Wortmeldung

Prof. Dr. Dr. Ulrike Malmendier
Mitglied des Sachverständigenrates

Die Verbraucherpreisinflation in Deutschland erreichte im Oktober 2022 mit 10,4 Prozent den höchsten Wert seit Anfang der 1950er-Jahre. Angesichts überlappender Krisen (Corona, Energie, Klima) ließe sich diese Entwicklung als nachrangig einordnen. Es hat sich jedoch noch nie ausgezahlt, die Inflation zu ignorieren. Hohe Inflationsraten dämpfen das Wirtschaftswachstum und können sich negativ auf den Arbeitsmarkt auswirken, auch weil sie die Finanzierungs- und Investitionsentscheidungen der Unternehmen nachteilig beeinflussen. Das schadet langfristig allen.

Haushalte sind durch die Inflation unterschiedlich stark belastet. Ärmere Haushalte müssen ihren Konsum besonders stark einschränken, weil sie einen größeren Anteil ihres Nettoeinkommens für Energie und Lebensmittel ausgeben. Deshalb sollten diese Haushalte möglichst zielgenau entlastet werden. Allerdings sollten die Anreize zum Energiesparen – also das Knappheitssignal hoher Energiepreise – erhalten bleiben.

Idealerweise würden direkte Transfers jene Haushalte entlasten, die von der hohen Inflation besonders stark betroffen sind und kaum über finanzielle Spielräume verfügen. Möglichst schnell sollte dazu ein Instrument geschaffen werden, das eine zielgenaue, einkommensabhängige Entlastung von Haushalten in Form von Einmalzahlungen unbürokratisch und schnell erlaubt.

Gleichzeitig sollte die nationale Fiskalpolitik die Bemühungen der EZB, die Inflation einzudämmen, unterstützen und nicht konterkarieren. Entlastungsmaßnahmen, die die verfügbaren Einkommen in der Breite erhöhen, steigern die Nachfrage und treiben die Inflation weiter an.

Würde zeitlich befristet der Spitzensteuersatz erhöht oder etwa ein Energie-Solidaritätszuschlag für Besserverdienende eingeführt, könnten die Entlastungsmaßnahmen teilweise gegenfinanziert werden. Dies würde die Schuldenaufnahme begrenzen und den inflationssteigernden Effekt der Entlastungen reduzieren.