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Der Gebäudebereich ist ein zentraler Schauplatz auf dem Weg zur Klimaneutralität bis zum Jahr 2045. Das liegt zum einen an der reinen Größe des Sektors: Mehr als ein Drittel des gesamten Energiebedarfs in Deutschland wird zum Heizen unserer Gebäude und zur Versorgung mit Warmwasser verbraucht. Über 80 Prozent der Wärmenachfrage wird noch durch die Verbrennung von fossilen Energieträgern gedeckt. Zum anderen ist der Ausstieg aus der Nutzung klimaschädlicher, fossiler Energieträger eine große Herausforderung wegen der langen Investitionszyklen: Eine Heizung wird nur alle paar Jahrzehnte ausgetauscht, ein Haus kann hunderte Jahre alt werden. Mit Blick auf die im Klimaschutzgesetz festgelegten CO2-Einsparziele hat der Gebäudesektor Nachholbedarf. Nach mangelnden Fortschritten in den vergangenen Jahren wurden die CO2-Minderungs-Vorgaben für die vergangenen beiden Jahre deutlich verfehlt. So lagen die Emissionen 2022 bei 113 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten und damit fünf Millionen Tonnen über dem Sektorziel des Gebäudebereichs (Agora Energiewende, 2023).

Auch über Klimaschutzaspekte hinaus ist eine schnelle und tiefgreifende Veränderung im Gebäudebereich notwendig: Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat die große Bedeutung von Energiesouveränität deutlich hervorgehoben. Mehr Unabhängigkeit von fossilen Energieimporten ist daher politisch dringend geboten. Tatsächlich wird zurzeit noch jede zweite Heizung in Deutschland mit Gas betrieben und allein Raumwärme und Warmwasser in Haushalten verursachen knapp 30 Prozent des gesamten Erdgasverbrauchs. Entsprechend stark wurden Haushalte, die Gas verwenden, von den Preisschocks des vergangenen Jahres getroffen. Erdgas-Neuverträge für Privatkunden und -kundinnen waren zum Höhepunkt der Preisentwicklung im Herbst 2022 sieben Mal teurer als noch ein Jahr zuvor. Im selben Zeitraum wurde Strom, der zunehmend aus erneuerbaren Quellen stammt, für Neukundinnen und Neukunden „nur“ um den Faktor 2,5 teurer und dies vor allem, weil Gas noch häufig die Stromspitzen abdeckt und in diesen Zeiten preissetzend am Strommarkt ist. Durch den geplanten starken Ausbau von Photovoltaik- und Windenergieanlagen zur Stromerzeugung dürfte teures Gas mittel- bis langfristig immer seltener im Strommarkt zum Einsatz kommen.

Wärmewende beschleunigen

Die Energiewende im Wärmebereich ist deshalb entscheidend. Ein ambitionierter und verbindlicher Weg zur Klimaneutralität im Gebäudesektor kann gleichzeitig zu langfristiger Versorgungssicherheit und stabilen Preisen beitragen. Durch mehr Energieeffizienz und den Umstieg aufs Heizen mit erneuerbaren Energien bringt die Bundesregierung nun diese Wende voran. Der Verbrauch fossiler Energien im Gebäudesektor und die damit verbundenen Emissionen sinken schrittweise, jedoch relativ langsam. Sanken die CO2-Emissionen im letzten Jahrzehnt noch um 1,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr, muss diese Reduktion bis 2030 im Schnitt bei 5,1 Mio. Tonnen liegen, um die Klimaschutzziele zu erreichen – also drei Mal höher (ERK, 2022).

Die Gründe für das langsame Tempo sind vielfältig. Dazu gehören zu wenige Sanierungen mit teilweise zu geringen Sanierungstiefen und der zu langsame Umstieg auf klimafreundliche Heizungstechnologien. Hinzu kommen ein geändertes Nutzungsverhalten und ein zunehmender durchschnittlicher Flächenverbrauch pro Kopf. So ist in den letzten 30 Jahren die durchschnittliche Wohnfläche von 35 auf knapp 48 pro Person gestiegen.

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Energieeinsparung fördern

So vielfältig wie die Herausforderungen sind auch die Lösungsansätze, auf die das BMWK für die beschleunigte Transformation des Gebäudesektors aufbaut. Hierfür stehen zwei zentrale Hebel zur Verfügung: Effizienz und erneuerbare Energien.

Getreu dem Motto „Die beste Kilowattstunde ist jene, die gar nicht erzeugt werden muss“, gilt es, den Verbrauch zu senken und die Energieeffizienz zu steigern. Hier sind wir alle gefordert. Dementsprechend wurde mit der letzten Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) der Neubaustandard zu Beginn dieses Jahres auf das Effizienzhaus (EH) 55 angehoben. Eine weitere ambitionierte Erhöhung der Anforderungen ist zum 1. Januar 2025 geplant, um dauerhafte Energieeinsparung sicherzustellen.

Neben diesem wichtigen gesetzlichen Schritt wurden Förderprogramme angepasst, damit sie den erhöhten Klimaschutzanforderungen und der benötigten Transformationsgeschwindigkeit gerecht werden. Damit steht jetzt die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden im Zentrum der Förderung, denn die Ziele im Gebäudebereich sollen möglichst kosten- und ressourceneffizient erreicht werden. Zusätzlich zum Bonus für die Sanierung der energetisch schlechtesten Gebäude (sog. Worst Performing Buildings) von 10 Prozent wurde ein weiterer Bonus von 15 Prozent für das Serielle Sanieren in der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) eingeführt. Das Serielle Sanieren ist eine Methode, welche digitalisierte Bauprozesse mit seriell vorgefertigten Elementen vereint, wie bei Fertighäusern. Dank der industriellen Vorfertigung können Gebäude deutlich schneller, mit weniger Fachkräften vor Ort und perspektivisch kostengünstiger auf einen klimagerechten Standard gebracht werden.

Exkurs Wärmepumpe
Die Wärmepumpe ist eine der zentralen Technologien für eine klimaneutrale Erzeugung von Wärme und Warmwasser. Ihr größter Vorteil: Sie produziert Wärme, indem sie der Umwelt frei verfügbare und deshalb erneuerbare Wärme entzieht, zum Beispiel aus der Außenluft, dem Grundwasser oder dem Erdreich. Dafür muss lediglich ein kleinerer Teil an Energie für die Kompression eines Kältemittels aufgewendet werden, das als Wärmeträger dient. Hierfür nutzt die Wärmepumpe Strom, der zunehmend auf Basis erneuerbarer Energien erzeugt wird.
Das Verhältnis des aufgewendeten Stroms zur insgesamt erzeugten Wärme über ein Jahr wird als Jahresarbeitszahl (JAZ) bezeichnet. Eine Wärmepumpe mit einer JAZ von vier erzeugt beispielsweise vier Kilowattstunden Wärme pro eingesetzter Kilowattstunde Strom. Die Jahresarbeitszahlen von Wärmepumpen steigen dabei mit der technologischen Entwicklung. Schon heute arbeiten Wärmepumpen deutlich effizienter als noch vor einigen Jahren. Neben immer besseren Geräten wird dabei auch der Zeit- und Kostenaufwand für Installationen durch Plug-and-Play-Lösungen geringer. Der von den Herstellern avisierte Hochlauf von industriellen Fertigungskapazitäten lässt eine weitere Kostendegression erwarten.

Bürokratieabbau für die Transformation: Praxis-Check Wärmepumpen
Wer eine Wärmepumpe einbauen möchte, darf nicht durch bürokratische Hemmnisse in seinem Vorhaben behindert werden. Daher werden wir gemeinsam mit verschiedenen Akteuren aus der Praxis den Prozess von der Planung über den Einbau bis zum Betrieb von Wärmepumpen systematisch in den Blick nehmen, bürokratische Hemmnisse identifizieren und entsprechende Lösungsansätze formulieren.

Sind Ihnen konkrete bürokratische Hemmnisse dazu bekannt?
Dann schicken Sie Ihre Hinweise gerne an:
buero-VIID5@bmwk.bund.de
Referat: Bürokratieabbau und Bessere Rechtsetzung

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Umstieg auf Heizen mit Erneuerbaren

Auch der Anteil erneuerbarer Energien an der Wärmeerzeugung muss maßgeblich erhöht werden. Bis zuletzt war weniger als ein Drittel aller pro Jahr verbauten Wärmeerzeuger mit Erneuerbaren betrieben, obwohl es seit Langem Informationsangebote und Fördermittel dafür gibt. In der für 2023 geplanten GEG-Novelle will das BMWK deshalb den Umstieg auf das Heizen mit erneuerbaren Energien verbindlich regeln: Ab dem 1. Januar 2024 soll jede neu eingebaute Heizung in Neubauten und Bestandsgebäuden mindestens 65 Prozent erneuerbare Energie nutzen. Bereits eingebaute Heizungen dürfen in Betrieb bleiben.

Die Vorgabe zum Heizen mit Erneuerbaren leitet den schrittweisen Abschied von rein fossil betriebenen Heizkesseln ein. Beim Einbau neuer Heizungen soll es eine breite Palette an zulässigen Möglichkeiten geben.

Dazu gehören

  • Wärmenetzanschluss (Anschluss an die Fernwärme)

  • Wärmepumpe mit den Wärmequellen Luft, Erdreich, Wasser oder Abwärme

  • Stromdirektheizungen (in besonders effizienten Gebäuden)

  • Biomasseheizungen (u.a. betrieben mit nachhaltig produzierten Pellets, Holz oder Flüssigbrennstoffen)

  • Gasheizungen, die grüne Gase nutzen

  • Hybridheizungen, bei denen eine Wärmepumpe die Grundlast abdeckt und eine fossile Heizung nur an besonders kalten Tagen anspringt

Optionen mit Planungssicherheit

Wärmepumpen und Fernwärme gelten unter den Optionen als robusteste Lösungen für eine klimaneutrale Wärmeversorgung mit Blick auf das Zieljahr 2045. Andere Technologiepfade, die auf noch nicht vorhandene Infrastrukturen oder die teilweise Weiternutzung fossiler Energieträger setzen, bringen größere Unsicherheiten mit sich. Welche Brennstoffmengen wann zu welchem Preis lieferbar sein werden, ist beispielsweise bei der Nutzung von Wasserstoff und anderen grünen Gasen ungewiss. Biomasse wird besonders unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten ein knappes Gut sein, zu dessen Angebots- und Nachfrageentwicklung keine verlässlichen Aussagen getroffen werden können. Angesichts der begrenzten Verfügbarkeit sollte Biomasse daher nur in Fällen zum Einsatz kommen, in denen andere Optionen nicht möglich sind.

Die Vorgabe zum Heizen mit erneuerbaren Energien ergänzt den bisherigen Instrumentenkasten für den Klimaschutz im Gebäudebereich. Deshalb wurde das Konzept für die neue gesetzliche Regelung schon im Sommer 2022 vorgestellt. So konnten Akteure aus der Politik, den betroffenen Branchen, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft Stellung nehmen und zusätzliche Aspekte einbringen. Das ist wichtig, denn die Vorgabe zum Heizen mit Erneuerbaren ist die zentrale Weichenstellung für einen klimaneutralen Gebäudebestand. Sie schreibt den Pfad zum Umstieg auf erneuerbare Energien in der Wärmeversorgung fest und gibt damit Planungs- und Investitionssicherheit.

Die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes wird aktuell vom BMWK gemeinsam mit dem BMWSB vorangetrieben und soll bereits im März 2023 vom Kabinett beschlossen werden. Wenn die neuen Regeln dann im Januar 2024 in Kraft treten, haben Betroffene ausreichend Zeit für die Umstellung. Denn die neuen Vorgaben greifen erst bei einem Heizungsaustausch. So ist genügend Zeit, sich auf den Umstieg auf das Heizen mit Erneuerbaren einzustellen und die nächsten Schritte zum klimaneutralen Gebäude zu planen.

Nächster Schritt: Effizienzstandards

Es bleibt eine anspruchsvolle Aufgabe, die Klimaziele im Gebäudesektor zu erreichen sowie mehr Energiesouveränität, langfristige Versorgungssicherheit und Preisstabilität zu gewährleisten. Sie kann nur gelingen, wenn erneuerbare Energien und Energieeffizienz zusammengedacht werden.

Analog zur Erneuerbaren-Vorgabe für Heizungen werden deshalb weitere Regelungen zur Energieeffizienz folgen. Im nächsten Schritt stehen hier Mindestenergiestandards für Gebäude an (Minimum Energy Performance Standards – kurz MEPS). Diese werden dazu führen, dass mehr Gebäude saniert werden und künftig weniger Energie verbrauchen. Die Ausgestaltung der MEPS wird zurzeit im Rahmen der Novelle der Gebäudeenergierichtlinie EPBD EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden in der EU verhandelt. Die Bundesregierung setzt sich dabei in Brüssel für ambitionierte Vorgaben ein. Sobald der europäische Rahmen steht, geht es an die Umsetzung auf nationaler Ebene. Beginnend mit den Gebäuden mit der geringsten Energieeffizienz soll sich der energetische Zustand der Gebäude deutlich und planbar verbessern.

Wärmewende weiterdenken

Auch das Umfeld der Gebäude spielt eine wesentliche Rolle, wenn es um kostengünstige, effiziente und klimafreundliche Lösungen geht. Wärmequellen und -verbrauch intelligent zu verknüpfen wird umso leichter, je früher eine verlässliche kommunale Wärmeplanung vorhanden ist. Dafür will das BMWK in gemeinsamer Federführung mit dem BMWSB in diesem Jahr ein Gesetz für Wärmeplanung auf den Weg bringen und so Sicherheit und Planbarkeit im Hinblick auf den Wärmenetzausbau und andere Arten der Wärmeversorgung schaffen.

Vorgaben für erneuerbare Energien, Effizienzstandards und kommunale Wärmepläne bilden gemeinsam ein stabiles Gerüst für die Wärmewende auf lokaler und nationaler Ebene. Auch die CO2-Bepreisung für fossile Brennstoffe kann dazu beitragen. So können die Personen vor Ort die jeweils beste und wirtschaftlichste Entscheidung treffen, damit die Wärmeversorgung in Deutschland bis spätestens 2045 klimaneutral ist.

KONTAKT & MEHR ZUM THEMA

Daniel Kluge, Dr. Nina Schubert
Referat: Zielgruppenbezogene Gebäudestrategien

schlaglichter@bmwk.bund.de

Literaturverzeichnis:

Agora Energiewende (2023): Die Energiewende in Deutschland: Stand der Dinge 2022. Rückblick auf die wesentlichen Entwicklungen sowie Ausblick auf 2023.

Expertenrat für Klimafragen (ERK, Hrsg., 2022): Zweijahresgutachten 2022. Gutachten zu bisherigen Entwicklungen der Treibhausgasemissionen, Trends der Jahresemissionsmengen und Wirksamkeit von Maßnahmen (gemäß § 12 Abs. 4 Bundes-Klimaschutzgesetz).