Schwere Rezession durch die Corona-Pandemie

Bundesminister Peter Altmaier stellt die aktuelle Frühjahrsprojektion der Bundesregierung vor.

Abstrakte Darstellung zum Thema "Schwere Rezession durch die Corona-Pandemie"

© Timo Meyer

Die Corona-Pandemie stürzt die Weltwirtschaft in eine schwere Rezession. Die Folge sind starke Nachfragerückgänge, Störungen von Lieferketten, Produktionseinbußen, Mobilitätsbeschränkungen, Einschränkungen in vielen Dienstleistungsbereichen und eine geringere Verfügbarkeit von Arbeitskräften aufgrund von Arbeitsunfähigkeit und Maßnahmen zum Infektionsschutz. Auch die deutsche Wirtschaft wird hart von der Corona-Krise getroffen. Dabei verhindern umfangreiche staatliche Stützungsmaßnahmen Insolvenzen und sichern Liquidität und Einkommen. Dennoch: Mit einem erwarteten Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 6,3 % steht der Bundesrepublik die schwerste Rezession seit ihrem Bestehen bevor. Für das Jahr 2021 rechnet die Bundesregierung dann mit einer deutlichen Erholung der Wirtschaftsleistung um 5,2 %.

Die deutsche Konjunktur sieht sich derzeit zwei massiven negativen Schocks ausgesetzt, einem Auslands- und einem Inlandsschock. Beide Schocks betreffen sowohl die Nachfrage- wie auch die Angebotsseite: Die tiefe Rezession der Weltwirtschaft und der Rückgang der ausländischen Nachfrage treffen die exportorientierte deutsche Industrie besonders hart. Gleichzeitig sieht sich das Verarbeitende Gewerbe mit Störungen von internationalen Lieferketten konfrontiert, die zu Produktionsbehinderungen führen. Der Inlandsschock reflektiert vor allem die Verhaltensänderungen von Bürgerinnen und Bürgern und der Wirtschaft, auch aufgrund der zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung verordneten Shutdown-Maßnahmen zur Verringerung der sozialen Kontakte im öffentlichen Raum. Dadurch sind insbesondere kleinere Unternehmen im Dienstleistungsbereich betroffen. Solange diese Maßnahmen gelten, werden auch die Möglichkeitenfür Konsum und wirtschaftliche Aktivität eingeschränkt. Gleichzeitig sinken die Einkommen aufgrund von steigender Arbeitslosigkeit und einem massivem Anstieg der Kurzarbeit. Unsicherheiten über den weiteren Pandemieverlauf dämpfen die Investitionen. Das Arbeitsangebot wird beeinträchtigt durch eine geringere Verfügbarkeit von Arbeitskräften aufgrund von Schul- und Kitaschließungen.

In der Folge rechnet die Bundesregierung mit dem stärksten Einbruch der Wirtschaftsleistung seit Bestehen der Bundesrepublik. Dieser vollzieht sich insbesondere in den Monaten März und April. Im Zuge gradueller Lockerungen und Weiterentwicklung der Schutzmaßnahmen durch die öffentliche Hand dürfte sich die wirtschaftliche Aktivität ausgehend von einem niedrigen Niveau in den Folgemonaten wieder beleben.

Annahmen der Frühjahrsprojektion 2020

Zum Zeitpunkt der Erstellung der Frühjahrsprojektion waren kaum belastbare Daten zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Epidemie verfügbar. Aus diesem Grund beruht diese Projektion mehr als sonst auf den getroffenen Annahmen in Bezug auf den Infektionsverlauf und die Dauer und Ausprägung der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie in Deutschland und der Welt.

Für Deutschland wurde unterstellt, dass sich die vollumfänglichen Beschränkungen des öffentlichen Lebens von Mitte März bis Anfang Mai erstrecken. Danach kommt es zu einer graduellen Lockerung der Maßnahmen, in deren Folge die wirtschaftliche Aktivität wieder zunimmt. Im weiteren Prognoseverlauf unterstellen wir für die Schutzmaßnahmen eine „Lernkurve“, die dazu führt, dass Gesundheitsschutz und wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten besser mit einander vereinbart werden können.

In Übereinstimmung mit Prognosen internationaler Organisationen wird für die Weltwirtschaft ein Rückgang in Höhe von 2,8 % in diesem Jahr und eine deutliche Erholung von 5,7 % im kommenden Jahr erwartet.

Für die Entwicklung des Ölpreises wird eine technische Annahme auf Basis von Terminnotierungen zum Zeitpunkt des Projektionsabschlusses getroffen. Demnach ist für das aktuelle Jahr von einem durchschnittlichen Rohölpreis für ein Fass der Sorte Brent von 38 US-Dollar auszugehen, im kommenden Jahr dürfte der Preis auf 40 US-Dollar leicht ansteigen.

Ab der zweiten Jahreshälfte dürfte sich eine weitere moderate Erholung einstellen. Hierzu trägt bei, dass die Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie kontinuierlich weiterentwickelt werden mit dem Ziel, Gesundheitsschutz und wirtschaftliche Tätigkeit besser miteinander zu vereinen. Die Erholung dürfte sich auch im kommenden Jahr fortsetzen, für das die Bundesregierung mit einer Zunahme des Bruttoinlandsprodukts um 5,2 % rechnet. Insgesamt wird dabei von einem eher langsamen Erholungspfad ausgegangen: Erst zu Beginn des Jahres 2022 wird das wirtschaftliche Aktivitätsniveau wieder auf dem Ausgangsniveau der Krise am Jahresende 2019 liegen.

Eine wichtige Rolle für die wirtschaftliche Erholung spielen die umfangreichen wirtschaftspolitischen Stützungsmaßnahmen. So umfasst der im März des Jahres beschlossene Nachtragshaushalt Mehrausgaben des Bundes in Höhe 122,3 Mrd. Euro. Ein großer Teil davon ist zur unmittelbaren Pandemiebekämpfung sowie als Soforthilfe zur Unterstützung von Kleinstunternehmen und Solo-Selbständigen vorgesehen. Hinzu kommen deutliche Zugangserleichterungen und Ausweitungen beim Bezug von Kurzarbeitergeld. Diese Instrumente stabilisieren den Arbeitsmarkt und stützen die verfügbaren Einkommen. Zur Verhinderung von Insolvenzen stellt der Bund außerdem weitreichende Liquiditäts- und Kapitalhilfen zur Verfügung. Dazu gehören insbesondere die Erhöhung des Gewährleistungsrahmens im Bundeshaushalt um 356,5 Mrd. Euro auf 822 Mrd. Euro sowie der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) in Höhe von 600 Mrd. Euro (Abbildung 1, Tabelle 1).

Abbildung 1: Bruttoinlandsprodukt - Frühjahrsprojektion 2020 Bild vergrößern

Abbildung 1: Bruttoinlandsprodukt - Frühjahrsprojektion 2020

© Frühjahrsprojektion 2020

Tabelle 1: Technische Details zur Projektion der Bundesregierung Bild vergrößern

Tabelle 1: Technische Details zur Projektion der Bundesregierung

© Statistisches Bundesamt 2020; Frühjahrsprojektion 2020

Weltwirtschaft in der Rezession

In Kürze:
Insgesamt wird der deutsche Außenhandel am Ende des Jahres 2021 nicht das preisbereinigte Niveau vom Ende 2019 erreicht haben.

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie stürzen die Weltwirtschaft in eine schwere Rezession. Anhand aktueller Daten lässt sich bereits erahnen, dass das Ausmaß der Krise über die Finanzkrise 2008/09 hinausgeht.

So wurde die globale Industrieproduktion im Januar mit -4,3 % im Vorjahresvergleich so stark zurückgefahren wie seit zehn Jahren nicht mehr. Beim Welthandel ergibt sich mit einem Minus von 2,0 % gegenüber Januar 2019 ein ähnliches Bild. Das Bruttoinlandsprodukt in China ist im ersten Quartal 2020 vor dem Hintergrund von Produktionseinbußen und Quarantänemaßnahmen um 6,8 % gegenüber dem Vorjahr geschrumpft. Diese Indikatoren deuten auf einen deutlichen Rückgang der globalen Wirtschaftsleistung im ersten Quartal hin. Einen noch stärkeren Einbruch erwartet die Bundesregierung allerdings im zweiten Quartal, in dem die Pandemie begann, sich weltweit auszubreiten. Insbesondere viele entwickelte Volkswirtschaften reagierten darauf mit strikten Shutdown-Maßnahmen bis hin zu Produktionsbeschränkungen. Das hat neben den direkten Effekten auf den Konsum auch zu Störungen der internationalen Lieferketten geführt. Unter der Annahme, dass die zunächst harten Shutdown-Maßnahmen zum Gesundheitsschutz in vielen Ländern nach und nach wieder gelockert werden, rechnet die Bundesregierung ab der zweiten Jahreshälfte mit einer moderaten Belebung der Weltwirtschaft.

Im Jahresdurchschnitt 2020 wird in Anlehnung an die Prognosen internationaler Organisationen ein Rückgang der Weltwirtschaftsleistung in Höhe von 2,8 % erwartet. Im darauffolgenden Jahr dürfte es zu einem kräftigen Aufholprozess kommen; das globale Bruttoinlandsprodukts dürfte dann um 5,7 % zunehmen. Dabei bricht die Wirtschaft in den entwickelten Volkswirtschaften in 2020 stärker ein als in den weniger entwickelten Ländern und erholt sich dort im kommenden Jahr auch langsamer.

Stärker als die globale Wirtschaftsleistung ist der Welthandel von der Corona-Pandemie betroffen. Für diesen erwartet die Bundesregierung im laufenden Jahr einen Rückgang um 11,1 % Dementsprechend dürften auch die deutschen Exporte um deutliche 11,6 % sinken. Die nicht ganz so stark einbrechende deutsche Binnennachfrage sorgt für eine etwas weniger rückläufige Importentwicklung. Dies führt im laufenden Jahr zu einem spürbar negativen Außenbeitrag (-2,1 % Prozentpunkte). Gemeinsam mit den Primär- und Sekundäreinkommen ergibt sich im Saldo ein sinkender Leistungsbilanzüberschuss. Er verringert sich von 7,1 % des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2019 auf 5,4 % im Jahr 2020.

Im Zuge der allmählichen Belebung des Welthandels rechnen wir dann für das kommende Jahr mit einem Wachstum der Exporte um 7,6 %. Insgesamt wird der deutsche Außenhandel am Ende des Jahres 2021 jedoch nicht das preisbereinigte Niveau vom Ende 2019 erreicht haben.

Deutliche Zurückhaltung von Investitionen

Ausrüstungsinvestitionen sind in Deutschland eng mit der Entwicklung des Außenhandels und der globalen Industriekonjunktur verknüpft. Ein Großteil der Investitionen wird hierbei von der exportorientierten Industrie getätigt.

In Folge der Pandemiebedingten Rezession des Verarbeitenden Gewerbes und der generell gestiegenen Unsicherheit gehen die Investitionen in Ausrüstungen in der ersten Hälfte des Jahres 2020 deutlich zurück. Im Zuge der allmählichen Erholung des Welthandels rechnet die Bundesregierung dann ab dem zweiten Halbjahr mit einer leichten Belebung der Investitionstätigkeit. Wegen der nach wie vor bestehenden Unsicherheiten bezüglich der weiteren konjunkturellen Entwicklung im In- und Ausland dürfte diese Belebung aber deutlich moderater ausfallen als in früheren Phasen der wirtschaftlichen Erholung. Für das Gesamtjahr 2020 rechnet die Bundesregierung mit einem Rückgang der Ausrüstungsinvestitionen um 15,1 %. Mit einer Wachstumsrate von 8,7 % im Jahr 2021 wird aber zunächst nur ein Teil des Rückgangs wieder aufgeholt.

Auch die Bauwirtschaft kann sich den Auswirkungen der Corona-Pandemie nicht vollständig entziehen. Zwar wird die Nachfrage nach Bauinvestitionen aufgrund des weiter bestehenden Niedrigzinsumfelds und darüber hinaus erhöhter Liquidität angetrieben. Die vorübergehend sinkenden Einkommen wirken jedoch gleichzeitig dämpfend auf die Nachfrage nach Wohnbauten. Zudem dürfte der Nichtwohnbau, der stärker mit der Konjunktur zusammenhängt als Investitionen in Wohnbauten, in diesem Jahr deutlich zurückgehen. Gleichzeitig haben einzelne Shutdown-Maßnahmen, wie etwa die Einschränkung von Grenzübertritten, negative Auswirkungen auf die Produktionsmöglichkeiten der Bauwirtschaft. Im laufenden Jahr rechnet die Bundes-regierung daher mit einem Rückgang der realen Bauinvestitionen um 1,0 % und im kommenden Jahr mit einer Erholung um 1,1 %.

Im Ergebnis gehen die Bruttoanlageinvestitionen in diesem Jahr um 5,0 % zurück und werden im nächsten Jahr um 3,5 % ausgeweitet. Die Investitionsquote – also die nominalen Bruttoanlageinvestitionen in Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt – wird trotz des Rückgangs der Investitionen in diesem Jahr wegen der noch stärkeren Abnahme des Bruttoinlandsprodukts bis 2021 auf 22,4 % steigen. Im Jahr 2016 lag sie noch bei 20,3 %.

Abstrakte Darstellung zum Thema "Schwere Rezession durch die Corona-Pandemie"

© Timo Meyer

Staatliche Maßnahmen stützen Arbeitsmarktentwicklung

Angesichts der Corona-Krise gerät der Arbeitsmarkt stark unter Druck. Die Entwicklung von Beschäftigung und Arbeitslosigkeit verlief – noch unbeeinflusst von den Auswirkungen der Pandemie – in den ersten Monaten des Jahres weitgehend positiv. Im zweiten und dritten Quartal dürfte es allerdings zu einem deutlichen Rückgang der Beschäftigung und einem starken Zuwachs von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit kommen.

Insgesamt rechnet die Bundesregierung im laufenden Jahr mit einem Rückgang der Erwerbstätigkeit um 370 Tausend Personen, wobei kurzfristig angelegte Beschäftigungsverhältnisse und Minijobs vom Rückgang überproportional betroffen sind. Dabei wird es deutliche Unterschiede zwischen den Wirtschaftsbereichen geben: Besonders betroffen sind das Gastgewerbe, der Handel sowie die Unternehmensdienstleistungen, zu denen auch die Arbeitnehmerüberlassung gehört.

Letztere wurde von der Wirtschaft in der Vergangenheit als Puffer für konjunkturelle Schwankungen verwendet. Im Gegensatz dazu werden die Öffentlichen Dienstleister, Erziehung und Gesundheit, die in der Krise besonders gefordert sind, weiter Beschäftigung aufbauen.

Tabelle 2: Eckwerte der Frühjahrsprojektion 2020 - Gesamtwirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland

Tabelle 2: Eckwerte der Frühjahrsprojektion 2020 - Gesamtwirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland

© Statistisches Bundesamt, Frühjahrsprojektion 2020

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Die Arbeitslosigkeit dürfte im laufenden Jahr um 350 Tausend Personen ansteigen. Dabei wird insbesondere die konjunkturell bedingte Anzahl der Empfänger von Arbeitslosengeld aus dem Bereich des SGB III steigen. Durch die Erleichterung des Zugangs zur Grundsicherung dürfte aber auch die SGB-II-Arbeitslosigkeit zunehmen. (Abbildung 2)

Abbildung 2: Kurzarbeit und Beschäftigungserwartungen Bild vergrößern

Abbildung 2: Kurzarbeit und Beschäftigungserwartungen

© Macrobond

Bei der Einschätzung der Arbeitsmarktentwicklung spielen die umfassenden staatlichen Stützungsmaßnahmen wie die Soforthilfen für SoloSelbständige und Kleinstbetriebe sowie die deutlich erleichterten Rahmenbedingungen für die Kurzarbeit eine wichtige Rolle. Diese wird im März und April in noch nie dagewesenem Ausmaß ansteigen und viele Entlassungen verhindern. Mittelfristig bleiben Arbeitskräfte aber knapp, sodass Arbeitgeber schon aus diesem Grund versuchen werden, umfangreichen Personalabbau zu vermeiden. Im Ergebnis wird daher der größte Teil der Anpassung über einen kräftigen Rückgang der gearbeiteten Stunden pro Arbeitnehmer erfolgen (-3,3 %).

Etwas verzögert zu der bereits ab Mai wieder anziehenden Produktion rechnet die Bundesregierung im kommenden Jahr mit einem Beschäftigungsaufbau um 160 Tausend Personen. Die Arbeitslosigkeit dürfte um 160 Tausend Personen zurückgehen.

Gedämpfte Inflation durch Preisverfall bei Rohöl

In Kürze:
Im nächsten Jahr werden die Bruttolöhne und -gehälter mit 3,8 % kräftig aufholen.

Zu Beginn des Jahres haben die Verbraucherpreise aufgrund einer überdurchschnittlichen Verteuerung von Nahrungsmitteln merklich angezogen. Seit Februar kam es dann am Weltmarkt zu einem Rückgang des Rohölpreises, der sich im März und April im Zuge der Corona-Pandemie und des Förder-wettbewerbs zwischen Russland und Saudi-Arabien beschleunigte. Da sich laut den Öl-Futures nur eine vergleichsweise schwache Erholung des Rohölpreises im Jahresverlauf abzeichnet, dürfte die Entwicklung der Ölpreise die Teuerung im laufende Jahr stark dämpfen. Vor diesem Hintergrund erwartet die Bundesregierung im Jahr 2020 nur eine geringe Inflationsrate in Höhe von 0,5 %.

Für das nächste Jahr wird nach Auslaufen des Rohölpreiseffekts mit einem wieder höheren Anstieg der Verbraucherpreise um 1,5 % gerechnet. Die Kerninflation, also die Entwicklung der Verbraucherpreise unter Ausschluss der volatilen Energie- und Lebensmittelpreise, steigt in den Jahren 2020 und 2021 um 0,7 % bzw. 1,6 %.

Löhne und verfügbare Einkommen in der Krise rückläufig

Im laufenden Jahr wird sich eine deutliche Lohnzurückhaltung einstellen, wie das jüngste Beispiel der Metallindustrie verdeutlicht. Die Tarifparteien dürften auf die veränderte wirtschaftliche Situation der Unternehmen Rücksicht nehmen, um Arbeitsplätze zu sichern.

Die Effektivlöhne dürften auf Grund des starken Anstiegs der Kurzarbeit in diesem Jahr zurückgehen (-0,9 %). Im nächsten Jahr werden die Bruttolöhne und -gehälter dafür aber mit 3,8 % kräftig aufholen. Durch die Kurzarbeit wird ein Teil der Einkommen gesichert. Dies führt zu einer kräftigen Ausweitung der monetären Sozialleistungen im laufenden Jahr (+11,1 %).

Die Unternehmen tragen die Hauptlast der Corona-Krise. Die Gewinn- und Vermögenseinkommen der privaten Haushalte gehen stark zurück (2020: -17,1 %). Der Lockdown schränkt die Konsummöglichkeiten der privaten Haushalte vor allem im zweiten Quartal stark ein. In der Folge steigt die Sparquote im zweiten Quartal spürbar an, fällt dann aber wieder kontinuierlich auf das Vorkrisenniveau. Im Jahresdurchschnitt ergibt sich dadurch eine Sparquote von 15,5 %. Der reale private Verbrauch wird im laufenden Jahr um 7,1 % zurückgehen. Im Folgejahr dürfte dann eine Erholung um 7,9 % erfolgen.

Deutsche Wirtschaft stark unterausgelastet

Die Projektion der wirtschaftlichen Entwicklung in der mittleren Frist, d. h. für die Jahre 2022 bis 2024 orientiert sich an den strukturellen Wachstumsmöglichkeiten der Volkswirtschaft. Das Produktions-potenzial beschreibt die wirtschaftliche Aktivität einer Volkswirtschaft bei Normalauslastung der Produktionsfaktoren. Es wird angenommen, dass nach einem Schock die Wirtschaft mittelfristig wieder zum Potenzialpfad zurückkehrt. Dieser ist allerdings selbst durch die Krise beeinflusst, da trotz aller Hilfsmaßnahmen auch mit strukturellen Veränderungen (z. B. Unternehmensinsolvenzen) zu rechnen ist. Das Potenzialwachstum liegt im Jahr 2020 bei 0,8 %, im Jahr 2021 bei 1,1 % und somit merklich niedriger als noch im Januar berechnet. Zum Ende des Projektionszeitraums im Jahr 2024 sinkt die Potenzialrate auf 0,8 %. Hier macht sich der Rückgang des Arbeitskräftepotenzials aufgrund des demographischen Wandels bemerkbar.

Der Vergleich des Produktionspotenzials mit dem BIP zeigt, dass der Corona-bedingte Wachstumseinbruch im Jahr 2020 zu einer deutlichen Unterauslastung führt. Diese spiegelt sich in einer negativen Produktionslücke (BIP minus Produktionspotenzial) von -5,3 % des Produktionspotenzials wider. Die wirtschaftliche Erholung ab dem Jahr 2021 verringert die Produktionslücke in diesem Jahr auf -1,5 % des Produktionspotenzials.
Aufgrund der technischen Annahme, dass das BIP zum Ende des Projektionshorizontes dem Produktionspotenzial entspricht, ist die Produktionslücke im Jahr 2024 geschlossen.

Chancen und Risiken

Aufgrund der bisher nur unzureichenden Datenlage, der schweren Abschätzbarkeit des weiteren Pandemieverlaufs und fehlender historischen Erfahrungen mit ähnlichen Situationen ist die Quantifizierung der Auswirkungen der Corona-Epidemie mit hoher Unsicherheit verbunden. Es gibt dabei Risiken aber auch Chancen für die wirtschaftliche Entwicklung.

In der vorliegenden Projektion wird nicht von weiteren Pandemiewellen ausgegangen, die es erfordern, die eingesetzten Maßnahmen zu verlängern oder zu einem späteren Zeitpunkt erneut einzusetzen. Gleichzeitig rechnen wir auch nicht mit einer frühzeitigen Verfügbarkeit eines wirksamen Medikaments oder einer Impfung gegen Sars-CoV2.

Neben den Unwägbarkeiten bezüglich des Pandemieverlaufs besteht das Risiko, dass Unternehmen trotz der in vielen Ländern ergriffenen Stützungsmaßnahmen in Liquiditätsschwierigkeiten geraten. Auch die Risiken, die aus der globalen Konjunktur erwachsen, einschließlich der Risiken für die Stabilität der globalen Finanzmärkte, haben sich im Zuge der Corona-Krise weiter erhöht.

Abstrakte Darstellung zum Thema "Schwere Rezession durch die Corona-Pandemie"

© Timo Meyer

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Referat: Beobachtung, Analyse und Projektion der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
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