Bild zum Artikel: Frauen in der Wirtschaft

Gleichstellung ist kein Selbstläufer. Das gilt auch für Frauen im Wirtschaftsleben. Hier ist noch keine gleichberechtigte Teilhabe erreicht, selbst wenn positive Entwicklungen zu verzeichnen sind. Zwar steigt beispielsweise die Anzahl von Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten beständig, Männer sind aber immer noch in der deutlichen Mehrheit. Auch bei Unternehmensgründungen überwiegt der Männeranteil. Besonders groß ist dieser Unterschied bei der Gründung von Start-ups: Hier beträgt der Anteil von Frauen nur knapp 18 %. „Wachsen ohne Frauen sollte genauso wie das Gründen ohne Frauen in Deutschland der Vergangenheit angehören“, sagt Dr. Franziska Brantner, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Klima schutz. Ihr Anliegen ist es, die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen im Wirtschaftsleben voranzubringen. Wir haben sie nach Ansatzpunkten gefragt, wie die Gründungsdynamik von Frauen gestärkt werden kann.

Illustration von Dr. Ulrich Hoppe

DR. FRANZISKA BRANTNER,
PARLAMENTARISCHE STAATSSEKRETÄRIN IM BMWK, ÜBER FRAUEN ALS GRÜNDERINNEN

FRAU DR. BRANTNER, IM KOALITIONSVERTRAG STEHT: „WIR WOLLEN DEN ANTEIL VON GRÜNDERINNEN IM DIGITALSEKTOR ERHÖHEN“. WARUM HABEN SIE SICH DAS VORGENOMMEN?
Die Gleichstellung von Frauen und Männern innerhalb des nächsten Jahrzehnts: Das ist das, was wir uns als Bundesregierung vorgenommen haben, und nichts weniger. Heute ist es leider so, dass nur knapp jedes fünfte Start-up von Frauen gegründet wird. Da geht einfach mehr. Eine unserer Aufgaben im Bundeswirtschaftsministerium ist es, dass Frauen, die Start-ups gründen wollen,einen besseren Zugang zu Wagniskapital bekommen. „Break the Bias" – das war das Motto des diesjährigen Weltfrauentages am 8. März. In diesem Sinn müssen wir gerade beim Zugang zu Venture Capital (VC) prüfen, welche Maßnahmen hier zielführend sind.

FÜR INNOVATIVE GRÜNDUNGEN UND START-UPS IST DER ZUGANG ZU FINANZIE RUNG OFT ESSENTIELL. DOCH DIE HÜRDEN FÜR FRAUEN SIND BESONDERS HOCH. WIE KANN DAS GEÄNDERT WERDEN?
Wir müssen ein Muster durchbrechen. Männer fördern häufig eher Männer und ihre Geschäfts ideen. Berichte und Studien zeigen, dass oft ausschließlich Männer über die Vergabe von Venture Capital entscheiden. Das erschwert Frauen den Zugang dazu. Aber ich bin überzeugt, dass auch bei Investmentrunden gilt: Diversität bereichert. Daher haben wir uns als Mehrheitsgesellschafter vorgenommen, beim High Tech-Gründerfonds den Frauenanteil in den Investitionskomitees zu erhöhen. Denn dort wird entschieden, ob eine Geschäftsidee durch den Fonds finanziert wird oder nicht. Ein besserer Zugang zu Venture Capital für Gründerinnen ist uns ein wirklich wichti ges Anliegen. Hierzu erarbeiten wir weitere Konzepte, auch für eine Umsetzung im Rahmen des Zukunftsfonds. Und auch die KfW Capital als Beteiligungstochter der KfW setzt sich für mehr Diversität in der deutschen VC-Szene ein.

WAS KANN DIE POLITIK NOCH TUN, DAMIT DIE GRÜNDUNGSLANDSCHAFT WEIBLICHER WIRD?
Frauen, die gründen möchten oder eine Führungsposition anstreben, betonen oft, wie wichtig ihnen weibliche Vorbilder sind. Im Bundeswirtschaftsministerium gibt es daher die Initiative „FRAUEN unternehmen“, in der 235 Unternehmerinnen als „Role-Models“ bundesweit für weibliches Unternehmertum werben. Die Initiative wächst stetig,und wir wollen künftig mehr Frauen aus den Bereichen MINT, Digitales und Handwerk gewinnen. Außerdem fördern wir mit EXIST – Existenzgründungen aus der Wissenschaft – an 142 Hochschulen in Deutschland Strukturen zur Gründungsunterstützung, die Sensibilisierung und Qualifizierung von Gründerinnen sowie spezifische Maßnahmen zur Stärkung des „Female Entrepreneurship“. Für Gründerinnen bieten wir im Rahmen des Start-up Scale-Programms der Digital Hub Initiative zum zweiten Mal individuelle Unterstützung für weibliche Start-ups an.

SIE WAREN MITGLIED IM FRAUENRECHTS- UND GLEICHSTELLUNGSAUSSCHUSS DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND HABEN DORT EINMAL GESAGT: „ES BLEIBT VIEL ZU TUN, EINMAL ERRUNGENES IST AUF KEINEN FALL FÜR IMMER DA.“ GILT DIE BOTSCHAFT WEITER?
Definitiv. Das zeigt die Pandemie. Sie hat die Erfolge der Gleichstellung zumindest in Frage gestellt, zum Teil auch ausgebremst, gerade beim Stichwort Sorgearbeit. Wir sehen es aber auch in anderen europäischen Ländern, wo Errungenschaften der Frauenrechte wieder zurückgeschraubt werden. Deswegen möchte ich mich an alle Frauen wenden, die überlegen, wo sie beruflich hingehen möchten, die sich fragen, ob sie eine Führungsposition übernehmen wollen. Für sie alle gilt meine große Bitte: Traut euch, wir brauchen euch, wir wollen euch in der Wirtschaft. Macht mit, macht euch fit, wir warten auf euch!


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