Sehr geehrte Frau Ministerin Neubaur, liebe Mona,
sehr geehrte Damen und Herren,

herzlichen Dank für die Einladung zur Teilnahme an der Auftaktkonferenz in Nordrhein-Westfalen zum EFRE/JTF-Programm 2021-2027!

Leider kann ich aus terminlichen Gründen heute nicht persönlich in Duisburg sein.
Aber ich freue mich, Ihnen auf diesem Wege eine Grußbotschaft überbringen zu können.
Wir stehen vor großen Herausforderungen: Klimawandel, Digitalisierung, demografischer Wandel und geopolitische Krisen erfordern eine zukunftsgerichtete Transformation der Wirtschaft. Der Kohäsionspolitik kommt hier eine wichtige Rolle zu: sie hält alle Regionen zu strategischen Zukunftsinvestitionen an.

In der Förderperiode 2021-2027 liegt der Fokus richtigerweise auf den wirtschafts- sowie umwelt- und klimapolitischen Zielen.

Es ist mit Blick auf die Klimaziele ein großer Erfolg, dass EFRE und JTF weitgehend „fossil free“ sind. Bis auf einige Ausnahmen im EFRE dürfen also keine fossilen Brennstoffe über die europäischen Strukturfonds gefördert werden.

Die Regionen sind für den grünen und digitalen Wandel allerdings unterschiedlich gerüstet. Es ist daher wichtig, dass wir das unterschiedliche Potential der Regionen nutzen.

Wichtig ist auch, dass die Regionen im gesetzlichen Rahmen flexibel über ihre Investitionsprioritäten entscheiden können. Es muss mehr Raum für regionale Differenzierung geben.

Aufgrund der Entwicklungen der letzten dreißig Jahre, die in der Kohäsionspolitik zu einem hohen Maß an Komplexität geführt haben, ist es jetzt bedeutsam, dass wir Wege der Vereinfachung finden, um die Umsetzung effizienter zu gestalten. Wichtige Standards dürfen wir dabei nicht aus dem Blick verlieren, nämlich

  • das Partnerschaftsprinzip
  • die Betrugsbekämpfung und
  • die Durchsetzung der Rechtsstaatlichkeit.

Es ist vorbildlich, dass mit Blick auf die Strukturfondsmittel bereits die Begünstigten auf der Webseite der Kommission in einer Datenbank publiziert werden1. Für öffentliche Förderung in Deutschland sollten wir auch über die Strukturfonds hinaus die Transparenz weiter ausbauen!

Mit dem EFRE/JTF-Programm für die Programmperiode 2021-2027 geht NRW in der Strukturpolitik aktiv voran. Das Programm wurde von der Europäischen Kommission Ende Juni genehmigt. Dazu möchte ich Ihnen herzlich gratulieren!

Das Multifondsprogramm ist mit einem Volumen von rund 4,2 Mrd. Euro insgesamt, davon allein 1,9 Mrd. Euro EU-Mittel, eines der größten deutschen Einzelprogramme.

NRW sieht sich wie alle Bundesländer mit einem stetigen Wandel in wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und technologischer Hinsicht konfrontiert.

Hier in NRW sind das Rheinische Revier und das nördliche Ruhrgebiet besonders vom Kohleausstieg betroffen. Der damit verbundene notwendige Strukturwandel und das zentrale Thema Klimawandel stellen uns alle vor große Herausforderungen.

Die Europäische Union zeichnet mit dem Green Deal eine nachhaltige Wachstumsstrategie vor, die NRW gemeinsam mit allen gesellschaftlichen Akteuren gestalten will.

So gibt die EU eine Klimaquote von 30 Prozent für die EFRE-Förderung vor, die NRW mit seinem Programm gut erfüllt. Auch wenn natürlich niemand die Bundesländer davon abhält, diese Quote umfangreich überzuerfüllen!

Um den grünen und digitalen Wandel mitzugestalten, hat sich NRW mit seinem Programm u.a. die Förderung von

  • Aus- und Weiterbildungszentren,
  • des Technologietransfers in KMU,
  • einer grünen Infrastruktur,
  • und von energieeffizienten Gebäuden
    vorgenommen.

Das alles sind Beispiele für wichtige Maßnahmen, mit denen NRW die Herausforderungen der neuen Förderperiode angehen wird.

Wir im BMWK haben den Weg zur Genehmigung des EFRE/JTF-Programms in NRW gerne begleitet und uns mit Ihnen zu den beiden Fonds abgestimmt. Wir danken den Kolleg*innen in NRW sowie in der Generaldirektion für Regional- und Stadtentwicklung herzlich für den konstruktiven Austausch!

Was tun wir nun in der Bundesregierung im Rahmen unserer Federführung?

Erstens planen wir in den nächsten Monaten einen umfassenden Dialogprozess von Bund und Ländern zur strategischen Umsetzung und künftigen Ausrichtung der Strukturfonds, zweitens stehen wir im engen Austausch mit den Stakeholdern auf EU-, Bundes- und Landesebene und drittens werden wir mit Ressorts, Ländern und allen relevanten Akteuren die deutsche Positionierung zur Zukunft der Kohäsionspolitik erarbeiten. Dabei gilt es auch die neuen Instrumente wie die Aufbau- und Resilienzfazilität besser mit der EU-Strukturpolitik zu verknüpfen. Das gilt ebenso für die europäischen Strukturfonds und die nationale Regionalpolitik – nur so können wir insgesamt möglichst große Synergien erzielen.

Wie stellen wir uns die Zukunft des EFRE vor?

Aus meiner Sicht ist zunächst wichtig, dass auch in Zukunft alle Regionen – nicht nur strukturschwache – Mittel aus den europäischen Strukturfonds erhalten. Denn alle Regionen werden damit angereizt, strategisch zu investieren. Es gilt auch, diesen langfristigen, strategischen Fokus der Kohäsionspolitik beizubehalten. Kurzfristige Anpassungen am Rechtsrahmen, wie sie zuletzt aufgrund der Covid-Krise und der Auswirkungen des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine erforderlich waren, müssen künftig eng umgrenzte Ausnahmen bleiben.

Darüber hinaus ist für die Wirksamkeit der Investitionen entscheidend, dass wir dem strukturellen Handlungsbedarf in den Regionen gerecht werden. Dafür wollen wir die passenden Rahmenbedingungen bereitstellen und brauchen

  • moderne, passgenaue Investitionsstrategien und
  • eine weiterhin enge Einbindung aller relevanten Akteure.

Die Kohäsionspolitik muss ihre Wirksamkeit zukünftig noch besser unter Beweis stellen. Gerade nach den Ergebnissen der Evaluierung, dass die EU-Strukturfonds trotz erheblicher Ausgaben in den Regionen mit mittlerem Einkommen kaum Wachstumseffekte liefern. Wir setzen uns dabei dafür ein, dass auch

  • Gemeinwohl- und Nachhaltigkeitseffekte als Ergebnisse der Investitionen erfasst werden und
  • ein mehrdimensionales Zielsystem im Bereich Wirtschaft, Innovation, Klima, Umwelt und Soziales zur Anwendung kommt.

Und wie stellt sich die Zukunft des JTF dar?

An den JTF als neues Instrument dieser Förderperiode sind die Erwartungen im Hinblick auf den Green Deal zu Recht hoch.

Auf europäischer Ebene wird bereits jetzt diskutiert, ob der JTF mit den Territorialen Plänen ein einmaliges Instrument dieser Förderperiode ist oder im Gegenteil gar ein Modell für weitere Politikbereiche sein kann. Aktuell erscheint es mir zu früh, dies zu beurteilen. Wir wissen, dass für die Bundesländer die Anrechnung der JTF-Mittel auf die Mittel des Investitionsgesetzes Kohleregionen und die kurze Umsetzungsdauer des JTF Herausforderungen sind. Die Erstellung der Territorialen Pläne zum JTF war für alle vier Bundesländer sehr aufwändig. Vor diesem Hintergrund sind wir gespannt auf Ihre Erfahrungen mit der weiteren Umsetzung dieses neuen Fonds und bitten Sie uns dazu zu berichten.

Als BMWK setzen wir uns weiterhin für eine moderne und strategisch ausgerichtete Kohäsionspolitik ein. Dabei freuen wir uns auf den weiteren Austausch mit Ihnen! Wir wissen, was zu tun ist, packen wir es gemeinsam an!

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Veranstaltung mit viel Informationsgewinn für alle Seiten. Die Strukturpolitik lebt von diesen Veranstaltungen und ihren regionalen Multiplikatoren. Nutzen Sie daher diese Gelegenheit zum Austausch!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Glück auf.

1 https://kohesio.ec.europa.eu/en/