2023 zu Änderungen führen werden.

  • Für die Beratung hat die Bundesregierung die Plattform Klimaneutrales Stromsystem (PKNS) eingerichtet, die sich mit der Finanzierung der Investitionen in die Erneuerbaren Energien, der Finanzierung von neuen flexiblen Kraftwerkskapazitäten, Flexibilitäten der Stromnachfrage und lokalen Netz- und Preissignalen befassen wird. Ein erster Bericht wird im Sommer erwartet, ein zweiter Ende des Jahres.

Versorgungs- und Systemsicherheit, Kraftwerke und Kohleausstieg: Versorgungssicherheit bleibt auch in einem klimaneutralen Stromsystem zentral. Der Bericht der Bundesnetzagentur „Versorgungssicherheit Strom“ kommt zu dem Ergebnis, dass die Versorgung mit Strom mit den aktuellen Planungen der Bundesregierung auch im Zeitraum 2025 bis 2031 auf weiterhin hohem Niveau gewährleistet ist. Folgende Maßnahmen setzen wir in diesem Kontext um:

  • Wir legen bis zum Sommer eine „Kraftwerksstrategie“ vor. Wir wollen den Kraftwerkspark fortentwickeln, damit dieser auch dann Strom produzieren kann, wenn Wind- und Sonnenenergie nicht ausreichend ins Netz eingespeist werden können. Es gibt einen Zubau- und Modernisierungsbedarf von steuerbarer Leistung im Umfang von 17 bis 25 GW bis 2030. Die thermischen Kraftwerke sollen außerdem in der Lage sein, Wasserstoff zu verwenden. Wir werden neue Instrumente für Wasserstoffkraftwerke im EEG ergänzen und bestehende Instrumente wie Biomethan-Ausschreibungen und das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz fortentwickeln.

  • Darüber hinaus arbeiten wir daran, dass zusätzliche Gaskraftwerke bereitgestellt werden, die auf Wasserstoffbetrieb umstellbar sind.

  • Das BMWK entwickelt mit breiter Branchenbeteiligung eine Roadmap Systemstabilität“. Aufgrund des Rückgangs konventioneller Kraftwerke müssen deren Eigenschaften und Systemdienstleistungen von den Erneuerbaren Energien und weiteren Anlagen (z. B. Speichermöglichkeiten, Netzbetriebsmittel) geleistet werden. Hier werden auch Erkenntnisse der Übertragungsnetzbetreiber zu Auswirkungen eines vorgezogenen Kohleausstiegs 2030 auf die Stromnetze einfließen.

Netzausbau Übertragungsnetzebene: Der Ausbau der Stromnetze ist auf allen Ebenen erforderlich, von großen Stromautobahnen von Nord- nach Süddeutschland bis hin zu den Verteilnetzen, die den Strom zu den einzelnen Verbraucherinnen und Verbrauchern vor Ort bringen.

  • 2022 wurden mit dem „Osterpaket“ und dem Gesetz zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes und anderen energiewirtschaftlichen Vorschriften („EnSiG 3.0“) wichtige Beschleunigungsmaßnahmen für den Netzausbau auf Übertragungsnetzebene auf den Weg gebracht. Weitere Erleichterungen werden mit der EU-Notfallverordnung erreicht, deren Möglichkeiten jetzt im Konkreten genutzt werden müssen. Gleichzeitig arbeiten wir im Rahmen der EU daran, dass auch auf EU-Ebene Beschleunigungsmaßnahmen verstetigt werden.

  • Im Netzentwicklungsplan Strom (NEP Strom) ermitteln die Übertragungsnetzbetreiber den Ausbaubedarf für die kommenden Jahre, der im Sommer vorgelegt wird und im Anschluss durch die BNetzA mit der Novelle des Bundesbedarfsplangesetzes 2024 gesetzlich umgesetzt wird. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass der Plan erstmals das Klimaneutralitätsnetz 2045 in den Blick nimmt.

Netzausbau und Flexibilität auf Verteilnetzebene: Zentrale Aufgabe auf Ebene der Verteilnetze wird es sein, die sprunghaft gestiegene Anzahl von dezentralen Erzeugern (Wind- und Solaranlagen) und Verbrauchern (u. a. Wärmepumpen und Elektromobile) sicher und zunehmend intelligent und flexibel an das Stromnetz anzuschließen.

  • Mit dem „Osterpaket“ wurde der Rechtsrahmen für die Verteilnetzplanung weiterentwickelt, um vorausschauenden Ausbau zu ermöglichen.

  • Im Branchendialog „Verteilnetze der Zukunft“ begleitet das BMWK den Ausbau der Verteilnetze und die Umsetzungsprozesse aus dem Osterpaket.

  • Intelligente Messsysteme (Smart Meter) sind entscheidend für den sicheren Netzbetrieb und die Marktintegration der Millionen Erzeuger, Verbraucherinnen und Prosumer. Mit dem Gesetzentwurf zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende hat die Bundesregierung die Grundlage dafür geschaffen, dass der Rollout von intelligenten Messsystemen beschleunigt wird. Gleichzeitig werden die Kosten für Verbraucherinnen und Verbraucher begrenzt.

  • Die Bundesregierung wird noch in diesem Jahr Vorschläge vorlegen, wie die Kosten der Energiewende gerechter verteilt werden können, denn heute zahlen Wirtschaft und Haushalte über die Netzentgelte oft gerade in den Regionen höhere Strompreise, in denen die Erneuerbaren Energien besonders stark ausgebaut werden.

2. Erneuerung des Wärmesystems

Mehr als 80 Prozent der Wärmenachfrage wird bislang durch die Verbrennung von fossilen Energieträgern gedeckt. Sie machen gut ein Viertel der CO2-Emissionen in Deutschland aus. Um Klimaneutralität zu erreichen, muss deshalb auch die Art des Heizens binnen zwei Jahrzehnten grundlegend erneuert werden. Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, bis 2030 in Deutschland mindestens 50 Prozent der Wärme klimaneutral zu erzeugen und bis 2045 nahezu vollständig erneuerbar zu heizen. Das Ende russischer Gasexporte nach Deutschland und der Versuch der russischen Regierung, Gas zur politischen Erpressung zu nutzen, hat die ohnehin geplante Umstellung unserer Heizsysteme auch aus Gründen der Sicherheit zur obersten Priorität gemacht.

Was schon auf den Weg gebracht ist:

  • Die zur Verfügung stehenden Steuermittel werden seit Sommer 2022 zielgerichtet v. a. dort eingesetzt, wo der Klimaschutzeffekt am höchsten ist: bei Sanierungen. Die Sanierungsförderung hilft den Bürgerinnen und Bürgern zudem, Geld zu sparen. Gerade alte Fenster, alte Außentüren oder alte Heizungsanlagen sind Energiefresser – und damit Kostenfaktoren. Wir haben daher die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) stärker auf Sanierungen ausgerichtet, sodass der Klimaschutzeffekt und damit die Fördereffizienz so hoch wie möglich ist. So haben wir zum Beispiel einen Bonus eingeführt, der eine zusätzliche zehnprozentige Unterstützung für die Sanierung eines schlecht sanierten Gebäudes zu einem Effizienzhaus bietet. Zudem haben wir einen 15-Prozent-Förderbonus für Serielles Sanieren eingeführt. Im Neubaubereich haben wir den gesetzlichen Standard so angehoben, dass seit diesem Jahr der zulässige Primärenergiebedarf dem Standard des Effizienzhauses 55 entsprechen muss.

  • Grüne Wärmenetze beschleunigen wir zudem mit der neuen Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW). Bis 2026 stellen wir rund 3 Mrd. Euro für die erneuerbare Wärmeerzeugung etwa aus Geothermie, Solarthermie und dem Einsatz von Großwärmepumpen sowie für weitere Wärmenetz-Infrastruktur zur Verfügung. Die BEW fördert den Umbau bestehender Wärmenetze hin zur Treibhausgasneutralität bis 2045 und den Neubau von Wärmenetzen mit mindestens 75 Prozent Wärmeeinspeisung aus Erneuerbaren Energien und Abwärme.

  • Gerade im städtischen Bereich braucht Deutschland mehr klimaneutrale Fernwärme. Jeder Anschluss an Fernwärme reduziert auch die Notwendigkeit die dezentrale Wärmeerzeugung zu dekarbonisieren.

  • Das BAFA hat für das BMWK im Rahmen der Bundesförderung Effiziente Gebäude (BEG) bisher rund 500.000 Förderanträge als Einzelmaßnahmen bewilligt, davon fast 200.000 für Wärmepumpen, rund 110.000 für Biomasseheizungen und fast 140.000 für Sanierungsmaßnahmen an der Gebäudehülle. Im Bereich der systemischen Sanierung (BEG WG/NWG) konnten in 2022 Sanierungen von ca. 30.000 Wohngebäuden mit über 140.000 Wohneinheiten und sowie 2.200 Nichtwohngebäuden unterstützt werden.

  • Die Schlüsseltechnologie zur Erneuerung der Wärmeproduktion für alle Haushalte, die nicht an ein Fernwärmenetz angeschlossen sind, sind Wärmepumpen. Wärmepumpen sind hocheffizient und in vielen Bereichen eine ideale Lösung. Das BMWK hat deshalb eine große Wärmepumpenoffensive mit zwei Wärmepumpengipfeln gestartet und arbeitet mit einem breiten Bündnis aus Wirtschaft, Industrie, Sozialpartnern, Gewerkschaften und Wissenschaft zusammen, um den Markthochlauf voranzutreiben. Der Verkauf von Wärmepumpen hat bereits Fahrt aufgenommen. Mit mehr als 230.000 Wärmepumpen gab es 2022 eine Steigerung von über 50 Prozent im Vergleich zu 2021. Für dieses Jahr rechnen die Hersteller bereits mit gut 350.000. Diese Dynamik wollen wir ausbauen und haben uns im Bündnis zu einem Fahrplan 2023 mit konkreten Maßnahmen verständigt, um ab 2024 mindestens 500.000 Wärmepumpen pro Jahr installieren zu können.

Absatzzahlen für Heizungswärmepumpen

Nächste Schritte:

  • Die Regierungskoalition hat die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) zum klimaneutralen Heizen vorgezogen. Begleitet von Beteiligungsprozessen mit Stakeholdern von Immobilien- bis Umweltverbänden über Verbraucherschutz bis Wärmepumpenherstellern haben BMWK und BMWSB einen Gesetzentwurf erarbeitet, der vorsieht, dass bereits ab 2024 neu eingebaute Heizungen mit mindestens 65 Prozent Erneuerbarer Energie betrieben werden sollen – für neue Heizungen soll das Standard werden; es gibt zahlreiche Ausnahmen, Übergangslösungen und -fristen, um den Anforderungen der Praxis gerecht zu werden. Im Rahmen einer weiteren GEG-Überarbeitung werden wir den Neubaueffizienzstandard weiter erhöhen und dabei auch die Emissionen der Errichtung von Gebäuden berücksichtigen.

  • Mit dem Wärmeplanungsgesetz wollen wir den Wärmenetzausbau vorantreiben. Da dieser auch künftig eine Aufgabe der Kommunen bleibt, wollen wir mit einem neuen Gesetz bundesweit und flächendeckend die kommunale Wärme planung verankern und ein zentrales Koordinierungsinstrument für lokale, effiziente Wärmenutzung und strategische Planungs- und Investitionsentscheidungen für eine klimaneutrale Wärmeversorgung vor Ort schaffen.

  • Zudem bereiten wir neue Vorgaben für den Betrieb von Wärmenetzen vor, um die Dekarbonisierung der leitungsgebundenen Wärmeversorgung zu beschleunigen. Um hier gemeinsam mit zentralen Akteuren voranzukommen, planen wir einen Fernwärmegipfel im Sommer 2023.

  • Wir werden ab April mit der „Bundesförderung Aufbauprogramm Wärmepumpe“ (BAW) die Teilnahme von ausgebildeten Fachkräften im Handwerk, von Planerinnen und Planern sowie Energieberatenden an Fortbildungen speziell zum Thema Wärmepumpen fördern. Dies ist ein konkreter Schritt, um mehr Fachkräfte für die Wärmepumpeninstallation zu gewinnen, denn derzeit sind dazu nur rund 15 Prozent der Betriebe in der Lage.

  • Wir werden die für das zweite Halbjahr 2023 geplante EU-Gebäuderichtlinie, insbesondere die dort enthaltenen Mindesteffizienzstandards, zügig umsetzen.

Wir werden schließlich dieses Jahr mit dem Energieeffizienzgesetz erstmals einen übergreifenden Rechtsrahmen zur Energieeinsparung setzen. Darin werden wir nicht nur die für den nationalen und europäischen Kontext erforderlichen Energieeffizienzziele festlegen. Wir werden erstmals auch für Bund, Länder und Kommunen einen klaren und planbaren Energieeffizienzpfad beschreiben.

3. Aufbau der Wasserstoff-Infrastruktur

Wasserstoff ist überall dort wichtig, wo wir weiterhin auf Moleküle angewiesen sind und nicht auf Elektronen setzen können. Wasserstoff kann die Lücke schließen, die mit dem Umbau auf ein erneuerbares Stromsystem noch offenbleibt. Das Ziel der Bundesregierung ist eine Versorgung Deutschlands mit grünem, nachhaltigem Wasserstoff. In der Übergangszeit haben wir die Notwendigkeit anerkannt, auch kohlenstoffarm über fossiles Gas in Kombination mit CCS erzeugtem Wasserstoff (sog. blauer Wasserstoff) zu nutzen. Der Wasserstoffhochlauf ist von zentraler Bedeutung, als Voraussetzung des Erreichens von Klimaneutralität wie auch zur Steigerung unserer Versorgungssicherheit und Energiesouveränität. Mit dem Hochlauf des Wasserstoffmarkts sichern wir zugleich die Erneuerung unseres Wohlstands, die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und die Schaffung von guten und abgesicherten Arbeitsplätzen. Es ist unser Ziel, den Markthochlauf von Wasserstoff, seiner Folgeprodukte und dessen Anwendungstechnologien massiv zu beschleunigen. Dies betrifft die ganze Wertschöpfungskette: von der Sicherung ausreichender Wasserstoffverfügbarkeit (Aufbau von Elektrolyseuren, Energiepartnerschaften und Importterminals) über ein nationales und europäisches Wasserstoffnetz (einschließlich Wasserstoff-Speichern) bis hin zur anfänglichen Unterstützung der Anwendungen (vor allem Industrie und Stromerzeugung).

Aktuelle Maßnahmen und nächste Schritte:

  • Wir werden in diesem Jahr die Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie abschließen und etablieren damit die benötigten Leitplanken für private Investitionen in die wirtschaftliche und nachhaltige Erzeugung, den Transport und die Nutzung von Wasserstoff und die Einbindung in das deutsche Energiesystem. Damit werden verlässliche Rahmenbedingungen für den Markthochlauf geschaffen.

  • In diesem Rahmen werden wir das Ausbauziel für nationale Elektrolysekapazitäten bis 2030 von bislang 5 auf mindestens 10 GW anheben. Für die Förderung von Elektrolyseuren in Deutschland sind Förderausschreibungen mit einer Gesamtfördersumme von 4,2 Mrd. Euro ab 2023 bis einschließlich 2028 geplant. Mit den „Importanz Projects of Common European Interest“ (IPCEI) Wasserstoff fördern wir ausgewählte Vorhaben über die gesamte Wertschöpfungskette. Ab 2023 wollen wir Pipelineprojekte mit mehr als 1.800 km Leitungslänge und drei erste umgewidmete Kavernenspeicher fördern. Dafür stellen Bund und Länder mehr als 13 Mrd. Euro über die kommenden Jahre zur Verfügung, davon kommen rund 7,5 Mrd. Euro vom BMWK.

  • Unser Ziel ist der schnelle und kosteneffiziente Aufbau einer Wasserstoffnetz-Infrastruktur, die mit dem Markt wächst und in den EU-Binnenmarkt eingebettet ist. Hierfür ist der zukünftige europäische Regulierungsrahmen von Bedeutung, der die Eigentums- und Betreiberstruktur der Wasserstoffnetze betrifft und in Deutschland sinnvoll umgesetzt werden muss. Die Systementwicklungsstrategie unterstützt die Entwicklung von Rahmenbedingungen für den weiteren Ausbau des Wasserstoffnetzes sektorübergreifend. Der Aufbau eines EU-Wasserstoffnetzes (EU Hydrogen Backbone) liegt im gesamteuropäischen Interesse und wird von der Bundesregierung mit hoher Priorität verfolgt.

  • Um einen koordinierten und systemdienlichen Aufbau eines Wasserstoffnetzes sowie dessen Finanzierbarkeit darzustellen, soll eine Wasserstoffnetzgesellschaft gegründet werden.

  • Wir planen zudem ein Wasserstoffbeschleunigungsgesetz zur Anpassung und Vereinfachung der regulatorischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen.

  • Wir bauen auf die Diversifizierung unserer Energiepartnerschaften auf der ganzen Welt, damit unsere Wasserstoffversorgung sicher ist und Wasserstoff und Wasserstoffderivate global möglichst effektiv und energieeffizient gehandelt werden. Wir entwickeln dafür in diesem Jahr eine Wasserstoff-Importstrategie mit Fokus auf Transportoptionen und der erforderlichen Import-Infrastruktur, sowohl für Schiffstransporte als auch für Pipelinetransporte. Ziel ist es, breit diversifizierte Importkanäle zu erschließen und dabei neue Abhängigkeiten zu vermeiden. Ende 2022 haben wir die erste Ausschreibung von H2Global zum Import von grünem Wasserstoff über 900 Mio. Euro gestartet. Als erstes globales Bieterverfahren zum Ankauf von Wasserstoff können wir so erstmals weltweit einen Marktpreis für grünen Wasserstoff ermitteln.

II. Unsere industrielle Wertschöpfung klimaneutral erneuern

Die Erneuerung der Industrieproduktion in Deutschland in kleinen, mittleren und großen Unternehmen ist das zweite „Schwungrad“ auf dem Weg zu neuem, nachhaltigem und wettbewerbsstarkem Wohlstand. Hier entscheidet sich die Wettbewerbsfähigkeit von morgen, die Zukunft guter und abgesicherter Jobs, der Wertschöpfung und ihrer regionalen und gesellschaftlichen Verteilung. 2022 erwirtschaftete die deutsche Industrie eine Bruttowertschöpfung von 820 Mrd. Euro, was knapp einem Viertel der gesamtdeutschen Bruttowertschöpfung entspricht. Zehn Millionen Menschen sind im Industriesektor beschäftigt, oft in gut bezahlten Jobs mit einem vergleichsweise hohen Maß an demokratischer Mitbestimmung. Gleichzeitig stehen die Industrieunternehmen in Deutschland vor der Herausforderung, sich neu auszurichten. Der Sektor ist für fast ein Viertel aller deutschen Treibhausgasemissionen verantwortlich; zur Erreichung der deutschen Klimaziele müssen diese Emissionen bis 2030 um etwa ein Drittel sinken. Gleichzeitig sind die Technologien, Produkte und Dienstleistungen der Industrie entscheidend, um die Transformation in allen Sektoren voranzubringen. Die mittelständischen Industrieunternehmen sind dabei ein entscheidender Wegbereiter der Transformation.

1. Erneuerung der Rahmenbedingungen industrieller Wertschöpfung

Die Bundesregierung setzt für die Erneuerung der industriellen Wertschöpfung auf einen effizienten Mix aus marktwirtschaftlichen Instrumenten (insbesondere CO2-Bepreisung im europäischen Emissionshandel und Brennstoffemissionshandelsgesetz), zielgerichteten Förderinstrumenten und einem verlässlichen regulatorischen Rahmen.

Bisherige Maßnahmen:

  • Mit dem Programm „Dekarbonisierung in der Industrie“ unterstützt die Bundesregierung seit 2021 die energieintensive (Grundstoff-)Industrie bei der Entwicklung von und Investitionen in innovative Klimaschutztechnologien zur Vermeidung von prozessbedingten Treibhausgasemissionen. Fünf Projekte in der Glas-, Stahl-, Zement- und Chemieindustrie wurden bereits bewilligt, weitere großvolumige Projektskizzen bzw. Anträge werden derzeit geprüft. Anfang 2023 plant das BMWK neue Ausschreibungen.

  • In Deutschland werden zudem gegenwärtig vier Projekte (CCU in der Zementindustrie, Offshore Wind mit Elektrolyse, Batterietechnik für die Automobilindustrie, erneuerbares Microgrid für einen Industriestandort) in einem Umfang von über 200 Mio. Euro über den EU-Innovationsfonds finanziert, der aus Einnahmen des EU-Emissionshandels finanziert wird.

  • Die Transformation gelingt nur im Schulterschluss mit dem Mittelstand. Im Dezember 2022 hat das BMWK deshalb einen Aktionsplan zum Dialog- und Arbeitsprozess „Mittelstand, Klimaschutz und Transformation“ auf den Weg gebracht, der die spezifischen Anforderungen für mittelständische Wertschöpfung in den Blick nimmt und beschreibt, welche Unterstützungsmaßnahmen bereits umgesetzt werden.

  • Die Bundesregierung hat auf europäischer Ebene den ambitionierten Abschluss der Verhandlungen zu zentralen Dossiers des Fit-for-55-Pakets im Dezember 2022 unterstützt. Die Einigung sieht u. a. ambitioniertere Ziele für den Emissionshandel vor, um die Emissionen im Industriesektor effizient senken zu können. Ein Teil der Einnahmen fließt in den Innovationsfonds für klimafreundliche Technologien. Um das Carbon-Leakage-Risiko zu adressieren und die europäische Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, wird ab 2023 außerdem ein CO2-Grenzausgleichsmechanismus („Carbon Border Adjustment Mechanism“, CBAM) eingeführt, der Importe aus Drittstaaten bepreist, die keine vergleichbaren Klimaschutzanforderungen haben.

Nächste Schritte:

  • Zentral ist in diesem Jahr die Vorlage einer neuen Industriestrategie. Das Ziel ist, die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu stärken, so Wohlstand und Wohlstandsteilhabe zu erneuern und auf eine klimaneutrale Basis zu stellen. Das BMWK hat dafür Verbände, Gewerkschaften, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Länder zu virtuellen Werkstattgesprächen eingeladen und Workshops zu industrierelevanten Themenfeldern durchgeführt. Die Strategie wird sich auf folgende Kernbereiche konzentrieren: Transformation hin zur Klimaneutralität, technologische Souveränität stärken, Resilienz und Reduktion kritischer Abhängigkeiten in Lieferketten durch Diversifizierung verbessern, Planungs- und Genehmigungsverfahren vereinfachen und beschleunigen, Fachkräfte durch Aus- und Weiterbildung sowie Zuwanderung sichern, und konsequent die Chancen der Digitalisierung nutzen. Das BMWK hat bereits in vielen dieser Bereiche Maßnahmen zur Umsetzung eingeleitet und integriert die verschiedenen Instrumente nun in ein kohärentes und umfassendes Konzept der Industriepolitik.

  • Das BMWK stärkt zudem Maßnahmen, von denen besonders kleine und mittlere Unternehmen in der Transformation profitieren. So wird die Förderung der Umstellung von Produktionsanlagen von fossilen Energieträgern auf Strom bei Kleinunternehmen ausgeweitet und bis 2025 mit zusätzlich 100 Millionen Euro gefördert. Ein weiteres Beispiel ist das Technologie-Programm „GreenTech – Innovationswettbewerb“, das darauf abzielt, Deutschland und Europa als High-ech-Standort für digitale Technologien und darauf basierende Geschäftsmodelle zu stärken, die Klima- und Umweltschutzziele zu erreichen und die Souveränität zu festigen. Dabei steht der Wissenstransfer aus der Wissenschaft in den Mittelstand für das BMWK im Fokus.

  • Um wettbewerbsfähig zu sein, benötigt die Industrie wettbewerbsfähige Energiepreise basierend auf ausreichend verfügbaren Erneuerbaren Energien. Die Großhandelspreise für Gas- und Strom sind in Deutschland gegenüber ihren Höchstständen im vergangenen Sommer wieder deutlich gefallen, auch dank des entschiedenen Krisenmanagements der Bundesregierung. Gleichwohl liegen die Endverbraucherpreise noch erheblich über dem Vorkrisenniveau und werden dies auf absehbare Zeit tun. Hohe Strompreise sind ein Hemmnis für die Transformation der Industrie hin zur Klimaneutralität, bei der Elektrifizierung und Wasserstoff eine zentrale Rolle spielen. Deshalb arbeitet das BMWK an einem Stufenmodell, um der Industrie den Bezug von Strom zu international wettbewerbsfähigen Preisen zu ermöglichen. Über einen Industriestrompreis soll der Industrie günstiger Strom aus erneuerbaren Quellen zugänglich gemacht werden. Dafür soll die Förderung der Erneuerbaren Energien oder einzelner Segmente auf Contracts for Difference (CfDs) umgestellt werden. Der Preis, der in den Ausschreibungen erzielt wird, würde an die Industrie weitergegeben. Da dieses Modell nur mit neuen, CfD-geförderten Anlagen funktioniert, wird dieser Dekarbonisierungsstrompreis erst mittelfristig wirken. Im Rahmen des Stufenmodells werden auch Möglichkeiten zur Unterstützung von direkten Verträgen zwischen Industrieverbrauchern und Erneuerbare-Energien-Anlagen (PPA) untersucht. Für einen Übergangszeitraum wird zudem auf nationaler und auf europäischer Ebene ein Interimsmodell mit direkten Subventionen diskutiert; über Finanzierungsfragen müsste hier aber die gesamte Bundesregierung entscheiden.

  • Das BMWK hat im letzten Jahr außerdem die entscheidenden Schritte zur Einführung der Klimaschutzverträge (Carbon Contracts for Difference, CCfD) umgesetzt und im Dezember 2022 den Entwurf einer Förderrichtlinie veröffentlicht. Das Instrument soll diejenigen Mehrkosten fördern, die durch die Errichtung und den Betrieb von klimafreundlichen im Verhältnis zu konventionellen Industrieanlagen entstehen, und so dazu beitragen, in den kommenden Jahren klimafreundliche Schlüsseltechnologien im industriellen Maßstab anwendbar zu machen. Klimaschutzverträge sind eine Anstoßfinanzierung mit dem Ziel, dass neuartige klimafreundliche Industrieproduktion in Deutschland aufgebaut und betrieben wird. Das Programm steht auch Unternehmen mit kleineren Produktionsanlagen offen, so dass auch der Mittelstand profitiert. Die Richtlinie ist nach der Konsultation von Verbänden in der Ressortabstimmung. Ziel ist, dass sie sie im 1. Halbjahr 2023 in Kraft tritt und in diesem Zeitraum auch das erste Verfahren zur Vergabe der Klimaschutzverträge gestartet werden kann.

  • Zur Transformation der Industrie gehört die Frage, wie mit den nicht bzw. schwer vermeidbaren CO2-Emissionen in Deutschland umgegangen werden kann und wie mögliche Geschäfts modelle aussehen. Das BMWK erarbeitet dazu eine Carbon Management-Strategie, die Anwendungsgebiete für die Speicherung und Nutzung von CO2 (Carbon Capture and Storage, CCS, und Carbon Capture and Utilisation, CCU) benennt und rechtliche sowie ökonomische Rahmenbedingungen darstellt. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Infrastruktur. Die Entwicklung der Strategie wird von einem umfangreichen Stakeholder-Dialog mit Zivilgesellschaft, Umweltverbänden, Wirtschaft und Wissenschaft begleitet.

  • Damit deutsche Unternehmen im Jahr 2045 nur noch klimaneutrale Produkte herstellen, müssen bereits in den 2020er Jahren klimaneutrale Grundstoffe und Industrieprodukte auf den Markt gebracht werden. Das BMWK hat im November 2022 daher einen branchenübergreifenden Stakeholder-Prozess gestartet, um einen Rahmen zur Entstehung von Märkten für die ersten klimaneutralen Grundstoffe und Produkte („Leitmärkte“) zu erarbeiten. Neun Workshops sind im ersten Quartal 2023 geplant, um Definitionen, Bemessungsmethoden und Maßnahmen zu diskutieren.

  • Auch international engagiert sich das BMWK bei der Einigung auf gemeinsame Standards und Definitionen zu grüner Industrieproduktion. Im Rahmen der deutschen G7-Präsidentschaft 2022 konnte dabei ein robuster Startpunkt für die Einigung auf Definitionen von grünem Stahl und Zement gefunden werden.

  • Der Klimaclub, der im Dezember 2022 im Rahmen der deutschen G7-Präsidentschaft ins Leben gerufen wurde, verfolgt ebenfalls das Ziel, klimafreundliche Grundstoffe wie grünen Stahl schneller auf den Markt zu bringen und deren Chancen zu verbessern.

  • Das BMWK wird in diesem Jahr weiter innovative Forschungs- und Entwicklungsprojekte
    (FuE) zu material- und energieeffizienten Leichtbau-Technologien durch das Technologietransfer-Programm Leichtbau fördern, für das 2023 erstmals insg. 109 Mio. Euro zur Verfügung stehen. Eine für 2023 vorgesehene Novelle des Förderprogramms soll insbesondere den Bereich Materialeffizienz verstärkt adressieren und die Förderung mittelständischer Unternehmen verstetigen. In diesem Jahr soll eine Leichtbaustrategie der Bundesregierung die Förderung der Schlüsseltechnologie Leichtbau ressortübergreifend strategisch ausrichten und durch eine Reduzierung des Primärrohstoffverbrauchs einen Beitrag zur Ressourcenwende leisten.

  • Im Rahmen des Luftforschungsprogramms und des Maritimen Forschungsprogramms bringt das BMWK weiter FuE-Vorhaben für eine klimaneutrale Luft- und Schifffahrt voran. Das Maritime Forschungsprogramm wird um den Förderschwerpunkt Klimaneutrales Schiff erweitert. Die aktualisierte Förderrichtline soll im ersten Halbjahr 2023 veröffentlicht werden. Das BMWK unterstützt außerdem das PtX-Kompetenzzentrum in der Lausitz.

  • Die deutsche Industrie und das BMWK wollen außerdem gemeinsam die digitale Transformation der Industrie vorantreiben. Deutschland ist Vorreiter bei Industrie 4.0 und kann diese entscheidend gestalten. Ein Hauptziel ist es, die datengetriebene Kollaboration in der Industrie auf die nächste Ebene zu heben, um neue digitale Lösungen und Geschäftsmodelle zu ermöglichen. Das BMWK wird daher in Kürze ein Konzept für eine Anschubfinanzierung von Manufacturing-X vorlegen. Diese Initiative zielt auf die branchenübergreifende digitale Vernetzung in der Industrie mit einem besonderen Fokus auf der Einbindung des Mittelstands und der Entwicklung digitaler Lösungen für eine nachhaltige und zukunftsfähige Industrie in Deutschland und Europa. Die Initiative wird u. a. an die Ergebnisse des BMWK-geförderten Catena-X-Projektes zur Digitalisierung der Lieferketten in der Automobilbranche anknüpfen.

2. Erneuerung der Stahl- und Chemieindustrie

Die deutsche Stahlbranche hat eine besondere Bedeutung für die industriellen Wertschöpfungsketten in Deutschland: Innovationen in der Stahlindustrie stärken aufgrund der engen Verflechtungen auch die Automobilindustrie oder den Maschinenbau. Sie erwirtschaftet einen Umsatz von 32,1 Mrd. Euro und beschäftigt rund 87.000 Menschen. Gleichzeitig ist die Stahlindustrie der größte industrielle Emittent. Deshalb liegt in ihrer erfolgreichen Transformation ein entscheidender Hebel für die Erreichung der Klimaziele der Industrie insgesamt. Der Umstieg auf neue Produktionsverfahren ist für die Branche, die in starkem internationalen Wettbewerb steht, herausfordernd. Gleichzeitig entsteht durch die Anstrengung der Erneuerung neue und nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit.

  • Durch Förderprogramme wie dem IPCEI Wasserstoff, dem Programm Dekarbonisierung der Industrie oder die Erarbeitung des Konzepts für Klimaschutzverträge wurde bereits im letzten Jahr die konkrete Unterstützung des Erneuerungsprozesses gezielt wie nie in den Blick genommen.

  • Hinzu kommen die Fortschritte bei der Schaffung grüner Leitmärkte im Rahmen der deutschen G7-Präsidentschaft. 2023 werden wir auf diesem Weg weiter voranschreiten und erwarten nicht nur die Genehmigung weiterer Anträge aus den genannten Programmen und den Abschluss erster Klimaschutzverträge, sondern auch weitere Fortschritte in Bezug auf grüne Leitmärkte.

  • Dabei verfügen wir mit dem „Handlungskonzept Stahl“ über eine bewährte industriepolitische Leitlinie für den Sektor, auf dessen Grundlage wir mit den verschiedenen Akteuren der Branche in engem Austausch sind.

Die Chemieindustrie ist eine weitere wichtige Branche unserer Wertschöpfung und der Wohlstandsteilhabe. Sie beschäftigt rund 466.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und das überwiegend in kleinen und mittelständischen Unternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten. Rund zwei Drittel der in der Chemieindustrie hergestellten Güter werden direkt in der Industrie weiterverarbeitet. Gleichzeitig sind die Produktionsprozesse in der Chemieindustrie energie- und emissionsintensiv. Für die Transformation hin zur Klimaneutralität ist vor allem die grundlegende Umstellung von Prozessen in der Grundstoffchemie zentral.

  • Das BMWK unterstützt die Chemieindustrie daher mit zielgerichteten Förderprogrammen, u. a. über das Programm „Dekarbonisierung in der Industrie“.

  • Das BMWK setzt sich zudem für die Skalierung von biobasierten Produkten und Prozessen im industriellen Maßstab ein. Seit letztem Jahr wurde die Förderung um einen Baustein Beispielregionen ergänzt. Unterstützt wird erstmals die Integration hochskalierter biobasierte Produkte und Verfahren in industrielle Wertschöpfungsnetze sowie der Transfer.

3. Erneuerung der Automobilwirtschaft

Die Automobilindustrie hat eine herausragende Bedeutung für den Wirtschafts- und Innovationsstandort Deutschland. Mit einem Umsatz von gut 411 Mrd. Euro und knapp 786.000 Beschäftigten ist sie nicht nur der bedeutendste Industriezweig Deutschlands, sondern mit ihren stark ausdifferenzierten Wertschöpfungsketten, gerade im Mittelstand, auch zentral für Wohlstand und Beschäftigung. Die Innovationskraft deutscher Maschinenbauerinnen und Ingenieure, die für den weltweiten Erfolg der Branche verantwortlich ist, steht nun vor neuen Herausforderungen: Mit der zunehmenden Elektrifizierung der Antriebe, autonomen Fahrfunktionen und neuen Mobilitätsdienstleistungen befindet sich die Automobilindustrie in einem tiefgreifenden Transformationsprozess. Der Verkehrssektor muss bis 2045 dekarbonisiert sein, bis 2030 sollen 15 Millionen batteriebetriebene Elektrofahrzeuge zugelassen sein. Das BMWK setzt daher eine Vielzahl an Maßnahmen um, um die Automobilindustrie zielgerichtet zu unterstützen. Dazu gehört ein breit angelegtes Bündel an Förderprogrammen über insgesamt mehr als 8 Mrd. Euro.

Aktuelle Maßnahmen:

  • Das BMWK hat im Sommer 2022 den Expertenkreis Transformation der Automobilwirtschaft (ETA) eingerichtet, der Handlungsempfehlungen für eine erfolgreiche Transformation der Automobilwirtschaft entwickeln soll. Neben der Dekarbonisierung von Wertschöpfungsketten, Digitalisierung und Automatisierung, Resilienz der Liefernetzwerke, Normung und Standardisierung steht dort das Thema Beschäftigung, Weiterbildung und Qualifizierung im Vordergrund.

  • Im März 2021 hat das BMWK vier Förderrichtlinien mit einem Volumen von über 2 Mrd. Euro für das Programm „Zukunftsinvestitionen für Fahrzeughersteller und Zulieferindustrie“ (2021– 2026) veröffentlicht. Das Ziel des Programms ist es, die deutsche Fahrzeugindustrie (inkl. Bahn) bei ihrer Transformation zu unterstützen, um klimafreundliche Antriebe, autonomes Fahren, digitalisierte und nachhaltige Produktion und innovative Datennutzung voranzutreiben. Das Programm richtet sich nicht nur an große Unternehmen, sondern auch an kleine und mittlere Zuliefererunternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. In den Fördermodulen wurden bis dato über 700 Projekte unterstützt. Die Projekte haben zusammen mit dem Eigenanteil der Unternehmen ein Gesamtvolumen von über 2,5 Mrd. Euro. Weitere Bewilligungen stehen in diesem Jahr an (Laufzeit bis 2026). Das Programm umfasst auch Maßnahmen zur Weiterbildung und Qualifizierung, die in Federführung des BMAS umgesetzt werden.

  • Der „Zukunftsfonds Automobilindustrie“ (2021–2025) ergänzt dieses Programm. Als ein Teil der Förderempfehlungen des dazugehörigen Expertenausschusses hat das BMWK die Förderinstrumente „Regionale Transformationsnetzwerke“ (136 Mio. Euro, bis 2025) und „Aufbau und Umsetzung von Transformations-Hubs“ (50 Mio. Euro, bis 2025) etabliert. Die 27 geförderten regionalen Transformationsnetzwerke zielen darauf ab, den Erfahrungsaustausch und die Vernetzung der Branche zu stärken, gute Arbeitsplätze zu sichern und Klimaschutz zu fördern. Die 11 geförderten Transformations-Hubs fördern den Wissenstransfer zwischen Unternehmen, insbesondere KMU und deren Beschäftigten, Gewerkschaften und Kommunen mit Blick auf Transformationsprozesse entlang der Wertschöpfungskette.

  • Die Förderung für elektrische Fahrzeuge („Umweltbonus“) konzentriert sich seit 1. Januar 2023 nur noch auf Kraftfahrzeuge, die nachweislich einen positiven Klimaschutzeffekt haben, also auf batterie- und brennstoffzellenbetriebene Fahrzeuge.

  • Im Bereich der Batteriezellfertigung unterstützt Deutschland die Umsetzung von zwei Batterie-IPCEIs über insgesamt 1,5 Mrd. Euro. Im „Summer“ IPCEI werden fünf deutsche Projekte gefördert, im „EuBatIn“ IPCEI laufen 9 deutsche Vorhaben. Das BMWK strebt zudem die Öffnung des von Deutschland koordinierten „EuBatIn“ IPCEIs an und hat dafür im Januar 2023 ein Interessenbekundungsverfahren ge startet. Zusätzlich unterstützt das BMWK die Entstehung eines Batterie-Ökosystems in Deutschland seit 2021 über einen dezidierten Forschungsförderungsaufruf über 180 Millionen Euro und eine Förderrichtlinie zu Qualifikation und Fachkräftesicherung über 40 Millionen Euro. Das BMWK leitet die Arbeiten bei der Globalen Batterie-Allianz zur Ausweisung und Nachverfolgung von Batterie-Nachhaltigkeitsparametern.

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