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Als im Dezember 2018 die ersten Förderprojekte im Rahmen des vom BMWK ausgerufenen Technologiewettbewerbs Smarte Datenwirtschaft ausgewählt wurden, waren die einschneidenden Ereignisse der Folgejahre noch nicht absehbar. Inzwischen hat sich gezeigt, dass die geförderten Leuchtturmprojekte auch wichtige Beiträge zum Umgang mit Herausforderungen wie der Corona-Pandemie, der Hochwasserkatastrophe von 2021, steigenden Produktionskosten oder globalen Lieferkettenengpässen leisten können.

Das Programm Smarte Datenwirtschaft: Projekte haben Mehrwert von Datenverwertung demonstriert

Im Zuge der Digitalisierung entstehen gewaltige Datenmengen beispielsweise in der Produktion, der Logistik oder dem Gesundheitswesen. Diese Daten können gewinnbringend genutzt werden, sofern sie unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Vorgaben durch neue technologische Ansätze erschlossen, analysiert und weiterverarbeitet werden. Das zeigt auch das Programm Smarte Datenwirtschaft: Die insgesamt 21 Verbundprojekte des Technologiewettbewerbs haben unter Einsatz von maschinellem Lernen und anderen KI-Methoden innovative Datenprodukte und -services konzipiert und prototypisch erprobt.

Daten wurden dabei als eigenständige Wirtschaftsgüter verstanden und es wurden neue, datengetriebene Geschäftsmodelle entwickelt und getestet. Die Projekte des Programms Smarte Datenwirtschaft zeigen, welche Wachstumspotenziale die wirtschaftliche Nutzung großer Datenmengen vor allem für mittelständische Unternehmen bietet.

Der Technologiewettbewerb Smarte Datenwirtschaft hat an langjährige, erfolgreiche Vorläufer wie Smart Data und Smart Service-Welten angeknüpft. Die Projekte des Programms Smarte Datenwirtschaft deckten eine Vielzahl von Anwendungsfeldern ab: Industrie, Handel, Logistik, Gesundheitswirtschaft, Smart Living und Krisenmanagement. Die Ausschreibung wurde in Kooperation mit dem österreichischen Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) durchgeführt, um die lebendige Big-Data- und KI-Szene aus Österreich einzubinden. Beteiligt waren über 90 deutsche, österreichische und kanadische Partner aus Wirtschaft und Wissenschaft. Das BMWK stellte Mittel in Höhe von über 30 Millionen Euro zur Verfügung. Inklusive der Eigenmittel der Projektpartner belief sich das Volumen des Programms auf rund 50 Millionen Euro. Gestartet ist das Programm Ende 2018, Mitte 2023 wurde das letzte Projekt abgeschlossen.

Nachfolgeprogramm Edge-Datenwirtschaft: Vorteile lokaler Datensammlung und -verarbeitung werden erprobt

Mit dem Nachfolgeprogramm Edge-Datenwirtschaft, das 2023 gestartet ist, geht das BMWK nun einen Schritt weiter und fördert zehn Projekte, die Daten wirtschaftlich unter Einsatz von Edge-Computing nutzen. Edge-Computing bietet gegenüber dem herkömmlichen Cloud-Computing (Datenspeicherung und -verarbeitung in zentralen Rechenzentren) den Vorteil, dass die Daten in der Nähe ihrer Quelle bzw. am Rande des Netzwerkes (englisch: edge) gespeichert und verarbeitet werden. So müssen sensible Daten nicht mehr verschickt werden, sondern können im Unternehmen, in ihrem geschützten Bereich, verbleiben. Kosten bzw. Energieverbrauch für die Übermittlung und Auswertung von Daten können so gesenkt werden. Zudem ist eine permanente Datenverfügbarkeit sichergestellt. Ziel des Programms, über das wir bereits berichtet haben (s. Juni-Ausgabe 2023), ist es, die Entwicklung und Erprobung von Edge-Computing-Software voranzutreiben, die kombinierte und austarierte Anwendung von Edge- und Cloud-Datenräumen zu stärken und so eine solide Grundlage für eine souveräne Datennutzung zu schaffen.

Projekte haben breites Einsatzspektrum

Die Projekte in den beiden Programmen Smarte Datenwirtschaft und Edge-Datenwirtschaft zeichnet aus, dass sie in verschiedensten Bereichen anwendbar sind. Einige der geförderten Projekte stellen wir im Folgenden vor.

Stärkung von Lieferketten mithilfe KI-basierter Texterkennung

In unserer hochgradig vernetzten und globalisierten Welt sind Lieferketten komplex und somit auch anfällig für Störungen. Als zum Beispiel das manövrierunfähige Containerschiff „Ever Given“ im März 2021 den Suez-Kanal blockierte, wurden weltweit Lieferketten beeinträchtigt. Auch Maschinenausfälle, Engpässe bei Zulieferbetrieben und der zunehmende Fachkräftemangel können die internationalen Lieferbeziehungen behindern. Da die meisten Unternehmen auf qualitativ hochwertige und stabile Lieferketten angewiesen sind, brauchen ihre Entscheiderinnen und Entscheider robuste, aktuelle Informationen, um auf Störungen reagieren oder diese abzuwenden zu können.

Mit der Entwicklung einer B2B-Plattform hat das im Technologieprogramm Smarte Datenwirtschaft geförderte Projekt PLASS einen wegweisenden Ansatz für resilientere Lieferketten geschaffen: Die digitale Plattform erkennt automatisiert entscheidungsrelevante Informationen in globalen und multilingualen Textquellen wie Nachrichten, Social Media und Homepages sowie aus Pressemitteilungen von Lieferanten und Industrieverbänden. Durch KI-basierte Analyse dieser Daten werden Chancen und Risiken aufgezeigt, zum Beispiel werden alternative Lieferanten vorgeschlagen. Entsprechend informiert, kann beispielsweise das Supply-Chain-Management eines mittelständischen Unternehmens von Anfang an auf die potenziell sichersten Lieferoptionen setzen und bei antizipierten Störungen schnell reagieren.

Eindämmung von Lebensmittelverschwendung durch KI-basierte Optimierung der Lieferkette

Viele Lebensmittel werden vernichtet, weil sie scheinbar Qualitätsmängel haben oder weil das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten wurde. Das im Technologieprogramm Smarte Datenwirtschaft geförderte Projekt FreshAnalytics hat eine Plattform entwickelt, die ein einheitliches Datenmanagement entlang der gesamten Lieferkette, also vom Produzenten bis zu den Konsumentinnen und Konsumenten, ermöglicht. Mithilfe einer im Projekt entwickelten Toolbox werden lebensmittelspezifische Daten, wie etwa Frischefaktoren, aber auch Kühltemperaturen und Energieverbrauch, ermittelt, zusammengeführt und KI-basiert analysiert. Im Ergebnis entsteht ein dynamisches Haltbarkeitsdatum, individuell für jedes Lebensmittel, womit sich Lebensmittelverschwendung reduzieren lässt.

Im Edge-Projekt FRED werden diese Arbeiten fortgesetzt: FRED reduziert das Verderben frischer Lebensmittel entlang der Lieferkette durch das Zusammenführen von innovativer Messtechnik und digitalen Zwillingen, d. h. digitalen Abbildern realer Produkte, für Obst und Gemüse mithilfe eines Datenraums für Frischedaten.

Ressourcensparende Getränkeproduktion dank Data-Mining

Im Braugewerbe ist der Wettbewerbsdruck hoch. Brauereien können ihre Verkaufspreise daher nicht zu stark erhöhen. Gleichzeitig haben viele Brauereien mit Mehrkosten zu kämpfen, beispielsweise aufgrund von steigenden Rohstoffpreisen und Löhnen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, ist es daher für die Unternehmen umso wichtiger, ihre Produktionsprozesse auf Optimierungspotenziale zu überprüfen. Eine umfassende Analyse und Bewertung von Produkt- und Prozessdaten kann dabei sehr hilfreich sein. Da die Getränkeindustrie einen hohen Grad an Automatisierung aufweist und umfangreich IT-Systeme einsetzt, sind entsprechende Daten bereits in großem Umfang vorhanden. Bisher war für kleine und mittlere Brauereien eine wirtschaftliche Auswertung insbesondere aufgrund der großen Datenmengen jedoch kaum möglich.

Das im Technologieprogramm Smarte Datenwirtschaft geförderte Projekt DaPro setzt genau hier an: Es hat Standardlösungen für die Big-Data-Analyse erarbeitet, die typische Anwendungsfälle in einer Brauerei abdecken, sich aber auch auf die gesamte Getränkeindustrie übertragen lassen. Ökonomische und ökologische Vorteile gehen hierbei Hand in Hand: Eine datengetriebene Prozessoptimierung erlaubt es, die Produktion zu steigern, Energie zu sparen und Rohstoffe effizienter zu nutzen.

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Automatisiertes Vertragsmanagement für die Baubranche

Die Baubranche steht ebenfalls vor großen Herausforderungen. Neben Lieferengpässen und Fachkräftemangel sorgen steigende Zinssätze für Kostensteigerungen und Verzögerungen bei Bauprojekten. Hier unterstützt die im Edge-Projekt BIMcontracts entwickelte Software. Sie ermöglicht eine digitale Ausgestaltung von Verträgen und erleichtert Abnahmeprozesse.

Über die Software kann ein Handwerksbetrieb direkt auf der Baustelle auf seinen Auftrag zugreifen und verbindlich mitteilen, dass der Auftrag ausgeführt wurde. Hat der Generalauftraggeber geprüft, ob die Leistung wie vereinbart erbracht wurde, kann er die Erfüllung umgehend bestätigen und die Zahlung direkt über die Software veranlassen. Die Zahlung erfolgt automatisiert. Dadurch wird der Verwaltungsaufwand spürbar minimiert, alle Parteien sparen viel Zeit und verringern ihre Kosten.

Erleichterte telemedizinische Betreuung großer Patientengruppen

Telemedizin bietet Risikogruppen die Chance auf eine bessere Versorgung. Für Patientinnen und Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz kann die telemedizinische Begleitbetreuung zum Beispiel die Früherkennung verbessern, die Anzahl stationärer Aufenthalte reduzieren und damit auch Kosten senken. Allerdings können Telemedizinzentren derzeit noch keine angemessene Versorgung größerer Personengruppen gewährleisten. Hier setzt das Edge-Projekt Telemed5000 an, bei dem Vitaldaten, die die Patientin oder der Patient mit moderner Smartphone-Technologie zu Hause aufzeichnet, an eine datenschutzkonforme elektronische Gesundheitsakte übermittelt und KI-gestützt durch ein Entscheidungsunterstützungssystem (EUS) voranalysiert werden. Selbstlernende Algorithmen unterstützen das medizinische Personal bei der Entscheidung, ob eine kritische Situation vorliegt, die ein Eingreifen erfordert. Dadurch wird der Arbeitsaufwand des medizinischen Personals reduziert und die Betreuungskapazität pro Zentrum erhöht.

Das Edge-Projekt CAREFUL-EDGE-X widmet sich ebenfalls der dezentralen Erfassung und KI-basierten Verarbeitung von Vitalparametern. Es nimmt dabei aber das Anwendungsfeld der stationären Pflege in den Blick.

Automatisierte Einschätzung unübersichtlicher Gefahrenlagen

Im Sommer 2021 hat die Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen innerhalb kürzester Zeit Ortschaften verwüstet und ganze Landstriche ins Chaos gestürzt. Die Suche nach Menschen in unwägbarem Gelände ist aufwändig, gefährlich und daher zeitintensiv. Sie bringt sowohl für die Vermissten als auch für die Rettungskräfte Risiken mit sich. Behörden und Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei setzen deshalb immer häufiger Kameradrohnen ein. Deren volles Potenzial für Rettungseinsätze wird bisher allerdings noch nicht ausgeschöpft. Denn derzeit dienen die Drohnen lediglich als eine Art „verlängertes Auge“; die ermittelten Daten müssen oft mühsam und zeitintensiv ausgewertet werden.

Hier bietet die Software von SmartSense&Rescue Abhilfe, die im Technologieprogramm Smarte Datenwirtschaft gefördert wurde: Sie ist in der Lage, Personen auf Basis von Livebildern einer Drohne zu lokalisieren und deren Bewegungen zu analysieren. Alle GPS- und Videodaten der Drohne werden nahezu in Echtzeit an das System übermittelt und ausgewertet.

Das Projekt RIWWER aus der Edge-Datenwirtschaft setzt hingegen bei Starkregen an, mit dem Ziel, eine Überlastung kommunaler Abwasseranlagen zu vermeiden. Das Projekt implementiert ein Cloud-/Edge-basiertes Mess- und Steuersystem für diese Anlagen, das bei solchen Wetterereignissen die Wassermengen KI-gestützt in Kanalsystem und Regenbecken verteilt. So lassen sich Schadstoffeinträge in die Umwelt vermeiden.

KONTAKT & MEHR ZUM THEMA

Referat: VIB3 – Entwicklung digitaler Technologien

schlaglichter@bmwk.bund.de

Weiterführende Links:
www.smarte-datenwirtschaft.de
www.edge-datenwirtschaft.de

Artikel vom Juni 2023:
www.bmwk.de/schlaglichter/datenwirtschaft