Titelbild Außenhandel breiter aufstellen

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Deutschlands Handels- und Lieferbeziehungen stärker zu diversifizieren ist ein zentrales Ziel der Außenwirtschaftspolitik der Bundesregierung. Schon die Corona-Pandemie hat die Fragilität globaler Lieferketten und die Abhängigkeit Deutschlands von einzelnen Handelspartnern verdeutlicht. Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und die zwischenzeitliche Gefährdung der Energieversorgungssicherheit in Deutschland haben schonungslos offengelegt, dass starke wirtschaftliche Abhängigkeiten von autokratisch regierten Ländern im Konfliktfall erhebliche Risiken für die geopolitische und ökonomische Handlungsfähigkeit Deutschlands bergen können.

Die Bundesregierung betont daher in ihrer Nationalen Sicherheitsstrategie vom 14. Juni 2023 die Notwendigkeit, einseitige Abhängigkeiten in Schlüsselbereichen der deutschen Wirtschaft so weit wie möglich zu reduzieren und der Entstehung neuer Abhängigkeiten vorzubeugen. Deutschlands globale Wertschöpfungsketten durch eine breitere Risikostreuung langfristig abzusichern ist Ziel der Diversifizierung.

Die Unternehmen können bei der Diversifizierung der Handels- und Lieferbeziehungen auf die Unterstützung des Staates zählen, der die Diversifizierungsbemühungen der Unternehmen durch kluge Politik flankieren und die richtigen Rahmenbedingungen und Anreize zur Reduzierung von Abhängigkeiten setzen kann. So sehen die Nationale Sicherheitsstrategie und auch die China-Strategie der Bundesregierung vom 13. Juli 2023 unter anderem in einer regelgebundenen multilateralen Wirtschaftsordnung, einer ambitionierten EU-Freihandelsagenda, der Stärkung des EU-Binnenmarktes und der Erschließung neuer Rohstoffquellen wichtige Beiträge zur Diversifizierung. Beide Strategien betonen in diesem Kontext aber auch explizit die Bedeutung der Außenwirtschaftsförderung.

Instrumente der Außenwirtschaftsförderung unterstützen Diversifizierung

Deutschland ist weltweit drittgrößter Warenexporteur hinter China und den USA. Damit ist die deutsche Exportwirtschaft für den Wirtschaftsstandort von zentraler Bedeutung. Gut ein Viertel der Arbeitsplätze hängt direkt oder indirekt vom Export ab, im Verarbeitenden Gewerbe sogar mehr als die Hälfte (Quelle: BMWK, Fakten zum deutschen Außenhandel, 2023). Daher verfügt die Bundesregierung – und allen voran das BMWK – im Bereich der Außenwirtschaftspolitik über ein breites Förderinstrumentarium, das exportorientierte deutsche Unternehmen dabei unterstützt, ausländische Märkte zu erschließen und zu sichern.

Zu den bewährten Instrumenten der Außenwirtschaftsförderung zählen unter anderem die staatlichen Garantieinstrumente (Investitions- und Exportkreditgarantien sowie Garantien für Ungebundene Finanzkredite), das Markterschließungsprogramm, die Exportinitiativen der Bundesregierung, das Auslandsmesseprogramm, das Wirtschaftsnetzwerk Afrika, das Programm für internationale Unternehmenskooperation Partnering in Business with Germany sowie, last but not least, das durch den Bund mitfinanzierte weit verzweigte Netz der deutschen Auslandshandelskammern sowie die GTAI als zentrale Außenwirtschaftsagentur des Bundes.

Ziel des BMWK ist es, alle diese Instrumente noch stärker auf neue Märkte auszurichten und die Unternehmen dadurch bei ihren Diversifizierungsbemühungen zu unterstützen. Diversifizierung ist ein wichtiger Treiber der Reform des außenwirtschaftlichen Förderinstrumentariums. Dies soll beispielhaft anhand von zwei Instrumenten des BMWK verdeutlicht werden.

1. Beispiel: Investitionsgarantien – Neue Diversifizierungsstrategie in Kraft

Die Bundesregierung bietet seit Mitte Oktober 2023 vergünstigte Konditionen für die Übernahme von Investitionsgarantien in ausgewählten Diversifizierungszielen, worunter sowohl einzelne Länder als auch Gruppen von Ländern wie der Westbalkan und Mitglieder der Compact-with-Africa-Initiative fallen (siehe Abbildung 1). Die Anreize kommen dabei differenziert nach der jeweiligen OECD-Länderrisikokategorie zur Anwendung. Anreize und Zielländer werden nach fünf Jahren – im Herbst 2028 – überprüft.

Folgende Anreize gelten bei Projekten in den ausgewählten Ländern:

  • Erlass der Antragsgebühr
  • reduzierter Selbstbehalt im Schadensfall (2,5 % statt 5 %)
  • um 10 % ermäßigtes jährliches Garantieentgelt (Länder der OECD-Länderrisikokategorie 1–5)

Die Vergünstigungen gelten für eine geografisch ausgewogene Anzahl von Investitionszielen, die gute Voraussetzungen für deutsche Unternehmen bieten, aber bisher weniger im Fokus der Wirtschaft standen und im Portfolio der Investitionsgarantien eine untergeordnete Rolle spielen. Vor diesem Hintergrund wurden Länder ausgewählt, die unter Berücksichtigung wirtschaftlicher und außenpolitischer Kriterien als Partner der deutschen Außenwirtschaft, als Transformationspartner, als außenpolitische Partner in einer regelbasierten globalen Ordnung oder als aufstrebende Wirtschaftspartner besonders hervortraten.

Abbildung 1: Zielländer mit Diversifizierungsanreizen bei den Investitionsgarantien Bild vergrößern

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Garantievoraussetzungen

Darüber hinaus gelten für eine Deckungsübernahme unverändert die grundlegenden Garantievoraussetzungen, d.h. es herrscht keine Deckungssperre für das Land, es besteht eine belastbare Rechtsschutzgrundlage, das Projekt ist nach den Kriterien der Investitionsgarantien förderungswürdig und die risikomäßige Vertretbarkeit für eine Garantieübernahme ist gewährleistet. Zudem ist die für das jeweilige Land zuletzt gültige Beschlusslage zu berücksichtigen.

Zusammenspiel der Klimastrategie und der Diversifizierungsstrategie

Die Diversifizierungsstrategie geht Hand in Hand mit der am 1. November 2023 in Kraft getretenen Klimastrategie für die Garantieinstrumente des Bundes. Eine Kumulierung der Anreize ist möglich, wobei das jährliche Garantieentgelt auf bis zu 0,4 Prozent reduziert werden kann. So gibt es für Investitionen in Erneuerbare Energien, Transformationstechnologien und klimafreundliche Vorzeigeprojekte in den durch die Diversifizierungsstrategie begünstigten Ländern besonders attraktive Konditionen.

Was sind Investitionsgarantien?

Mit Hilfe von Investitionsgarantien können deutsche Unternehmen ihre Direktinvestitionen in Entwicklungs- und Schwellenländern wirksam gegen politische Risiken absichern. Investitionsgarantien bieten langfristig Schutz, indem die Bundesregierung durch aktives Krisenmanagement den Eintritt von Schäden verhindert oder im Falle eines Schadens für die eingetretenen Verluste eine Entschädigung zahlt. Darüber hinaus stellen die Garantien eine werthaltige Sicherheit für Kapitalgeberinnen und -geber dar. Voraussetzung für eine Garantieübernahme ist ein ausreichender Rechtsschutz für die Investition im Anlageland. Das ist grundsätzlich dann der Fall, wenn zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Anlageland ein Investitionsförderungs- und -schutzvertrag besteht oder die EU und ihre Mitgliedstaaten mit dem Land ein Investitionsschutzabkommen geschlossen haben. In Ausnahmefällen kann auch durch die innerstaatliche Rechtsordnung des Anlagelandes ein hinreichender Rechtsschutz gegeben sein, falls diese deutsche Investitionen ausreichend schützt. Außerdem muss das Vorhaben sowohl auf das Anlageland als auch auf Deutschland positive Auswirkungen haben und insgesamt als förderungswürdig eingestuft werden. Wesentlich sind dabei insbesondere die umweltbezogenen, sozialen und menschenrechtlichen Risiken des Vorhabens, die Beschäftigungswirkung im Anlageland und der Beitrag des Projekts zur Sicherung der Beschäftigung in Deutschland. Derzeit bestehen weltweit über 600 Garantien in 56 Ländern.

Risiko streuen

Als Teil der Diversifizierungsstrategie greift auch eine moderate, aber zielgenaue Verschärfung der Deckungskonditionen für Staaten, in denen es zu einer übermäßigen Konzentration an abgesicherten Projekten gekommen ist: In Ländern mit einem Anteil von mehr als 20 Prozent am gesamten Deckungsvolumen der Investitionsgarantien wurde das jährliche Garantieentgelt von bisher im Regelfall 0,50 Prozent auf 0,55 Prozent des abgesicherten Investitionsvolumens erhöht.

Zusätzlich wurde eine Absicherungsgrenze von maximal drei Milliarden Euro pro Konzern und Zielstaat eingeführt (so genannter Deckungsplafond). Ausnahmen sind nur in bestimmten, eng begrenzten Fällen möglich, sofern ein besonderes strategisches Interesse Deutschlands vorliegt.

2. Beispiel: Auslandsmesseprogramm – Diversifizierung als zentrales Reformziel

Als Instrument der Außenwirtschaftsförderung unterstützt das Auslandmesseprogramm (AMP) das Exportmarketing deutscher Unternehmen in fremden Ländern, die dort ihre Produkte und Dienstleistungen auf dem so genannten Gemeinschaftsstand präsentieren. Gleichzeitig betreibt das AMP über den deutschen Messeauftritt auch Marketing für den Wirtschaftsstandort Deutschland – als Investitions- oder Produktionsstandort sowie als Standort für Start-ups.

Wie profitieren teilnehmende Unternehmen vom Auslandsmesseprogramm?

  • Günstige Preise bei der Teilnahme an einem deutschen Gemeinschaftsstand
  • Organisatorische Unterstützung durch eine deutschsprachige Organisation, die sich als „One-Stop-Shop“ um sämtliche relevante Fragen von der Anmeldung über den Standbau bis zur Abrechnung kümmert
  • Größere Sichtbarkeit auf einem Gemeinschaftsstand unter der bekannten Dachmarke „made in Germany
  • Messespezifische Begleitmaßnahmen (Online-Marketing, Empfänge, Catering, Dolmetscher usw.)

Für 2024 sind im AMP Beteiligungen an über 220 Messen in mehr als 40 Ländern weltweit und viele Branchen betreffend vorgesehen. Die wichtigsten AMP-Zielmärkte bilden Nordamerika (31), Europa einschließlich der Türkei (28) und die ASEAN-Staaten (27), aber auch auf Afrika entfallen 23 Beteiligungen. Mit 22 geplanten Beteiligungen ist Dubai (Vereinigte Arabische Emirate) der Messestandort mit den meisten Einzelbeteiligungen im AMP 2024.

Das Ziel: Diversifizierung durch Erschließung neuer Märkte

Anfang 2023 wurde ein Reformprogramm für das AMP initiiert. Eine der Zielsetzungen ist es, die deutsche Exportwirtschaft stärker bei der Erschließung neuer Märkte zu unterstützen. Dabei geht es beispielsweise um die Heranführung neuer Branchen und Industriezweige an den Export, um die gezielte Unterstützung kleiner und junger Unternehmen bei ihren Exportaktivitäten, um die Vermarktung neuer technologischer Entwicklungen made in Germany, um die Anbahnung neuer Kooperationen oder die Identifizierung neuer Absatzmärkte. Wachstums- und Zukunftsmärkte sollen also stärker in den Fokus des AMP genommen werden, um so einem wesentlichen Anliegen der Außenwirtschaftspolitik des BMWK zu entsprechen.

Der Weg: Einbeziehung neuer Akteure

Ein zentraler Aspekt bei der Zielerreichung ist die Verbesserung der Partizipationsmöglichkeiten durch Einbeziehung neuer Akteure in die Programmaufstellung. Traditionell unterbreiten etwa 50 antragstellende Verbände im Arbeitskreis Auslandsmessen ihre Vorschläge, die vom Aussteller- und Messeverband (AUMA) messefachlich geprüft werden. Das stellte – und stellt weiterhin – den Hauptteil der Messen im AMP dar, weil Verbände die Wünsche ihrer Mitgliedsunternehmen kennen und so eine große Nachfrage nach den angebotenen Messebeteiligungen sichergestellt werden sollte. Um die Erkenntnisbasis über neue Märkte und Messen zu verbreitern, werden ergänzend zu den Verbänden nun auch bisher weniger gefragte Wissensträger in die Programmaufstellung einbezogen. Cluster und Brancheninitiativen beteiligen sich daran ebenso wie die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Auslandshandelskammern, GTAI und Außenwirtschaftsfördergesellschaften der Bundesländer sowie regionale und kommunale Wirtschaftsnetzwerke. Im Ergebnis steht den teilnahmeinteressierten Unternehmen eine große Bandbreite an Fachmessen weltweit zur Verfügung. Erstmals werden zum Beispiel Beteiligungen in den Branchen „Virtuelle Realität“ oder „3D-Druck“ angeboten. Zusätzliche Angebote bestehen in den Bereichen Windkraft und Bergbau.

Veränderte Rahmenbedingungen für Außenwirtschaftsförderung

Die aktuellen Reformen der Investitionsgarantien und des Auslandsmesseprogramms machen exemplarisch deutlich, dass die Diversifizierung als wirtschafts- und sicherheitspolitisches Ziel der Bundesregierung auch im Rahmen der Fortentwicklung von Instrumenten der Außenwirtschaftsförderung mehr und mehr an Bedeutung gewinnt. Befördert durch die geopolitischen und -ökonomischen Umwälzungen der jüngsten Vergangenheit ist die Diversifizierung in kürzester Zeit zu einem Eckpfeiler der Reform der Außenwirtschaftsförderung geworden. Diese Entwicklung ist Ausdruck politischer Notwendigkeiten und entspricht dem Petitum der Nationalen Sicherheitsstrategie, dass die Bundesregierung „im Rahmen der Außenwirtschaftsförderung mit klaren Maßstäben Diversifizierung fördern und auf Risikostreuung achten“ wird.

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