Wärmepumpe neben dem Haus

Die Energieforschung hat bereits wichtige Innovationen hervorgebracht, die Deutschland unabhängiger von fossilen Brennstoffen und nachhaltiger machen sollen. Mit einer neuen Schwerpunktsetzung im Forschungsbereich der klimaneutralen Wärme und Kälte sowie einem entsprechenden Förderaufruf will das BMWK die Wärmeforschung nun weiter stärken und ihre Ergebnisse schneller in die Anwendung bringen. Dies ist neben der Notwendigkeit einer beschleunigten Energiewende auch mit Blick auf neue Herausforderungen bei der Versorgungssicherheit und der Bezahlbarkeit von Energie geboten.

Neue Schwerpunktsetzung in der Energieforschung

Im Sommer surrt die Klimaanlage, im Winter klopft die Heizung: Beim Wärme- und Kälteverbrauch denken wir oft an unsere Wohnung oder eine warme Dusche – seltener an den Wärmebedarf von Handel, Gewerbe oder Industrie. Doch alle brauchen Wärme, sie macht 58 Prozent des deutschen Energieverbrauchs aus. Etwa die Hälfte entfällt dabei auf die sogenannte Raumwärme. Prozesswärme, welche vor allem die Industrie benötigt, macht etwas über ein Drittel des Wärmebedarfs aus. Der Rest entfällt auf Warmwasser und Kälte. Erneuerbare Energien bedienen dabei nur 16,5 Prozent dieses Energieverbrauchs (siehe AGEE-Stat). Der weitaus überwiegende Teil erneuerbar erzeugter Wärme und Kälte wird in Deutschland derzeit aus Bioenergie hergestellt, insbesondere aus Festbrennstoffen wie Holz, Pellets, Holzkohle und biogenen Abfällen, die teilweise auch nicht klimaneutral sind. Der Großteil der Wärme- und Kälteversorgung kommt heutzutage jedoch noch aus fossilen Energieträgern wie Gas, Öl und Braunkohle.

Die Bundesregierung will den Anteil klimaneutraler Wärme und Kälte zügig und deutlich erhöhen. Grundlagen dafür legt die Energieforschung schon heute. Darüber hinaus muss die Branche neue Technologien entwickeln, bestehende Verfahren effizienter machen, Fertigungen aufbauen, niedrigere Kosten erreichen und Abhängigkeiten verringern. Um das zu beschleunigen, hat das BMWK im Oktober 2022 einen Förderaufruf für Forschungsprojekte zu klimaneutraler Wärme und Kälte veröffentlicht. Projektideen dazu können noch bis Ende Februar eingereicht werden.

Der Förderaufruf signalisiert die strategische Neuausrichtung und Stärkung der Wärmeforschung. Dieser Schwerpunkt wird bei der anstehenden Fortschreibung des Energieforschungsprogramms weiterentwickelt. Das 8. Energieforschungsprogramm wird sich insgesamt fokussierter auf die Beschleunigung der Energiewende ausrichten. Die Beiträge der Energieforschung werden für die zügige Transformation zu einem klimaneutralen und resilienten Energiesystem benötigt, da noch nicht alle erforderlichen Technologien vorhanden oder für alle Anwendungsbereiche erforscht sind. Das neue Programm wird missionsorientiert und selbstlernend ausgestaltet, damit Forschungsergebnisse schneller zu technologischer Reife und in die Praxis kommen. In diesem Sinne ist die Forschungsinitiative zur klimaneutralen Wärme und Kälte Vorläufer, denn sie setzt Prioritäten, um durch fokussierte Neuentwicklung und Verbesserung von klimafreundlichen Technologien die Transformation zu einer nachhaltigen, effizienten und sicheren Wärmeversorgung zu beschleunigen.

Technologien zusammendenken: Von der Wärmepumpe und Gebäudesanierung...

Ein schneller Weg zur Erhöhung des Anteils klimaneutraler Wärme und Kälte liegt in der konsequenten Nutzung und Verbesserung bereits bekannter Technologien. Eine dieser Technologien, die es weiterzuentwickeln gilt, ist die Wärmepumpe. Sie nimmt die Wärme aus Luft, Wasser, Erdreich oder Sonne auf und bringt diese mit Strom auf das gewünschte Temperaturniveau. Insbesondere in Kombination mit Flächenheizungen und erneuerbar erzeugtem Strom sind beträchtliche CO2-Einsparungen möglich. Forschungsbedarf sieht das BMWK dabei unter anderem bei der automatisierten Produktion und intelligenten Systemintegration, der Verwendung alternativer Materialien und Kältemittel sowie bei Groß- und Hochtemperaturwärmepumpen, die der Förderaufruf ebenfalls anspricht.

Im Gebäudebereich sowie bei Wärmenetzen und Speichern sind darüber hinaus auch neue Technologien gefragt, beispielsweise zur intelligenten Regelung. Die verschiedenen technischen Lösungen zur Erzeugung und Nutzung erneuerbarer Wärme und Kälte müssen dabei systemisch zusammengedacht und -gebracht werden. Bei Bestandsgebäuden bieten Sanierungen ein hohes Einsparpotenzial, wobei neue Sanierungskonzepte dem Fachkräftemangel begegnen könnten. Die Reduktion der „grauen Energie“ der Werkstoffe, also der Emissionen in den vorgelagerten Prozessen, ist ein weiterer wichtiger Schwerpunkt. Niedertemperaturnetze können zudem im Zusammenspiel mit Wärmepumpen unterschiedliche Wärmebedarfe von Gebäuden effizient bedienen. Weiterhin können Großwärmepumpen die Dekarbonisierung der Fernwärmenetze unterstützen.

... zu industrieller Prozesswärme und Wärmenetzen

In der Industrie ist Prozesswärme für einen großen Teil der CO2-Emissionen verantwortlich. Während für niedrige Temperaturniveaus kostengünstige Standardlösungen denkbar sind, machen höhere Prozesstemperaturen meist individuelle Ansätze erforderlich. Über ein Drittel der von deutschen Unternehmen eingesetzten Prozesswärme liegt bei über 1.000 °C, so beispielsweise in der Metallerzeugung oder der Zementherstellung. Biogene Brennstoffe sowie zukünftig Wasserstoff oder daraus hergestellte synthetische Brennstoffe könnten diese Prozesse klimaneutral machen. Die Absenkung von Prozesstemperaturen ist ebenfalls ein Forschungsziel. Neue Produktionsprozesse, die Einbindung von Großwärmepumpen und eine darüber hinausgehende Elektrifizierung sind weitere Ansätze. Und schließlich soll die dabei entstehende (Ab-)Wärme auch für andere Anwendungen (z. B. in Wärmenetzen) weiter genutzt werden. Gerade im Bereich der niedrigen Abwärmetemperaturen und Wärmekaskaden gibt es große Potenziale für heimische, klimafreundliche Energie.

Ob für private Haushalte oder die Industrie – Wärmenetze werden künftig eine noch wichtigere Rolle spielen. Um sie in Zukunft klimaneutral zu betreiben, müssen mehrere Technologien zur Wärmeerzeugung und -speicherung in die Wärmenetze integriert werden. Dabei liegt die Herausforderung darin, die netzgebundene Wärmeversorgung unabhängig vom teils fluktuierenden Angebot erneuerbarer Energien bereitzustellen. Überschüssiger Strom lässt sich dafür beispielsweise als Wärme oder Kälte nutzen und speichern. Daher stehen thermische Speicher auch im Fokus des Förderaufrufs, denn ohne sie ist eine vollständig regenerative und grundlastfähige Wärme- und Kälteversorgung nach aktuellem Stand nicht möglich. Die Geothermie ist in diesem Zusammenhang nicht nur als grundlastfähige Wärmequelle von Bedeutung, sondern kann mithilfe der großen unterirdischen Speichervolumina potenziell ebenfalls einen systemischen Beitrag zur saisonalen Langzeitspeicherung leisten. Dies kann zukünftig die erneuerbare Wärmeversorgung in der kalten Jahreszeit unterstützen und somit die Stromnetze entlasten.

Demonstration und schnelle Umsetzung der Forschungsergebnisse

Dank der Energieforschung sind vielfältige technologische Lösungen und das entsprechende Knowhow in vielen Bereichen bereits vorhanden. Darüber hinaus zeigen validierte Modelle und Szenarioanalysen Wirkungen der technologischen Lösungsansätze auf das Energiesystem und mögliche Handlungsoptionen auf. Jedoch sind Investitionen in Wärmeerzeuger und -infrastrukturen – insbesondere für Industrie und Wärmenetze – mit langen Nutzungsdauern und hohen Kosten verbunden, wobei große Anforderungen an die Zuverlässigkeit der Technik bestehen. Daher benötigt die Branche den wissenschaftlich abgesicherten Funktionsnachweis durch großskalige Demonstrationsprojekte, die Vertrauen und Erfahrungswissen für die neue Technik aufbauen, wie zum Beispiel die Reallabore der Energiewende.

Die Erprobung des systemischen Zusammenwirkens der Einzeltechnologien in Demonstrations- und Modellprojekten sowie die Energiesystemanalyse mit Blick auf den künftigen Wärmesektor sind wichtige Schwerpunkte der Wärmeforschung. Diese Ausrichtung ist notwendig, da die Transformation zum klimaneutralen Wärme- und Energiesystem die Beherrschung komplexer dynamischer Systeme mit multiplen, teils volatilen Ein- und Auskopplungen von Wärme und Kälte, Elektrizität und Stoffströmen erfordert. Dies umfasst auch entsprechende Planungstools, u. a. im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung.

Erfolgreiche Innovationen im Wärmesektor bedingen zudem den Transfer der entwickelten Lösungen in die Gesellschaft, ins Handwerk, in die Unternehmen, in die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften sowie in geeignete Geschäftsmodelle. Daher müssen systemische Forschungsansätze diese Aspekte interdisziplinär integrieren.

Mikroprojekte: Niederschwelliger Zugang zur Forschungsförderung

Zur schnellen Umsetzung von Forschungsvorhaben soll künftig auch ein neues Förderformat beitragen: die sogenannten Mikroprojekte. Diese beschleunigen die Wärmewende, indem sie Ergebnisse schneller verfügbar machen oder die Planung großformatiger Demonstrationsvorhaben absichern. Gefördert werden ebenfalls kurze Projekte, in denen kleine und mittlere Unternehmen die Marktreife neuer Technologien vorantreiben. Gerade Start-ups bietet dieses Format ein niedrigschwelliges Förderangebot. Mit einem einstufigen Verfahren ist bei Mikroprojekten die Dauer zwischen Antragstellung und Projektstart kürzer, während Projektlaufzeiten auf maximal zwölf Monate begrenzt sind.

KONTAKT & MEHR ZUM THEMA

Susanne Buscher

Referat: Energieforschung - Grundsatzfragen und Strategie

schlaglichter@bmwk.bund.de

Für Gebäude/Quartiere:
energieforschung.de, energiewendebauen.de

Für Industrie-Projekte: industrie-energieforschung.de

Für Netze und Speicher, Energiesystemanalyse:

energiesystem-forschung.de

Förderaufruf klimaneutrale Wärme und Kälte (Anträge bis zum 28.02.2023):
https://www.energieforschung.de/antragsteller/ foerderangebote/foerderaufruf-klimaneutrale-waerme-und-kaelte