3D Avatar; Quelle: fotolia.com/Sebastiano Fancellu

© fotolia.com/Sebastiano Fancellu

Wenn wir shoppen gehen und beispielsweise nach einer Jacke suchen, gibt es sie oft nur in vier verschiedenen Größen: von S bis XL. Doch jeder Mensch ist anders gebaut: Manche haben breite Schultern, andere ein Hohlkreuz, einige haben einen Bauchansatz und wieder andere sind groß und schlaksig. Trotz all dieser Unterschiede passt uns eine der Größen in der Regel aber ganz gut.

Veraltete Daten: ein Problem für Modehersteller

Damit das funktioniert, haben die Modehersteller bis in die 1990er Jahre mit "analogen" Durchschnittsmaßen gearbeitet. Diese Maße stammten aus sogenannten Reihenmessungen, bei denen sich in einem Land Tausende Freiwillige per Maßband vermessen ließen. Die so gewonnenen Körpermaße wurden in Tabellen ausgewertet, so dass die Modehersteller ihre Schnitte entsprechend anpassen konnten. Das führte jedoch immer wieder zu Schwierigkeiten: Zum einen sind solche Reihenmessungen extrem aufwendig und werden selten durchgeführt - die Daten aus vielen Ländern sind also veraltet. Zum anderen kann man anhand von einzelnen Körpermaßen nicht eindeutig den kompletten Körperbau ermitteln. Für Modehersteller, die durch den harten Wettbewerb immer schneller, besser und preiswerter produzieren müssen, ist das ein Problem: Allein mit Durchschnittsmaßen lassen sich Kleidungsstücke heute nicht mehr in optimaler Qualität und Passform anfertigen.

Die neueste Entwicklung: Körper in 3D

Seit Mitte der 1990er Jahre werden Reihenmessungen immer seltener von Hand mit einem Maßband durchgeführt. Stattdessen kommen nun digitale 3D-Bodyscanner zum Einsatz. Damit können die freiwilligen Teilnehmer einer Reihenmessung in wenigen Minuten dreidimensional erfasst werden. In Deutschland fand eine solche Reihenmessung 2007/2008 unter dem Namen "SizeGERMANY" statt. Über 13.000 Menschen zwischen 6 und 87 Jahren haben mitgemacht - ihre Daten sind natürlich anonym. Durchgeführt wurde die Messung zum einen von den Hohensteiner Instituten, einem unabhängigen Forschungs- und Dienstleistungszentrum für die Textil- und Bekleidungsindustrie, das seit über 50 Jahren Reihenmessungen in Deutschland durchführt. Zum anderen war die Human Solutions GmbH beteiligt, die mit ihren 3D-Bodyscannern Reihenmessungen mit insgesamt über 200.000 Menschen zum Beispiel in Frankreich, Schweden, Spanien und China ermöglicht hat.

AVANTI 3D: Avatare auf Knopfdruck

Für Human Solutions waren die digitalen Reihenmessungen in vielen Ländern aber nur der erste Schritt. Das Unternehmen wollte ein Verfahren entwickeln, um aus den dreidimensionalen Daten sogenannte Avatare zu generieren: künstliche Personen am Computerbildschirm, die einen "richtigen" Körper haben und wie ein "echtes" Model Kleidungsstücke zur Probe tragen können.

2011 präsentierte das Unternehmen die Software AVANTI 3D und das Datenportal iSize, in das die Maße von 3D-Bodyscans aus aller Welt einfließen. Damit können Modehersteller auf Knopfdruck Avatare erstellen - und dadurch Zeit und Kosten sparen. Das funktioniert beispielsweise so: Der Modedesigner entwirft am Computer eine neues Top für Teenager. Mit AVANTI 3D erstellt er nun einen Avatar mit der durchschnittlichen Körperform weiblicher Jugendlicher. Diesem Avatar kann er am Bildschirm das Top anziehen und schauen, ob es passt - und das alles ohne einen einzigen Nadelstich.

AVANTI 3D kann aber noch mehr: Es funktioniert auch mit den Daten, die noch aus alten Reihenmessungen stammen, bei denen per Hand und Maßband gearbeitet wurde. Auf Basis dieser Daten ermittelt die Software die wahrscheinlichste Körperform und stellt sie ebenfalls als Avatar dar, der einzelne Kleidungsstücke zur Probe anziehen kann. Damit können die Modehersteller ihre Kleidungsstücke passgenauer, preiswerter und schneller herstellen.

Überzeugende Innovation: Unternehmen auf Erfolgskurs

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie war von den vielfältigen Marktchancen und dem Nutzen der Avatare überzeugt und hat das Projekt mit dem Förderprogramm ZIM-Solo unterstützt. Die Ergebnisse aus dem Projekt hat Human Solutions in eine Reihe innovativer Lösungen einfließen lassen, um speziell Mode-, aber auch Autohersteller bei der Entwicklung passgenauer Produkte zu unterstützen.

Faktenübersicht:

Produkt: AVANTI 3D: Entwicklung von Methoden und Verfahren zur schnellen Generierung von Avataren auf der Basis von 3D-Bodyscans
Unternehmen: Human Solutions GmbH, Kaiserslautern
Markteinführung: 2011
Förderung: ZIM-Solo
Fördersumme: 140.000 Euro
Förderzeitraum: August 2009 bis Dezember 2010