Vor dem Hintergrund des sich beschleunigenden Klimawandels und großer geopolitischer Herausforderungen einschließlich des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat die Europäische Union mit dem Green Deal eine noch nicht dagewesene politische Agenda verabschiedet, um der erste klimaneutrale Kontinent der Welt zu werden, Resilienz aufzubauen, strategische Abhängigkeiten zu verringern und Europas langfristige Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Während sich die Europäische Union dem Ende des Zyklus 2019-2024 nähert, haben die drei Minister eine gemeinsame Verständigung über die künftigen Chancen und Herausforderungen erzielt, insbesondere im Zusammenhang mit der „doppelten“ grünen und digitalen Transformation.

Während europäische Volkswirtschaften nach dem Ende der Pandemie noch hinter anderen großen Volkswirtschaften zurückliegen, haben Bruno Le Maire, Robert Habeck und Adolfo Urso betont, dass dringender Handlungsbedarf besteht, um das technologische und innovative Potenzial europäischer Unternehmen zu erschließen. Sie stimmten überein, dass die Industriepolitik der EU eine gezielte Unterstützung strategischer Branchen mit der Förderung eines hohen Maßes an Wettbewerb im Binnenmarkt und dem Abbau von Bürokratie verbinden sollte. Eine solche Unterstützung wird Industriebetrieben, Unternehmern, dem Mittelstand (KMU) und Forschern dabei behilflich sein, Zugang zu den außergewöhnlichen Talenten, den Forschungs- und Innovationskapazitäten, der Spitzenausrüstung für die Industrie und den hochmodernen Verfahren zu erhalten, die sie verdienen. Europa muss ein führender Industriestandort bleiben.

Die drei Minister bekannten sich dazu, weiterhin auf den Green Deal und den Green Deal Industrial Plan zu setzen, um für die nächsten fünf Jahre in der EU eine ehrgeizige Wachstumsagenda zu erzielen, für die die folgenden Punkte wesentlich sind:

1. Ambitioniert unnötige Bürokratie abbauen, um das Potenzial europäischer Unternehmen für Investitionen, Innovationen und Wachstum in Europa auszuschöpfen.

Stabile und effektive regulatorische Rahmenbedingungen sicherstellen und EU-Verwaltungsverfahren weiter reformieren, vereinfachen und beschleunigen, auch um den Zugang zu europäischen Förderprogrammen und staatlichen Beihilfen insbesondere für KMU zu ermöglichen.

  • Die Kommission dazu aufrufen, ein ehrgeiziges Vereinfachungsprogramm zu erstellen, um Doppelregulierung zu beseitigen und Berichtspflichten abzubauen, insbesondere für KMU und weit über das Kommissionsziel von 25% hinaus, und zwar auf der Grundlage einer umfassenden Bewertung der Ergebnisse ihres „Calls for Evidence“ bezüglich der Rationalisierung von Berichtsanforderungen; die Kommission dazu auffordern, Regeln klarzustellen, und Regeln, die obsolet oder irrelevant sind, zu vereinfachen oder abzuschaffen; zur Einführung sogenannter „Reality Checks“ auf europäischer Ebene in vorgegebenen Bereichen aufrufen, um gezielter unnötige Bürokratie zu identifizieren.
  • KMU mittels Stärkung des „KMU-Tests“ in Folgenabschätzungen unterstützen, indem die Inflationsentwicklung bei den finanziellen Schwellenwerten der KMU-Definition berücksichtigt und die neue Unternehmenskategorie „Small Mid-Caps“ (250-500 Beschäftigte) eingeführt wird, um die KMU bereits gewährten Verwaltungsausnahmen zu erweitern.

2. Private und öffentliche Investitionen fördern, um Innovation, Produktvität und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken

Damit die doppelte Transformation erfolgreich sein kann, muss es sowohl mehr private als auch öffentliche Investitionen geben. Dafür sind in erster Linie für private Investitionen förderliche Rahmenbedingungen notwendig. Dazu sollte Folgendes gehören:

  • Umsetzung einer ehrgeizigeren Agenda zur Erreichung der Kapitalmarktunion
  • Erleichterung und Beschleunigung von Verfahren zur Genehmigung von staatlichen Beihilfen und Verbesserung des EU-Beihilferahmens unter Berücksichtigung einer möglichen Verlängerung der Transformationskapitel des TCTF, um Unternehmen bei ihrer Transformation und die strategisch relevantesten Wirtschaftszweige gezielt zu unterstützen.
  • Angesichts der Tatsache, dass die Sicherung der Wachstumspfade von morgen mittels europaweiter Zusammenarbeit im Bereich hoch-innovativer Technologien von entscheidender politischer Bedeutung ist, aktive Identifizierung neuer wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEIs), insbesondere im Zusammenhang mit dem Gemeinsamen Europäischen Forum für wichtige Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse (JEF-IPCEI), wie von der Kommission und den Mitgliedstaaten gefordert.
  • Stärkung der EU-Förderung für europäische öffentliche Güter und Infrastrukturen für die grüne und digitale Transformation, bei entsprechender Relevanz auch grenzüberschreitend. Die Europäische Investitionsbank (EIB) spielt mit Blick auf die Unterstützung der erforderlichen Investitionen und die Bewältigung wichtiger Herausforderungen eine entscheidende Rolle. Mittels einer breit aufgestellten Mischung von neuen Eigenmitteln werden wir zunächst „Next Generation EU“ (NGEU) finanzieren können und sollten die EU in die Lage versetzen, die stark gestiegenen Erwartungen hinsichtlich gemeinsamer Maßnahmen zu erfüllen; beispielsweise finanzielle Unterstützung für Projekte im Bereich Innovationstechnologien bereitstellen, insbesondere für saubere und emissionsfreie Technologien, künstliche Intelligenz von Chips bis zu Rechenkapazität und großen Modellen, Halbleiter, Quantentechnologien, Hochleistungsrechner und Cybersicherheit.
  • Beschleunigung der Mobilisierung privater Finanzierung für Deep Tech- und Sprunginnovationen auf der Grundlage der European Tech Champions Initiative und des Europäischen Innovationsrates.

3. Die grüne und digitale Transformation mit einer starken und resilienten wirtschaftlichen Basis fortsetzen

Nach der Erklärung von Versailles vom März 2022 wurde in der Erklärung von Granada vom Oktober 2023 unterstrichen, dass in Rekordzeit erhebliche Fortschritte hinsichtlich der Verringerung unserer Abhängigkeiten, der Diversifizierung und der Stärkung unserer Wirtschaftssicherheit gemacht wurden. Es wurde vereinbart, die Arbeit zur Resilienz und zur globalen langfristigen Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union fortzusetzen und sicherzustellen, dass die EU über alle erforderlichen Instrumente verfügt, um sicheres und inklusives Wachstum und globale Führerschaft in diesem entscheidenden Jahrzehnt zu gewährleisten. In diesem Sinne erkannten die drei Minister die Relevanz der Erklärung von Antwerpen an, in der sich die Akteure der europäischen Industrie für einen European Industrial Deal aussprechen.

  • Den Binnenmarkt besser durchsetzen, vertiefen und stärken, um vollen Nutzen aus der europäischen wirtschaftlichen Integration zu ziehen, mit gemeinsamen Regeln und einer starken Kontrolle, sowie Durchsetzung insbesondere bezüglich importierter Produkte
    und Gewährleistung, dass der Binnenmarkt als Garant für langfristige Wettbewerbsfähigkeit und als globaler Standardsetter dient.
  • Wirksamen Wettbewerb im Binnenmarkt sicherstellen und strukturelle Wettbewerbsprobleme im globalen Kontext angemessen lösen, insbesondere in Branchen mit internationaler Dimension und von großer Bedeutung für die gesamte Wirtschaft der EU. Die Minister sprachen sich auch für eine effektive Fusionskontrolle aus, die sogenannte „killer acquisitions” rechtssicher verhindern soll, und fordern eine umfassende Umsetzung und Kontrolle des Digital Markets Acts.
  • Sicherheit, Nachhaltigkeit und Erschwinglichkeit der Energieversorgung sowie die Effizienz des Energiebinnenmarktes spielen für die Wirtschaft eine entscheidende Rolle. Es müssen weitere Schritte in diese Richtung gemacht werden.
  • Das Potenzial des europäischen öffentlichen Beschaffungswesens voll ausschöpfen um sicherzustellen, dass Resilienz- und Nachhaltigkeitsvergabekriterien systematisch erfüllt werden.
  • Maßnahmen zur Stärkung der Resilienz der EU im Bereich Schlüsseltechnologien fördern, unter anderem auf der Grundlage der Liste im Net Zero Industry Act, um die Dekarbonisierung unserer Industrie voranzutreiben. Mögliche Risiken einer künftigen Abhängigkeit von Zukunftstechnologien, einschließlich Quantencomputing, Halbleiter, Robotik, Biotechnologien sowie Luft-und Raumfahrt, berücksichtigen.
  • Eine ambitionierte EU-Handelspolitik auf der Grundlage von Offenheit und Stärke verfolgen, um Diversifizierung, Resilienz, soziale Standards und Nachhaltigkeit zu fördern.

Vor einer Ausweitung des Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) auf indirekte Emissionen sicherstellen, dass der Dekarbonisierungskurs und die Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver Industrien, die dem internationalen Handel besonders ausgesetzt sind, nicht beeinträchtigt werden und der CBAM die sogenannte „carbon leakage“ umfassend verhindern kann.

  • Weiterhin die Versorgung mit kritischen und strategischen Rohstoffen sichern, unter anderem durch die Förderung koordinierter Einkäufe, Wiederverwertung und Kreislaufwirtschaft, gemeinsame Investitionen und den Austausch über Verfahren zwischen europäischen Ländern.
  • Investitionen in Sicherheit und Verteidigung zur Stärkung der gemeinsamen Resilienz erhöhen. Die EU muss unsere Fähigkeit stärken, die Verteidigungsgüter, die wir in der EU benötigen, zu entwickeln und herzustellen.

Bruno Le Maire, Minister für Wirtschaft, Finanzen und die industrielle und digitale Souveränität:

„Diese trilateralen Treffen unserer drei Länder zur europäischen Industriepolitik sind effektiv und führen zu konkreten Ergebnissen. Europa muss seine wirtschaftliche Stärke, seine Fähigkeit, Risiken einzugehen und Innovationen hervorzubringen, und den Wohlstand seiner Bürgerinnen und Bürger wiederentdecken. Um erfolgreich zu sein, müssen wir dringend eine europäische Wirtschaftsstrategie festlegen. Ein wesentlicher Pfeiler dieser Strategie sind Vereinfachung und Bürokratieabbau. Standards sind teuer. Wir haben heute vereinbart, unnötige Bürokratie abzubauen und das volle Potenzial europäischer Unternehmen zu erschließen. Außerdem haben wir mit Blick auf China und die Vereinigten Staaten die Notwendigkeit bekräftigt, einen fairen Wettbewerbsrahmen für unsere Unternehmen zu gewährleisten. Dies sind starke Positionen, die wir während der nächsten europäischen Legislaturperiode gemeinsam verteidigen werden.“

Dr. Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz:

„Wir müssen die europäische Wettbewerbsfähigkeit stärken. Um das wirtschaftliche Potenzial von Unternehmen ausschöpfen zu können, müssen wir unnötige Bürokratie abbauen und Genehmigungsverfahren beschleunigen, ohne dabei notwendige Schutzstandards aufzugeben. Innovative Technologien wie beispielsweise Biotechnologie und grüne Technologien im Wind-, Solar- und Transformationssektor sind für Wirtschaftswachstum, Klimaneutralität und unsere technologische Souveränität in naher Zukunft entscheidend und bedürfen daher günstiger Investitionsbedingungen. In unserem Gespräch wurde außerdem die Notwendigkeit größerer europäischer Synergien in unseren Verteidigungsindustrien unterstrichen, was in meinen Augen wesentlich ist."

Adolfo Urso, Minister für Unternehmen und „Made in Italy“:

"Angesichts der sich rasch verlagernden geopolitischen Gefahren spielt die strategische Partnerschaft zwischen Italien, Frankreich und Deutschland eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, wirtschaftliche Sicherheit, Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und Nachhaltigkeit in der EU voranzubringen. Wir bekräftigen unser klares Bekenntnis dazu, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu unterstützen und regulatorische Rahmen zu vereinfachen, um Wachstum in den grünen und digitalen Wirtschaftszweigen anzukurbeln. Herzstück unserer gemeinsamen Bemühungen ist die Konsolidierung finanzieller Mittel auf europäischer Ebene, um technologischen Durchbruch voranzutreiben und das wirtschaftliche Fundament unserer Region zu stärken. Darüber hinaus erkennen wir an, wie außerordentlich wichtig es ist, strategische Autonomie in Schlüsselsektoren wie beispielsweise den grünen Technologien und in der Stahlbranche zu sichern, gerade auch weil wir mit globalen Herausforderungen konfrontiert sind, und Umwelt- und Gesundheitsschutzstandards im Einklang mit international anerkannten Normen und Leitlinien voranzubringen."

ANLAUFSTELLEN FÜR DIE PRESSE
Bruno Le Maire – 01 53 18 41 13 ­– presse.mineco@cabinets.finances.gouv.fr
Robert Habeck – +49 30 18615 6121 und 6131 – pressestelle@bmwk.bund.de
Adolfo Urso – +3906420434337 – ufficio.stampa@mise.gov.it