Bundesminister Peter Altmaier stellt die Jahresprojektion der Bundesregierung vor

Illustration zum Thema "Gedämpfter Start – Erholung ab dem 2. Quartal"

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Das vergangene Jahr stand im Zeichen der Corona-Pandemie. Mit dem ersten Lockdown von Mitte März bis Anfang Mai brach die Wirtschaftsleistung um 1,9 % im ersten und um 9,8 % im zweiten Quartal ein, so stark wie noch nie seit Beginn der vierteljährlichen Darstellung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen. Nachdem sich das Infektionsgeschehen in den Sommermonaten beruhigte, kam es infolge der schrittweisen Rücknahme der Einschränkungen ab dem Monat Mai zu einer beachtlichen wirtschaftlichen Aufholjagd. Im dritten Vierteljahr wurde die stärkste je beobachtete Zunahme des Bruttoinlandsprodukts registriert. Diese Dynamik verlor zwar an Fahrt, hielt aber bis zu Beginn des vierten Quartals an. Aufgrund stark steigender Infektionszahlen wurde im letzten Quartal des Jahres jedoch ein erneuter Lockdown notwendig, der bis ins erste Quartal des neuen Jahres anhält. Im Ergebnis kam es im vergangenen Jahr zu einem Rückgang der Wirtschaftsleistung von 5,0 %.

Am aktuellen Rand werden die Dienstleistungsbereiche nach wie vor durch die notwendigen Eindämmungsmaßnahmen in ihrer wirtschaft­lichen Aktivität eingeschränkt. Dagegen scheint die Industrie bisher kaum vom Lockdown beeinträchtigt und legte zum Ende des Jahres 2020 sogar noch leicht zu. Im weiteren Jahresverlauf dürfte sich die Infektionslage vor allem durch die Impfmaßnahmen wieder entspannen, sodass eine Lockerung der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung möglich wird. Im Ergebnis erwartet die Bundesregierung ein Wachstum der Wirtschaftsleistung um 3,0 % im laufenden Jahr (Abbildung 1).

Abbildung 1: Bruttoinlandsprodukt - Jahresprojektion 2021 (Index (2015 = 100)) Bild vergrößern

Abbildung 1: Bruttoinlandsprodukt - Jahresprojektion 2021 (Index (2015 = 100))

© Statistisches Bundesamt, Interimsprojektion 2020

Der Arbeitsmarkt war im Jahr 2020 ebenfalls deutlich durch die Krise betroffen, zeigte sich aber angesichts des starken Einbruchs der Wirtschaftsleistung zumindest relativ gesehen robust. Eine wichtige Stützungsfunktion übernahm hierbei die Kurzarbeit, die den Anstieg der Arbeitslosigkeit deutlich abfedern konnte. In den ersten Monaten des Jahres 2021 wird eine leichte Zunahme der Beschäftigungsdynamik sowie schrittweiser Abbau der Arbeitslosigkeit erwartet, durch den Lockdown erfolgt diese allerdings weniger ausgeprägt als dies normalerweise zu erwarten wäre. Ab dem Frühjahr sollten dann wieder deutlichere Zuwächse der Erwerbstätigkeit erfolgen. Im Ergebnis dürfte im Jahresschnitt 2021 die Zahl der Erwerbstätigen stagnieren, während die Arbeitslosenquote geringfügig auf 5,8 % zurückgehen dürfte.

Eine wichtige Rolle für die wirtschaftliche Erholung spielen weiterhin die umfangreichen wirtschaftspolitischen Stützungsmaßnahmen, die Insolvenzen vermeiden, Liquidität und Einkommen sichern sowie Konjunktur- und Wachstumsimpulse setzen. Neben weiteren Neuauflagen der Überbrückungshilfe, die zahlreichen Unternehmen durch die Krise helfen, werden durch umfangreiche Entlastungen der privaten Haushalte wie bspw. die teilweise Abschaffung des Solidaritätszuschlags gesamtwirtschaftliche Nachfrageimpulse gesetzt.

Eckwerte der Jahresprojektion 2021 (Veränderung gegenüber Vorjahr in Prozent, soweit nicht anders angegeben)

Eckwerte der Jahresprojektion 2021 (Veränderung gegenüber Vorjahr in Prozent, soweit nicht anders angegeben)

© Statistisches Bundesamt, Jahresprojektion 2021 der Bundesregierung

Vergleich zur Herbstprojektion

Mit einem erwarteten Anstieg der Wirtschaftsleistung um 3,0 % für das Jahr 2021 erfolgt eine deutliche Abwärtskorrektur der Herbstprojektion vom 30. Oktober 2020 (+4,4 %). Diese neue Bewertung erfolgt aufgrund der anhaltend hohen Infektionszahlen und der deshalb notwendig gewordenen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Zum Zeitpunkt der Herbstprojektion war noch nicht absehbar, dass diese Beschränkungen zum einen Mitte Dezember verschärft werden und zum anderen bis in den Februar hinein anhalten würden. Infolgedessen sind privater Konsum und Wertschöpfung im ersten Quartal 2021 stärker beeinträchtigt als noch im Herbst zu erwarten war. Dies resultiert in einer schwächeren Wachstumsrate im ersten Quartal, die maßgeblich die jahresdurchschnittliche Veränderungsrate des Bruttoinlandsprodukts beeinflusst.

Annahmen der Jahresprojektion 2021
In der vorliegenden Projektion wird die Entwicklung der Corona-Pandemie bis zum aktuellen Rand sowie die jüngst beschlossene Lockdown-Verlängerung bis in den Februar hinein berücksichtigt. Für den restlichen Projektionszeitraum wird nicht davon ausgegangen, dass weitere Maßnahmen erforderlich werden, die die wirtschaftliche Aktivität zusätzlich einschränken. Die gegenwärtig laufende Ausrollung der Impfstoffe sollte dahingegen eine allmähliche Rücknahme der Maßnahmen ab dem Ende des ersten Quartals ermöglichen. Dennoch bleiben die Unsicherheiten bezüglich des Infektionsgeschehens groß. Diese Unsicherheiten werden als Risiken für den Verlauf der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ausdrücklich adressiert.

In Übereinstimmung mit Prognosen internationaler Organisationen wird für die Weltwirtschaft ein Wachstum in Höhe von 5,3 % in diesem Jahr und 4,2 % im kommenden Jahr erwartet.

Für die Entwicklung des Ölpreises wird eine technische Annahme auf Basis von Terminnotierungen zum Zeitpunkt des Projektionsabschlusses getroffen. Demnach ist für das aktuelle Jahr von einem durchschnittlichen Rohölpreis für ein Fass der Sorte Brent von rund 51 US-Dollar auszugehen, dies kommt einem Anstieg um 17 % gegenüber dem Vorjahr gleich.

Bei der Projektion wurden alle bereits beschlossenen wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen berücksichtigt. Dazu gehören auch die Ausgaben und Mindereinnahmen im Rahmen des Konjunktur- und Zukunftspakets.

Technische Details der Jahresprojektion 2021 (in Prozent bzw. Prozentpunkten)

Technische Details der Jahresprojektion 2021 (in Prozent bzw. Prozentpunkten)

© Statistisches Bundesamt 2020; Jahresprojektion 2021 der Bundesregierung

Insgesamt ergibt sich das Bild einer sich zweigeteilt entwickelnden Wirtschaft. Dem stärker negativ beeinflussten Dienstleistungssektor – vor allem in den Bereichen, in denen soziale Kontakte wichtig sind – steht eine sich weiterhin robust entwickelnde Industrie gegenüber. In der Herbstprojektion wurde die damals aktuelle Beschlusslage berücksichtigt, wonach Schließungen der Gastronomie und Veranstaltungen bis Ende November vorgesehen waren. Die Ausweitungen der Maßnahmen auf den stationären Einzelhandel kamen ab Mitte Dezember verschärfend hinzu. Das Verarbeitende Gewerbe ließ am aktuellen Rand bislang keine Beeinträchtigung durch den Lockdown erkennen. Die industrielle Produktion ist bis zur jüngsten Meldung für den November weiter gestiegen. Auch deshalb fiel der Einbruch des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2020 einen halben Prozentpunkt geringer aus als noch im Herbst erwartet. Dies erhöht die Startrampe für das Jahr 2021 und führt für sich genommen zu einer niedrigeren jahresdurchschnittlichen Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts in diesem Jahr.

Risiken, aber auch Chancen für 2021

Aus Sicht der Bundesregierung stellt die Jahresprojektion – unter den gegebenen Rahmenbedingungen – die wahrscheinlichste Entwicklung der deutschen Volkswirtschaft dar. Dennoch ist diese Einschätzung insbesondere im aktuellen Kontext mit hoher Unsicherheit behaftet. Das bedeutendste Risiko für die Projektion bleiben die Unwägbarkeiten des Pandemieverlaufs. Grundlage der vorliegenden Jahresprojektion ist die Annahme, dass neben den bereits bis in den Februar hinein berücksichtigten Maßnahmen im weiteren Prognosezeitraum keine weiteren oder verlängerten Infektionsschutzmaßnahmen getroffen werden müssen, die die ökonomische Aktivität stark beeinträchtigen. Denkbar ist dennoch ein alternativer Pandemieverlauf, der weitreichendere Eindämmungsmaßnahmen erforderlich machen könnte, als unterstellt.

Neben den Unwägbarkeiten bezüglich des Pandemieverlaufs besteht das Risiko, dass Unternehmen trotz der in vielen Ländern ergriffenen Stützungsmaßnahmen in Liquiditätsschwierigkeiten geraten. Auch die Risiken, die aus der globalen Konjunktur erwachsen, einschließlich der Risiken für die Stabilität der globalen Finanzmärkte, haben sich im Zuge der Corona-Krise erhöht. Weitere Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung ergeben sich aus den weiterhin schwelenden politischen Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und China.

In der Jahresprojektion wird davon ausgegangen, dass durch Nachholeffekte die während des Lockdowns zurückgestaute Kaufkraft in Teilen wieder verausgabt wird. Die Sparquote der privaten Haushalte nähert sich in diesem Kontext über den Projektionszeitraum langsam wieder dem niedrigeren Vorkrisenniveau an. Sollten die privaten Haushalte ihre Konsumausgaben allerdings stärker als erwartet erhöhen und die Sparquote dementsprechend schneller sinken, würden hiervon zusätzliche Impulse für die Wirtschaft ausgehen.

Kontakt
Dr. Jin-Kyu Jung, Dr. Christian Wittneben
Referat: Beobachtung, Analyse und Projektion der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
schlaglichter@bmwi.bund.de