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Voneinander lernen im Rahmen eines Verwaltungs­austausches, fundierte Expertise beratend hinzuzie­hen oder eine hilfreiche Studie durchführen: Das sind nur drei Beispiele für technische Hilfen, die das europäische Instrument für technische Unterstützung (Technical Sup­port Instrument – TSI) leistet. Das TSI unterstützt nationale Behörden bei der Umsetzung von institutionellen, adminis­trativen und strukturellen Reformen. Verwaltungen auf allen Ebenen – einschließlich der Länder und Regionen – sind gleichermaßen zur Antragstellung aufgerufen. Die ge­leistete Unterstützung kann sämtliche Phasen des Reform­prozesses abdecken: Bedarfsermittlung, Konzeption, Durchführung sowie Überwachung und Bewertung der Ergebnisse. Sie kann beispielsweise in Form von Strategie­ und Rechtsberatung, Studien, Schulungen, Datenerhebun­gen oder Expertenbesuchen vor Ort erfolgen.

Hoher Bedarf an Strukturreformen angesichts multipler Krisen

Angesichts multipler Krisen zeigt sich insbesondere ein höherer Bedarf an wachstumsfördernden Verwaltungs-­ und Strukturreformen. Dies lassen auch viele der aktuell geför­derten TSI­-Projekte erkennen, die beispielsweise der Klima­krise begegnen und die Covid­19­-Pandemie oder Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine adressieren. Das TSI unterstützt die EU­-Mitgliedstaaten vor Ort, sich von den sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen die­ser Krisen zu erholen, Probleme anzugehen, die Qualität öffentlicher Dienstleistungen zu verbessern sowie ein nach­haltiges und inklusives Wirtschaftswachstum zu fördern. Damit ist das TSI eine wertvolle Ergänzung der europäi­schen Struktur-­ und Investitionsfonds und trägt zur För­derung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts bei.

Beispiele für technische Unterstützung durch das TSI bzw. das Vorgängerprogramm in Deutschland

Bekämpfung von Waldbränden:
Der Freistaat Sachsen wird im laufenden Jahr 2023 eine TSI-Förderung für Aktivitäten zur Prävention und Bekämpfung von Waldbränden erhalten und hierfür vor allem mit tschechischen Behörden an gemeinsamen Lösungen arbeiten. Darüber hinaus setzt die Europäische Kommission zu diesem Thema im Rahmen von „TSI Wildfires“ wertvolle TSI-Aktivitäten insbesondere in Portugal fort.

Hochschulentwicklung und wissenschaftliche Weiter bildung
Das Land Brandenburg erhielt technische Unterstützung bei der Erarbeitung eines neuen Hochschulentwicklungsplans zur Deckung des Fachkräftebedarfs sowie bei der Klärung beihilferechtlicher Fragen im Rahmen der wissenschaftlichen Weiterbildung (Ausschreibungsrunde SRSP-2020).

Genommedizin
Durch das TSI wurde die Umsetzung der Nationalen Strategie für Genommedizin (genomDE) des Bundesministeriums für Gesundheit bei wichtigen Projektherausforderungen be-gleitet (Ausschreibungsrunde SRSP-2020).

Projekte für gemeinsame Herausforderungen

Technische Unterstützung wird auf Antrag der Mitglied­staaten in einer Vielzahl von Politikbereichen geleistet. Das können zum Beispiel Projekte sein, die zur Umsetzung von EU­-Recht notwendig sind. In Frage kommen etwa zudem Bereiche, die im Nationalen Reformprogramm oder in den Länderspezifischen Empfehlungen des Rates an die Mit­gliedstaaten genannt werden. Die Mitgliedstaaten können außerdem im Rahmen der Aufbau-­ und Resilienzfazilität Unterstützung bei der Ausarbeitung, Umsetzung und Über­arbeitung ihrer nationalen Aufbau­- und Resilienzpläne an­fordern.

Reformbereiche des TSI
Verwaltung der öffentlichen Finanzen, Steuerpolitik und Steuerverwaltung​
Governance, öffentliche Verwaltung und Rechtsstaatlichkeit
Geschäftsumfeld, Wachstum, Handel und Investitionen
Arbeitsmarkt, Bildung und soziale Dienste, einschließlich Migrationsmanagement und Integration
Gesundheit, Wohlfahrt und Kinderbetreuung
Grüne und digitale Politik
Finanzsektor und Zugang zu Finanzmitteln
Daten und Statistiken
Vorbereitung auf die Mitgliedschaft in der Eurozone
Öffentliche Gesundheit, Sicherheitsrisiken, Dienstkontinuität

Für die bevorstehende Ausschreibungsrunde TSI­-2024 wird die Europäische Kommission zudem zum dritten Mal vor­strukturierte Flagship-­Projekte festlegen. Hierbei handelt es sich um vorab definierte Vorzeigevorhaben, für die bereits in Teilen vorausgefüllte TSI­-Anträge zur Verfügung stehen. Dies soll die Antragstellung erleichtern, aber auch den Fo­kus auf Politikbereiche lenken, die die Europäische Kom­mission auf Basis bisheriger Erfahrungen oder aktueller politischer Entwicklungen als einen besonderen Schwer­punkt sieht.

In der Ausschreibungsrunde TSI­-2022 wurden fast 50 Pro­zent der Anträge im Rahmen dieser Flagship­-Projekte um­gesetzt. Für TSI­-2023 hatte die Europäische Kommission sechs thematische Schwerpunkte festgelegt: (i) Soziale und territoriale Kohäsion, (ii) digitale Transformation, (iii) Ge­sundheit und wirtschaftliche, soziale und institutionelle Resilienz, (iv) grüne Transformation, (v) Next Generation und (vi) intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachs­tum. Letztlich werden derzeit im Rahmen der Ausschrei­bungsrunde TSI­-2023 Projekte im Rahmen von 13 Flagships unterstützt, welche sich auf die thematischen Schwerpunk­te beziehen.

Für die Ausschreibungsrunde TSI­-2024 hat die Europäische Kommission vierzehn Vorschläge zirkuliert und zur Dis­kussion gestellt. Diese werden im Mai 2023 zur Eröffnung der neuen Antragsrunde veröffentlicht. Die Bundesregie­rung hat sich dabei unter anderem für die Fortsetzung des Flagships „Public Administration Cooperation Exchange“ (PACE) eingesetzt, welches in diesem Jahr erstmals umge­setzt wird.

PACE: EU-weiter Austausch öffentlicher Verwaltungen

Mit dem Flaggschiffprojekt PACE unterstützt das TSI den Austausch zwischen Mitarbeitenden der Behörden der EU-Mitgliedstaaten. Dabei zielt PACE auf die Verbesserung von Verwaltungskompetenzen durch Zusammenarbeit zwischen öffentlich Bediensteten (Public Sector Expertise). Diese In-itiative ist insbesondere an die nächste Generation politischer Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger gerichtet. Es bietet Gelegenheit, neue Arbeitsmethoden und die Kultur öffentlicher Verwaltung in anderen Mitgliedstaaten kennenzulernen. Der Austausch besteht aus bis zu drei Hospitationen von je ein bis drei Wochen. Im Jahr 2023 werden laut der Europäischen Kommission rund 300 Bedienstete innerhalb von rund 70 Austauschvorhaben zwischen 18 EU-Mitgliedstaaten unterstützt.

Weitere Informationen finden sich unter: www.eu/pace

864 Millionen Euro für technische Hilfen

Die EU stellt für das TSI im Mehrjährigen Finanzrahmen für 2021 bis 2027 insgesamt 864 Millionen Euro bereit. Das TSI setzt damit das bewährte Vorgängerprogramm zur Unterstützung von Strukturreformen SRSP (Structural Re­form Support Programme, Zeitraum: 2017 bis 2020, Budget: 222,8 Millionen Euro) fort. Das SRSP wurde damals auf­bauend auf den Erfahrungen mit den technischen Hilfen für Griechenland im Rahmen der Schuldenkrise entwickelt.

EU­-weit wurden laut der Europäischen Kommission durch das TSI und das Vorgängerprogramm SRSP seit dem Jahr 2017 bislang mehr als 1.500 Projekte unterstützt. In den vergangenen drei Jahren wurden 773 Projekte realisiert. Mit der gerade abgeschlossenen Ausschreibungsrunde TSI­-2023 werden im Laufe des Jahres 151 neue Projekte hinzukom­men.

Das TSI erfordert keine Kofinanzierung seitens der Mitglied­staaten. Es werden aber auch keine direkten Zahlungen an die Mitgliedstaaten geleistet. Denn grundsätzlich geht es nicht um Projektförderung, sondern vielmehr um Unter­stützungsleistungen bei der Umsetzung von Reformpro­jekten. Die geförderten Vorhaben haben den Charakter technischer Unterstützung durch die Europäische Kom­mission und/oder beauftragte Dritte (z. B. aus dem Privat­sektor, die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit, GIZ, oder internationale Organisationen). Nach Genehmi­gung eines TSI­-Antrags entscheidet die Europäische Kom­mission in Absprache mit der beantragenden Behörde über den jeweils passendsten Partner.

TSI unbürokratisch und bedarfsorientiert nutzen

Die Unterstützung durch das TSI ist bedarfsorientiert. Dies bedeutet, sie wird ausschließlich auf Antrag mindestens eines Mitgliedstaates geleistet und ist auf dessen Bedürf­nisse zugeschnitten. Mitgliedstaaten können für eigene TSI­-Projekte Anträge einreichen (Einzelantrag) oder sich an einem Mehrländerantrag beteiligen bzw. diesen initiie­ren. Insbesondere für grenznahe Regionen können sich TSI­-Beteiligungen aufgrund der geografischen Lage und gemeinsamer grenzüberschreitender Fragestellungen und Herausforderungen lohnen. Aber auch im Rahmen von Städtepartnerschaften können gemeinsame Projekte ent­stehen. Mehrländervorhaben werden zunehmend nach­gefragt und machen laut der Europäischen Kommission 2023 rund 28 Prozent aller TSI-­Vorhaben aus (33 Projekte zwischen Mitgliedstaaten und zehn zwischen Regionen).

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TSI in Deutschland

Durch das SRSP und das TSI wurden bis heute 28 deutsche Projekte mit folgenden politischen Schwerpunkten unter­stützt (siehe Grafik unten).
Für dieses Jahr wurden circa 60 Prozent der von Deutsch­land eingereichten Anträge durch die Europäische Kom­mission bewilligt. Das TSI wird elf deutsche Vorhaben im Umfang von rund einer Million Euro finanzieren:

  • Das Bundesministerium der Finanzen wird zur Stär­kung des Rahmens für die Ausgabenüberprüfung (Spen­ding Review) durch eine Ist­-Analyse unterstützt.
  • Der Freistaat Sachsen wird vor allem mit der Tschechi­schen Republik gemeinsam an Maßnahmen zur Ver­meidung von Waldbränden arbeiten.
  • Es werden neun deutsche Verwaltungsstellen an dem Vorzeigevorhaben zur Förderung des Austausches öf­fentlicher Verwaltungen (PACE, s. Kasten) teilnehmen.

Darüber hinaus wird die Hansestadt Hamburg Unterstüt­zung bei der Digitalisierung der Hafensicherheit erhalten – im Rahmen eines durch Belgien eingereichten Mehrländer­antrags für ein gemeinsames Projekt der Häfen Hamburg, Antwerpen-­Brügge und Rotterdam.

Nationale Koordinierungsstellen

Für TSI wurden in allen Mitgliedstaaten Koordinierungs­stellen eingerichtet. Zuständig für TSI in Deutschland ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Von dort werden nicht nur Anträge für deutsche TSI­-Projekte betreut, sondern auch Anträge anderer Mit­gliedstaaten, für die eine Zusammenarbeit mit der deut­schen Verwaltung gewünscht wird. Ebenso kann das BMWK dabei unterstützen, geeignete Partner in anderen Mitglied­staaten über das EU­-weite Netzwerk der koordinierenden Stellen zu identifizieren und mit diesen einen gemeinsamen Mehrländerantrag vorzubereiten.

Das BMWK koordiniert den Bewerbungsprozess und unter­stützt deutsche Behörden bei der Antragseinreichung. Hier­für werden Informationen für das laufende Ausschreibungs­jahr zur Verfügung gestellt. Das BMWK und die Europäische Kommission laden außerdem regelmäßig zu Informations­veranstaltungen ein.

Bewerbungsrunde für 2024 endet am 31. Oktober 2023

Die neue Ausschreibungsrunde für TSI­-2024 wird am 15. Mai 2023 eröffnet und endet am 31. Oktober 2023. Bis dahin müssen Anträge über das BMWK als nationale Koordinierungsstelle bei der Europäischen Kommission eingereicht werden.

Die Europäische Kommission entscheidet über die Aus­wahl der zu finanzierenden Projekte in einem internen Prozess auf Basis der Qualität der eingereichten Anträge. Dabei spielen insbesondere die Dringlichkeit des Reform­bedarfs, der Reifegrad des Vorhabens sowie die Plausibili­tät der Angaben eine Rolle. Die TSI­-Verordnung sieht weder einen länderspezifischen Anteil noch einen ander­weitigen Verteilerschlüssel vor. Für das TSI­-2024 erfolg­reich eingereichte Anträge werden im Laufe des Jahres 2024 umgesetzt.

KONTAKT & MEHR ZUM THEMA

Kathrin Lettgen (Nationale Koordinierungsstelle für TSI)
Referat: Aspekte der EU-Wirtschafts- und Finanzpolitik, Europäische Investitionsbank, Mehrjähriger Finanzrahmen, Bund-Länder

TSI@bmwk.bund.de

schlaglichter@bmwk.bund.de

TSI-Verordnung: www.eu/tsi-verordnung

Informationen der EU-Kommission zum TSI: www.eu-kommission/tsi

Antragsformulare: www.eu-kommission/tsi-anträge