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Fit für die Zukunft ohne russisches Öl
Bundesregierung bringt Zukunftspaket für ostdeutsche Raffineriestandorte und Häfen auf den Weg
Einleitung
Russland war bis vor Kurzem der wichtigste Öllieferant Deutschlands. Daher stellt das EU-Embargo gegen Importe von russischem Erdöl sehr hohe Anforderungen an die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit in Deutschland bei diesem derzeit noch für die Bevölkerung und Wirtschaft wichtigen Energieträger. Vor besonders großen Herausforderungen stehen in diesem Zusammenhang die beiden ostdeutschen Raffineriestandorte Leuna und Schwedt, weil sie bis Kriegsbeginn über die Druschba-Pipeline vollständig direkt mit russischem Öl beliefert wurden, sowie einzelne ostdeutsche Häfen, deren Ausbau für den Import von Rohöl und seinen direkten Transport zur Raffinerie PCK Schwedt erforderlich ist. Für die PCK-Raffinerie in Schwedt kam zudem der Umstand hinzu, dass über zwei deutsche Rosneft-Töchter als Mehrheitseigner ein russisches Unternehmen die Geschicke maßgeblich bestimmt hat.
Die Bundesregierung hat vor diesem Hintergrund am 16. September 2022 ein umfassendes Zukunftspaket für die ostdeutschen Raffineriestandorte und Häfen vorgestellt und zugleich auf Grundlage des Energiesicherungsgesetzes die beiden deutschen Rosneft-Töchter „Rosneft Deutschland GmbH“ (RDG) und „RN Refining & Marketing GmbH“ (RNRM) unter die Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur gestellt.
Treuhandverwaltung soll Weiterbetrieb von Raffinerien sichern
Mit der Treuhandverwaltung wird die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes von RDG und RNRM und der Raffinerien und Ölleitungen, an denen sie beteiligt sind, gewährleistet und somit der drohenden Gefährdung der Energieversorgungssicherheit in Deutschland begegnet. Auch wurden zunehmende Over-compliance-Probleme (Übererfüllung der Sanktionsvorgaben) in der Zusammenarbeit mit Zulieferern, Abnehmern und Banken beseitigt und der drohende Abfluss liquider Mittel nach Russland verhindert. Notwendige Maßnahmen für eine Weiterführung der Unternehmen ohne russisches Öl konnten eingeleitet und damit unter anderem ein wesentlicher Grundstein für den Erhalt und die Zukunft des Standortes Schwedt gelegt werden. Mit der Treuhandverwaltung erlangte der Bund die Kontrolle über beide Unternehmen und damit auch über deren Mehrheitsbeteiligung an der Raffinerie PCK Schwedt sowie über maßgebliche Beteiligungen an der Raffinerie BAYERNOIL in Vohburg, der Raffinerie Oberrheinische Mineralölwerke in Karlsruhe (MiRO) und Beteiligungen an verschiedenen Ölleitungen in Deutschland, Österreich, Italien und Frankreich. Mit der Anordnung der Treuhandverwaltung hat die Bundesnetzagentur die Stimmrechte der Rosneft-Gesellschafter übernommen, deren Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse zugleich beschränkt wurden. Zudem wurde eine neue Geschäftsleitung eingesetzt. Die Anordnung der Treuhand ist zunächst auf sechs Monate, bis zum 15. März 2023, befristet und kann verlängert werden.
Zukunftspaket für ostdeutsche Raffineriestandorte und Häfen
Die Bundesregierung verfolgt drei Ziele: die Versorgungssicherheit in Deutschland aufrechtzuerhalten, die Wertschöpfung und Beschäftigung an den Raffineriestandorten angesichts der durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ausgelösten negativen Effekte auf die dortige Wirtschaftsstruktur zu erhalten und die Zukunftsfähigkeit der Standorte zu stärken. Sie hat deshalb am 16. September zusätzlich zur Treuhandverwaltung ein umfassendes Zukunftspaket für die ostdeutschen Raffineriestandorte und Häfen zum Erhalt der Wertschöpfung und für eine erfolgreiche Transformation auf den Weg gebracht, das aus verschiedenen struktur- und wirtschaftspolitischen Einzelmaßnahmen besteht (siehe Abbildung 1).
GRW-Sonderprogramm als Transformationsbeschleuniger
Herzstück des Zukunftspaketes ist ein Sonderprogramm im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW). Als zentrales Instrument der regionalen Strukturpolitik in Deutschland ist die GRW vor allem aufgrund ihres ganzheitlichen Ansatzes – Förderung von Unternehmensinvestitionen, Förderung wirtschaftsnaher Infrastruktur sowie weitere Maßnahmen zur Stärkung der Standortattraktivität – dazu geeignet, einen durch private und öffentliche Investitionen ausgelösten Modernisierungsschub anzustoßen.
Zum Zielgebiet des bis 2037 angelegten und mit 750 Millionen Euro ausgestatteten GRW-Sonderprogramms gehören die Landkreise, in denen die Raffinerien Schwedt und Leuna liegen, um die Transformation vor Ort zu stärken: Uckermark in Brandenburg sowie Saalekreis und Burgenlandkreis in Sachsen-Anhalt (aufgrund seiner unmittelbaren Nähe zu Leuna). Außerdem werden die Stadt Rostock, der Landkreis Rostock und der Landkreis Vorpommern-Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern Bestandteil des Fördergebietes sein (siehe Abbildung 2). Investitionen in diesen Landkreisen sollen insbesondere dazu beitragen, die Transformation des größten und für die Versorgung der ostdeutschen Bevölkerung und Wirtschaft mit Rohöl besonders relevanten ostdeutschen Ostseehafens in Rostock zu einem „grünen Energiehafen“ zu beschleunigen. Die Auswahl der konkreten Investitionsvorhaben des Sonderprogramms obliegt den Ländern.
Der Bund und die drei beteiligten Länder werden die Finanzierung des GRW-Sonderprogramms jeweils hälftig übernehmen. Das Programm bedarf noch einer Zustimmung des sogenannten „GRW-Koordinierungsausschusses“ auf Ebene der Wirtschaftsministerinnen und Wirtschaftsminister sowie -senatorinnen und -senatoren von Bund und Ländern sowie des Bundesministers der Finanzen.
Investitionen in die Pipeline Rostock-Schwedt
Ein weiterer elementarer Bestandteil des Zukunftspakets ist die Ertüchtigung der Pipeline Rostock-Schwedt zur Versorgung der PCK-Raffinerie mit nicht russischem Öl. Diese muss für einen Dauerbetrieb und eine Ausweitung der Raffinerie-Kapazität fit gemacht werden, um einen stabilen wirtschaftlichen Betrieb der PCK und damit eine adäquate Versorgung Nordostdeutschlands, insbesondere im Bereich der Bundesländer Berlin und Brandenburg, sicherzustellen. Aufgrund des nationalen Interesses zur Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit in Deutschland und der zentralen Funktion der Raffinerie PCK in Schwedt für die Versorgungssicherheit in ihrem Liefergebiet wird die Bundesregierung die zur Ertüchtigung erforderlichen Maßnahmen finanzieren.
In diesem Zusammenhang kommt auch dem Rostocker Hafen eine entscheidende Bedeutung zu, um einerseits die Versorgung der ostdeutschen Bevölkerung und Wirtschaft mit Rohöl sicherzustellen und andererseits mittelfristig beim Ausstieg aus dem Verbrauch fossiler Energieträger voranzukommen. Die Bundesregierung wird nicht nur die dafür erforderlichen Investitionen am größten deutschen Ostseehafen im Rahmen des GRW-Sonderprogramms finanziell unterstützen, sondern zudem Investitionen fördern, die im Zusammenhang mit dem Umbau der Hafeninfrastruktur zur kurzfristigen Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit mit Erdgas, Rohöl und Kohle beitragen.
Ein weiterer wichtiger Versorgungsweg mit Rohöl führt vom Hafen in Danzig zur PCK-Raffinerie in Schwedt. Deshalb wird die Bundesregierung auch ihre Gespräche mit der polnischen Regierung zu den Rahmenbedingungen für Öllieferungen über Danzig nach Schwedt mit hoher Priorität fortsetzen. Gleiches gilt für die Gespräche der Bundesregierung mit der kasachischen Regierung zum Bezug kasachischen Öls über die Druschba-Pipeline, mit dem Ziel, zusätzliche Mengen für die PCK zu sichern.
Sicherung von Arbeitsplätzen und Wertschöpfung in betroffenen Regionen
Die Bundesregierung sieht sich selbst, aber auch die Gesellschafter der PCK-Raffinerie in Schwedt in der Pflicht, die Beschäftigung mit geeigneten Maßnahmen zu sichern und durch Arbeitsausfall bedingte Kündigungen zu vermeiden. Sie beabsichtigt zudem für die Jahre 2023 und 2024 flankierende Lösungen zum Kurzarbeitergeld, um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der PCK-Raffinerie, deren Arbeitszeit sich im Zusammenhang mit dem EU-Embargo gegen Importe von russischem Erdöl verringert, zu unterstützen und wird in diesem Zusammenhang auch auf die Gesellschafter der PCK-Raffinerie zugehen.
750 Millionen Euro werden über das GRW-Sonderprogramm zur Verfügung gestellt.
Über diese Maßnahmen hinaus enthält das Zukunftspaket der Bundesregierung eine Reihe von weiteren Maßnahmen, die die Grundlagen für eine beschleunigte Transformation verbessern sollen. So werden für die Regionen, die zum Fördergebiet des GRW-Sonderprogramms gehören, 100 Millionen Euro zusätzliche Haushaltsmittel des Bundes bereitgestellt, um weitere Projekte in ausgewählten bereits bestehenden Förderprogrammen des Bundes durchzuführen beziehungsweise gestiegene Projektkosten auszugleichen. Die Bundesregierung wird zudem auf Basis einer Machbarkeitsstudie über eine zusätzliche Förderung der Nutzung und Weiterentwicklung vorhandener Raffinerie- und Transportinfrastrukturen (zum Beispiel Häfen) für die Produktion oder Weiterverarbeitung erneuerbarer strombasierter Kraftstoffe, insbesondere für den Luft- und Seeverkehr (SAF), entscheiden. Der Bund wird außerdem die Gründung einer Zweigstelle der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung (HNE) Eberswalde und den Aufbau von gründungsunterstützenden Strukturen für innovative Start-ups finanziell unterstützen. Und schließlich wird die bundeseigene Germany Trade & Invest (GTAI) gezielt nach passenden Greenfield-Investoren für die Regionen des GRW-Sonderprogramms suchen.
WEITERE INFORMATIONEN
Weitere Informationen zum Zukunftspaket und zur Treuhandverwaltung Rosneft Deutschland: www.bmwk.de/zukunftspaket
Kontakt:
Dr. Bastian Alm & Dr. Julian Adam,
Referat: Regionale Wirtschafts- und Strukturpolitik, Gemeinschaftsaufgabe (GRW), Gesamtdeutsches Fördersystem
Tanja Alemany,
Referat: Projektgruppe Öl
Yvonne Kaupert,
Referat: Garantien und Fremdkapital; volkswirtschaftliche Prüfung
Dr. Sebastian Duwe,
Referat: Büro Parlamentarischer Staatssekretär Kellner