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Verhandlungen in G7 und G20 zum weltweiten Ausbau erneuerbarer Energien
Einleitung
Die Beschleunigung der globalen Energiewende – weg von den fossilen Energieträgern hin zu erneuerbaren und mehr Energieeffizienz – ist der zentrale Schlüssel, um die menschgemachte Klimaerwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Sie trägt darüber hinaus auch wesentlich zur Erhöhung der Energiesicherheit bei, reduziert Luftverschmutzung und fördert nachhaltiges Wirtschaftswachstum.
Höhere Dynamik beim Ausbau erneuerbarer Energien weltweit
Die weltweite Energiekrise, verursacht durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, gab dem Ausbau erneuerbarer Energien (EE) einen starken zusätzlichen Schub. 2023 wird der weltweite Kapazitätszubau mit prognostiziert 440 Gigawatt (GW) um mehr als das Doppelte über dem Zubau im Jahr 2019 liegen. In den kommenden fünf Jahren wird nach Schätzungen der Internationalen Energieagentur (IEA) mehr Strom aus erneuerbaren Quellen produziert werden als in den vergangenen 20 Jahren zusammen. Dabei werden die erneuerbaren Energien laut IEA bis 2025 zur größten Quelle für die weltweite Stromerzeugung avancieren und die Stromerzeugung durch Kohlekraftwerke übertreffen. Zum Ende des Jahres 2022 betrug die weltweite Kapazität der erneuerbaren Energien ca. 3,6 Terrawatt (TW). Um die gemeinsamen Klimaziele zu erreichen, müssen Staaten weltweit die positive Entwicklung beim Ausbau der Erneuerbaren weiter vorantreiben. Die IEA und die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) stimmen in ihren Analysen überein: Um den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, müssen bis 2030 das Fortschrittstempo bei der Energieeffizienz verdoppelt und die Kapazitäten der erneuerbaren Energien mindestens verdreifacht werden – auf mindestens 11 TW (Abbildung 1). Eine solche Erhöhung der EE-Kapazitäten kombiniert mit einer Reduzierung des Energieverbrauchs insgesamt könnte zwischen 2023 und 2030 laut IEA genug fossile Kapazitäten verdrängen, um etwa sieben Milliarden Tonnen CO2-Emissionen zu vermeiden. Das entspräche in etwa den derzeitigen Emissionen des gesamten chinesischen Stromsektors. Zugleich könnte die Transformation des Energiesektors entsprechend dem 1,5-Grad-Pfad zu einem massiven Anstieg der Beschäftigten im EE-Sektor von derzeit 12,7 Millionen auf 38,2 Millionen in 2030 weltweit führen, mit weiteren 74,2 Millionen Beschäftigten in den Bereichen Energieeffizienz, Elektrofahrzeuge, Energiesysteme/Flexibilität und Wasserstoff, wie ein Bericht der IRENA und Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) aus dem Jahr 2022 belegt. Der Bericht geht zudem davon aus, dass global betrachtet durch die Energiewende mehr neue Jobs entstehen werden, als in den fossilen Sektoren verloren gehen werden.
Die aktuellen weltweiten Entwicklungen beim Ausbau der Erneuerbaren zeigen, dass eine Verdreifachung der Kapazität bis 2030 ein ehrgeiziges, aber erreichbares Ziel ist. Es erfordert ein stärkeres Engagement von Regierungen, um die Resilienz von Lieferketten für Technologien wie zum Beispiel Windturbinen zu erhöhen, eine sichere und kosteneffiziente Systemintegration von Photovoltaik- und Windkraftanlagen auszubauen sowie erneuerbare Energien in vielen weiteren Schwellen- und Entwicklungsländern auszuweiten. Für den effizienten und nachhaltigen Einsatz von erneuerbaren Energien weltweit muss außerdem weiter an der Wiederverwertbarkeit von eingesetzten Rohstoffen und Kreislaufwirtschaftsmodellen gearbeitet werden.
Verhandlungserfolge in den G7
Das BMWK setzt sich aktiv dafür ein, die Energiewende global weiter zu beschleunigen. Auf deutsche Initiative konnten sich die G7-Energieministerinnen und -minister bei ihrem Treffen in Sapporo, Japan, im April 2023 erstmalig auf Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energien verständigen. Sie beschlossen eine gemeinsame Steigerung der Kapazitäten von Windenergie auf See um insgesamt 150 GW und eine gemeinsame Ausweitung der Photovoltaik auf insgesamt über 1 TW, jeweils bis 2030. Diese Ambitionen entsprechen der Kapazität vieler hundert Atom- oder Kohlekraftwerke. Die G7-Ziele beziehen sich auf den kollektiven Zubau aller G7-Mitglieder inklusive der EU. Sie basieren auf Analysen der IEA und der IRENA, die bestehende Ausbauziele auf nationaler und sub-nationaler Ebene und die erwartenden Effekte aktueller Politikmaßnahmen betrachtet haben. Das Bekenntnis der G7 zum Ausbau der Erneuerbaren ist eng verknüpft mit dem Ziel, den Ausstieg aus fossilen Energieträgern zu erreichen, mit dem Kohleausstieg als erster Priorität. Zudem konkretisierten die G7 auch ihre Ambition für schnellere Fortschritte in Sachen Energieeffizienz, da sich die primäre Energieintensität im Zeitraum bis 2030 um jährlich vier Prozent verbessern muss, um auf einen mit dem 1,5-Grad-Ziel kompatiblen Transformationspfad zu kommen. Diese drei Handlungsfelder – Ausstieg aus den Fossilen, Ausbau der Erneuerbaren und Steigerung der Energieeffizienz mit Senkung des Energieverbrauchs – bilden die zentralen Säulen der Energiewende in den G7-Staaten. Die ersten quantitativen Ausbauziele der G7 waren ein wichtiger Meilenstein und haben der Debatte um globale Ziele für erneuerbare Energien in anderen internationalen Foren ein wichtiges Momentum verliehen.
Auch bei den G20 gehen die Verhandlungen voran
Die Vereinbarung der G7 für konkrete kollektive Ausbauziele stieß auch innerhalb der G20 eine positive Dynamik an. Ende Juli 2023 versammelten sich die G20-Energieministerinnen und -minister in Goa, Indien, um trotz unterschiedlicher Perspektiven im G20-Kreis und der Belastung des G20-Formats durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine gemeinsame Antworten auf aktuelle Herausforderungen zu finden. Die diesjährige indische Präsidentschaft hatte für die Verhandlungen eine umfassende Agenda für die globale Energiewende vorgelegt. Es konnte allerdings kein geeintes Abschlusskommuniqué verabschiedet werden. Dies ist zum einen auf die fortwirkendende Überschattung durch den russischen Angriffskrieg zurückzuführen. Zum anderen konnte zu einigen drängenden Themen wie dem Ausstieg aus den fossilen Energieträgern aufgrund der Blockadehaltung einiger weniger G20-Mitglieder kein Konsens gefunden werden – die G20 bringt Staaten mit unterschiedlichen Ausgangs- und Interessenlagen zusammen und umfasst neben Vorreitern bei der Energiewende auch Staaten mit starker fossiler Energieproduktion. Dennoch wurde eine große positive Resonanz auch bei den G20 in den Verhandlungen deutlich: Die überwiegende Mehrheit der Mitgliedstaaten ist bereit, ambitionierte gemeinsame Ziele für den Ausbau der Erneuerbaren und die Steigerung der Energieeffizienz zu unterstützen. Entsprechend den wissenschaftlichen Analysen der IEA und IRENA für einen 1,5-Grad-Pfad wurde diskutiert, in den G20 die Kapazitäten der Erneuerbaren bis 2030 mehr als zu verdreifachen und die Fortschritte bei der Energieeffizienz bis 2030 zu verdoppeln. Anstelle eines Abschlusskommuniqués veröffentlichte die indische G20-Präsidentschaft – so wie bei den bisherigen Treffen der Außen-, Finanz- und Entwicklungsministerinnen und -minister – in eigener Verantwortung eine Zusammenfassung des Verhandlungsprozesses (sogenanntes Chair’s Summary). In diesem Dokument findet sich entsprechend auch der Diskussionsstand zum Ausbau der Erneuerbaren und der Energieeffizienz wieder.
Auch wenn sich bei den G20 letztlich noch keine Einigung über kollektive Ausbauziele für erneuerbare Energien mit allen Mitgliedstaaten bildete, stellt die von den G7 ausgehende Dynamik beim Ausbau erneuerbarer Energien einen wichtigen Fortschritt in der multilateralen Verständigung dar.
Ausblick – auf dem Weg zur Weltklimakonferenz
Dass bereits viele Staaten für kollektive Ausbauziele erneuerbarer Energien und Energieeffizienz gewonnen werden konnten, ist eine wichtige Entwicklung, auf der die weiteren Verhandlungen in diesem Jahr aufbauen können – als Nächstes beim G20-Gipfel der Staats- und Regierungschefs im September in Neu-Delhi. Auf dem Weg zur diesjährigen Weltklimakonferenz in Dubai (COP28) werden Erfolge zum Ausstieg aus den fossilen Energieträgern und zum Ausbau erneuerbarer Energie von entscheidender Bedeutung sein, um die 1,5-Grad-Grenze in Reichweite zu halten. Auch die Vereinigten Arabischen Emirate als Präsidentschaft der COP28 rufen zur Vereinbarung entsprechender globaler Ziele für erneuerbare Energien und Energieeffizienz auf. Klar ist für die G7-Staaten, dass sie ihrer Vorreiterrolle beim Erreichen einer nachhaltigen globalen Energieversorgung durch einen ehrgeizigen Ausbau erneuerbarer Energien gerecht werden wollen und dafür mit Partnern in den G20 und darüber hinaus zusammenarbeiten wollen.
KONTAKT
Referat KC2 – Multilaterale Kooperation, G7/G20; Internationale Organisationen