Graph zum Thema Wirtschaftliche Entwicklung; Quelle: istockphoto.com/jxfzsy

© istockphoto.com/jxfzsy

Die Wirtschaftsforschungsinstitute der Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose haben heute ihr Herbstgutachten mit dem Titel „Kaufkraft kehrt zurück – Politische Unsicherheit hoch“ vorgestellt.
Die beteiligten Institute korrigieren ihre Prognose vom Frühjahr darin nach unten: Sie gehen davon aus, dass das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 0,6 % zurückgeht, aber in den beiden kommenden Jahren wieder um 1,3 % bzw. 1,5 % zulegen wird. Die Inflationsrate fällt im Jahr 2023 auf 6,1 % und danach spürbar auf nur noch 2,6 % bzw. 1,9 % in den Jahren 2024 und 2025.

Die Institue gehen davon aus, dass die wirtschaftliche Entwicklung nach einer Abschwächung im laufenden Quartal zum Jahresende wieder an Dynamik gewinnt und sich im weiteren Verlauf deutlich beschleunigt. Wachstumimpulse gehen dabei vor allem von den privaten Konsumausgaben aus: Die inflationsbedingten Kaufkraftverluste der privaten Haushalte werden zunehmend überwunden und führen zusammen mit deutlich anziehenden Löhnen und einer insgesamt robusten Beschäftigungssituation zu einer Belebung des privaten Konsums. Die Anlageinvestitionen werden laut der Gemeinschaftsdiagnose im kommenden Jahr zurückgehen, wobei sinkenden Bauinvestitionen eine fortgesetzt positive Entwicklung der Investitionen in Maschinen und Anlagen gegenübersteht. Bei der außenwirtschaftlichen Entwicklung erwarten die Institute infolge der weltwirtschaftichen Abschwächung zunächst einen dämpfenden Effekt bei den Exporten, die aber im Verlauf des kommenden Jahres wieder spürbar zulegen dürften.

Insgesamt positiv entwicklelt sich nach Einschätzung der Institute auch der Arbeitsmarkt. Der Beschäftigungsaufbau setzt sich demnach fort, wenn auch in einem gedrosseltem Tempo. Dem leichten Anstieg der Arbeitslosigkeit in diesem Jahr dürften im Zuge der konjunkturellen Erholung Rückgänge in den Jahren 2024 und 2025 folgen.

Der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck:
"Wir sehen momentan konjunkturelle Schwierigkeiten, ausgelöst durch die Nachwehen der Energiepreis-Krise, die notwendige Inflationsbekämpfung der EZB und das schwächeln wichtiger globaler Wirtschaftspartner. Binnenwirtschaftlich geht es aber in die richtige Richtung: Die Netto-Einkommen sind real zuletzt leicht gestiegen, der private Konsum hat sich stabilisiert, die Inflationsrate ist weiter rückläufig und von den Investitionen in Maschinen und Anlagen gingen positive Impulse aus. Und die vorsichtig positive Einschätzung der Wirtschaftsforschungsinstitute zur konjunkturellen Entwicklung in den kommenden Jahren ist durchaus erfreulich.

Aber es ist auch klar, dass wir unsere Wachstumsprobleme lösen müssen und große strukturelle Herausforderungen zu bewältigen haben. Probleme wie der Fachkräftemangel und die überbordenede Bürokratie schlagen jetzt zu Buche. Wir setzen genau dort an. Dabei sollten wir auch sehen, dass unser Land ohne Frage enorme Stärken hat, die uns in dieser Phase helfen. Das ist ein starker, innovationsfreudiger Mittelstand, eine intakte Industrie mit langen Wertschöpfungsketten, gut ausgebildete Menschen, hohe Rechtssicherheit. Und deshalb gibt es auch ungebrochen ein reges Interesse, hier zu investieren. Über zwei Dutzend Unternehmen planen Investitionen von 80 Milliarden Euro und das sind nur die Summen über 100 Mio. Einzelinvestitionen. Auch am Aufbau der Solarindustrie gibt es großes Interesse.

Aber das restriktive Zinsumfeld und die weltwirtschaftliche Schwächephase – gerade auch der Entwicklung in China – macht es uns als Exportnation schwer. Deshalb ist Handeln nötig. Wir brauchen Investitionen. Dafür müssen wir Investitionshemmnisse beseitigen, den Dschungel an Bürokratie lichten und es den Unternehmerinnen und Unternehmern leichter machen. Einiges haben wir schon geschafft, Genehmigungsverfahren beschleunigt, Praxis Checks eingeführt, wir überprüfen die Berichtspflichten und werden als Regierung den Abbau von Bürokratie und Hemmnissen weiter ehrgeizig vorantreiben. Deutschland darf sich nicht länger selbst fesseln.

Die Wirtschaftsforschungsinstitute fordern insbesondere mehr politische Sicherheit bei den anstehenden Herausforderungen, nicht zuletzt bei der Transformation der deutschen Wirtschaft hin zu Klimaneutralität. Wichtig sind daher gezielte Anreize und Impulse für Investitionen – privat wie öffentlich. Das Wachstumschancengesetz ist da ein wichtiger Schritt, der Klima- und Transformationsfonds mit 211 Milliarden, der Unternehmen bei Investitionen in die Modernisierung unterstützt, ein anderer. Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz haben wir neue Möglichkeiten geschaffen, die jetzt intensiv in der Praxis umgesetzt werden müssen. Und natürlich brauchen wir wettbewerbsfähige Energiepreise. Gerade die energieintensive Industrie hat mit den Folgen der Energiekrise weiterhin zu kämpfen und steht vor der Transformation. Mittelfristig werden Unternehmen vom Ausbau der Erneuerbaren Energien begleitet durch kluge Maßnahmen, den günstigen Strom zu Industrie zu bringen, profitieren, bis dahin braucht es eine Brücke. Vorschläge dazu stehen im Raum."

Der Bundeswirtschaftsminister wird die Herbstprojektion der Bundesregierung am 11. Oktober vorstellen.